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Konstantin Wecker:
Es duftet nach Akazien und
dein Lächeln duftet auch. Die Winde meinen´s gut mit uns, die Welt nimmt uns in Kauf. Wir reden nicht, wir schweigen nicht, wir sind ganz einfach da. Wir spiegeln uns im Sommerlicht und sind uns nah. Als hätt´ ich dich noch nie gesehn, verwirrt mich dein Gesicht. Die Zeit mag ruhig zugrunde gehn. Wir tun es sicher nicht. Wir geben uns ganz absichtslos und ohne tief ´ren Sinn wie Wolken unterm Himmel ziehn der Liebe hin. Was immer mir der Wind erzählt, der Mond und mein Klavier: Sie singen nur das eine Lied, sie singen nur von dir. Sie kannten dich schon vor der Zeit, bevor die Welt entstand. Dein Name ist in jeden Baum, in jeden Fels gebrannt. Es gibt so viele Lieder über diesen Augenblick, voll Schwülstigkeit und Flieder und mit wehem Blick zurück. Doch all die schweren Worte, sie sind nichts als gut gemeint. Sie können nicht beschreiben, was uns beide eint. Das Laute schweigt, die Stille tönt. Ich weiß nicht wer ich bin. Und alles ist so unbestimmt und sinnvoll ohne Sinn. Die Welt ist wohl aus Nichts gemacht, ganz leicht, wie nebenbei. Und ohne dich bricht diese Welt ganz sicherlich entzwei. Was immer mir der Wind erzählt, ... |
Christian Morgenstern:
Der Korbstuhl
Was ich am Tage stumm gedacht, vertraut er eifrig in der Nacht. Mit Knisterwort und Flüsterwort Erzählt er mein Geheimnis fort. Dann schweigt er wieder lang und lauscht – indes die Nacht gespenstisch rauscht. Bis ihn der Bock von neuem stößt Und sich sein Krampf in Krachen löst. |
Hermann Hesse:
Gleichnisse
Meine Liebe ist ein stilles Boot, Das mit träumerischen Ruderschlägen Einer dunklen Brandung treibt entgegen. Meine Liebe ist ein jähes Licht, Das durch schwarze, schwüle Nächte bricht Und unselig wie ein Blitz verloht. Meine Liebe ist ein krankes Kind, Das bei Nacht in seinem Bette sinnt; Und am Rand des Bettes steht der Tod. |
Berthold Viertel:
Schnee
Schnee war gestern plötzlich da – auf allen Trüben Straßen, hell wie Unschuld, weiß, Weich und wärmend, aus der Luft gefallen. Und wir gingen – enger ward der Kreis, Der uns heimlich aneinanderhält – Mit gedämpftem Schritt, gedämpfter Seele, Unverhofftes Lachen in der Kehle, Durch des Schneefalls kindlich neue Welt. Wir, die jetzt so ernste Frage quält, Wurden schmiegsam, atemleicht, gelinder, Lachten furchtlos, schneefroh, beinah Kinder – O wie hat die kleine Freude uns gefehlt! |
Wilhelm Busch:
Mein kleinster Fehler ist der Neid. –
Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, Dienstfertigkeit und Frömmigkeit, Obschon es herrlich schöne Gaben, Die gönn' ich allen, die sie haben. Nur wenn ich sehe, daß der Schlechte Das kriegt, was ich gern selber möchte; Nur wenn ich leider in der Nähe So viele böse Menschen sehe, Und wenn ich dann so oft bemerke, Wie sie durch sittenlose Werke Den lasterhaften Leib ergötzen, Das freilich tut mich tief verletzen. Sonst, wie gesagt, bin ich hienieden Gottlobunddank so recht zufrieden. |
Wilhelm Busch:
Kritik des Herzens
Es saß in meiner Knabenzeit Ein Fräulein jung und frisch Im ausgeschnittnen grünen Kleid Mir vis-á-vis bei Tisch. Und wie´s denn so mit Kindern geht, Sehr frömmig sind sie nie, Ach, dacht ich oft beim Tischgebet, Wie schön ist doch Marie! |
Johann Wolfgang Goethe:
Verschiedene Drohungen
Einst ging ich meinem Mädchen nach Tief in den Wald hinein Und fiel ihr um den Hals, und „ach!“ Droht sie, „ich werde schrei´n“ Da rief ich trotzig: Ha! Ich will Den töten, der uns stört! – „Still!“ lispelt sie, „Geliebter, still! Daß ja dich niemand hört.“ |
Joseph von Eichendorff:
Weihnachten
Markt und Straßen steh´n verlassen, Still erleuchtet jedes Haus, Sinnend geh´ ich durch die Gassen, Alles sieht so festlich aus. An den Fenstern haben Frauen Buntes Spielzeug fromm geschmückt, Tausend Kindlein steh´n und schauen, Sind so wunderstill beglückt. Und ich wandre aus den Mauern Bis hinaus ins freie Feld, Hehres Glänzen, heil´ges Schauern! Wie so still und weit die Welt. Sterne hoch die Kreise schlingen, Aus des Schnees Einsamkeit Steigt´s wie wunderbares Singen – O du gnadenreiche Zeit. |
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