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Servus!
Weil oben zum Thema Moral - aus meiner Sicht zumindest missverständlich - geschrieben wurde, habe ich dazu eine ergänzende, evtl. erklärende Bemerkung: :Blumen: Moral selbst bewertet nicht, sondern ist rein normativ. Moral gibt einen Handlungsrahmen vor, der in verschiedenen Gruppen gerne auch unterschiedlich sein kann. Im Iran z.B. ist der moralische Handlungsrahmen in vielen Teilen sicher ein anderer als in der Bundesrepublik (Umgang mit Ehebrecherinnen z.B.). Oder was die Frage nach Verzehr von Menschenfleisch oder der Asche der Toten angeht - auch dazu gibt es auf der Welt in einigen Ecken (z.B. Papua-Neuguinea oder Amazonasgebiet) noch andere Ansichten wie in den meisten Teilen der übrigen Welt. Es gibt also keine allgemeine Moral. Immanuel Kant ist in dem Versuch eine allgemeine Moral zu formulieren sehr weit gekommen, ist aber letztlich an der Frage gescheitert, wer den nun diejenige Person sein soll, die das allgemeine Gesetz festlegt. Die Weltgemeinschaft hat das auch längst erkannt und versucht einen minimalen allgemein gültigen Handlungsrahmen zu schaffen, mit dem sich alle, ja wenigstens fast alle einverstanden erklären: Die Menschenrechte. Wie gut bzw. schlecht das auf der Welt funktioniert kann man täglich sehen/lesen/hören. Moralische Bewertung hingegen ist subjektiv und auch emotional. Subjektiv ist einsichtig, dazu gibt es genügend Texte in der Philosophie und Experimente in der Psychologie (viele kennen das Experiment mit dem Zug, der Weiche, den Arbeitern und dem Kind). Emotional ist da spannender, das ist eine moralische Bewertung aber vor allem aus zweierlei Gründen. Einmal weil der Verstand ja in überwiegendem Maße nicht die Entscheidungen trifft, sondern nur die Sachverhalte analysiert und Fakten für die Entscheidung liefert. Entschieden wird dann durch das Gefühl. Das was David Hume ja bereits im 18. Jahrhundert formuliert hat, wird durch Psychologie (das Zugexperiment kann abgewandelt werden um das zu zeigen) und Hirnforschung heute unterstützt - Neuropsychologie ist ein hoch aufschlussreiches Fach,wenn man sich für den Menschen interessiert. Ebenfalls, und das ist der zweite Grund, die Sache des freien Willens (eine wichtige „Errungenschaft“ der Aufklärung) ist durch letztere Disziplinien, nochmals in die Kritik geraten: Es gibt wohl Experimente die zeigen, dass wir auf gewisse Weise das wollen was wir tun und nicht das tun was wir wollen. Um zu verstehen - und ich weiß, ich wiederhole mich - warum die Welt so ist wie sie ist und wo man ansetzen kann um sie zu verbessern ist es unabdingbar den Menschen zu verstehen. Und ich meine mit Welt ausdrücklich nicht die Dinge jeglichen Maßstabes, sondern die Tatsachen die vom Menschen geschaffen werden (1 Die Welt ist alles, was der Fall ist. 1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge). Um also zu verstehen warum der Mensch als Induviduum so handelt wie er es tut und warum Gruppen so handeln wie sie es tun - undzwar sehr oft wider besseren Wissens - muss man sich mit der Individualpsychologie bzw. der Gruppen-/Sozialpsychologie auseinandersetzen. Oder im Kontext des Threads: Warum sind ca. 2/3 der Weltbevölkerung auf irgendeine Art gläubig, obwohl Wissen und Naturwissenschaft existiert und dieses Wissen für einen großen Teil auch zugänglich ist? Viele liebe Grüße Helmut |
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Übrigens: Nochmal zum Thema „festlegen des allgemeinen Gesetzes“.
Es gibt ja nicht wenige Stimmen, die eine Verbreitung solcher „allgemeinen Gesetzeswerke (aka Wektanschauungen)“ - man beachte den Plural - als ideologischen Imperialismus bezeichnen. Sei es nun ob man Religionen meint, Wirtschaftssysteme, politische Systeme, Sozialsysteme oder auch den Szientismus. Allen voran, zumindest was politische, wirtschaftliche und soziale Systeme anbelangt ist ja bekanntlich Herr Jakob Augstein junior. Wer ihn nicht kennt: Der ist sowas wie der Vorzeigeintellektuelle der linken Bourgeoisie und der Aluhutträger. ;) Außerdem Spiegel Erbe und Herausgeber der linken Zeitung „Der Freitag“ LG Helmut |
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Natürlich interessiert die Reformation in Russland niemand. Genauso wenig wie uns in Deutschland die verschiedenen Arten der orthodoxen Kirche interessiert. Es gab viele verschiedene Abspaltungen der Kirche, brauchst du ja auch nicht nach Asien gehen. Nehme doch nur Anglikanische Kirche in England. Ich rede aber von der Reformation aus der die Evangelische Kirche mit ihren weiteren Abzweigungen hervorging. Und das interessiert vor allem Deutschland, Mitteleuropa und Skandinavien. Asien mal gar nicht. Und wenn du nach Belegen fragst, gebe du doch Belege wie unsere Welt heute aussehe wenn Luther und seine Ansichten damals im Kerker gelandet wären und die Reformation komplett niedergeschlagen wäre. Wie wäre dann die Geschichte Deutschlands und Mitteleuropas gewesen? Welchen Einfluss hätte dann die Kirche heute auf unser Leben. Gibt es einen Beleg das sich der Buchdruck ohne die Reformation so entwickelt hätte? Und komme jetzt nicht mit Asien, da hat sich das Drucken auch auf anderen Wegen entwickelt. Ich rede nur von Deutschland und Europa. |
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Gutenberg war schon tot als Luther geboren wurde. :Lachanfall: |
Zur Moral:
Manche sagen, Moral wurde vom Menschen geschaffen (und ist deswegen willkürlich). Manche sagen, Moral wurde von Gott vorgegeben (und ist deshalb verbindlich). Manche sagen, eine bestimmte Handlung sei moralisch, andere bestreiten es. Dies alles trennt uns voneinander. Was eint uns? Was wir alle gemeinsam haben, ist die Notwendigkeit, miteinander auszukommen. Wir müssen einen gemeinsamen Nenner finden, auf den wir uns alle einigen können, auch wenn dieser gemeinsame Nenner womöglich winzig ist. Wie gelingt uns das? Die abrahamitischen Religionen versuchen, die ganze Welt auf einen einzigen Gesetzgeber einzuschwören und dadurch eine Einigung zu erzielen. Dieses Ansinnen ist bislang gescheitert. Wir müssten etwas finden, was für alle Menschen und für alle Religionen gleich aussieht, egal von welcher Perspektive man es betrachtet. Ich finde, Fakten könnten dieser gemeinsame Nenner sein, auf dem dann alles weitere aufbaut. Deswegen ist das Ansinnen der Religionen nicht hilfreich, immer ausgefeiltere Theologien zu entwickeln. Deswegen war auch Martin Luther mit seiner Version nicht hilfreich. Es hat zu mehr Uneinigkeit geführt und nicht zu mehr Einigkeit. Hilfreich ist, zu den Wurzeln zurückzukehren und erstmal eine solide Grundlage zu schaffen. Genau das macht die Wissenschaft. Sollten wir je eine gemeinsame Moral entwickeln, dann wird sie auf den Erkenntnissen der Wissenschaft basieren. |
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Anders als Du behauptest, hat die Reformation keineswegs überall stattgefunden. Mindestens dort müsste man einen Unterschied feststellen können. Dass Du Buchdruck, Schulbildung und Sprachentwicklung einem einzigen Mann zuschreibst, der diese Ziele (wenn überhaupt) nur nebenher verfolgte, ist eine gewagte These. Ein direkter Zusammenhang (wie er bei Buchdruck und Gutenberg besteht) ist nicht erkennbar. Sorry, aber wenn Du überhaupt keine Belege anführen kannst, überzeugt mich Dein Argument nicht. Ich bin durchaus offen für Belege. |
Servus Jörn!
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Ich kenne das Thema Moral nur als Thema der Philosophie einigermaßen gut. Nur dazu kann ich auch wirklich was beitragen. Ich denke aber auch zu wissen - evtl. interessiert das für eigene Recherchen - auch, dass manche Wissenschaftler Moral als Nebenprodukt von kognitiven Funktionen sehen, das im Zuge der Evolution entstanden sei. Sie schreiben dem Menschen eine Art genetische „Moralgrundausstattung“ zu. Soweit ich weiß, geht man davon aus, dass diese Grundausstattung von der Evolution zum Zwecke der Kooperation mit anderen frühzeitlichen Menschen „produziert“ (sagt man das so?) wurde. Zitat:
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Im übrigen meiner bescheidenen Meinung nach so eine gemeinsame Moral auch gar nicht nötig bzw. ich bin nicht sicher ob dies nötig wäre. Das ist eine schwere Frage finde ich. Es müsste ja eine Instanz geben, die diese allgemeinen Gesetze gibt. Da ich nicht an einen gesetzgebenden Gott glaube, tue ich mich damit schwer. Ich persönlich habe zunächst keinerlei Probleme damit, wenn andere Menschengruppen andere moralische Habdlungsmaxima haben als ich das habe. Freilich habe ich hier auch Grenzen. Allerdings habe ich mit meinen eigenen Grenzen auch Probleme, denn vor dem Hintergrund des o.g. ideologische Imperalismus scheinen mir meine Grenzen grenzwertig dogmatisch. :( Mit welchem Recht wollen wir den Kanibalen Papua-Neuguinea verbieten Menschenfleisch zu essen, weil es ggf. unmoralisch ist? Liebe Grüße Helmut |
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