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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1701554)
Du sagst, es würden zunehmend moralische Argumente in die Debatte eingeführt, und das sei einem Teil der Gesellschaft unangenehm. Es schränke subjektiv die Meinungsfreiheit ein führe in der Folge zu Konflikten.
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Nein ich sage nicht, das sei unangenehm und subjektiv, sondern es ist grundsätzlich und objektiv schädlich für die Lösungsfindung über freien Meinungsaustausch wenn moralsiche Argumente die Hauptrolle spielen, denn es unterdrückt den offenen und sachlichen Diskurs und schränkt die Beiträge wie auch die Beteiligten stark ein.
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1701554)
Ich stimme Dir zu. Das ist auch aus meiner Sicht der Fall. Wie bei allen gesellschaftlichen Entwicklungen. Das sind eben meistens auch moralische Fragen.
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Die moralische Debatte zwischen Verantwortung und Egoismus müssen wir führen.
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Ja, die Fragen haben natürlich auch moralische Aspekte. Aber sie sind nicht über primär moralische Aspekte zu beantworten oder gar zu lösen. Deine Sicht entspricht dem Prinzip der Gesinnungsethik, die ich für sehr problematisch halte.
Ich bin in allen politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Fragen ein absoluter Verfechter der Verantwortungsethik: jede Entscheidung muß an Maßstäben wie realistische Umsetzbarkeitt (technisch, finanziell, menschlich), Akzeptanz, Effekt vs. Nebeneffekt in Bezug auf die spezielle Fragestellung gemessen werden; moralische Maßstäbe setzten natürlich gewisse äußere Grenzen, dürfen aber nicht das Hauptkriterium sein, sonst kommen allzu oft nicht realitätstaugliche, ideologisch geprägte Ergebnisse raus, da Moral allzu oft keine Abstufungen und Kompromisse kennt.
Zu Deinen Beispielen: sie sind alle verantwortungsethisch zu beantworten, es sind keine rein moralischen Fragen für mich:
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1701554)
Welche Verantwortung tragen wir für das Leben der kommenden Generationen?
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Eine nicht höhere, als für das Leben der aktuell lebenden Menschen, nur ist unser Wissen um unseren möglichen Einfluß auf die kommenden Generationen viel unsicherer, als das für die aktuell Lebenden, also können wir viel konkreter und sicherer den jetzt Lebenden etwas gutes tun, als den kommenden Generationen; da kann es immer sein, daß die Enkel das, was wir gutmeinend getan haben, für einen katastrophalen Fehler halten werden.
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1701554)
Dürfen wir alle noch lebenden Orang Utans erschlagen, um Anbauflächen für Palmöl zu gewinnen, oder haben auch Menschenaffen ein Recht auf ihren Lebensraum?
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Typische Übermoralisierung: Die Frage ist erst mal nicht, ob wir "alle" erschlagen dürfen, sondern die Frage ist: wie wägen wir Eingriffe in die Natur gegenüber landwirtschaftlichen Interessen und Notwendigkeiten ab, wie wägen wir das die Notwendigkeit der Lebensmittelproduktion (und des Auskommens von Bauern) gegenüber dem Recht jedes Lebewesens auf Lebensraum ab. Ist ein Eingriff für Palmöl verwerflicher als eins für eine Windkraftanlage oder ein Staudamm? Sind die Rechte von Menschenaffen anders zu bewerten, als die von Stechmücken oder Wölfen? Ich glaube nicht, daß da eine allgemeingültige moralisch fundierte Bewertung möglich ist, nur einzelfallweise, von Plantage zu Plantage, von Windmühle zu Windmühle, von Land zu Land.
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1701554)
Dürfen 70 Jahre alte Männer in Parlamenten beschließen, 10.000 Jahre lang giftigen Atommüll in der Erde zu vergraben?
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Selbstverständlich, wenn sie die Kompetenz (politisch aber auch technisch) haben, diese Entscheidung zu begründen und sichere Lösungen dafür auszuarbeiten - und sie haben auch die Pflicht, die sichere Umsetzung zu gewährleisten. Dies nicht zu entscheiden löst das Problem des Vorhandenen nicht, also hat jemand die Pflicht, dies zu regeln. Die moralische Debatte, ob es überhaupt hätte produziert werden dürfen, ist völlig müßig. Und wenn CO2-Minimierung so absolut überlebenswichtig für die Menschheit sein soll, wäre es verantwortungethisch gewesen vor bereits 10 - 20 Jahren, die Kernkraft und dessen Risiken dem Risiko der überhöhten CO2-Produktion aus fossilen Quellen gegenüberzustellen, statt Kernkraftwerke abzuschalten, und weiter (zunehmend) Kohle zu verfeuern...