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Erich Kästner:
Es läuten die Glocken
Wenn im Turm die Glocken läuten, kann das vielerei bedeuten. Erstens: daß ein Festtag ist. Dann: daß du geboren bist. Drittens: daß dich jemand liebt. Viertens: daß dich´s nicht mehr gibt. Kurz und gut, das Glockenleuten Hat nur wenig zu bedeuten. |
Erich Kästner:
Was immer auch geschieht!
Was auch immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken! |
Joseph von Eichendorff:
Mondnacht
Es war, als hätt der Himmel Die Erde still geküßt, daß sie im Blütenschimmer von ihm nun träumen müßt. Die Luft ging durch die Felder, die Ähren wogen sacht, es rauschten leis die Wälder, so sternklar war die Nacht. Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, flog durch die stillen Lande, als flöge sie nach Haus. |
Achim von Arnim:
Neujahr
Altes Jahr, du ruhst in Frieden, Deine Augen sind geschlossen; Bist von uns so still geschieden Hin zu himmlischen Genossen, Und die neuen Jahre kommen, Werden auch wie du vergehen, Bis wir alle aufgenommen Uns im letzten wiedersehen. Wenn dies letzte angefangen, Deutet sich dies Neujahrgrüßen, Denn erkannt ist dies Verlangen, Nach dem Wiedersehn und Küssen. |
Heinz Erhardt :
Urlaub im Urwald
Ich geh’ im Urwald für mich hin … Wie schön, daß ich im Urwald bin: Man kann hier noch so lange wandern, ein Urbaum steht neben dem andern. Und an den Bäumen, Blatt für Blatt, hängt Urlaub. Schön, daß man ihn hat! |
Wilhelm Busch:
So Nicht
Ums Paradies ging eine Mauer Hübsch hoch vom besten Marmelstein. Der Kain, als ein Bub, ein schlauer, Denkt sich: Ich komme doch hinein. Er stieg hinauf zu diesem Zwecke An einer Leiter mäuschenstumm. Da schlich der Teufel um die Ecke Und stieß ihn samt der Leiter um. Der Vater Adam, der`s gesehen, Sprach, während er ihn liegen ließ: „Du Schlingel! Dir ist recht geschehen. So kommt man nicht ins Paradies. |
Johann Wolfgang von Goethe:
Die Liebe wider Willen
Ich weiß es wohl, und spotte viel: Ihr Mädchen seid voll Wankelmut! Ihr liebet, wie im Kartenspiel, Den David und den Alexander; Sie sind ja Forcen miteinander, Und die sind miteinander gut. Doch bin ich elend wie zuvor, Mit misanthropischem Gesicht, Der Liebe Sklav, ein armer Tor! Wie gern wär ich sie los, die Schmerzen! Allein es sitzt zu tief im Herzen, Und Spott vertreibt die Liebe nicht. |
Joachim Ringelnatz:
Der Glückwunsch
Ein Glückwunsch ging ins neue Jahr, Ins Heute aus dem Gestern. Man hörte ihn sylvestern. Er war sich aber selbst nicht klar, Wie eigentlich sein Hergang war Und ob ihn die Vergangenheit Bewegte oder neue Zeit. Doch brachte er sich dar, und zwar Undeutlich und verlegen. Weil man ihn nicht so ganz verstand, So drückte man sich froh die Hand Und nahm ihn gern entgegen. |
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