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the grip 15.07.2014 10:51

Wilhelm Busch:
 
Reue

Die Tugend will nicht immer passen,
Im ganzen läßt sie etwas kalt,
Und daß man eine unterlassen,
Vergißt man bald.

Doch schmerzlich denkt manch alter Knaster,
Der von vergangnen Zeiten träumt,
An die Gelegenheit zum Laster,
Die er versäumt.

the grip 22.07.2014 10:32

Charles Bukowski:
 
Ohne Titel

Alle Theorien
wie Klischees
verpufft; all die
kleinen Gesichter
wie sie aufschauen
so gläubig und schön;
mir ist nach Heulen
aber Kummer ist
blöd. Ich möchte
glauben können
doch glauben ist
ein Friedhof.
Wir haben es auf
dem Punkt:
Schlachtermesser und Spottdrossel.
Wünsch uns
Glück

the grip 24.07.2014 10:41

Christian Morgenstern:
 
Der Sperling und das Känguru

In seinem Zaun das Känguru –
es hockt und guckt dem Sperling zu.

Der Sperling sitzt auf dem Gebäude –
doch ohne sonderliche Freude.

Vielmehr, er fühlt, den Kopf geduckt,
wie ihn das Känguru beguckt.

Der Sperling sträubt den Federflaus –
die Sache ist auch gar zu kraus.

Ihm ist, als ob er kaum noch säße …
Wenn nun das Känguru ihn fräße?!

Doch dieses dreht nach einer Stunde
den Kopf, aus irgend einem Grunde,

vielleicht auch ohne tiefern Sinn,
nach einer andern Richtung hin.

bellamartha 24.07.2014 10:51

Sommergedichte, Grip, Sommergedichte! Hast du welche im Angebot?

Gruß, J.

Lutz 24.07.2014 11:10

Reue war/ ist doch eins oder? :Cheese:

the grip 25.07.2014 18:36

Joachim Ringelnatz:
 
Die Ameisen

In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Teil der Reise.

the grip 27.07.2014 10:38

Wilhelm Busch:
 
Liebesgeschichten des Jeremias Pechvogel. Dritte Liebe

1.
Meine Freunde und Gesellen
Haben mich dazu verleitet,
Daß zu den Kasinobällen
Ich sie neuerdings begleitet.

Leicht und krinolinen-luftig,
Halb gefühlt und halb gesehen,
Fein Eau-de-Cologne-duftig
Spürt' ich ihr Vorüberwehen.

Kaum daß in den Saal wir kamen,
Fühlt' ich schon mein Herz erbeben,
Denn die schönste aller Damen
Sah ich leicht vorüberschweben.

Ihre Wange war umgaukelt
Von den Locken, lang und lose,
Und als wie auf Wellen schaukelt'
Ihr am Busen eine Rose.


Und das Aug', das feurig matte, –
Ja! ich mußt' sie engagieren.
Eilig zupft ich die Krawatte,
Würdig mich zu präparieren.

2.
Ach! Wie ist mir nur geschehen?! –
Ihn, den ich schon lange scheute,
Hatt' ich gänzlich übersehen,
Jenen Herrn an ihrer Seite.

Er fixierte mich so listig
Mit vertrautem Augenzwinken;
Und, weiß Gott! mir war, als müßt' ich
Spurlos in den Boden sinken. –

Heimlich bin ich fortgeschlichen. –
Jener Herr – so war es leider! –
Dem ich lang schon ausgewichen,
War ihr Vater und – mein Schneider.

the grip 29.07.2014 11:49

Shakespeare:
 
Cupido ward die Fackel hin, und schlief;
Ein Mädchen der Diana stahl den Fang,
Und taucht der Liebe Feuerzunder tief
In einen kalten Quell, der dort entsprang.
Alsbald durchdrang vom heil’gen Brand die Wellen
Für alle Zeit lebendig rege Glut,
Und ward ein siedend Bad, in schlimmen Fällen
Der Menschen letzte Hülf’ und höchstes Gut.
Doch – die an Liebchens Blick frisch angefachte Kerze
Hielt mir aufs Herz der Knabe zum Versuch;
Daß ich, erkrankend von dem heißen Schmerze,
Ein trüber Gast, mich nach dem Bade trug.
Doch half mir’s nicht: Die Bäder, die mir taugen,
sind Amors Feuerquellen, Liebchens Augen.


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 20:54 Uhr.

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