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the grip 12.02.2015 11:44

Goethe:
 
Wenn ich mir in stiller Seele
Singe leise Lieder vor:
Wie ich fühle, daß sie fehle,
Die ich einzig mir erkor –
Möcht ich hoffen, daß sie sänge,
Was ich ihr so gern vertraut;
Ach, aus dieser Brust und Enge
Drängen frühe Lieder laut.

the grip 15.02.2015 15:18

Heinrich Heine:
 
Den Gärtner nährt sein Spaten,
Den Bettler sein lahmes Bein,
Den Wechsler seine Dukaten,
Mich meine Liebespein.

Drum bin ich dir sehr verbunden,
Mein Kind, für dein treuloses Herz;
Viel Gold hab' ich gefunden
Und Ruhm im Liebesschmerz.

Nun sing‘ ich bei nächt’ger Lampe
Den Jammer, der mich traf;
Er kommt bei Hoffmann und Campe
Heraus in Klein-Oktav.

the grip 19.02.2015 10:29

Wilhelm Busch:
 
Sie stritten sich beim Wein herum,
was das nun wieder wäre;
Das mit dem Darwin wär gar zu dumm
Und wider die menschliche Ehre.

Sie tranken manchen Humpen aus,
Sie stolperten aus den Türen,
Sie grunzten vernehmlich und kamen zu Haus
Gekrochen auf allen vieren.

the grip 21.02.2015 13:06

Ludwig Thoma:
 
Jesuitendebatte

Der Fuchs stand vor dem Hühnerstalle
Und merkte in der Winternacht,
Die Einschlupflöcher waren alle
Just seinetwegen zugemacht.

Da fing er jämmerlich zu klagen
Und bitterlich zu weinen an:
Warum wollt ihr nur mich verjagen,
Der euch doch nie ein Leids getan?

Ihr guten Hühner, hört die Bitte!
Ihr seid so viele, ich allein, –
Der kleinste Platz in eurer Mitte
Genügt, und ich will glücklich sein!

Das Federvieh hat lang beraten
Und manches wohlerfahrne Huhn
Vermeinte, was sie früher taten,
Das würden Füchse immer tun.

Doch gab es viele ganz Gerechte,
Die waren aus Prinzip dafür,
Daß keinem aus dem Tiergeschlechte
Verschlossen bleibe ihre Tür.

Kaum war die weise Tat geschehen,
War von dem ganzen Hühnerhof
Nichts mehr als das Prinzip zu sehen
Und Krallen und ein Federschwof.

the grip 22.02.2015 14:51

Mascha Kaléko:
 
Klavia-tiere, Spezies: Pianisten

Pianisten sind oft große Tiere,
Zum Lärm dressiert auf dem Klaviere.
Mit Löwenmähne, Tigerpfoten
Mißhandelt mancher es nach Noten.
Ein Pi-a-nist, wenn malträtiert,
Ist selten nur wohltemperiert.
Wenn sich die Damen auch verlieben,
– Weit wichtiger ist ihm das Üben!
(Zur Zeit, als Hans zur Liese ging,
Da übte brav der Gieseking …)

the grip 24.02.2015 15:56

Edgar Allen Poe:
 
Die Kelche, oft im Traum erschaut,
Wo Singvögel sich wiegen,
Sind deine Lippen – und der Laut
Melodisch draus entstiegen –

Dein Augenstrahl, mir sanft erglüht,
Fällt mitten in dem Dunkel
Auf mein undüstertes Gemüt
Wie eines Sterns Gefunkel.

Dein Herz – dein Herz, seufz‘ ich gepreßt
Und träume bis zum Tage
Vom Glück, das sich nicht greifen läßt,
Doch will, daß man es wage.

the grip 26.02.2015 10:53

Ringelnatz:
 
Schaudervoll: Es zog die reine,
Weiße, ehrbar keusche Clara
Aus dem Sittlichkeitsvereine
Eines Abends nach Ferrara.

Schaudervoll: Dort, irgendwo,
Floß der Po.

Schaudervoll, doch es geschah
In Ferrara, daß die Clara
Aus dem Sittlichkeitsvereine
Nachts den Po doppelt sah.

the grip 02.03.2015 10:32

Frank Schulz:
 
Der Regenwurm

„Sich regen bringt Segen!“
sagte sich der Regenwurm.
Drum kroch er verwegen
auf den höchsten Glockenturm.

Dem Küster hingegen –
entnervt vom bösen Wirbelsturm –
kam er ungelegen.
Er trat ihn platt, den Regenwurm.

Sich regen brächte Segen?
Von wegen.


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