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Klugschnacker 18.10.2017 12:50

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1336713)
Die größten Massaker der Menscheit, der 1. und 2. Weltkrieg, gingen von der aufgeklärten Welt aus. Und wir haben im Jahr 2017 Waffen, die die Menschheit mehrfach vernichten können. Wir könnten uns darüber streiten, ob die irrationale oder rationale Blutspur größer ist.

Entschuldigung, aber der erste und zweite Weltkrieg wurde auf der Basis irrationaler Ideologien geführt. Dem Nationalismus und dem Antisemitismus. Danach haben uns die Ideologien des Kommunismus und Kapitalismus an den Rand des dritten Weltkriegs gebracht.

Rational betrachtet ging vom "Weltjudentum" keinerlei Gefahr aus, denn es war als zusammenhängendes Gebilde nicht existent. – Die Überzeugungen von der Überlegenheit der eigenen Nation oder Rasse, die sich in einem Daseinskampf gegen konkurrierende Nationen und Rassen befände und diese unterwerfen müsse, war ein Hirngespinst.

keko# 18.10.2017 14:51

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1336721)
Entschuldigung, aber der erste und zweite Weltkrieg wurde auf der Basis irrationaler Ideologien geführt.

Hitler wurde von unseren Großeltern demokratisch gewählt. Zu einer Zeit, als Einstein schon die Relativitätstheorie veröffentlicht hatte und die Kernspaltung bekannt war. Man kann also nicht sagen, die Menschen wären Wilde gewesen.
Ganz im Gegenteil: Menschen kalkulierten kühl, dass ihre jüdischen Nachbarn abgeholt wurden, um in ihre Wohnungen zu gehen und sie zu plündern.
Rationalität ist nicht zwangsläufig gut.

Jörn 18.10.2017 19:20

Kritisches Nachfragen hätte beide Kriege verhindert.

Stattdessen sind die jungen Männer singend und lachend in den Krieg gezogen, und die Bevölkerung hat ihnen zugejubelt. Niemand hätte gejubelt, wenn sie gewusst hätten, was sie erwartet, und dass sie von ein paar wenigen Scharlatanen reingelegt wurden.

Hier stehen sich nicht Irrationalität, Seele und Gefühl auf der einen Seite, und das kalte, mechanische Nachdenken auf der anderen Seite gegenüber. Sondern hier stehen sich Wissen und Unwissen gegenüber. Die jungen Männer sind nicht etwa in den Krieg gezogen, weil es ein schönes Gefühl war, sondern weil man ihnen ein schönes Gefühl vorgegaukelt hatte, indem man ihnen die Wahrheit vorenthielt. Sie hatten zuerst falsche Fakten. Danach kamen die passenden Gefühle. Sie fühlten sich als Helden, die das Vaterland verteidigen. In Wahrheit hatte überhaupt niemand angegriffen. In Wahrheit waren sie Kanonenfutter.

Gefühle sind nicht unabhängig von den, was wir für Fakten halten. Deswegen verkauft die Kirche ihre Bibelgeschichten als Fakten — selbst dann, wenn sie zugibt, dass es hier und da keine wirklichen Fakten sind, sondern... irgendwie andere Fakten, die davon unabhängig sind, ob es tatsächlich Fakten sind. :Gruebeln:

Seele und Gefühl erfordern es keineswegs, dass man die Fakten ignoriert oder kritisches Nachfragen unterlässt. Kritisches Nachfragen ist jedoch das, was alle Kirchen und alle großen Religionen unter allen Umständen verhindern wollen. Und diesem Manöver muss man widersprechen. Denn es ist dieser Punkt, der zu so viel Leid geführt hat. Das ist der Grund, warum die Religionen eine Gefahr darstellen.

Die Kirchen können von mir aus die beste Einrichtung des Universums sein. Wenn der Preis dafür jedoch darin besteht, kritisches Prüfen zu unterlassen, dann ist dieser Preis zu hoch.

waden 18.10.2017 19:50

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1336774)
Hitler wurde von unseren Großeltern demokratisch gewählt. Zu einer Zeit, als Einstein schon die Relativitätstheorie veröffentlicht hatte und die Kernspaltung bekannt war. Man kann also nicht sagen, die Menschen wären Wilde gewesen.
Ganz im Gegenteil: Menschen kalkulierten kühl, dass ihre jüdischen Nachbarn abgeholt wurden, um in ihre Wohnungen zu gehen und sie zu plündern.
Rationalität ist nicht zwangsläufig gut.

Ich verstehe Dich so, dass Du Seele und Emotion als wichtige Eigenschaften der Menschen neben der Rationalität siehst. Gut, einverstanden.
Aber: Die Wahl Hitlers als Produkt aufgeklärter Rationalität darzustellen liegt historisch total daneben. Den Juden wurde wegen einer irrationalen Ideologie Unrecht getan. Dein Beispiel der kühl kalkulierenden Plünderer finde ich in diesem Zusammenhang...pff.

Ansonsten finde ich Jörns Antwort zutreffend:
Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1336824)
Kritisches Nachfragen hätte beide Kriege verhindert.
...
Hier stehen sich nicht Irrationalität, Seele und Gefühl auf der einen Seite, und das kalte, mechanische Nachdenken auf der anderen Seite gegenüber
...
Seele und Gefühl erfordern es keineswegs, dass man die Fakten ignoriert oder kritisches Nachfragen unterlässt
...
Niemand will Gefühl durch mechanische Formeln ersetzen.
...
Kritisches Nachfragen ist das, was alle Kirchen und alle großen Religionen unter allen Umständen verhindern wollen. ...Das ist der Grund, warum die Religionen eine Gefahr darstellen.


qbz 18.10.2017 20:19

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1336833)
Ich verstehe Dich so, dass Du Seele und Emotion als wichtige Eigenschaften der Menschen neben der Rationalität siehst. Gut, einverstanden.
Aber: Die Wahl Hitlers als Produkt aufgeklärter Rationalität darzustellen liegt historisch total daneben. Den Juden wurde wegen einer irrationalen Ideologie Unrecht getan. Dein Beispiel der kühl kalkulierenden Plünderer finde ich in diesem Zusammenhang...pff.

Ansonsten finde ich Jörns Antwort zutreffend:

Offtopic:
Ich würde den Holocaust neben Völkermord auch als massenhaften, gezielten, bewussten Raubmord an Juden bewerten. Fast alle Schichten profitierten vom billigen Ausverkauf des Eigentums jüdischer Flüchtlinge und der späteren Enteignung der deportierten Juden: der Staat, die grossen Unternehmer und Bankiers, die Akademiker, die Angestellten bis hinunter zum kleinsten Ladenbesitzer. Die staatliche Ermordung und Ausrottung der Juden (sog. "Endlösung") geschah gerade auch deswegen, damit diese keine Ansprüche mehr auf den enteigneten Besitz stellen konnten. Allein im irrationalen Judenhass und Antisemitismus den einzigen Grund für den Völkermord zu suchen, griffe IMHO viel zu kurz, da es dabei auch um die illegale Aneignung des jüdischen Besitzes ging. Selbst das Zahngold und die Haare der Ermordeten wurden verwertet.
Insofern finde ich Keko's Antwort sehr zutreffend.

Jörn 18.10.2017 20:25

Hier werden zwei Dinge vermischt: Die Motivation der Regierung einerseits; und andererseits die Bereitschaft des Volkes, zu folgen.

Nicht die Regierung hätte kritisch nachfragen müssen, sondern das Volk.

Die Regierung mag sehr rationale Gründe für eine konkrete Maßnahme gehabt haben. Aber was waren die Gründe dafür, dass das Volk folgte?

Kritisches Nachfragen hätte es verhindert (als es noch möglich war).

Außerdem: Wenn alle so trunken waren von Mitgefühl und Nächstenliebe — warum wurden dann die Juden ausgeplündert und ermordet?

MattF 18.10.2017 20:37

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1336774)
Menschen kalkulierten kühl, dass ihre jüdischen Nachbarn abgeholt wurden, um in ihre Wohnungen zu gehen und sie zu plündern.
Rationalität ist nicht zwangsläufig gut.


Die meisten von denen sind aber auch wohl am Sonntag in die Kirche gegangen.

Natürlich ist stumpfe Rationalität nicht gut.

Dafür wurde der Humanismus und Empathie erfunden.

Klugschnacker 18.10.2017 20:41

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1336837)
Offtopic:
Ich würde den Holocaust neben Völkermord auch als massenhaften, gezielten, bewussten Raubmord an Juden bewerten. ... Insofern finde ich Keko's Antwort sehr zutreffend.

Meinst Du nicht, dass diesem Morden und Rauben an den Mitbürgern zuvor eine ideologische Entrechtung und Entmenschlichung der jüdischen Bürger hat vorangehen müssen? Ich habe mir das zumindest immer so vorgestellt.

Rational war nur der Vollzug. Irrational und ideologisch die Legitimierung des Holocaust.


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