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MattF 02.03.2017 12:29

Zitat:

Zitat von drullse (Beitrag 1294045)

Und was die Post angeht: solange die sogenannte Produktivität für den Kunden kontinuierliche Verschlechterung des Services bedeutet ist das für mich KEIN Beispiel einer gelungenen Privatisierung.


Ich fühle als Kunde eigentlich keinen geringeren Service bei der Post.
Was auf dem platten Land vielleicht anders aussieht.

Die Suppe ausgelöffelt haben hauptsächlich die Mitarbeiter.

drullse 02.03.2017 12:49

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1294100)
Ich fühle als Kunde eigentlich keinen geringeren Service bei der Post.
Was auf dem platten Land vielleicht anders aussieht.

Berlin ist nun nicht unbedingt plattes Land...

Wie gesagt. es ist immer die Frage, wie man das Wörtchen "erfolgreich" definiert.

qbz 02.03.2017 13:24

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1294053)
So kommen wir zusammen :-)

Primäre Aufgabe des Staates ist Rahmensetzung und Kontrolle, damit sich Unternehmen entwickeln und Fehlstellungen erkannt und korrigiert werden können. Das bedeutet aber nicht, dass der Staat maßgeblich selbst aktiv werden sollte.

Ich finde, dass die Auseinandersetzung dazu eine sehr relevante Fragestellung für den Bundestagswahlkampf ist, weil sich die Positionen doch deutlich unterscheiden - deutlicher als in vielen anderen Punkten: Von der klar marktliberalen Position der FDP über die Präferenz eines deutlichen Rückzug des Staates aus eigenen Aktivitäten in der CDU über die gemäßigte Position dazu in der SPD und den Grünen, zu den klar staatsinterventionistisch geprägten Positionen in der AfD und den Linken.

Empirisch zu Privatisierungen gibt es in der Volkswirtschaft leider wenig brauchbares, weil hier unklar ist, ob Transaktionskosten in die Betrachtung mit einbezogen werden oder nicht. Umfassend hat Lehmitz 50 Länder in die empirische Analyse einbezogen und kommt zu dem Schluss, dass Privatisierungen überwiegend positive Effekte haben. (Lehmitz: Volkswirtschaftliche Auswirkungen der Privatisierung)

Ich schrieb meine Meinung dazu ja schon im anderen Thread: Ich erlebte das Zusammenschmelzen des öffentlichen Dienstes in der Stadt Berlin, das Verscherbeln der Stromwerke, das Verscherbeln von Grund und Häusern, von Wohnungsbaugesellschaften, die Auslagerung vieler Dienste, den so geschaffenen riesigen Stellenabbau, und engagierte mich an meiner Arbeitsstelle sehr stark dagegen. (Reinigung, Grünflächen, Hausmeister usf.. Die Kollegen kamen in einen sog. Überhang zur Vermittlung. Anschliessend wurden einige Aufgaben von Firmen mit Hartz IV-Beschäftigten erledigt mit schlechterer Qualität.) Solche Auslagerungen trugen zur vielbeklagten "Desolidarisierung" in der Gesellschaft bei. Nahmen vor der Privatisierung Reinigungsfrau und Hausmeister selbstverständlich am Betriebsausflug, Weihnachtsfeier teil, waren es danach ständig wechselnde, von aussen kommende Gesichter, die diese Pekunariats-Jobs erledigten und nicht mehr zum Betrieb(sausflug) gehörten.

In Brandenburg verkauften CDU/SPD viel Gemeineigentum von Wälder und Seen (Plötzlich mussten meine Bekannten für die Nutzung des Steges am kleinen See, an dem ihre Datschen-Wochenendsiedlung liegt, bezahlen und durften andere Zugänge nicht mehr nutzen).

Heute beklagen die Bürger den schlechten Zustand der Parks, die hohen Mieten (weil man zahlreiche Mittel, die Mietpreise zu beeinflussen, aus der Hand gab), die Wohnungsnot und andere negative Folgen der Privatisierungswelle wie bei der Post etc.

Deine Argumentation überzeugt mich nicht, weil Du bei privatisierten Unternehmen alle von mir oder anderen angeführten negativen Erfahrungen bereitwillig entschuldigst, weil halt irgendetwas noch falsch mit dem freien Markt läuft, noch nicht so weit ist etc., während Du negative Erfahrungen bei staatlichen Eigenbetrieben als systembedingt deklarierst, was nur durch Privatisierung und schlanken Staat lösbar wäre.

Die AFD liefert übrigens in ihrem Wahlprogramm ein Glaubensbekenntnis zum "freien Markt" ab, Du kannst die gewohnheitsmässige, aber falsche Gleichsetzung mit der Linke auflösen.
"Durch marktwirtschaftlichen Wettbewerb ergeben sich die besten ökonomischen Ergebnisse. Das unsubventionierte Angebot, von dem sich die Marktteilnehmer den größte Vorteil versprechen, setzt sich dauerhaft durch. Deshalb gilt für die AfD: Je mehr Wettbewerb und je geringer die Staatsquote, desto besser für alle."
So etwas wirst Du bei der Linke nicht finden.

noam 02.03.2017 13:51

Schlanker Staat wenig einfache Bürokratie geht auch ohne Privatisierung, wenn man es schafft einfache Gesetze zu schaffen.

Wenn man sich allein das Steuerrecht anschaut. Vieles ist für den Steuerzahler abzusetzen, manches nicht. Steuerzahler a) kann das absetzen, Steuerzahler b) wiederum nicht. Hier den Durchblick zu behalten, so dass jeder nur die Steuern zahlt, die er muss, ist ohne entsprechendes Fachwissen kaum möglich. Für Firmeninhaber kaum möglich.

Hier wäre ein einfaches transparentes Steuerrecht sehr schön.



Ebenso hat die europaweite Ausschreibungspflicht für Bauprojekte ab einer bestimmten Größe nicht zwingend dazu beigetragen, dass es einfacher wurde staatliche Bauprojekte schnell in die Tat umzusetzen. Wenn ich da einmal an unsere lieben Autobahnbaustellen denke, wird mir schlecht. Hier bekommt nicht derjenige den Zuschlag, der das beste Angebot macht, sondern der, der das günstigste macht. Mit der Folge, dass hier nicht das beste Unternehmen mit gut ausgerüsteten, gut ausgebildeten und angemessen bezahlten Arbeitern den Job macht, sondern die Firma, die sich besonders darauf versteht, unter Verwendung von "preisgünstigen Material" und günstigen Arbeitskräften den billigsten Preis bei Einhalten der Mindestvoraussetzungen. Oft mit der Folge, dass diese Firmen noch bei im Bau befindlichen Projekten in die Zahlungsunfähigkeit gehen.


Das Arbeiter und Angestellten Outsourcing gibt es bei uns auch. Früher hatte die Polizei zB eigene Werkstätten für die Autos, eigene Putzkräfte etc. Heute gibt es Verträge mit verschiedenen Firmen dafür mit der Folge, dass a) diese Belegschaft oft wechselt und b) die Arbeit sehr unzureichend erledigt wird, da die Firma natürlich bestrebt ist im Rahmen der Profitmaximierung möglichst wenig Kosten zu haben.


Dann gibt es ja auch noch die Privatisierung von Hallenbädern. Hier mit der Folge das unprofitbale Bäder einfach geschlossen werden und die bestehenden schnell zu reinen Spaßbädern umgebaut werden.

Aus meinen Erfahrungen mit der Privatisierung von (staatlichen) Aufgaben kann ich sagen, dass man so natürlich die Effizienz erhöht. Leider sehr oft zu Lasten der Arbeitnehmer und der Qualität der Arbeit.

captainbeefheart 02.03.2017 17:19

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1294110)
Ich schrieb meine Meinung dazu ja schon im anderen Thread: Ich erlebte das Zusammenschmelzen des öffentlichen Dienstes in der Stadt Berlin, das Verscherbeln der Stromwerke, das Verscherbeln von Grund und Häusern, von Wohnungsbaugesellschaften, die Auslagerung vieler Dienste, den so geschaffenen riesigen Stellenabbau, und engagierte mich an meiner Arbeitsstelle sehr stark dagegen. (Reinigung, Grünflächen, Hausmeister usf.. Die Kollegen kamen in einen sog. Überhang zur Vermittlung. Anschliessend wurden einige Aufgaben von Firmen mit Hartz IV-Beschäftigten erledigt mit schlechterer Qualität.)

...

Deine Argumentation überzeugt mich nicht, weil Du bei privatisierten Unternehmen alle von mir oder anderen angeführten negativen Erfahrungen bereitwillig entschuldigst, weil halt irgendetwas noch falsch mit dem freien Markt läuft, noch nicht so weit ist etc., während Du negative Erfahrungen bei staatlichen Eigenbetrieben als systembedingt deklarierst, was nur durch Privatisierung und schlanken Staat lösbar wäre.

...

So kommen wir tatsächlich nicht weiter. Wenn wir ehrlich sind kann weder ich, noch kannst Du jeweils den ultimativen Beweis führen, weil es am ceteris-paribus-Vergleich fehlt: Wir können nur sehen und bewerten, wie es sich MIT der Privatisierung entwickelt hat, wie das z.B. in Berlin gelaufen ist - wir können nicht sehen und bewerten wie sich der öffentliche Dienst in Berlin OHNE Privatisierung entwickelt hätte. Es bleibt nur der Vergleich mit strukturell ähnlichen Betrieben unter ähnlichen, aber niemals gleichen Bedingungen. Hier sieht zwar die empirische volkswirtschaftliche Forschung die Privatisierung prinzipiell "vorne", es gibt aber eben auch misslungene Fälle und auch bei den "erfolgreichen" lässt sich an den im Detail immer unterschiedlichen Rahmenbedingungen Punkte finden, die der Vergleich hinken lassen.

Gehen wir deshalb von der prinzipiell unauflösbaren mikroökonomischen auf die makroökonomische Betrachtungsebene. Hier ist das Bild dann doch deutlich klarer, wenn staatswirtschaftliche und marktwirtschaftliche Systeme mit den darin befindlichen Unternehmen verglichen werden. In den letzten Jahrzehnten ist es mittlerweile common sense, dass es bzgl. Wohlstand, Volkseinkommen, Innovation etc. einen klaren Vorteil der marktwirtschaftlich orientierten Systeme gegeben hat und es heute faktisch keine ernstzunehmenden, weil substanziell wettbewerbsfähigen staats- bzw. planwirtschaftlichen Systeme mehr gibt. Schau Dir dazu einfach mal die G20 Länder an.

Jedes der Systeme hat dabei Vor- und Nachteile und natürlich haben alle makro- und mikroökonomischen Systeme Dysfunktionalitäten, die ich bzgl. marktwirtschaftlicher Systeme sehr wohl sehe und nicht einfach "entschuldige". Ich könnte Dir jetzt eine mindestens ebenso lange Liste an Verwerfungen staatlicher Unternehmen in Deutschland aufzählen, das bringt uns aber nicht weiter, weil wir beide wissen, dass es in beiden Systemwelten integres ebenso wie nicht-integres Verhalten gibt.

noam 02.03.2017 17:42

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1294140)
In den letzten Jahrzehnten ist es mittlerweile common sense, dass es bzgl. Wohlstand, Volkseinkommen, Innovation etc. einen klaren Vorteil der marktwirtschaftlich orientierten Systeme gegeben hat und es heute faktisch keine ernstzunehmenden, weil substanziell wettbewerbsfähigen staats- bzw. planwirtschaftlichen Systeme mehr gibt. Schau Dir dazu einfach mal die G20 Länder an.

Aber es gibt auch genug Verlierer im System.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaf...-14905254.html

Die Armut in den G20 Ländern (hier am Beispiel Deutschland) steigt, obwohl wir wirtschaftlich so erfolgreich sind wie nie.

captainbeefheart 02.03.2017 18:01

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1294037)

3. Effizienz durch geringere Qualität und Lohndrückerei. (vergleiche ich die Privatisierung der Reinigung, der Grünflächenämter im öffentlichen Dienst, die "outgesourct" wurden, war das Ergebnis: schlechte Qualität, niedriger Lohn).

Ich mache Dir mal ein konkretes Beispiel, das ich aus erster Hand kenne:

Wir arbeiten derzeit in einer öffentlichen Verwaltung mit ca. 1000 Mitarbeitern. Entlang von objektiven Vergleichsdaten (es gibt strukturell nahezu identische Verwaltungen mit denen man Fallzahlen und Mitarbeiterproduktivität vergleichen kann, da vergleichst Du tatsächlich Äpfel mit Äpfeln :-)), sind dort ca. 20% der Mitarbeiter ganz oder teilweise nicht wirklich beschäftigt. Interessanterweise bestätigen das die Betroffenen und Kollegen aus ihrer subjektiven Perspektive sehr freimütig: "Ich habe meine Arbeit am Mittag geschafft, Nachmittags mache ich meine privaten Dinge" und ähnliche Statements.

Und das BEVOR Prozesse bzgl. von Digitalisierungseffekten angefasst wurden! Dort werden Mails bspw. ausgedruckt und von mehreren Boten mit dem Handwagen über die Flure gefahren, bevor sie weiterverarbeitet, wieder mit dem Handwagen zurückgebracht werden, um schlussendlich wieder per Mail verschickt zu werden. "Digitale Akten", wie sie in anderen öffentlichen Verwaltungen mittlerweile eingeführt sind gibt es hier also noch nicht und da werden nochmals ca. 20% Arbeitsinhalte obsolet. Fakt ist es gibt zu wenig Arbeitsinhalte für zu viele Mitarbeiter und die Schere öffnet sich weiter.

So, jetzt könnte man argumentieren: Passt doch, solange die Leute wenigstens teilweise beschäftigt sind, sind sie "weg von der Straße", müssen kein ALG1 oder andere Transferausgaben des Staates beziehen. Ich halte das für zynisch. Wo ist die Grenze bei der sich - auch aus einer solidarischen Perspektive - Mitarbeiter noch in fraktaler Beschäftigung halten und voll bezahlen lassen: 80%, 50%, 20%?

Fakt ist vor diesem Hintergrund, dass es die Verwaltung angesichts dieser Schieflage heute schon klimatisch zerreißt. Es gibt nämlich die anderen 80% der Mitarbeiter (später 60%) die zum Teil volle 100% zum Teil 120% für dasselbe Gehalt leisten, wie ihre Kollegen mit 50%, die daraus auch kein Geheimnis machen. Kannst Dir vorstellen wie die das finden? Und das wird nicht dadurch besser, dass Langeweile bei den unterausgelasteten Mitarbeitern (die oft gar nichts dafür können, das es so ist) zusätzlich zu Bore-out-Effekten und teilweise Sabotage führt.

Also alles lassen, wie es ist und die Ineffizienz, den "organizational slack" einfach weiter dulden und bezahlen?

captainbeefheart 02.03.2017 18:11

Zitat:

Zitat von noam (Beitrag 1294144)
Aber es gibt auch genug Verlierer im System.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaf...-14905254.html

Die Armut in den G20 Ländern (hier am Beispiel Deutschland) steigt, obwohl wir wirtschaftlich so erfolgreich sind wie nie.

Hatten wir schon diskutiert, da gibt es natürlich was zu tun. Insbesondere im Vergleich der Entwicklung des Lohneinkommens und der Vermögens- und Gewinneinkommen am Volkseinkommen.

Wenn Du aber mal z.B. die Top 20 im Volkseinkommen mit dem Mittel- und hinteren Feld vergleichst, dann wirst Du sehen, was mehr oder weniger flächendeckende Armut in Volkswirtschaften wirklich bedeutet!

qbz 02.03.2017 18:20

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1294140)
......
Gehen wir deshalb von der prinzipiell unauflösbaren mikroökonomischen auf die makroökonomische Betrachtungsebene. Hier ist das Bild dann doch deutlich klarer, wenn staatswirtschaftliche und marktwirtschaftliche Systeme mit den darin befindlichen Unternehmen verglichen werden. In den letzten Jahrzehnten ist es mittlerweile common sense, dass es bzgl. Wohlstand, Volkseinkommen, Innovation etc. einen klaren Vorteil der marktwirtschaftlich orientierten Systeme gegeben hat und es heute faktisch keine ernstzunehmenden, weil substanziell wettbewerbsfähigen staats- bzw. planwirtschaftlichen Systeme mehr gibt. Schau Dir dazu einfach mal die G20 Länder an.
.....

Es ging mir eigentlich nur darum, ein paar Gründe anzuführen, weshalb die Privatisierung der Autobahn Nachteile für die Bürger bringt und einen Link zu posten mit Informationen dazu. Die Diskussion weitete sich dann in eine Grundsatzdebatte über die Privatisierung der staatlichen Eigenbetriebe wie Post, Bahn, Outsourcing im Öffentlichen Dienst u.a. aus.

Nun sind wir schon bei Planwirtschaft versus Marktwirtschaft ;) . Die Vorteile einer sozialen Marktwirtschaft mit einem Primat der Politik liegen für mich auf der Hand und werden nicht ausgehebelt dadurch, dass Betriebe der Daseinsvorsorge in staatlicher Hand sind oder wenn z.B. Gesundheitsdienste wie Ambulatorien staatlich organisiert wären (Spanien z.B.).

captainbeefheart 02.03.2017 20:03

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1294148)
Es ging mir eigentlich nur darum, ein paar Gründe anzuführen, weshalb die Privatisierung der Autobahn Nachteile für die Bürger bringt und einen Link zu posten mit Informationen dazu. Die Diskussion weitete sich dann in eine Grundsatzdebatte über die Privatisierung der staatlichen Eigenbetriebe wie Post, Bahn, Outsourcing im Öffentlichen Dienst u.a. aus.

Nun sind wir schon bei Planwirtschaft versus Marktwirtschaft ;) . Die Vorteile einer sozialen Marktwirtschaft mit einem Primat der Politik liegen für mich auf der Hand und werden nicht ausgehebelt dadurch, dass Betriebe der Daseinsvorsorge in staatlicher Hand sind oder wenn z.B. Gesundheitsdienste wie Ambulatorien staatlich organisiert wären (Spanien z.B.).

Ja, so ist das :-)

Wie geschrieben, an dieser Frage lassen sich sehr gut politische Präferenzen für die Bundestagswahl festmachen, denn da unterscheiden sich die Parteien doch sehr deutlich:

Wer einen möglichst starken Staat und viele staatliche Interventionen möchte, kann sich am linken (Die Linken) und rechten Rand (AfD; da können sie von "Wettbewerb" schreiben was sie wollen, sie vertreten einen interventionistischen Staat) des Spektrums bedienen.

Wer das nicht will, kann in absteigender Reihenfolge einen zurückhaltenderen, moderaten Staat präferieren: Grüne, SPD, CDU/CSU, FDP.

Und eine rot-rot-grüne Koalition wird sich da anders positionieren als eine große Koalition, oder eine mit Beteiligung der FDP.

qbz 02.03.2017 21:25

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1294164)
... (AfD; da können sie von "Wettbewerb" schreiben was sie wollen, sie vertreten einen interventionistischen Staat) ...

Woher hast Du diese Information?

Im Programm der AFD (Kurzfassung, S. 13 steht das Gegenteill:

"die AFD will ein investitions- und innovationsförderndes wirtschaftliches Umfeld. Wir wollen auf breiter Front deregulieren und Bürokratie abbauen. Den Subventionsdschungel von EU, Bund, Ländern, Kommunen und der Sonderfonds wollen wir so konsequent lichten, wie dies eine Prüfung auf Wirksamkeit und effizienz nahelegt. Sofern im Einzelfall Subventionen wirtschaftspolitisch sinnvoll erscheinen, sind sie zeitlich zu befristen.
Unsere Mittelstandspolitik ist Ordnungspolitik. Die AFD lehnt Subventionen generell ab. Wir wollen gleiche regeln für alle – ob groß, ob klein, in jeder Branche. Unser ziel ist ein schlanker, aber starker Staat. "

Die Hauptsache, man kann Linke und AFD gleichsetzen, oder nicht? ;)

captainbeefheart 02.03.2017 21:53

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1294176)
Woher hast Du diese Information?

Im Programm der AFD (Kurzfassung, S. 13 steht das Gegenteill:

"die AFD will ein investitions- und innovationsförderndes wirtschaftliches Umfeld. Wir wollen auf breiter Front deregulieren und Bürokratie abbauen. Den Subventionsdschungel von EU, Bund, Ländern, Kommunen und der Sonderfonds wollen wir so konsequent lichten, wie dies eine Prüfung auf Wirksamkeit und effizienz nahelegt. Sofern im Einzelfall Subventionen wirtschaftspolitisch sinnvoll erscheinen, sind sie zeitlich zu befristen.
Unsere Mittelstandspolitik ist Ordnungspolitik. Die AFD lehnt Subventionen generell ab. Wir wollen gleiche regeln für alle – ob groß, ob klein, in jeder Branche. Unser ziel ist ein schlanker, aber starker Staat. "

Die Hauptsache, man kann Linke und AFD gleichsetzen, oder nicht? ;)

Ich habe das Geblubber gelesen, aber hier glaube ich, dass das Papier sehr geduldig ist ... :-) Wenn ich das, was ich aus allen anderen Quellen zu verschiedenen Themen höre und lese, dann ist meine Beobachtung zur Haltung der AfD in den meisten Themen: Interventionismus und Ordnungspolitik. Und deshalb würde dann im Zweifel der im Wahlprogramm so lapidar hingeschriebene "starke Staat" auch in der Wirtschaftspolitik zählen.

Und ja, Die Linke und die AfD haben ordentlich Überschneidungen, wenn Du hier auch einmal von programmatischen Papieraussagen abstrahierst. Etliche Aussagen von bspw. Sarah Wagenknecht sind nicht weit weg vom Rechtspopulismus, die Zeit hat dazu zu Recht getitelt: "Sarah Wagenknecht auf rechtem Stimmenfang".

Ich verstehe allerdings, dass das einen Linken auch schmerzen kann..

ThomasG 02.03.2017 22:25

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1294176)
Die Hauptsache, man kann Linke und AFD gleichsetzen, oder nicht? ;)

Tse ... nicht provozieren lassen! ;-)
Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1294181)
Etliche Aussagen von bspw. Sarah Wagenknecht sind nicht weit weg vom Rechtspopulismus, die Zeit hat dazu zu Recht getitelt: "Sarah Wagenknecht auf rechtem Stimmenfang".

Ja stimmt - das hat die Zeit tatsächlich getitelt und zwar als Überschrift eines Gastbeitrags von Claudia Roth.
Soviel Zeit muss sein! :Lachen2: ;)
http://www.zeit.de/politik/deutschla...e-fluechtlinge
Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1294181)
Ich verstehe allerdings, dass das einen Linken auch schmerzen kann..

Und ich verstehe, dass den Grünen ein bisschen die Klammer geht, zu viele der ehemaligen Wähler könnten zu den Linken überlaufen.

captainbeefheart 03.03.2017 08:32

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1294189)

Ja stimmt - das hat die Zeit tatsächlich getitelt und zwar als Überschrift eines Gastbeitrags von Claudia Roth.
Soviel Zeit muss sein! :Lachen2: ;)
http://www.zeit.de/politik/deutschla...e-fluechtlinge

... und ein paar Monate später gibt es zahlreiche Parteiaustritte, vor deren Hintergrund Riexinger seine Kollegin zurechtweist. Das hat mit Roth und den Grünen nun wirklich nichts zu tun :-) Programmatisch steht bei den Linken auch einiges drin, was durch das konkrete öffentlichen Handeln der Personen zu Recht anders interpretiert werden kann.

Dazu auch heute in der SZ ein Interview mit dem Linguistik-Professor Stefanowitsch:

SZ: Auch die Linken-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht kritisiert die Flüchtlingspolitik scharf. Verschwimmt da schon die Grenze zum rechten Populismus?

Stefanowitsch: Wenn man genauer liest, was Sahra Wagenknecht sagt, dann ist es viel differenzierter als das, was die AfD sagt. Sie übt Kritik an Merkels fehlenden infrastrukturellen Anstrengungen angesichts der hohen Flüchtlingszahlen - vermutlich in der Absicht, diese Leute zu erreichen, die sich eingeredet haben, dass die Flüchtlinge an allem schuld sind und dass Merkel weg muss. Am Schluss bleibt aber doch nur hängen: Die Flüchtlinge sind zu viele und Merkel ist schuld. Deshalb wird Wagenknecht nicht zu Unrecht in eine Ecke mit der AfD gestellt, obwohl sie programmatisch sicher nicht dorthin gehört.

Zarathustra 03.03.2017 10:42

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1294209)
Stefanowitsch: Wenn man genauer liest, was Sahra Wagenknecht sagt, dann ist es viel differenzierter als das, was die AfD sagt. Sie übt Kritik an Merkels fehlenden infrastrukturellen Anstrengungen angesichts der hohen Flüchtlingszahlen - vermutlich in der Absicht, diese Leute zu erreichen, die sich eingeredet haben, dass die Flüchtlinge an allem schuld sind und dass Merkel weg muss. Am Schluss bleibt aber doch nur hängen: Die Flüchtlinge sind zu viele und Merkel ist schuld. Deshalb wird Wagenknecht nicht zu Unrecht in eine Ecke mit der AfD gestellt, obwohl sie programmatisch sicher nicht dorthin gehört.

So so, der Professor vermutet eine Absicht... Daß die differenziertere Botschaft der Frau W., die zu diskutieren wäre, hängen bleibt, schließt er vorsichtshalber aus. Es bleibt: die rechte Ecke. Politischen Diskurs verhindert - nochmal Glück gehabt!

Schwarzfahrer 03.03.2017 12:26

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1294209)
Stefanowitsch: Wenn man genauer liest, was Sahra Wagenknecht sagt, dann ist es viel differenzierter als das, was die AfD sagt. Sie übt Kritik an Merkels fehlenden infrastrukturellen Anstrengungen angesichts der hohen Flüchtlingszahlen - vermutlich in der Absicht, diese Leute zu erreichen, die sich eingeredet haben, dass die Flüchtlinge an allem schuld sind und dass Merkel weg muss. Am Schluss bleibt aber doch nur hängen: Die Flüchtlinge sind zu viele und Merkel ist schuld. Deshalb wird Wagenknecht nicht zu Unrecht in eine Ecke mit der AfD gestellt, obwohl sie programmatisch sicher nicht dorthin gehört.

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1294245)
So so, der Professor vermutet eine Absicht...

Ist doch ein perfektes Beispiel für die verbreitete Unsitte, die Relevanz oder Richtigkeit einer Aussage nicht mehr objektiv am Inhalt der Aussage zu messen, sondern nur noch an der "vermuteten Absicht", bzw. der Zuordnung der Person, die diese Aussage tätigt.

Diese Art der Unterstellung einer "vermuteten Absicht" erinnert mich übrigens irgenwie an politische Überreaktionen im Ostblock, wenn mal die Wettermeldung eine "aus dem Westen heranziehende Schönwetterfront" angekündigt hatte.

Neginroeb 03.03.2017 12:35

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1294265)
Ist doch ein perfektes Beispiel für die verbreitete Unsitte, die Relevanz oder Richtigkeit einer Aussage nicht mehr objektiv am Inhalt der Aussage zu messen, sondern nur noch an der "vermuteten Absicht", bzw. der Zuordnung der Person, die diese Aussage tätigt.

Diese Art der Unterstellung einer "vermuteten Absicht" erinnert mich übrigens irgenwie an politische Überreaktionen im Ostblock, wenn mal die Wettermeldung eine "aus dem Westen heranziehende Schönwetterfront" angekündigt hatte.

dito
so wird heute auch Politik gemacht. Wenn es keine Sachantwort gibt wird etwas unterstellt und polemisch und populistisch vermarktet

captainbeefheart 03.03.2017 21:09

Zitat:

Zitat von Neginroeb (Beitrag 1294266)
dito
so wird heute auch Politik gemacht. Wenn es keine Sachantwort gibt wird etwas unterstellt und polemisch und populistisch vermarktet

Mit welchem Motiv sollte der Linguistik-Professor Politik machen? Soweit ich weiß, ist er nicht politisch aktiv.

Er wurde als Sprachwissenschaftler und Linguistik-Experte interviewt und hat eine differenzierende Aussage gemacht sowie eine Vermutung als solche gekennzeichnet. Und die trifft m.E. auch zu, weil Politiker heute genau so, wie beschrieben, in ihrer Kommunikation (unterstützt durch professionelle Kommunikationsberater) arbeiten. Da ist in den seltensten Fällen irgendetwas Zufall, sondern es ist durchgestylt und es bleibt hängen, was hängen bleiben soll.

ThomasG 04.03.2017 08:47

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1294316)
Mit welchem Motiv sollte der Linguistik-Professor Politik machen? Soweit ich weiß, ist er nicht politisch aktiv.

Er wurde als Sprachwissenschaftler und Linguistik-Experte interviewt und hat eine differenzierende Aussage gemacht sowie eine Vermutung als solche gekennzeichnet. Und die trifft m.E. auch zu, weil Politiker heute genau so, wie beschrieben, in ihrer Kommunikation (unterstützt durch professionelle Kommunikationsberater) arbeiten. Da ist in den seltensten Fällen irgendetwas Zufall, sondern es ist durchgestylt und es bleibt hängen, was hängen bleiben soll.

Ich staune ja immer wieder mal darüber wie routiniert und sicher Spitzenpolitiker bei öffentlichen Auftritten (beispielsweise in Talkshows u.ä.) herüber kommen.
Was ich meine, bezieht sich viel eher auf die Körpersprache und wie was gesagt wird, als auf das was gesagt wird.
Ganz selten spürt man da als Zuschauer auch nur eine kurzfristige Verunsicherung oder Unsicherheit.
So zumindest mein Eindruck.
Das kann ja kaum Zufall sein bzw. einfach eine Folge von Learning by Doing, denn sonst würde man da wohl eine Art Entwicklung erkennen können.

Wagenknecht selbst meinte mal in einem Interview sinngemäß etwa sie wolle Menschen für ihre Partei als Wähler gewinnen, die sich mit dem Gedanken tragen die AfD zu wählen, um damit in erster Linie ihre Verärgerung über die anderen Parteien auszudrücken, aber eigentlich ganz andere Ansichten haben als die, die von der AfD vertreten werden.
Sollte das stimmen, fände ich eine solche Denkweise von Wagenknecht ziemlich sympathisch.

Natürlich kann man auch etwas anderes annehmen, nämlich dass es ihr in erster Linie darauf ankommen könnte möglichst viele Wählerstimmen zu gewinnen und es ihr ziemlich egal sein könnte, wer da gewonnen wird als Wähler die Hauptsache mit seiner Stimme kann ihre Partei an Macht und Einfluß gewinnen bzw. eben Vertreter ihrer Partei.
Diese Motivation empfände ich als äußerst unsympathisch.

Ja - bei den Menschen bleiben oft einfache und stark verkürzte und dadurch oft auch falsche Botschaften als Erinnerung übrig.
Menschen, die weit ausholen und nicht zuletzt deshalb bei vielen Menschen so herüberkommen als würden sie ungern oder nicht gerne auf den Punkt kommen, die werden nicht so arg beachtet bzw. gemocht.
Viele Zusammenhänge sind aber nicht so einfach darzustellen oder zu erklären, wenn da kurze und knackige Botschaften erwartet werden.
Das glaube zumindest ich und das ist zumindest meine Erfahrung.

qbz 08.03.2017 17:29

Armutsbericht 2017
 
Wir haben im Thread "Rechtsruck " und hier desöfteren über die Frage der Armut in DE diskutiert. Vor ein paar Tagen publizierte der Paritätische Wohlfahrtsverband den Armutsbericht 2017

"Erstmals ermöglicht der Bericht des Paritätischen einen Zehn-Jahres-Vergleich. Auffällig sei dabei der Rückgang der Armutsquote in allen ostdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Berlins. Auf der anderen Seite stieg die Armut in allen westdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Hamburgs und Bayerns merkbar an. Als besondere Problemregionen identifiziert der Bericht im Zehn-Jahres-Vergleich die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl, der Bevölkerungsdichte und der längerfristigen Trends müssten das Ruhrgebiet und Berlin als die armutspolitischen Problemregionen Deutschlands angesehen werden.

Bei allen bekannten Risikogruppen habe die Armut im Vergleich zum Vorjahr noch einmal zugenommen: Bei Erwerbslosen auf 59 Prozent, bei Alleinerziehenden auf 44 Prozent, bei kinderreichen Familien auf 25 Prozent, bei Menschen mit niedrigem Qualifikationsniveau auf 32 Prozent und bei Ausländern auf 34 Prozent. Alarmierend sei im Zehn-Jahres-Vergleich insbesondere die Armutsentwicklung bei Rentnerinnen und Rentnern. Ihre Armutsquote stieg zwischen 2005 und 2015 von 10,7 auf 15,9 Prozent und damit um 49 Prozent, ein völliger „Ausreißer in der Armutsstatistik“. Durchgreifende Reformen in der Alterssicherung seien daher unausweichlich, um Altersarmut vorzubeugen."

captainbeefheart 08.03.2017 17:55

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1295054)
"Erstmals ermöglicht der Bericht des Paritätischen einen Zehn-Jahres-Vergleich. Auffällig sei dabei der Rückgang der Armutsquote in allen ostdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Berlins. Auf der anderen Seite stieg die Armut in allen westdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Hamburgs und Bayerns merkbar an. Als besondere Problemregionen identifiziert der Bericht im Zehn-Jahres-Vergleich die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl, der Bevölkerungsdichte und der längerfristigen Trends müssten das Ruhrgebiet und Berlin als die armutspolitischen Problemregionen Deutschlands angesehen werden.

Bei allen bekannten Risikogruppen habe die Armut im Vergleich zum Vorjahr noch einmal zugenommen: Bei Erwerbslosen auf 59 Prozent, bei Alleinerziehenden auf 44 Prozent, bei kinderreichen Familien auf 25 Prozent, bei Menschen mit niedrigem Qualifikationsniveau auf 32 Prozent und bei Ausländern auf 34 Prozent. Alarmierend sei im Zehn-Jahres-Vergleich insbesondere die Armutsentwicklung bei Rentnerinnen und Rentnern. Ihre Armutsquote stieg zwischen 2005 und 2015 von 10,7 auf 15,9 Prozent und damit um 49 Prozent, ein völliger „Ausreißer in der Armutsstatistik“. Durchgreifende Reformen in der Alterssicherung seien daher unausweichlich, um Altersarmut vorzubeugen."

Ja, das ist nicht zufriedenstellend, auch wenn wir da vergleichsweise zu anderen Volkswirtschaften immer noch gut dastehen. Die insgesamt positive gesamte Einkommensentwicklung kommt nicht ausreichend gut in der Einkommensverteilung an.

Der Bericht zeigt auch die Vielschichtigkeit des Problems:

Altersarmut bekommen wir nicht ohne eine grundlegende Änderung des heute gültigen Generationenvertrags in den Griff. Schon gar nicht, wenn wir zusätzlich KEINE Zuwanderung hätten.

Armut bei kinderreichen Familien und damit auch Kinderarmut bekommen wir nicht ohne eine grundlegende steuerliche Entlastung der Familien hin. Hier sieht man auch die Vernetzung zur Alterssicherung: Wer schafft denn die Grundlage für den Generationenvertrag, wenn nicht die kinderreichen Familien? Hier müsste die System-Ungerechtigkeit steuerlich kompensiert werden.

Armut bei Erwerbslosen, Niedrigqualifizierten und "Ausländern" bekommen wir nicht ohne eine Qualifikationsoffensive hin.

Leider sind die Themen lange bekannt, bislang hat sich an die strukturellen Themen auch eine große Koalition nicht heran gewagt.

aequitas 15.03.2017 10:25

Im DeutschlandradioKultur gab es vor ein paar Tagen ein Interview mit Christoph Butterwegge zum aktuellen Armutsbericht und den "Reformvorschlägen" für Hartz IV der SPD.

Man kann sich den Beitrag auch anhören, perfekt für das Training auf der Rolle.

FlyLive 15.03.2017 10:43

Zitat:

Zitat von aequitas (Beitrag 1295970)

Wer sich zurück nehmen kann - auch mit weniger auskommt als der Nachbar und nicht durchs Leben hetzt auf der Verfolgung nach Geld, Macht, Luxus und Statussymbolen - der findet Butterwegge vermutlich ziemlich gut.

Ich fand seine Reden zur Präsidentschaftswahl schon überzeugend und angenehm geerdet Für mich der bessere Präsident, wenngleich auch Steinmeier nicht die schlechteste Wahl ist.

schnodo 31.05.2017 23:46

Es wird Zeit, den Thread mal wieder vorzukramen. So lange ist es ja nicht mehr hin.

Wie wir alle wissen, brauchen wir dringend mehr Überwachung. Viel mehr Überwachung, für alle, rund um die Uhr. Wegen der Sicherheit und so.

Sascha Lobo hat sich auf SPON mit "Anschläge in Europa: Unsere Sicherheit ist eine Inszenierung" des Themas angenommen:
Zitat:

Seit 2014 verübten insgesamt 24 identifizierte Täter 13 islamistische Mordanschläge in der EU - und alle, ja wirklich: 100 Prozent der Attentäter waren zuvor den Behörden bekannt und gewaltaffin.

noam 01.06.2017 00:08

Wir brauchen noch mehr Überwachung und vor allem noch mehr Behörden mit noch mehr Zuständigkeitenwirrwarr

Solange es noch nicht mal möglich ist ohne weiteres festzustellen ob der Pole, Franzose, Rumäne vor mir im Besitz eines Führerscheins ist, glaube ich nicht daran dass einem das mehr an Informationen von unverdächtigen weiter hilft wenn es augenscheinlich bei weitem nicht ausreicht sich bei hinreichend Verdacht um diese Personen ausreich nd zu kümmern

Nobodyknows 01.06.2017 06:10

Wenn Bundeskanzler Bernd Höcke erst einmal die Mauer um Deutschland gebaut hat und die Grenzen endlich wieder dicht sind, wird es hier keine Franzosen und erst recht keine Rumänen und Polen mehr geben!!!11!!! Dann müssen wir unsere Wohnungen nicht mehr abschließen, können uns nachts wieder auf die Straße trauen und toitsche Mädels mit ihrem blonden, zu züchtigen Zöpfen geflochtenen Haar können wieder unbesorgt die Badeanstalten besuchen. FAKT!!!

Gruß
N. :Huhu:

noam 01.06.2017 12:04

Zitat:

Zitat von Nobodyknows (Beitrag 1307362)
FAKT!!!

Ich glaube du banalisierst hier ein sehr sehr wichtiges Thema, das zur Bundestagswahl nicht unerheblich sein wird. Nämlich die innere Sicherheit.

Innere Sicherheit hat nicht zwangsläufig etwas mit mehr rechten für repressive Organe zu tun, sondern viel mehr mit Kriminalität verhindern, aufklären und abstrafen.

Und hier haben wir in einem vereinten Europa, ja sogar in einem föderalistischen Deutschland, unglaubliche Probleme, die rein bürokratischer Natur sind, aber die praktische Arbeit sehr erschweren.

Zum einen gibt es kein einheitliches Straf- und schon gar kein einheitliches Strafprozessrecht. Heißt, dass Taten, die hier eine Straftat darstellen, stellen in anderen Ländern lediglich Ordnungswidrigkeiten dar und umgekehrt. Dies bedeutet natürlich unterschiedliche polizeiliche Maßnahmen und gerichtliche Sanktionen. Bestes Beispiel hierfür sind zB die Bußgelder im für Verkehrsordnungswidrigkeiten. Weiter gehts damit, dass der Bürger eines europäischen Mitgliedstaats in der EU Freizügigkeit genießt, aber überall unterschiedliche Lebensvoraussetzungen wie zB Sozialsysteme oder Krankenversicherungen herrschen.

Also im Bezug auf europäische Themen gibt es unglaublich viele Baustellen, die man national kaum lösen kann, aber im Rahmen vom Bundestagswahlkampf gerne zu nationalen Problemen gemacht werden.

Aber kommen wir wieder zur inneren Sicherheit. Sowohl der NSU als auch Anis Amri haben eindrucksvoll bewiesen, dass die Kommunikation zwischen verschiedenen Behörden nicht ausreichend funktioniert und bei weitem nicht transparent genug ist.Aber anstatt hier anzupacken und nachzubessern und entsprechende Behördenschnittstellen zu installieren, wird nach mehr Überwachung geschrien. Aber die Gefährder sind doch schon bekannt. Offensichtlich ist es den wenigen bekannten Gefährdern ja schon durch ein legales Reisen innerhalb Deutschlands möglich, der staatlichen Überwachung zu entgehen. es lag nicht an den rechtlichen Möglichkeiten, sondern an stumpfen Informationsdefiziten, da Behörde A und Behörde B lieber auch nicht nachvollziehbaren Motiven ihre Informationen horten, anstatt sie anderen zur Verfügung zu stellen und wirksam zusammenzuarbeiten. Bildlich gesprochen: Das Schwert ist scharf genug, es mangelt lediglich an der Waffenführung.

Witzig wird es dann wenn man politisch versucht das subjektive Sicherheitsgefühl des Bürgers zu stärken. In der Fläche gibt es zu wenig Polizei. Die vielen Einbrüche in letzter Zeit zeigen dies deutlich auf. Eigentlich ist ein Einbruchdiebstahl rechtlich ja nichts anderes, als ein abgeschlossenes Fahrrad zu stehlen. Aber nichts schwächt das subjektive Sicherheitsgefühl des Bürgers mehr als wenn Fremde in die ureigene Privatsphäre eindringen. Dies hat man politisch erkannt und versucht nun mehr Polizei zu bewirken. Das führt dann wieder zu so komischen Umständen, dass eine Landesregierung sich damit rühmt unglaublich viele neue junge Leute eingestellt zu haben. Dass diese aber immernoch bei weitem nicht den Personalstand ausgleichen der im selben Jahr in Pension geht, wird vergessen und das man über viele Jahre die Personaldecke so ausgedünnt hat, dass viele Dienststelle gar nicht mehr wissen, wo vorn und hinten ist, wird auch verschwiegen. Aber hey wir haben nun eingestellt.


Ich glaube, dass die Themen innere Sicherheit und Bildung die Wahl entscheiden werden. Und hier sehe ich gerade bei der SPD keinen klaren Kurs und daran wird der St. Martin scheitern und wir erleben die nächsten 4 Jahre politischen Stillstand.

drullse 01.06.2017 13:02

Zitat:

Zitat von Nobodyknows (Beitrag 1307362)
Wenn Bundeskanzler Bernd Höcke ...

So kann man es auch machen - einfach drüber lustig machen, dann wird schon nix passieren. Und hinterher dann wundern, wenn die Ergebnisse der Wahl nicht dem eigenen Gusto entsprechen.

noam 01.06.2017 18:46

Und wieder zeigt unsere derzeitige Regierung unglaubliches Fingerspitzengefühl bei heiklen Entscheidungen.

Erst gibt man Anweisung (auch gut integrierte) Menschen nach Afghanistan und nach Dublin II wieder abzuschieben, was durch das BAMF und die Ausländerämter gnadenlos durchgezogen wird. Schüler(innnen) werden aus dem Unterricht geholt, andere werden in Nacht- und Nebelaktionen aus ihren Unterkünften geholt. Es kommt zu Ausschreitungen in Nürnberg, wo sich die Mitschüler des Schüblings zusammentun, um dessen Abschiebung zu verhindern.

Und jetzt? Rolle Rückwärts. Nun werden plötzlich nur noch Gefährder abgeschoben...

Da stellt sich mir doch sofort die Frage, warum man nicht eh vorrangig erst einmal potentielle Gefährder abschiebt und den integrierten zumindest die Chance gibt einen Schul- oder Berufsausbildungsabschluss zuende zu bringen.

Im Asylverfahrensgesetz und in den politischen Meinungsbekundungen unserer Regierung wird immer sehr viel Wert auf die Prüfung des Einzelfalls gegeben, aber wie kann es sein, dass offensichtlich integrierte Menschen abgeschoben werden und potentielle Gefährder vorerst im Land bleiben? Liegt es vielleicht daran, dass man hier mal wieder den Weg des geringsten Widerstands geht? Den derjenige der Integrationswillen zeigt, sich korrekt verhält, sich nie etwas zu schulden kommen lassen hat, einfach gar keinen Grund hat, sich vor der Polizei oder anderen Behörden zu verstecken und damit im Gegensatz zum "untergetauchten" Gefährder greifbar ist?

Nobodyknows 01.06.2017 19:39

Zitat:

Zitat von drullse (Beitrag 1307446)
So kann man es auch machen - einfach drüber lustig machen, dann wird schon nix passieren. Und hinterher dann wundern, wenn die Ergebnisse der Wahl nicht dem eigenen Gusto entsprechen.

Dann bitte einen Vorschlag was ich, außer zur Wahl zu gehen und der AfD und ihren Wählern zu der Lächerlichkeit zu verhelfen die sie verdienen, noch machen soll.

Gruß
N. :Huhu:

schnodo 01.06.2017 20:26

Zitat:

Zitat von noam (Beitrag 1307527)
Liegt es vielleicht daran, dass man hier mal wieder den Weg des geringsten Widerstands geht?

Das ist leider eine beliebte Strategie.

Nicht nur bei den Flüchtlingen führt es dazu, dass diejenigen, die sich so verhalten, wie man es von ihnen wünscht, am Ende die Dummen sind. Der gesetzestreue Mensch hat nirgendwo eine besonders große Lobby.

captainbeefheart 01.06.2017 20:32

Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1307550)

... dass diejenigen, die sich so verhalten, wie man es von ihnen wünscht, am Ende die Dummen sind. Der gesetzestreue Mensch hat nirgendwo eine besonders große Lobby.

schnodo, da bin ich differenziertere Beiträge von Dir gewohnt.

Das ist so pauschal, wie es falsch ist und nicht mehr als ein uralter Stammtischspruch. Oder hast Du ein paar konkrete Beispiele?

Schwarzfahrer 01.06.2017 20:45

Zitat:

Zitat von Nobodyknows (Beitrag 1307539)
Dann bitte einen Vorschlag was ich, außer zur Wahl zu gehen und der AfD und ihren Wählern zu der Lächerlichkeit zu verhelfen die sie verdienen, noch machen soll.

Gruß
N. :Huhu:

Wählen ist also primär eine Protestbezeugung gegen die AFD? Worin besteht dann der Unterschied zum AfD-Wähler, der den Etablierten einen Denkzettel verpassen will?

Vorschlag: sich Gedanken machen, welche politischen Entscheidungen und Ziele das Land weiterbringen, oder zumindest Deine persönlichen Interessen am besten erfüllen, und schauen, welche Partei diese am ehesten vertritt - dann hast Du mal ein konstruktives, positives Ziel für die Wahlen.

noam 01.06.2017 21:00

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1307551)
Das ist so pauschal, wie es falsch ist und nicht mehr als ein uralter Stammtischspruch. Oder hast Du ein paar konkrete Beispiele?

Es ist zwar pauschal, aber im Hinblick auf die Durchführung der Abschiebungen durchaus zutreffend. Bei den Abschiebungen denen ich bisher beigewohnt habe im Rahmen der Amtshilfe lief es so, dass dem Schübling mit Ablehnung des Asylantrags und Verstreichen der Frist für Rechtsmittel eine Frist zur freiwilligen Ausreise unter Androhung der Abschiebung mitgeteilt wird.

Komischerweise waren diejenigen, die sich nichts zu Schulden kommen lassen haben, immer an ihrer Unterkunft als es hieß sie "abzuholen" (mir fällt es echt schwer in so einer Situation denjenigen in ein Auto zu setzen, dass ihn dann zum entsprechenden Flughafen bringt) und und sie sind in der Regel ohne große Widerrede mitgekommen. Diejenigen die schon reichlich Dreck am Stecken hatten, waren seltsamerweise immer am Tage der "Abholung" nicht zugegen und wurden dann komischerweise in anderen Zuständigkeitsbereichen mit neuem Aufenthaltstitel angetroffen. Ich will gar nicht wissen in wie vielen Fällen, Menschen als unauffindbar gelten, die einen Landkreis weiter mit anderem Aufenthaltstitel herumlaufen.

Sogesehen ist der ehrliche schon der dumme.



Allgemeingesellschaftlich kann man diesen Eindruck natürlich auch gewinnen. Denn die Menschen die häufig in Kontakt mit der Justiz kommen und dadurch entsprechend häufig Kontakt zu Strafverteidigern haben, haben natürlich einen unglaublichen Erfahrungsvorsprung im Umgang mit Behörden und sind trainiert darin, Schwachstellen von Behörden entsprechend zu erkennen und auszunutzen. Der unbedarfte Bürger ist darin natürlich völlig unbeleckt und kennt viele Hintertüren und Fallstricke nicht, verzichtet aber trotzdem auf einen entsprechenden Rechtsbeistand.

schnodo 01.06.2017 21:32

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1307551)
schnodo, da bin ich differenziertere Beiträge von Dir gewohnt.

Allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Ich werde Deine Enttäuschung verkraften, und Du hoffentlich auch. ;)

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1307551)
Das ist so pauschal, wie es falsch ist und nicht mehr als ein uralter Stammtischspruch. Oder hast Du ein paar konkrete Beispiele?

Meine Erfahrung ist eine andere. Vielleicht ist der Stammtischspruch tatsächlich so alt, weil sich seit jeher jedes Staatswesen darauf konzentriert, primär diejenigen zu sanktionieren, die dadurch noch beeinflussbar und leicht greifbar sind.

Konkrete Beispiele sind die ausreisepflichtigen Flüchtlinge, die sich nicht durch Untertauchen, Vernichtung von Dokumenten, oder Gewalt der Abschiebung entziehen, sondern in Krisengebiete ausgeflogen werden.

Mal weg von der Flüchtlingsthematik: Ich habe ich es in meinem erweiterten Umfeld noch nicht erlebt, dass unauffällige einkommensschwache Familien besonders gefördert wurden - eher ist das Gegenteil der Fall, während sich bei "problematischen" Fällen die Sozialarbeiter hilfseifrig die Klinke in die Hand geben. Es werden in Einzelfällen Zehntausende Euro jährlich dafür aufgewendet, die zu alimentieren, die scham- und gewissenlos genug sind, das System auszunutzen.

PS: Ich habe etwas getrödelt, noam war deutlich schneller und hat es sehr passend geschrieben. Danke! :)

JENS-KLEVE 01.06.2017 22:35

Hier in NRW haben die Wähler ziemlich deutlich geäußert, was sie von den Fehlern ihrer Regierung halten. Jetzt kann die CDU natürlich denken, dass sie auf der Welle mitschwimmt, aber ich befürchte eher, dass Merkel die Bundes-HanneloreKraft wird. Eben noch siegessicher mit nichtssagenden Wahlplakaten in die Kamera gelächelt und plötzlich von motivierten Parteien weggesemmelt.
Linke, AFD und FDP legen sich ordentlich ins Zeug und haben nicht die Fehler der Regierung produziert, die Themen sind die gleichen wie in NRW - da muss man jetzt Gas geben, sonst kommt die Quittung.

Nobodyknows 02.06.2017 06:49

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1307555)
Wählen ist also primär eine Protestbezeugung gegen die AFD? Worin besteht dann der Unterschied zum AfD-Wähler, der den Etablierten einen Denkzettel verpassen will?

Na das ist jetzt aber eine schöne Vorlage von Dir.
Das könnte man jetzt genüßlichst zerpflücken. Aber nur so viel:
(M)eine Protestbezeugung gegen die AfD und ihre bekloppten Wähler ist
ein Bekenntnis zur repräsentativen Demokratie,
ein Bekenntnis zum Grundgesetz
und die Ablehnung von dumpf-deutschen völkischen Gehabe
sowie von Lügen und Polemik durch Menschen, die eine (Zitat der AfD-Spitze über Höcke) "Wesensverwandschaft mit dem Nationalsozialismus" haben und dies in der AfD ungehemmt ausleben können.

Das ist doch schon mal einiges und vor dem Hintergrund, dass an Merkel wieder mal kein Weg vorbeiführen wird, weil nichts dadurch besser würde, eine hehre Bewertung der anstehenden Wahl von mir, oder etwa nicht?

Gruß
N. :Huhu:

sabine-g 02.06.2017 10:08

Zitat:

Zitat von noam (Beitrag 1307436)
, dass die Kommunikation zwischen verschiedenen Behörden nicht ausreichend funktioniert und bei weitem nicht transparent genug ist.Aber anstatt hier anzupacken und nachzubessern und entsprechende Behördenschnittstellen zu installieren

Gerade hier wird massiv nachgebessert.

Ich weiß das, weil ich an dieser Software arbeite.........

drullse 02.06.2017 10:25

Zitat:

Zitat von sabine-g (Beitrag 1307597)
Gerade hier wird massiv nachgebessert.

Ich weiß das, weil ich an dieser Software arbeite.........

Schön zu hören - wann wird das reibungslos und flächendeckend im Einsatz sein?

sabine-g 02.06.2017 10:28

Zitat:

Zitat von drullse (Beitrag 1307600)
Schön zu hören - wann wird das reibungslos und flächendeckend im Einsatz sein?

ist bereits. Stufe 1..
Stufe 2 geht nächstes Jahr an den Start.


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