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qbz 06.10.2016 18:23

Zitat:

Zitat von Bernd S. (Beitrag 1261723)
An dem Punkt (Kirchenverantwortliche vs. Politik) sehe ich derzeit in Deutschland aktuell ein großes Problem, muss ich gestehen.

Welches?

Zitat:

Zitat von Bernd S. (Beitrag 1261723)
...... Zitat (Woher?):
Dieses Dogma der Unfehlbarkeit bedeutet tatsächlich nicht, daß alles, was der Papst sagt, unfehlbar ist. Es bedeutet schlicht dieses, daß es im Christentum, jedenfalls nach katholischem Glauben, eine Letztentscheidungsinstanz gibt. Daß schließlich über die wesentlichen Fragen verbindlich entschieden werden kann und wir gewiß sein können, daß dann das Erbe Christi richtig ausgelegt ist.

Das klingt dann am Beispiel des Frauenordinariats so:
Zitat:
„Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (Lk 22,32 EU), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“

– Papst Johannes Paul II.: Ordinatio sacerdotalis, Absatz 4[25], 22.5.1994


Weshalb schliesst die katholische Kirche die Hälfte der Menschen von einem Kirchenordinariat aus? Weshalb gilt nach wie vor das Zölibat, 500 Jahre nach der Reformation? Ich kann das sehr gut historisch nachvollziehen, aufgrund der patriarchalen Verfasstheit der früheren Gesellschaften und der mittelalterlichen Absicht, Vererbung von Kirchenbesitz auf Priesterkinder zu verhindern. Für die heutige Zeit fehlt mir in diesen 2 Punkten persönlich jedes Verständnis und "ich fasse mir da echt an den Kopf".

keko# 07.10.2016 07:56

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1261811)
Entschuldigung, das sind keine Wissenschaften, auch keine missbrauchten Wissenschaften. Es ist eine Ideologie, nämlich Rassismus. In der Biologie werden zwar Rassen erforscht, das ergibt aber noch keinen Rassismus. Der entsteht erst durch eine ideologische Absicht.

Ich wollte mich damit auf meinen ersten Satz beziehen, dass Biologie und Genetik Wissenschaften sind und diese eben missbraucht werden um die Menschen zu unterteilen.

zappa 07.10.2016 08:24

Eine kurze Gegenüberstellung zu unserem Thema "Glauben und Wissenschaft":

Gerhard Börner (Astrophysiker MPI Garching): Wer meint, dass Naturwissenschaftler nicht religiös sein können, hängt dem mechanistischen Weltbild des 19. Jahrhunderts an.

Bernulf Kanitscheider (Philosoph Universität Gießen): Ein konsequenter Wissenschaftler (kann) nur gläubig sein, wenn er den dogmatischen Gehalt des Theismus – anders als die Kirche – als Bild oder Gleichnis betrachtet.

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2011/...omplettansicht

Klugschnacker 07.10.2016 09:40

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1261938)
Gerhard Börner (Astrophysiker MPI Garching): Wer meint, dass Naturwissenschaftler nicht religiös sein können, hängt dem mechanistischen Weltbild des 19. Jahrhunderts an.

Sicher können Wissenschaftler religiös sein, doch die allerwenigsten sind es. Falls sie es sind, haben sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Glauben ihrer Eltern angenommen, die ihn wiederum von deren Eltern haben. Je nach dem, in welchem Kulturkreis ein Wissenschaftler seine Kindheit verbracht hat, wird er also Katholik, Protestant, Jude, Muslim, Hindu, Buddhist etc. sein, mit den entsprechend unterschiedlichen, sich häufig wiedersprechenden Glaubensüberzeugungen.

Diese Tatsache zeigt, dass der jeweilige Glaube vermutlich kein Ergebnis tiefer Erkenntnis des jeweiligen Wissenschaftlers ist, sondern anerzogen.

Ich erwähne es deshalb, weil oft so getan wird, als sei der Glaube unserer klügsten Mitmenschen ein Beleg für seine Wahrhaftigkeit. Er ist jedoch eher ein Beleg für die Weitergabe des Glaubens von den Eltern oder einer Umwelt zu den Kindern. Die wenigen gläubigen Wissenschaftler glauben nicht aufgrund, sondern trotz ihrer wissenschaftlichen Einsichten. Sonst kämen sie alle auf denselben Glauben, und würden alle dieselben anderen Glaubensinhalte als falsch erkennen. Davon kann aber gar keine Rede sein.

MattF 07.10.2016 10:26

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1261958)
. Sonst kämen sie alle auf denselben Glauben, und würden alle dieselben anderen Glaubensinhalte als falsch erkennen. Davon kann aber gar keine Rede sein.



Wissenschaftler kommen allgemein immer zu denselben Erkenntnissen und sind immer einer Meinung?

Du verrennst dich hier in meinen Augen und stellst etwas als Tatsache dar, was keine ist.

Ich kenne selber Menschen die gegen den "Willen" der Eltern eine religiöse Karriere angetreten haben (Was natürlich auch nicht statistisch relevant ist).

Dazu sprichst du den Wissenschaftler die religiös sind in dieser Frage das eigenen Denken ab, in dem du behauptest sie wären lediglich durch Eltern und Umgebung geprägt.
Was natürlich zu der Behauptung passt, Religiöse können nicht erkennen, dass sie falsch liegen :liebe053:

Klugschnacker 07.10.2016 10:50

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1261986)
Wissenschaftler kommen allgemein immer zu denselben Erkenntnissen und sind immer einer Meinung?

Du verrennst dich hier in meinen Augen und stellst etwas als Tatsache dar, was keine ist.

Ich kenne selber Menschen die gegen den "Willen" der Eltern eine religiöse Karriere angetreten haben (Was natürlich auch nicht statistisch relevant ist).

Dazu sprichst du den Wissenschaftler die religiös sind in dieser Frage das eigenen Denken ab, in dem du behauptest sie wären lediglich durch Eltern und Umgebung geprägt.
Was natürlich zu der Behauptung passt, Religiöse können nicht erkennen, dass sie falsch liegen :liebe053:

Wie erklärst Du Dir das Phänomen, dass Wissenschaftler genauso wie alle anderen Menschen fast immer den Glauben ihrer Eltern bzw. ihrer sozialen Umgebung annehmen?

Vergleiche das mal mit anderen, wissenschaftlichen Überzeugungen. Beispielsweise den diversen Hypothesen, warum die Dinosaurier ausgestorben sind. Wissenschaftler haben dazu stark unterschiedliche Ansichten, ganz gleich, in welchem Kulturkreis sie wohnen und was ihre Eltern darüber denken. Selbst an ein und derselben Universität kann es eine Vielzahl von Hypothesen dazu geben, vertreten durch Wissenschaftler. Ein räumlich zusammenhängendes Muster finden wir hier nicht, etwa, dass alle europäischen Wissenschaftler der Meteoritenhypothese anhingen.

Lediglich bei den religiösen Überzeugungen finden wir regional scharf abgegrenzte Muster. Praktisch alle Forscher z.B. islamischen Glaubens kommen aus islamisch geprägten Gegenden oder Elternhäusern. Wir könnten eine Wette abschließen, dass der oben zitierte bayrische Astrophysiker christlichen Glaubens ist, und kein Hindu.

Ich denke nicht, das ich hier einen besonders kühnen Gedanken ausspreche.




keko# 07.10.2016 11:14

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1261958)
Sicher können Wissenschaftler religiös sein, doch die allerwenigsten sind es. Falls sie es sind, haben sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Glauben ihrer Eltern angenommen, die ihn wiederum von deren Eltern haben. Je nach dem, in welchem Kulturkreis ein Wissenschaftler seine Kindheit verbracht hat, wird er also Katholik, Protestant, Jude, Muslim, Hindu, Buddhist etc. sein, mit den entsprechend unterschiedlichen, sich häufig wiedersprechenden Glaubensüberzeugungen.

Monotheistische Weltreligionen haben auch gemeinsame Nenner. Gott ist Liebe, Allah ist Friede... Du suchst immer das Trennende. Und diejenigen, die alles genau wörtlich nehmen, nennt man Fundamentalisten. :)

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1261958)
Diese Tatsache zeigt, dass der jeweilige Glaube vermutlich kein Ergebnis tiefer Erkenntnis des jeweiligen Wissenschaftlers ist, sondern anerzogen.

Was zu beweisen wäre.... Die Welt ist bunt. Manche kommen erst im Alter zum Glauben, manche konvertieren.

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1261958)
Ich erwähne es deshalb, weil oft so getan wird, als sei der Glaube unserer klügsten Mitmenschen ein Beleg für seine Wahrhaftigkeit. Er ist jedoch eher ein Beleg für die Weitergabe des Glaubens von den Eltern oder einer Umwelt zu den Kindern. Die wenigen gläubigen Wissenschaftler glauben nicht aufgrund, sondern trotz ihrer wissenschaftlichen Einsichten. Sonst kämen sie alle auf denselben Glauben, und würden alle dieselben anderen Glaubensinhalte als falsch erkennen. Davon kann aber gar keine Rede sein.

Da konstruierst du aber gerade eine Menge.... Ich bin mir nicht mal sicher, ob Wissenschaftler überhaupt die klügsten sind. Eine gesunde Portion Naivität kann manchmal auch viele Erkenntnisse liefern. Zudem ist das ja keine geschlossene Kette: nicht alle Wissenschaftler sind Kinder von Wissenschaftlern, haben überhaupt Eltern oder gläubige Eltern usw. usf. Gläubige Wissenschaftler sind für mich auch kein Beleg für die Wahrhaftigkeit, sondern Beleg dafür, dass Glaube und Wissenschaft kein Widerspruch sein muss. Mehr nicht.

Ich vermute, du trägst auch das Bild mit dir rum, dass früher "alle" gläubig waren und jetzt immer weniger. Als kleiner Junge kommt man sofort ins Grübeln, wenn man die Wiederauferstehungsgeschichte hört. "Wie soll denn das gehen????" Ich bin mir sicher, dass das schon immer so war. Ich denke eher, dass sich die Zahl der Gläubigen, Zweifler, Nichtgläubigen usw. gar nie so arg ändert. Und wer weiß, wie unsere Zeit in die Geschichtsbücher eingehen wird? Vielleicht als die Zeit der weltweiten, fanatischen Religionskriege? Und du träumst vom Atheismus und einer vernunftbasieren Gesellschaft? :) (ich auch, aber nur nachts :Cheese:)

MattF 07.10.2016 11:53

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1261998)
Wie erklärst Du Dir das Phänomen, dass Wissenschaftler genauso wie alle anderen Menschen fast immer den Glauben ihrer Eltern bzw. ihrer sozialen Umgebung annehmen?


ISt dem so, z.b. Buddhissmus ist doch im Moment voll in. Ich kann mir vorstellen, dass von denen die ganz dolle glauben mittlerweile eine erkleckliche Zahl Buddhisten ist.

Dazu kommt natürlich wird man wenn man sprirituelles Leben braucht, doch erstmal das nehmen was da ist und nicht in die Ferne streifen.

Im übrigen geht es doch gar nicht darum welchen Glauben sie annehmen sondern dass du ihnen absprichst selber zu dieser Entscheidung gekommen zu sein.
Du behauptest jemand der glaubt macht das grundsätzlich fremd bestimmt.

Und Wissenschaftler sind ja gerade dazu geprägt selber zu denken. Wieso sollten sie das beim Glauben ausschalten? Zumal ja viele Wissenschaftler auch über ihren Glauben geredet/referiert/reflektiert haben, sonst wüssten wir es nicht.

Klugschnacker 07.10.2016 12:33

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1262030)
Im übrigen geht es doch gar nicht darum welchen Glauben sie annehmen sondern dass du ihnen absprichst selber zu dieser Entscheidung gekommen zu sein. Du behauptest jemand der glaubt macht das grundsätzlich fremd bestimmt.

Ich behaupte nicht, dass diese Fremdbestimmung in ausnahmslos allen Fällen besteht. Ganz überwiegend ist es jedoch so, dass die Kinder den Glauben ihrer Eltern annehmen, unabhängig von der viel später getroffenen Berufswahl der Kinder im Erwachsenenalter.

Diese starke Korrelation zwischen dem Glauben der Eltern und dem der Kinder ist eine Tatsache. Im religiös sehr liberalen England löst sich meines Wissens nach nur eine von zwölf Personen vom Glauben der Eltern (englische Studie, aus dem Gedächtnis zitiert).

Die große Linie ist folgende: Mit zunehmendem Bildungsgrad nimmt die Gläubigkeit tendenziell ab. Gesellschaften mit einem im Durchschnitt hohen Bildungsgrad neigen dazu, sich zu säkularisieren.
:Blumen:

Klugschnacker 07.10.2016 12:35

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1262009)
Eine gesunde Portion Naivität kann manchmal auch viele Erkenntnisse liefern.

Kurze Zwischenfrage: Gibt es konkrete Beispiele für die "vielen Erkenntnisse", die jemand seiner Naivität verdankt? Ich möchte sichergehen, dass ich verstehe, mit welcher Bedeutung Du den Begriff der Erkenntnis verwendest.
:Blumen:

MattF 07.10.2016 13:00

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1262037)

Diese starke Korrelation zwischen dem Glauben der Eltern und dem der Kinder ist eine Tatsache. Im religiös sehr liberalen England löst sich meines Wissens nach nur eine von zwölf Personen vom Glauben der Eltern (englische Studie, aus dem Gedächtnis zitiert).


Was heißt löst? Sie treten zu einem anderen Glauben über?

Ich schätze aber mal 70% der Briten ist eh nicht mehr stark religiös.

Und wie gesagt wieso soll ich mich von etwas lösen was ich ja kenne.
Die meisten Deutschen werden ihr Leben lang auch überwiegend deutsches Essen essen. Die Engländer genauso (bäh!)

In meinen Augen ist die Tatsache, dass die meisten Europäer ans Christentum glauben, kein Anzeichen für Fremdbestimmtheit. Zumal wie gesagt die meisten glauben eh nichts mehr und die die glauben, die machen sich durchaus Gedanken, sehr viel mehr Gedanken, als die die eh schon gedanklich ausgetreten sind.

Zitat:


Die große Linie ist folgende: Mit zunehmendem Bildungsgrad nimmt die Gläubigkeit tendenziell ab. Gesellschaften mit einem im Durchschnitt hohen Bildungsgrad neigen dazu, sich zu säkularisieren.
Also ist jemand der glaubt und einen hohen Bildungsgrad hat eine komische Person? Man muss ihr mit Misstrauen entgegen treten :Blumen:

Klugschnacker 07.10.2016 13:25

MattF, wenn der persönliche Glaube die Frucht intensiven Nachdenkens ist, dann würde dieser Glaube auch ohne jede Überlieferung fortbestehen können. Im Fall des Christentums bräuchten wir keine Offenbarungen, keine Bibel und keine Theologen, die ihren Inhalt bewahren. Sondern das Christentum würde überall auf der Welt immer wieder entdeckt. So wie die Menschen überall immer wieder die Kreiszahl Pi entdecken würden, falls das Wissen darüber verloren ginge.

In der Begegnung mit Außerirdischen müssten wir erwarten, dass sie nicht nur den Satz des Pythagoras entdeckt hätten, sondern auch das Christentum, mitsamt seinen Vorstellungen von Sünde, Keuschheit, Engeln, Teufeln, Göttern in Gestalt des Homo sapiens, Fegefeuer. Andere Außerirdische würden das Kastenwesen, Gebote zur Bekleidung der Frauen und koschere Mahlzeiten entdecken. Allein der Gedanke daran ist doch ein Witz!

Nur achtzig Generationen vor unserer Zeit waren die Menschen von der Existenz Zeus’ und Jupiters überzeugt. Daran zu zweifeln war ein Ausdruck von Geisteskrankheit. Es liegt doch auf der Hand, dass unsere Religionen vorübergehender Ausdruck einer Kultur und eines Zeitgeistes sind, und nicht das Ergebnis persönlichen scharfen Nachdenkens.
:Blumen:

zappa 07.10.2016 13:27

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1262037)
Ich behaupte nicht, dass diese Fremdbestimmung in ausnahmslos allen Fällen besteht. Ganz überwiegend ist es jedoch so, dass die Kinder den Glauben ihrer Eltern annehmen, unabhängig von der viel später getroffenen Berufswahl der Kinder im Erwachsenenalter.

Diese starke Korrelation zwischen dem Glauben der Eltern und dem der Kinder ist eine Tatsache. Im religiös sehr liberalen England löst sich meines Wissens nach nur eine von zwölf Personen vom Glauben der Eltern (englische Studie, aus dem Gedächtnis zitiert).

Die große Linie ist folgende: Mit zunehmendem Bildungsgrad nimmt die Gläubigkeit tendenziell ab. Gesellschaften mit einem im Durchschnitt hohen Bildungsgrad neigen dazu, sich zu säkularisieren.
:Blumen:

Zu dem ersten Punkt "Fremdbestimmung". Ja, es ist so, dass Werte und Glaubenssätze und damit auch religiöse Überzeugungen im Sozialisierungsprozess über die Eltern geschieht. Allerdings geht die Sozialisation bis ca. zum 35. Lebensjahr weiter und dort spielen familiäre Prägungen zunehmend keine große Rolle mehr. Und: Jeder Verhaltenstherapeut würde berechtigterweise entgegnen, dass ab einem gewissen Alter Menschen auch gegen familiäre Prägungen ihre eigenen Entscheidungen treffen und andere Überzeugungen ausbilden können. Ich hoffe mal für uns alle, das das auch so stimmt :-)

Zu dem zweiten Punkt "Korrelation von Bildung und Glauben": Wo hast Du denn das jetzt her? Und: Natürlich ist das eine Korrelation die Dich im hellen Glanz des hohen Bildungsgrades erscheinen lässt. Glückwunsch und nix für ungut :-)

zappa 07.10.2016 13:44

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1262037)
Diese starke Korrelation zwischen dem Glauben der Eltern und dem der Kinder ist eine Tatsache. Im religiös sehr liberalen England löst sich meines Wissens nach nur eine von zwölf Personen vom Glauben der Eltern (englische Studie, aus dem Gedächtnis zitiert).

Ja, dem stimme ich weitgehend zu, das ist in unserem Kulturkreis bis auf die letzten 30 Jahre mehr oder weniger zutreffend.

Allerdings sehen wir uns seit dem Ende der 60er Jahre einem Wertewandel (Klages) gegenüber, der diesen Zusammenhang zunehmend auflöst und durch die postmodernen Tendenzen heute noch verstärkt wird. Materialisiert ist das in den hohen Austrittsquoten.

Interessant dabei ist, dass das "Bedürfnis nach Spiritualität" gleichzeitig nicht im selben Maße abgenommen hat. Ein ausgetretener Katholik oder Evangele ist also nicht durchgängig jemand der keine religiösen oder spirituellen Fragen mehr hat.

keko# 07.10.2016 15:40

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1262038)
Kurze Zwischenfrage: Gibt es konkrete Beispiele für die "vielen Erkenntnisse", die jemand seiner Naivität verdankt? Ich möchte sichergehen, dass ich verstehe, mit welcher Bedeutung Du den Begriff der Erkenntnis verwendest.
:Blumen:

So viele wie du willst... Naivität sorgt für eine direkte, unvoreingenomme Sicht auf die Dinge. Meine Frau ist z.B. "naiver" (i.S.v. direkter und unvoreingenommener) als ich und immer wenn ich nicht weiter weiß, frag ich sie und die Antwort passt dann eigentlich immer. Im Sport beim Training wünschte ich mir oft die Naivität der Anfangsjahre zurück: kurz Kumpels anrufen, zum Training mit möglichst vielen anderen und dann ging´s einfach los. So ging das fast jeden Tag über Jahre.
Oder ein wenig intellektueller: letzte Woche machte ich an einem Referat mit, da ging es um die Fibonacci-Zahlen. Da taucht dann auch mal ein Grenzwerte auf, eine irrationale Zahl. Ich sagte dann (etwas listig :cool:) "Dies irrat. Zahlen, die gibt es ja gar nicht". Wobei ich dann von der Schülerin gleich angeschnautzt wurde: "Doch! Sonst würden sich die Kaninchen ja nicht so vermehren können" :Cheese:
Naivität hat eine unglaubliche Kraft....wird gern man mit Dummheit verwechselt (kann es auch sein ;))

Klugschnacker 07.10.2016 15:44

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1262088)
So viele wie du willst... Naivität sorgt für eine direkte, unvoreingenomme Sicht auf die Dinge. Meine Frau ist z.B. "naiver" (i.S.v. direkter und unvoreingenommener) als ich und immer wenn ich nicht weiter weiß, frag ich sie und die Antwort passt dann eigentlich immer. Im Sport beim Training wünschte ich mir oft die Naivität der Anfangsjahre zurück: kurz Kumpels anrufen, zum Training mit möglichst vielen anderen und dann ging´s einfach los. So ging das fast jeden Tag über Jahre.
Oder ein wenig intellektueller: letzte Woche machte ich an einem Referat mit, da ging es um die Fibonacci-Zahlen. Da taucht dann auch mal ein Grenzwerte auf, eine irrationale Zahl. Ich sagte dann (etwas listig :cool:) "Dies irrat. Zahlen, die gibt es ja gar nicht". Wobei ich dann von der Schülerin gleich angeschnautzt wurde: "Doch! Sonst würden sich die Kaninchen ja nicht so vermehren können" :Cheese:
Naivität hat eine unglaubliche Kraft....wird gern man mit Dummheit verwechselt (kann es auch sein ;))

Du weichst einer konkreten Antwort aus, keko... Da oben stehen keine Beispiele für Erkenntnisgewinne durch Naivität anstelle von nachdenken oder forschen.
:Blumen:

Vicky 07.10.2016 18:11

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1262030)
ISt dem so, z.b. Buddhissmus ist doch im Moment voll in. Ich kann mir vorstellen, dass von denen die ganz dolle glauben mittlerweile eine erkleckliche Zahl Buddhisten ist.

Ist das so? QED. ;)

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1262030)

Im übrigen geht es doch gar nicht darum welchen Glauben sie annehmen sondern dass du ihnen absprichst selber zu dieser Entscheidung gekommen zu sein.
Du behauptest jemand der glaubt macht das grundsätzlich fremd bestimmt.

Und Wissenschaftler sind ja gerade dazu geprägt selber zu denken. Wieso sollten sie das beim Glauben ausschalten? Zumal ja viele Wissenschaftler auch über ihren Glauben geredet/referiert/reflektiert haben, sonst wüssten wir es nicht.

Ich bin der Meinung, dass Glauben an etwas Gewohnheit ist. D.h., wenn der Glaube der Eltern im Kindesalter gelebt wird, wird es zur Gewohnheit. Gewohnheiten kann man nur schwer abstreifen. Es ist also bequemer, bei alten Gewohnheiten - dem Glauben der Eltern - zu bleiben.
Das ist aber nur meine vage Vermutung. :Blumen:

keko# 07.10.2016 19:43

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1262090)
Du weichst einer konkreten Antwort aus, keko... Da oben stehen keine Beispiele für Erkenntnisgewinne durch Naivität anstelle von nachdenken oder forschen.
:Blumen:

Von anstelle war ja auch nicht die Rede. Ich finde nur, dass ein gewisses Maß an Naivität helfen kann. D.h. ja nicht, dass ich nicht wochen- oder monatelang an einem Problem forsche oder darüber nachdenke.
Ebenso finde ich ein gewisses Maß an Glaube nicht schlecht. Ich kann nicht feststellen, dass Atheisten irgendwie leichter oder glücklicher leben würden. Eher das Gegenteil scheint mir der Fall.
Falls du über Wissenschaftler und deren Erkenntnisgewinn sprichst, da habe ich keine Erfahrung, wie sie herangehen. Die Profs, die ich von meinem Studium her kenne, waren teilweise auch recht kindlich-naiv. Aber das hängt wohl vom Fach ab.

zappa 07.10.2016 21:22

Zitat:

Zitat von Vicky (Beitrag 1262121)
Ich bin der Meinung, dass Glauben an etwas Gewohnheit ist. D.h., wenn der Glaube der Eltern im Kindesalter gelebt wird, wird es zur Gewohnheit. Gewohnheiten kann man nur schwer abstreifen. Es ist also bequemer, bei alten Gewohnheiten - dem Glauben der Eltern - zu bleiben.
Das ist aber nur meine vage Vermutung. :Blumen:

Glaubenssätze werden maßgeblich im Kindesalter ausgeprägt. Verhaltensroutinen (Gewohnheiten) folgen weitgehend Glaubenssätzen (ansonsten folgt Verhalten auch aus Kompetenzen und Rahmenbedingungen). Ändern sich Glaubenssätze, ändern sich Verhaltensroutinen.

Bernd S. 08.10.2016 09:44

Zitat:

Zitat von Vicky (Beitrag 1262121)
Ist das so? QED. ;)
Ich bin der Meinung, dass Glauben an etwas Gewohnheit ist. D.h., wenn der Glaube der Eltern im Kindesalter gelebt wird, wird es zur Gewohnheit. Gewohnheiten kann man nur schwer abstreifen. Es ist also bequemer, bei alten Gewohnheiten - dem Glauben der Eltern - zu bleiben.
Das ist aber nur meine vage Vermutung. :Blumen:

So einfach ist es wohl nicht. Die vage Vermutung über "den Glauben" und "die Religionen" sollte zumindest im Ansatz auch in einer immer stärker christlich analphabetisierten Gesellschaft differenzierbar sein.
Es ist doch wohl ein Unterschied, ob ich mich für oder gegen das Christsein entscheide und im letzten Fall meine Entscheidung selbst vertreten kann oder ob ich bspw. im Islam mit meiner Ermordung (gibt es auch bei atheistischen Ideologien) anschließend rechnen muss. Das hat wohl wenig mit "Gewohnheit" zu tun. Auch wenn man es in den Diskussionen viel bequemer ist zu behaupten: Die Religionen sind eben nicht gleich.

MattF 10.10.2016 09:51

Natürlich ist die zugehörigkeit zu einer Religion Gewohnheit, wieso auch nicht?

Wenn man in seiner Jugend in eine Gemeinde hineingewachsen ist, dort Messdiener war, vielleicht Pfadfinder, sich da wohlfühlt und gerne mitmacht, wieso sollte man dann zu einer anderen Gemeinschaft wechseln?

Was ist denn Kirche?

Für Arne ist es die Amtkirche der Klerus der Pabst.

Für Gläubige ist die Kriche aber doch vor allem die Gemeinschaft der Gläubigen. Vielen geht es darum mit andern Menschen einfach was zusammen zu machen.
Was der Pabst sagt ist vielen Katholiken weitgehend egal.

Von daher geht es doch gar nicht darum inteletuell jedes Wort aus der Bibel zu hinterfragen oder irgendwelche dogmatischen Glaubenssätze, sondern um die Gemeinschaft und ein Zusammengehörigkeitsgefühl, natürlich auch mit einem Glauben.

Deswegen mach ich da auch nicht mit :Huhu:

Lustigerweise gibt es ja sogar atheistische "Gemeinden" die sowas wie Gottesdienste feiern.

zappa 10.10.2016 10:04

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1262037)
Die große Linie ist folgende: Mit zunehmendem Bildungsgrad nimmt die Gläubigkeit tendenziell ab. Gesellschaften mit einem im Durchschnitt hohen Bildungsgrad neigen dazu, sich zu säkularisieren.
:Blumen:

Das ist eine ziemlich starke These. Hast Du da irgendwas an Belegen auf individueller oder kollektiver Ebene?

keko# 10.10.2016 10:48

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1263422)
Das ist eine ziemlich starke These. Hast Du da irgendwas an Belegen auf individueller oder kollektiver Ebene?

Hohe Bildung sorgt für hohes Einkommen, das wiederum für Sicherheit und Freiheit sorgt, wodurch wiederum die Nachfrage nach Religion fällt. Bei der Kette wird gern der Mittelteil weggelassen.

Klugschnacker 10.10.2016 11:40

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1263422)
Das ist eine ziemlich starke These. Hast Du da irgendwas an Belegen auf individueller oder kollektiver Ebene?

Sorry, ich habe gerade wenig Zeit. Google liefert hier schnell viele Quellen (no offense).

Was mir in dem Zusammenhang gerade auffällt: Der Thread-Titel lautet "Da fasse ich mir echt an den Kopf...". Warum fasst man sich bei manchen religiösen Dingen an den Kopf und nicht ans Herz oder den Bauch? Weil es ein Spannungsverhältnis gibt zwischen dem was wir vernünftigerweise wissen und dem Glauben. Es besteht weit weniger zwischen dem Fühlen (Herz, Bauch) und dem Glauben.

Wir wissen heute sehr viel mehr als die jüdische Gesellschaft vor zweitausend Jahren. Was ein Mensch dieser Zeit glaubte, fällt uns heute schwer zu glauben, da wir mehr wissen. Das ist doch ganz normal und ist nicht nur auf den Glauben beschränkt. Auch politische, gesellschaftliche oder wissenschaftliche Überzeugungen z.B. des 17. Jahrhunderts würden wir heute nicht mehr teilen, und das ist ja noch gar nicht so lange her.
:Blumen:

Schwarzfahrer 10.10.2016 14:44

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1263441)
Hohe Bildung sorgt für hohes Einkommen, das wiederum für Sicherheit und Freiheit sorgt, wodurch wiederum die Nachfrage nach Religion fällt. Bei der Kette wird gern der Mittelteil weggelassen.

Während ich die beiden Enden der Kette als gut (wenn auch nicht zwingend) kausal zusammenhängend akzeptieren kann, überzeugt mich die Mitte etwas weniger. Danke da z.B. an die Golfstaaten: hohes Einkommen - absolut. Sicherheit - evtl., Freiheit, oder gar Religion=Nebensache - wohl kaum.

Allerdings ist die Gleichung Bildung -> Säkularisierung auch nur richtig, wenn wir unter Bildung etwas verstehen, was im Sinne der Aufklärung und der Wissenschaften eine säkulare Bildung ist - eben der europäisch-abendländische Bildungsbegriff. Ich bin nicht sicher, ob in allen Kulturen weltweit "Bildung" die gleichen Inhalte assoziiert.

Schwarzfahrer 10.10.2016 15:00

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1263459)
...Wir wissen heute sehr viel mehr als die jüdische Gesellschaft vor zweitausend Jahren. Was ein Mensch dieser Zeit glaubte, fällt uns heute schwer zu glauben, da wir mehr wissen. Das ist doch ganz normal und ist nicht nur auf den Glauben beschränkt. Auch politische, gesellschaftliche oder wissenschaftliche Überzeugungen z.B. des 17. Jahrhunderts würden wir heute nicht mehr teilen, und das ist ja noch gar nicht so lange her.
:Blumen:

Wir mögen auf manchen Gebieten mehr wissen; vieles, was wir heute als richtig oder gar als unumstößliche Wahrheit erachten, ist aber weiterhin häufig eine unüberprüfte oder unüberprüfbare Glaubenssache - nur eben andere, als vor 2000 Jahren. Diese basieren oft genug nicht allein auf rationalen Beweisen, sondern häufg auf von Menschen aufgestellten und allgemein akzeptierten Axiomen, geprägt durch ideologische Trends und wirtschaftliche Interessen der jeweiligen Zeit. In weiteren 2000 Jahren werden viele dieser "Glaubensthesen" möglicherweise auch lächerlich vorkommen (Beispiele für solche Möglichkeiten: die These von der zwingenden Notwendigkeit von Wirtschaftswachstum; gewisse Ernährungsformen seien besonders "gesund"; der Klimawandel ist allein vom Menschen verursacht; Bluthochdruck ist eine Krankheit und kein Symptom; alles kann naturwissenschaftlich erklärt werden; Globalisierung wandelt die Welt zum Besseren, ...)

MattF 11.10.2016 09:42

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1263526)
Während ich die beiden Enden der Kette als gut (wenn auch nicht zwingend) kausal zusammenhängend akzeptieren kann, überzeugt mich die Mitte etwas weniger. Danke da z.B. an die Golfstaaten: hohes Einkommen - absolut. Sicherheit - evtl., Freiheit, oder gar Religion=Nebensache - wohl kaum.


Es geht dort aber auch um Staatsreligionen, was der einzelne Mensch dort glaubt, weißt du nicht.

Klugschnacker 11.10.2016 11:49

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1263540)
Beispiele für solche Möglichkeiten: die These von der zwingenden Notwendigkeit von Wirtschaftswachstum; gewisse Ernährungsformen seien besonders "gesund"; der Klimawandel ist allein vom Menschen verursacht; Bluthochdruck ist eine Krankheit und kein Symptom; alles kann naturwissenschaftlich erklärt werden; Globalisierung wandelt die Welt zum Besseren, ...

Diese Fragen sind IMO nicht gut gewählt, da teilweise kein Konflikt zu religiösem Wissen besteht. Außerdem haben diese Hypothesen in der Wissenschaft keineswegs eine allgemeine Gültigkeit. Für jede der obigen Thesen gibt es regalweise Gegenmeinungen. Mir ist daher nicht klar, worauf Du hinauswillst.

Wissenschaft besteht in der Anwendung einer Methode, die ein vorläufiges Wissen schafft. Ihm ist jederzeit zu misstrauen. Die Stärke der Wissenschaft liegt genau darin, dass sie diese Fehleranfälligkeit einräumt und sich ihrer bewusst ist. Deshalb gibt es kein heiliges Buch und keine Dogmen.

Ich verstehe daher nicht, warum Du den Wissenschaften vorhältst, sie würden sich im Besitz unumstößlichen Wissens sehen. Die Wissenschaftler, deren Namen uns heute spontan einfallen, haben jeder bereits bestehende Hypothesen eingerissen und durch andere ersetzt. Ihre Leistung bestand also gerade im Erneuern und nicht im Bewahren.

Grüße,
Arne

MattF 11.10.2016 12:05

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1263540)
der Klimawandel ist allein vom Menschen verursacht;


Die IPCC sagt in ihrem Sachstandsbericht:

Zitat:

Es ist
äußerst wahrscheinlich,
dass mehr als die Hälfte des beobachteten Anstiegs der mittleren globalen Oberflä
chentemperatur von 1951 bis 2010 durch den anthropogenen Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen zusammen mit anderen
anthropogenen Antrieben verursacht wurde.
http://www.de-ipcc.de/_media/IPCC-AR...ng_Dez2015.pdf

Also das was du behauptest, behauptet überhaupt kein Wissenschaftler.

Schwarzfahrer 11.10.2016 13:13

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1263811)
Diese Fragen sind IMO nicht gut gewählt, da teilweise kein Konflikt zu religiösem Wissen besteht. Außerdem haben diese Hypothesen in der Wissenschaft keineswegs eine allgemeine Gültigkeit. Für jede der obigen Thesen gibt es regalweise Gegenmeinungen. Mir ist daher nicht klar, worauf Du hinauswillst.

Wissenschaft besteht in der Anwendung einer Methode, die ein vorläufiges Wissen schafft. Ihm ist jederzeit zu misstrauen. Die Stärke der Wissenschaft liegt genau darin, dass sie diese Fehleranfälligkeit einräumt und sich ihrer bewusst ist. Deshalb gibt es kein heiliges Buch und keine Dogmen.

Ich verstehe daher nicht, warum Du den Wissenschaften vorhältst, sie würden sich im Besitz unumstößlichen Wissens sehen. Die Wissenschaftler, deren Namen uns heute spontan einfallen, haben jeder bereits bestehende Hypothesen eingerissen und durch andere ersetzt. Ihre Leistung bestand also gerade im Erneuern und nicht im Bewahren.

Grüße,
Arne

Worauf ich hinauswollte: obwohl die "wahre Wissenschaft" sich durch die von Dir beschriebenen Merkmale auszeichnet, ist unsere Gesellschaft (und damit auch viele, sich selbst als rational sehende Menschen) geneigt, eigentlich nicht religiösen Themen religions-ähnliche Züge zu verleihen, indem diese zu unanafechtbaren Glaubensfragen bzw. Glaubensthesen gemacht werden. Es gibt natürlich jede Menge Einzelmeinungen von kritisch denkenden Wissenschaftlern, aber eine große Mehrheit leugnet jegliche Möglichkeit, daß diese Alternativen stimmen könnten; ja die Gegenmeinungen werden oft sogar mit nicht rationalen Vorwürfen diskreditiert statt mit Argumenten entkräftet.

Für mich stehen die zitierten Beispiele alle für ein Bedürfnis der Menschen, sich "Glaubenssätze" zu formulieren und an diesen festzuhalten, da dies das Leben einfacher macht, als sich selber pro- und kontra Meinungen zu bilden, abzuwägen und zu entscheiden. Es ist nun mal bequemer, zu einer Mehrheit gleichen Glaubens zu gehören, als zu den Zweiflern. Früher war dies meist eine Religionsgemeinschaft im klassischen Sinne - heute entstehen als Ersatz viele kleinere "Religionen", zwar ohne Jenseitsbezug, aber mit dem gleichen dogmatischen Wahrheitsanspruch ohne kontinuierliche Prüfung des Wahrheitsgehalts oder von Alternativen.

Schwarzfahrer 11.10.2016 13:21

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1263818)
Die IPCC sagt in ihrem Sachstandsbericht:


http://www.de-ipcc.de/_media/IPCC-AR...ng_Dez2015.pdf

Also das was du behauptest, behauptet überhaupt kein Wissenschaftler.

O.k., es war arg vereinfacht dargestellt in der Auflistung, da ich nicht speziell an die Wissenschaftler dachte (Arnes Worte: "Wir wissen heute mehr" habe ich auf die durchschnittliche Bevölkerung bezogen), sondern an die (durch entsprechende mediale Aufbereitung) in Politik und Öffentlichkeit vorherrschendem Bild: wir sind Schuld, wir wollen/können das aber auch wieder beheben (halte ich für übertriebene Allmachtsfantasien des Menschen in einem noch nie voll verstandenen System). Die Differenzierung und mögliche Zweifel in Deinem Zitat schlagen sich im öffentlichen Bewußtsein oder in politischen Planspielen kaum nieder. Details wären hier noch spannend zu diskutieren - aber das wäre hier weit off topic.

Klugschnacker 11.10.2016 14:27

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1263839)
Worauf ich hinauswollte: obwohl die "wahre Wissenschaft" sich durch die von Dir beschriebenen Merkmale auszeichnet, ist unsere Gesellschaft (und damit auch viele, sich selbst als rational sehende Menschen) geneigt, eigentlich nicht religiösen Themen religions-ähnliche Züge zu verleihen, indem diese zu unanafechtbaren Glaubensfragen bzw. Glaubensthesen gemacht werden.

Ok, danke für die Erläuterung, jetzt habe ich Deinen Standpunkt verstanden.

MatthiasM 12.10.2016 19:31

Pegida München kapert Ironman-Sieger....
 
Letzten Montag (10.10.) haben die Münchner Pegidisten bei der Schlußkundgebung ihres allmontäglichen, inzwischen 67. "Spazierganges" als Musterbeispiel für tüchtige Deutsche die diesjährigen Treppchensieger vom Ironman (Frodeno, Kienle, Lange) zitiert und einen Videoausschnitt (Quelle, keine Ahnung? Welt.de?) incl. Interview mit Jan an ihre Leinwand gebeamt.
Wer sich davon selber ein Bild machen will, ich verlinke hier auf das Video eines Münchner Pegidisten, der die Münchner Demos bislang stets komplett mitfilmt und auf seinem Channel onlinestellt. Das ganze ist ab 2:00:10 bis 2:02:45
https://youtu.be/1CRHPYbGf7s?t=2h10s
Der Redner, Heinz Meyer, Vorstand von Pegida München e.V., freut sich richtig, daß diesmal keine Afrikaner bei den Siegern sind.. Zitat: "Es muß nicht immer einer sein, ein Afrikaner, der schnell läuft. Natürlich laufen die Afrikaner momentan schneller, weil sie auch geübt sind beim Davonlaufen bei Straftaten, da haben sie etwas voraus, deswegen sind sie so schnell auf Kurzstrecken".
Ich weiß nicht, ob die Triathleten über diese Vereinahmung in diesem Kontext im Allgemeinen und über das Lob von diesem Herrn Meyer erfreut wären. Ich laß das mal ansonsten unkommentiert stehen.

lG Matthias

PS.: Falls jemand genau den dort gebeamten Videoausschnitt mit Interview etc. mit der Originalquelle kennt, bitte gerne Hinweis per PN. Es ist schon mal der Herr Buchner aka Haindling ziemlich ungemütlich und sehr formaljuristisch geworden, als die Pegidisten ungefragt sein "Bayern, des samma mir" auf ihrer Demo abgespielt hatten....

zappa 12.10.2016 19:42

Zitat:

Zitat von MatthiasM (Beitrag 1264293)
Der Redner, Heinz Meyer, Vorstand von Pegida München e.V., freut sich richtig, daß diesmal keine Afrikaner bei den Siegern sind.. Zitat: "Es muß nicht immer einer sein, ein Afrikaner, der schnell läuft. Natürlich laufen die Afrikaner momentan schneller, weil sie auch geübt sind beim Davonlaufen bei Straftaten, da haben sie etwas voraus, deswegen sind sie so schnell auf Kurzstrecken".

Widerlich!

LidlRacer 12.10.2016 21:01

Ekelhaft!

zappa 14.10.2016 11:36

tuben hat mir einen Buchtipp gegeben (Roth: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten), in dem ich was gefunden habe, das ich hier gerne zur "Glauben /Wissen" Debatte einwerfe:

"Entscheiden im Sinne des rational choice-model ist eine Illusion. Der menschliche Verstand kann komplizierte Entscheidungssituationen allein gar nicht bewältigen. Es gibt rein rationale Abwägungen aber keine rein rationalen Entscheidungen. Alles was wir entscheiden, wird im Lichte des emotionalen Erfahrungsgedächtnisses entschieden.

Das rational-choice-modell weicht dramatisch von der Art ab, wie Menschen wirklich Entscheidungen treffen. Menschen weichen auf Heuristiken aus, die überraschend wirksam sind. Sie nehmen dabei Ungenauigkeiten und Risiken in Kauf und begnügen sich mit suboptimalen Lösungen."

Glaubensfragen sind nach dieser Ansicht wahrscheinlich Heuristiken und werden im emotionalen Erfahrungsgedächtnis entschieden.

Jörn 14.10.2016 14:43

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1264764)
Glaubensfragen sind nach dieser Ansicht wahrscheinlich Heuristiken und werden im emotionalen Erfahrungsgedächtnis entschieden.

Heuristik: "Heuristik bezeichnet die Kunst, mit begrenztem Wissen (unvollständigen Informationen) und wenig Zeit dennoch zu wahrscheinlichen Aussagen oder praktikablen Lösungen zu kommen." (Wikipedia)

Heuristik ist also die Auswertung von Erfahrungen, sodass wir fehlende Informationen anhand bereits gemachter Erfahrungen rekonstruieren und deren Wahrscheinlichkeit abschätzen.

Wie passt das zusammen mit der Behauptung, Mohammed sei mit einem geflügelten Pferd in den Himmel geritten und hätte den Mond gespalten? Welche Erfahrung liegt hier zugrunde? Wie fällt die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit aus?

Kam dieses "Wissen" wirklich durch Heuristik zustande?

Wie passt es zusammen mit der Behauptung, eine Frau sei vom Heiligen Geist geschwängert worden und auch nach der Geburt eine Jungfrau gewesen? Gibt es hier Erfahrungen?

Wenn wir von Erfahrungswerten sprechen, dann sind es keine Erfahrungen, die tatsächlich gemacht worden wären, sondern Erinnerungen an andere Märchen, die früher erzählt wurden. Es gab in der Antike bereits so viele Götter und Jungfrauen, dass es leicht fiel, an ein paar weitere zu glauben. (Vor allem, wenn man mit dem Scheiterhaufen bedroht wurde und kritische Stimmen erstickt wurden.)

Dem Glauben kann man durch Heuristik keinerlei Glaubwürdigkeit oder Vernunft zuschanzen. Heuristik im Glauben sagt nichts weiter als: "Abergläubische Menschen werden abergläubische Erklärungen konstruieren, und zwar deshalb, weil sie abergläubisch sind".

Heuristik wendet sich tatsächlich gegen den Aberglauben. Noch nie wurde jemand von einem brennenden Dornbusch angesprochen, folglich wird auch niemand eine fehlende Information dahingehend rekonstruieren: "Tja, wir wissen nicht, woher die Botschaft kam... vermutlich war's wieder mal eine brennende Pflanze".

Wenn jemand behauptet, er hätte eine immens wichtige Botschaft von einer sprechenden Schlange erhalten, dann werden wir dies folglich nicht ernst nehmen, da wir aus Erfahrung wissen, dass Schlangen noch nie irgendwelche wichtigen Botschaften überbracht haben und außerdem höchstens arabisch sprechen.

zappa 16.10.2016 20:29

Servus Jörn,

"Der kleine Junge spielt den Ball mit seim Bruder,
der kleine Junge spielt den Ball mit der Mutter,
der kleine Junge spielt den Ball mit der Hauswand,
weil er keinen zweiten fand."

Zit. von Koflgschroa, "Wäsche".

In dem Sinne eine schöne Woche.

Klugschnacker 16.10.2016 23:36

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1264764)
tuben hat mir einen Buchtipp gegeben (Roth: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten), in dem ich was gefunden habe, das ich hier gerne zur "Glauben /Wissen" Debatte einwerfe:

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1265325)
Servus Jörn,

"Der kleine Junge spielt den Ball mit seim Bruder,
der kleine Junge spielt den Ball mit der Mutter,
der kleine Junge spielt den Ball mit der Hauswand,
weil er keinen zweiten fand."

Zit. von Koflgschroa, "Wäsche".

In dem Sinne eine schöne Woche.

Wie dürfen wir das verstehen, zappa? Du hattest Deine persönliche Meinung zu den Ansichten Roths hier zur Diskussion gestellt. Jörn hat auf sachliche Weise darauf geantwortet.

Nachdem er sich mit Deiner Meinung auseinandergesetzt hat, wäre es höflich, wenn Du Dich nun mit seiner Meinung auseinandersetzen würdest.
:Blumen:

keko# 17.10.2016 12:25

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1264843)
Wie passt das zusammen mit der Behauptung, Mohammed sei mit einem geflügelten Pferd in den Himmel geritten und hätte den Mond gespalten? Welche Erfahrung liegt hier zugrunde? Wie fällt die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit aus?

Interessantes Thema..... Mein alter Prof (RIP) würde wohl sagen: es ist wahrscheinlichkeitstheoretisch nicht unmöglich, dass Mohammed das gemacht hat. :Lachen2:
Die Ergebnismenge Omega hat übrigens ihren Namen aus dem Christentum, dort ist Omega das Symbol für das Ende der Welt.


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