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Sorry, ich war durch ein stundenlang dauerndes Windows Update (ja ich hätte beinahe in die Tischkante gebissen vor Verzweiflung!) und ein anschließender FTP Test auf meiner Lieblingsinsel Watopia haben mich abgelenkt.
So weit zurück wie Jörn es tat müssen wir gar nicht gehen. Wir schreiben das Jahr 1989/90 Ich zitiere mal aus meiner Quelle: 1994: Evangelischer Pfarrer und Kirchenjurist im Staatsdienst unterschreibt auf staatlicher Seite (!) die angeblich unendliche Zahlungsverpflichtung des Landes Sachsen gegenüber der Kirche. Beispiel Sachsen. Dort hatte damals die CDU die absolute Mehrheit. Im Herbst 2010 wollten nun SPD, FDP, Grüne und Linke den 1993 ausgehandelten "Staatsvertrag" des Landes Sachsen, also damals der CDU allein, mit der evangelischen Kirche nachverhandeln und ernteten dafür den Spott von CDU und Kirche. Hier gebe es nichts mehr zu verhandeln. Die Millionen fließen unbegrenzt in vereinbarten Höhen, basta. Die Millionen für die Kirche "sind verfassungsrechtlich abgesichert und stehen natürlich nicht zur Disposition - weder für uns noch für den Staat", so damals Landesbischof Jochen Bohl aus Dresden (zit. nach idea-spektrum Nr. 44/2010 vom 4.11.2010). Und so passiert dann auch nichts. Wenn man sich diesen "Vertrag" und seine Folgen heute jedoch näher betrachtet, dann stehen einem einmal mehr die Haare zu Berge. In dem am 24.6.1994 rechtskräftig verabschiedeten Staatsvertrag wird der Kirche zunächst die Komplettfinanzierung von konfessionellem Religionsunterricht, Pfarrerausbildung, umfassende Bau- und Renovierungszahlungen und vieles mehr für alle Zeiten zugesichert und zusätzlich jährliche Steuermillionen aus dem allgemeinen staatlichen Steueraufkommen zur Besoldung des Kirchenpersonals. So beträgt alleine dieser staatliche Zusatz-Zuschuss nur für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen im Jahr 2010 21,9 Millionen Euro. Die katholische Kirche bekommt natürlich genauso diese Zahlungen, in der Höhe im entsprechenden Verhältnis ihrer Mitgliederzahl. Die sächsischen Politiker von SPD, FDP, Grünen und Linken irritierte vor allem, dass überall im Haushalt gekürzt werden müsse, jeder also sparen müsse. Nur beim Geld für die Kirche muss im Gegensatz dazu die Staatsleistung erhöht werden. Eine Kündigung oder Veränderung dieses Vertrages durch spätere Regierungen wurde von der CDU damals vertraglich ausgeschlossen, es sei denn, die Kirche möchte selbst, dass gekürzt wird - ein Vertrag, der schon von vorneherein eine Verhöhnung des Rechtsstaates ist. Wörtlich lautet der Artikel 25 des Vertrages: "Die Vertragsparteien werden zwischen ihnen etwa bestehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieses Vertrages oder über die Einhaltung des Paritätsgebotes im Zusammenhang mit Regelungen dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen." Das heißt z. B.: Wenn die Kirche sagt: "Wenn ihr uns von den 22 Millionen eine weg nehmt, dann sind wir nicht mehr eure Freunde", dann können die Politiker angeblich nichts tun und müssen der Kirche auch diese Million geben. Oder sie trauen sich endlich einmal, nicht mehr die "Freunde" der Kirche zu sein. Doch es kommt noch dicker: Unterzeichnet haben damals das Gesetz zur Inkraftsetzung des Vertrages auf der Seite des Staates (!) der römisch-katholische Ministerpräsident Dr. Kurt Biedenkopf, Ehrendoktor der katholischen Universität Brüssel, und der evangelische Pfarrer, Theologe und Kirchenjurist der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Dr. Steffen Heitmann, nebenbei Präsident des Evangelischen Siedlungswerkes, der damals von der CDU zum staatlichen Justizminister gemacht worden war. Die Kirche war also unter sich und konnte sich die Millionen nach Gutdünken vorne und hinten rein schieben. Sowohl auf staatlicher als auch auf kirchlicher Seite saßen damals also die Vertreter der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, und so erscheint der seitherige Millionenabfluss vom Staat in Richtung Kirche als eine kircheninterne Formsache. Ein besonderer Skandal sind die historischen Begründungen für die jährlich anwachsenden Steuermillionen für die Kirche in Sachsen. In der Kirche nennt man immer wieder die Zauberzahl "1803", in der einiger Kirchenbesitz säkularisiert, das heißt verstaatlicht wurde. In Sachsen war jedoch seit der Neuordnung nach der Reformation der sächsische Kurfürst gleichzeitig der Landesbischof bzw. oberste Repräsentant der evangelisch-lutherischen Kirche. Das heißt: Die evangelische Kirche wird in Sachsen und anderswo heute dafür "entschädigt", dass sie selbst (!) in der Reformationszeit und danach katholische Besitzungen "säkularisierte". Gerhard Rampp, Finanzexperte des Bundes für Geistesfreiheit, schreibt: "Prof. Johannes Neumann (Tübingen) wies darauf hin, dass die Aneignung der Kirchengüter im 16. Jahrhundert oft auf fragwürdige Weise erfolgte. Zudem waren der sächsische Kurfürst und seine Rechtsnachfolger bis 1918 in Personalunion Landesbischöfe. Änderungen der kirchlichen Besitzverhältnisse durch Entscheidungen von Kurfürsten waren also gleichzeitig Maßnahmen des Landesbischofs, für die sich die Kirche nun am Staat schadlos halten wolle. Die Abmachung ermögliche nun auch katholische Forderungen wegen der 1659 erfolgten Annexion katholischer Bistümer durch den evangelischen Landesbischof und Kurfürst - wiederum auf Staatskosten". (zit. nach diealternativen) Die Geschichte wird also gedreht und gewendet ganz nach kirchlichem Belieben und immer mit dem Ergebnis: Die Kirche bekommt Geld vom Staat. Es wird noch dreister: Denn die Kirchenoberen fragten sich weiter: Wer "entschädigt" uns denn im Zeitraum zwischen der ersten Minute der deutschen Einheit am 3.10.1990 und der In-Kraft-Setzung des Zahlungsvertrages an die Kirche am 24.6.1994? Auch für diesen Zeitraum forderte die evangelische Kirche deshalb 40 Millionen DM. Und warum? Auch für die Zeit von Oktober 1990 bis Juni 1994 wolle die Kirche vom Staat entschädigt werden. Und zwar "als Ausgleich für kirchlichen [= katholischen] Grundbesitz, den sich die [= evangelischen (!)] Landesfürsten vor über 400 Jahren nach der Reformation (!) angeeignet hatten". Hat das überhaupt noch etwas mit "Recht" zu tun? Mit "Gerechtigkeit" sicher nicht im Geringsten. Das ostdeutsche Bundesland Sachsen, fest regiert von kirchlicher Hand, zahlte selbstverständlich auch diese 40 Millionen, damit die Kirche keinen einzigen Tag seit der Wiedervereinigung einmal keine Entschädigung bekomme. Denn sie tue ja so viel "Gutes" und "Soziales", wie es immer heißt. Doch das "Gute", das man damit meint, wird ja ebenfalls weitgehend komplett (!) vom Staat mit Milliarden finanziert (Altenheime, Krankenhäuser, Kindergärten u. a.) und nicht etwa von der Kirche selbst. Diese zahlt nur einen kleinen Beitrag dazu. ----------------------------------------------------------------------- Damit hier nicht der falsche Eindruck entsteht, nur die Kirche in Süddeutschland würde vom Staat üppig finanziert, hier ein Auszug aus dem Loccumer Vertrag (= Vertrag des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen) vom 19.3.1955, den das Bundesland mit der Evangelischen Kirche abgeschlossen hat, und der die bis dahin geleisteten staatlichen Millionenzahlungen an die Kirche neu regelt. Einen vergleichbaren Vertrag hat Niedersachsen natürlich auch mit der katholischen Kirche abgeschlossen, nämlich das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und dem Lande Niedersachsen vom 26.2.1965. Und natürlich haben auch alle anderen Bundesländer vergleichbare Verträge und Konkordate mit den beiden deutschen Großkirchen abgeschlossen, die faktisch "Staatskirchen" sind. Im § 16, Absatz 1 des Loccumer Vertrages heißt es z. B.: "Das Land zahlt an die Kirchen vom 1. April 1955 ab als Dotation für kirchenregimentliche Zwecke und als Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -versorgung jährlich 7 700 000 DM -- i. B.: Siebenmillionensiebenhunderttausend Deutsche Mark -- (Staatsleistung an die evangelischen Kirchen). Der Betrag ist in seiner Höhe laufend den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen. Ein Verwendungsnachweis gemäß § 64 a der Reichshaushaltungsordnung wird nicht erfordert. Durch Vereinbarung der Kirchen untereinander wird der Anspruch auf die Staatsleistung auf die Kirchen aufgeteilt." In dieser Summe ist auch das komplette Gehalt des Landesbischofs bzw. der Landesbischöfin und vieler anderer Amtsträger hinein gerechnet und dank der "Anpassung" ist der Millionenbetrag der Staatsgelder für die Kirche heute um ein x-faches höher. Der Zweck ist jedoch bis heute der gleiche geblieben: Kirchenregimentliche Zwecke und Pfarrerbesoldung, also in keiner Weise soziale Zwecke. Und im Ergänzungsvertrag vom 4.3.1965 heißt es in § 15: "Die Vertragsschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen." Diese Klausel wurde bis heute [2014] nicht aufgehoben. Und sie bedeutet praktisch. Der Staat muss das tun, was die Kirche will, sonst ist die "Freundschaft" und der damit verbundene hohle "Segen" der kirchlichen Amtsträger in Frage gestellt. Quelle: Der Theologe Zeitschrift "Der Theologe", Herausgeber Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 46, Warum zahlt der deutsche Staat immer noch so viele Milliarden Euro an die Kirche?, zit. nach http://www.theologe.de/kirchensubventionen_stopp.htm, Fassung vom 29.3.2017; Copyright © und Impressum siehe |
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Ich profitiere von diesem thread, indem ich verschiedene Aspekte kennenlerne, die im weitesten Sinn zum Thema gehören. Ich bin dabei naturgemäß auch an anderen Perspektiven als meiner eigenen interessiert. Deine Meinung interessiert mich auch. Ich fände gut, wenn Du Deinen Einstieg etwas vertiefen könntest. |
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Du hattest eine Seite der EKD verlinkt. Kannst Du bitte beschreiben, welche Gesichtspunkte Dir hier als Argument dienen? |
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Aus meiner unmaßgeblichen Sicht wählen Eltern nicht "aus Bequemlichkeit" einen bestimmten Kindergarten für ihre Kleinen, sondern sondern aufgrund einer ganzen Reihe von Kriterien. Eines davon ist die Nähe zum Wohnort. Dann findet das Kind im Kindergarten Freunde, die in der Nachbarschaft wohnen. Auch die Eltern profitieren von anderen Eltern, die in der Nachbarschaft wohnen, etwa, wenn man sich mal gegenseitig helfen muss. Daneben gibt es noch viele Kriterien, die wichtig sein können. Für meinen Jungen haben wir einen integrativen Kindergarten gewählt, in dem auch behinderte Kinder sind. Eines dieser Kinder, das eine geistige und körperliche Behinderung hat, gehört noch heute, 6 Jahre später, zu den besten Kumpels meines Sohns. Auch mit den Eltern hat sich eine Freundschaft entwickelt. Das sind sehr wertvolle Erfahrungen für einen aufwachsenden Menschen. Der Kindergarten ist ein "Sportkindergarten", d.h. die Kinder haben dort jeden Tag 30 Minuten Sport, jeden Wochentag eine andere Sportart. Im Wesentlichen geht es darum, dass die Kinder hier soziale Fähigkeiten lernen. Mit Erfolgen und Misserfolgen umgehen, in einer Mannschaft zu kooperieren, Gegner respektieren, Regeln und Disziplin lernen (z.B. warten, bis man an der Reihe ist). Das wichtigste Kriterium ist natürlich, ob die Kindergärtnerinnen nett und liebevoll sind, ob sie freundlich Regeln durchsetzen können. Die konfessionelle oder nichtkonfessionelle Trägerschaft ist nur ein Aspekt unter vielen und bei weitem nicht der wichtigste. Deine fiktive Voraussetzung trifft nicht zu, dass Atheisten nur unter dem Kriterium der Bequemlichkeit den Kindergarten für ihre Kinder auswählen würden. Gäbe es, rein fiktiv, zwei identische, direkt nebeneinander liegende Kindergärten, der eine neutral, der andere erzkatholisch, wäre es in der Tat seltsam, das Kind im katholischen Kindergarten anzumelden. Das ist aber eine unrealistische Konstruktion. Du sagst, Du hättest als (fiktiver) atheistischer Vater ein Glaubwürdigkeitsproblem vor Deinen Kindern, wenn Du kirchlich verwaltete Einrichtungen nutzen würdest. Was genau fürchtest Du, würde von den Kindern nicht geglaubt? Dass Du Atheist seist? Das ist doch schnell erklärt, so wie ich das oben versucht habe. Oder findest Du, dass eine atheistische Haltung strikt, kategorisch, prinzipiell und ausnahmslos zu sein habe? Das finde ich nicht. Als Atheist kann ich die Kirche durchaus dort unterstützen, wie wir Gemeinsamkeiten haben. |
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Das suggeriert, man müsste im Namen der Toleranz irgendwas an der Kirche gut finden oder den eigenen Standpunkt aufgeben. Toleranz meint, dass ich meinen Standpunkt beibehalte, aber akzeptiere, dass andere Leute andere Standpunkte beziehen. Gleichzeitig kann ich aber für meinen Standpunkt werben und den anderen Standpunkt kritisieren, wenn die Umstände passend sind. Ich kann Dir gerne ein paar Dinge nennen, die ich bei den Kirchen unterstützenswert finde und auch bereits unterstützt habe. Beispielsweise war ich bei mehreren evangelischen Veranstaltungen anwesend, die mit Flüchtlingen zu tun hatten, und habe dort auch tatkräftig angepackt (d.h. ich war nicht nur ein passiver Besucher). Beim anschließenden Abendessen habe mich stets in direkte Nachbarschaft zum Pfarrer bzw. zur Pfarrerin gesetzt (d.h. ich habe diesen Aspekt der Veranstaltung nicht ignoriert). Eine dieser Veranstaltungen gehört für mich zu den eindrucksvollsten und lehrreichsten Ereignissen der letzten Jahre. Nun könnte man denken: "Toll, wir sollten noch mehr solcher kirchlichen Einrichtungen und Veranstaltungen haben!" Dabei muss man jedoch den größeren Rahmen betrachten. Denn die anwesenden Flüchtlinge waren mehrheitlich geflohen vor den Auswirkungen der Religion. Ohne Religion wären zumindest die syrischen und irakischen Flüchtlinge, die vor dem IS geflohen waren, zu Hause bei ihren Familien. Meine Haltung, Religion per se zu kritisieren, ist also gut begründet. Ich kritisiere den kritiklosen, unbegründeten Glauben und die Immunisierung gegenüber Gegenargumenten. Beweisfoto: Jörn in einem evangelischen Gemeindehaus, tätig als fleißige Küchenhilfe. |
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Daher habe ich ebenfalls dem Argument der Bequemlichkeit von Keko wenig Beachtung geschenkt, da es schlicht an der Realität vorbei geht. |
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Ist es dann nicht besser, du hälst sie gleich davon fern? Zitat:
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