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Erich Kästner:
Grabrede für einen Idealisten
Bevor man stirbt, hat man gelebt. Der Mann nun, den man hier begräbt, lebte höchst sonderbar. Er litt aus Mitleid, wenn er litt und stritt für andre, wenn er stritt, auf eigene Gefahr. Und hatte, trauernde Gemeinde, ganz einfach deshalb lauter Feinde, weil er ein Freund der Menschen war. |
Ludwig Thoma:
Wechsel
Immer, wenn es Frühling ist, Fühlt man schöne Triebe, Und man spricht so manchen Mist, Meistenteils von Liebe. Unser Mädchen glaubt es wohl; Die Natur der Frauen Zwingt sie ja, dem größten Kohl Blindlings zu vertrauen. Wenn das Korn am höchsten steht, In den Sommerszeiten, Findet, wer zu Zweien geht, Leicht Gelegenheiten. Lockrer wird das süße Band, Wenn die Früchte reifen, Will sie es auch vorderhand Noch nicht recht begreifen. Liebste, füge dich darein! Was ist auch dahinter? Ich will wieder ledig sein Für den nächsten Winter. |
Ringelnatz:
Schaudervoll: Es zog die reine,
Weiße, ehrbar keusche Clara Aus dem Sittlichkeitsvereine Eines Abends nach Ferrara. Schaudervoll: Dort, irgendwo, Floß der Po. Schaudervoll, doch es geschah In Ferrara, daß die Clara Aus dem Sittlichkeitsvereine Nachts den Po doppelt sah. |
Ludwig Thoma:
Im Maien
Ach! Im Maien Im Frühlingsüberschwange Fühlt ein jedes Hundeherz Sich getrieben von dem Drange, Ohne Ruh A-hu! A-hu! Von der Liebe süßem Schmerz. Milder werden ihre Sitten; Es ergreift Melancholie Alle, die vergeblich bitten. Darum du A-hu! A-hu! Hundedame, höre sie! Fühlst du keine jener Schwächen, Die das Herrenvolk verehrt? O! das muß sich einmal rächen! Nur so zu! A-hu! A-hu! Auch der Mops hat seinen Wert. Eh du's meinst, vergeht die Jugend; Und mit der du so gegeizt, Gerne gäbst du deine Tugend, Alte Kuh! A-hu! A-hu! Die dann keinen Pinscher reizt. Mädchen! sieh an diesen Hunden, Was auch unsere Wünsche sind! Hast du wen im Mai gefunden, O so tu! A-hu! A-hu! Alles, was er will, mein Kind! |
Wilhelm Busch:
Die Lehre von der Wiederkehr
Ist zweifelhaften Sinns. Es fragt sich sehr, ob man nachher Noch sagen kann: Ich bin’s. Allein was tut’s, wenn mit der Zeit Sich ändert die Gestalt? Die Fähigkeit zu Lust und Leid Vergeht wohl nicht so bald. |
Matthias Beltz
Tapferkeit
Zu Haus leb ich recht selbstbezogen und brauche deshalb keine Drogen, doch geh ich aus und muß charmant sein, dann faß ich Mut und etwas Brandwein. |
Erich Kästner:
Ballgeflüster
Ich bin aus vollster Brust modern Und hoffe, man sieht es mir an. Ich schlafe mit allen möglichen Herrn, nur nicht mit dem eigenen Mann. Ich schwärme für blutige Dramen. Und wo man mich packt, bin ich echt. Ich frag nicht nach Stand und Namen Und erst recht nicht nach dem Geschlecht. Ich liebe nach neuester Mode. Ich kenne den dernier cri. Ich beherrsche jede Methode. Mein Hündchen heißt Annemarie. Ich kenne die tollsten Gebärden. ich flüstre das tollste Wort. Ich liebe, um schlanker zu werden. Ich liebe, als triebe ich Sport. Ich haue und lasse mich hauen. Ich regle den größten Verkehr. Auf mir kann man Häuser bauen. Liebchen, was willst du noch mehr? Gefühl ist mir gänzlich fremd. Ich leide nicht durch den Gebrauch. Ich hab unterm Kleid kein Hemd. Und Kinder habe ich auch. Morgen um Fünf hätt ich Zeit. Da dürften sie mir was tun. Mein Bett ist doppelt breit. Um Sechs kommt Mister White. – Mein Herr, was sagen sie nun? |
Kästner:
Köpfe abschlagen ist nicht sehr klug.
Die Stecknadel, der man den Kopf abschlug, fand, der Kopf sei völlig entbehrlich, und war nun vorn und hinten entbehrlich. |
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