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Ich würde gerne etwas zum Grundgesetz schreiben, und zu der Frage, welche Lebensgemeinschaften sich „Ehe“ nennen dürfen.
Das Grundgesetz ist in Abschnitte eingeteilt, d.h. die Reihenfolge der Gesetze ist nicht zufällig. Zu Beginn stehen Abwehrrechte, d.h. der Bürger darf den Staat abwehren. Die unantastbare Würde ist also nicht etwas, was der Staat zu leisten hätte (wie z.B. die Auszahlung von Kindergeld), sondern es ist ein Abwehrrecht, nämlich, dass der Staat sie nicht beeinträchtigen darf. Dieses Bündel an Abwehrrechten reflektiert die Erfahrungen aus der Nazi-Zeit, wo der Staat sich in alles einmischte, auch in menschliche und private Dinge. Beispielsweise erklärte der Staat damals alle Ehen mit Juden für ungültig. Das Grundgesetz stellt deswegen die Ehe gleich in Artikel 6 unter einen besonderen Schutz. Der besondere Schutz besteht darin, dass der Staat sogar sein eigenes Abgewehrt-Werden unterstützen muss, d.h. wenn ein Bürger den Staat abwehrt, muss der Staat nötigenfalls die Mittel dafür bereitstellen, wenn der Bürger über diese Mittel nicht selbst verfügt. Das bedeutet, dass das Grundgesetz aus der Erfahrung der Nazi-Zeit festlegt, dass die Ehe eine Privatsache ist und sich der Staat inhaltlich raushalten muss; die Ehe als Rahmen muss er schützen. Was eine Ehe ist, und wer sie schließen darf, steht nicht im GG. Es steht nur drin, dass die Ehe, wenn sie geschlossen wurde, einen Schutz erhält. Damit dieser Schutz in Anspruch genommen werden kann, muss aber die Eheschließung möglich sein, d.h. auch der Akt der Eheschließung genießt Schutz. Das beantwortet für mich die Frage, wer heiraten darf, und wer darüber entscheidet. Zwar dachten die Autoren des GG nicht an Geschwister oder die Vielehe, aber das ist auch nicht nötig. Es geht den Staat nichts an, und der besondere Schutz gebietet es, die Entscheidung der Bürger zu respektieren, egal wie sie ausfällt. Allein die Rechtstaatlichkeit muss gewahrt sein, d.h. es muss sich um natürliche, rechtsfähige Personen handeln, also keine Minderjährigen und keine Kühlschränke, und es muss ein Willensakt vorliegen (also kein Frauenhandel), weil ein Vertrag sonst nicht wirksam geschlossen werden kann. Man beachte hierbei zwei Dinge, die oft durcheinander gebracht werden: Erstens, ein Schutz ist etwas anderes als ein Privileg. Es geht also nicht darum, dass die Ehe privilegiert werden muss, also besondere Vorzüge erhält oder eine besondere Stellung unter anderen Lebensformen genießt. Zweitens, diese Gruppe von Gesetzen gilt ohne Bedingung. Die Würde des Menschen wird nicht abhängig gemacht von Kriterien. Ebenso gilt der Schutz der Ehe bedingungslos, und schon gar nicht ist er an die Bedingung der Fortpflanzung geknüpft. Selbst ein kastrierter Mörder darf heiraten, sogar im Knast. Das oft vorgebrachte Argument der „Keimzelle“ oder des „Fortbestands des Staates“ ist völlig haltlos, sofern man behauptet, es stünde im Grundgesetz oder wäre zumindest „im Geiste der Urväter“ gewesen. Die Idee des Grundgesetzes besteht nämlich im Gegenteil darin, vorbehaltlose, unveräußerliche und ewig geltende Abwehrrechte zu formulieren. Insofern frage ich mich, ob die Debatte über Geschwister-Ehen usw. nicht vielleicht auf die falsche Fährte führt, nämlich, ein immer komplizierteres Gesetz zu schaffen, welches immer mehr „Sonderfälle“ berücksichtigt. Denn im Grundgesetz steht nichts von Sonderfällen, alle Ehen sind einfach nur Ehen, und den Staat geht es nur insoweit etwas an, als er sie zu garantieren und zu schützen hat. Es ist also eigentlich nicht die Aufgabe des Bundestags, sich auf Druck einer Lobby irgendwann mit diesen Fragen zu beschäftigen, sondern er müsste sich eigentlich raushalten, weil es ihn nichts angeht. Ich glaube, dass jeder einzelne Mensch selber am besten weiß, wie er sein Leben gestaltet. |
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Die evangelische Kirche hat sich für die Öffnung der Ehe ausgesprochen und hat angekündigt, auch eine kirchliche Eheschließung zu ermöglichen. Auch im Parteienspektrum ist es allein die (aus der katholischen Zentrums-Partei) entstandene CDU/CSU, die gegen das Gesetz votiert hatte. Alle anderen waren dafür. Schwulenhass ist zumindest in Deutschland ein vorwiegend katholisches Phänomen. |
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Mich persönlich interessiert zum Beispiel die Ehe überhaupt nicht und heiraten soll wer immer auch will. Testament, gesetzliches Pflegevermächtnis etc. sind mir wichtiger. Da gibt's für Homos und Heteros schon länger ganz hervorragende Möglichkeiten. Ich bin natürlich tolerant genug (!) auch Menschen zu akzeptieren, die unbedingt heiraten möchten. Das wiederum hat bei mir aber etwas mit Kirche zu tun. Bei Tot und Heirat erzeugt die Kirche (räumlich gesehen) und der Pfarrer schon den passenden Rahmen. :) BTW:Setze Ehe-für-Alle-Gegner nicht mit Schwulenhassern gleich. |
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Es ging jedoch am Freitag um die Ehe zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Partnern/Partnerinnen und um sonst nichts. Alles andere kann gerne an anderem Ort und Stelle diskutiert werden, aber nicht mit dem Ziel die am Freitag getroffene Entscheidung zu delegetimieren. Mindestens genauso dämlich ist die plötzliche Kritik an der Ehe allgemein, welche plötzlich in bestimmten Kreisen auftaucht. Aber auch hier: das ist eine andere Diskussion. |
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Mir ist die Diskussion hier auch viel zu fanatisch. Alleine die Formulierung "Schwulenhasser" regt mich schon wieder auf. Wieviele Schwulenhasser sind denn hier im Forum unterwegs? Ich wüsste momentan keinen einzigen hier.
Und wenn wir bei dem Wort bleiben, ja ich kenne solche Leute persönlich - es sind übrigens keine Katholiken. |
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Was diese Ungerechtigkeiten möglich machte, waren weniger Haß, als vielmehr Dünkel über die eigene Überlegenheit, und vor allem Gleichgültigkeit. Ich sehe im Haß einiger Weniger kein Problem, wohl aber in den Dünkeln und der Gleichgültigkeit Vieler. |
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