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Wilhelm Busch:
Verzeihlich
Er ist ein Dichter, also eitel. Und, bitte, nehmt es ihm nicht krumm, Zieht er aus seinem Lügenbeutel So allerlei Brimborium. Juwelen, Gold und stolze Namen, Ein hohes Schloß im Mondenschein Und schöne höchstverliebte Damen, Dies alles nennt der Dichter sein. Indessen ist ein enges Stübchen Sein ungeheizter Aufenthalt. Er hat kein Geld, er hat kein Liebchen, Und seine Füße werden kalt. |
Ludwig Thoma:
Auf Posten
Es prangen in den Straßen Die Reichen auf und ab, Das muß mich denken lassen, Daß ich kein Geld nicht hab'. Die Mädchen promenieren Sich stolz an mir vorbei, Da muß ich es verspüren, Wie ich alleine sei. Ich möchte, Mond und Sterne Wär lauter bares Geld, Das hätt' ich wohl so gerne Und wär ein feiner Held. Das Glück muß andern winken, Kommt aber nicht zu mir, Kein Geld nicht zum Vertrinken, Kein Mädchen zum Pläsier. |
Psyche
Psyche
In der Hand die kleine Lampe, In der Brust die große Glut, Schleichet Psyche zu dem Lager, Wo der holde Schläfer ruht. Sie errötet, sie erzittert, Wie sie seine Schönheit sieht – Der enthüllte Gott der Liebe, Er erwacht und er entflieht. Achtzehnhundertjährge Buße! Und die Ärmste stirbt beinah! Psyche fastet und kasteit sich, Weil sie Amorn nackend sah. |
Fred Endrikat:
Liebe und Heuschnupfen
Es blühn die Akazien und Linden, die Nachtigall singt: Tirilie. Die Maid schwärmt von „Herzen sich finden“. Der Jüngling niest dauernd „Hatschi!“ Was nützt alles Blühen und Sprießen und die herrlichste Lenzpoesie? Sie legt ihm ihr Herzchen zu Füßen, er gibt ihr als Antwort „Hatschi!“ Es waren zwei Königskinder, die setzten sich nieder ins Moos. Sie konnten zusammen nicht kommen, sein Heuschnupfen war viel zu groß. |
Christian Morgenstern:
Mägde am Sonnabend
Sie hängen sie an die Leiste, die Teppiche klein und groß, sie hauen, sie hauen im Geiste auf ihre Herrschaft los. Mit einem wilden Behagen, mit wahrer Berserkerwut, für eine Woche voll Plagen kühlen sie sich den Mut. Sie hauen mit splitternden Rohren im infernalischen Takt. Die vorderhäuslichen Ohren nehmen davon nicht Akt. Doch hinten jammern, zerrissen im Tiefsten, von Hieb und Stoß, die Läufer, die Perserkissen und die dicken deutschen Plumeaux. |
Ringelnatz
Der sächsische Dialekt
Wenn man den sächsischen Dialekt Ein bisschen dehnt und ein bisschen streckt Und spricht ihn noch ein bisschen tran’ger; Dann hält ein jeder für einen Spanier! |
Charles Bukowski:
K.O.
Er war ein leichter Gegner, fett wie eine Hummel, ich brachte ihn außer Atem, die Linke ein paarmal vor, die Rechte unter seiner Deckung durch, ich ließ mir Zeit; alle tranken Bier und warteten auf den Hauptkampf und ich dachte dran, wie wir uns das Haus einrichten würden, ich würde eine Werkbank brauchen, diverses Handwerkszeug, und da kam er mit einer Rechten bei mir durch – ich hatte zu den Deckenlampen hoch- gesehen, und im nächsten Augenblick war die Meute am Schreien und ich lag auf den Knien, wie zum Gebet, und als ich hochkam, war er stark und ich schwach; naja, sagte ich mir, geh ich halt wieder zurück auf die Farm, ich war schon immer ein schlechter Sieger. |
Ludwig Thoma:
Lehrhaftes Gedicht
Adolf war der Sprosse guter Leute, Ehelichen Ursprungs, legitim; Anders Jakob, denn sein Vater scheute Sich und sagt', er wäre nicht von ihm. »Süßes Wunder« hieß der Eltern Liebe Unsern Adolf, der »von Gott gesandt«; »Die unsel'ge Frucht verbotner Triebe« Wurde Jakob meistenteils genannt. Adolf konnte man den Freunden zeigen; Man entdeckt' an ihm des Vaters Art. Über Jakob herrschte tiefes Schweigen, Von ihm sprechen galt als wenig zart. Dieser Unterschied verblieb im Leben; Adolfs Laufbahn war solid und leicht. Zwar Talent war ihm nicht viel gegeben, Für den Staatsdienst hat es doch gereicht. Jakob war, so wie er einst geboren, Stets der Tante Minna ihr Malör. Feine Kreise gaben ihn verloren, Und er wurde später Redakteur. |
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