Vollständige Version anzeigen : Schwellentraining = HIT?
Gruenetasse
15.01.2024, 07:05
Hallo in die Runde,
Kann mir jemand verlässlich sagen, ob dir Norweger (z.B. Seiler) Schwellentraining zu HIT zählen? Oder zu MIT?
Würde mich freuen, wenn jemand helfen könnte!
Grüße
Klugschnacker
15.01.2024, 09:14
Hallo in die Runde,
Kann mir jemand verlässlich sagen, ob dir Norweger (z.B. Seiler) Schwellentraining zu HIT zählen? Oder zu MIT?
Würde mich freuen, wenn jemand helfen könnte!
Grüße
Damit keine Verwirrung entsteht: Es gibt einen Unterschied zwischen der Sichtweise von Dr. Seiler und dem, wie z.B. Blummenfelt und Iden vorgehen.
Zudem ist der Begriff "Schwellentraining" nicht klar definiert.
Seiler kann man beim Tempotraining eher im Bereich über der anaeroben Schwelle einordnen. Die oben genannten Norweger eher knapp unterhalb der anaeroben Schwelle.
Gruenetasse
15.01.2024, 09:33
Danke für die sehr detaillierte Rückmeldung.
Im Umkehrschluss heißt das ja, dass bei Seiler das Training an der Schwelle (4 mmol/l) zu MIT zählt. Und alles darüber zu HIT. Richtig verstanden?
tridinski
15.01.2024, 09:38
früher wurde die Schwelle mit Laktat 4mmol definiert, das liegt heute eigentlich immer deutlich niedriger, zB 2,5 - 3. Was bei den Modellen (zB Dickhut) letztlich die entscheidenden Paramter sind um die Schwelle zu identifizieren hab ich nicht geblickt, aber mit 4mmol bist du wohl schon eher klar über der Schwelle und somit HIT
Gruenetasse
15.01.2024, 09:55
Auch hierfür nochmal vielen Dank!
Vielleicht nochmal kurz zum Hintergrund meiner Nachfrage. Ich bin Hobbyläufer, 45 Jahre alt und bewege mich über 10k bei 38:00 und über den HM bei 1:24.
Bisher habe ich mein Training "irgendwie" gestaltet. 2024 möchte ich mich mal am polarisierten Ansatz (90/10) probieren. Das ganze nicht zu wissenschaftlich (bis ja Hobbyläufer), dennoch mit ein wenig Struktur.
Ich arbeite mit insgesamt 5 Belastungsstufe. Stufe 4 ist bei mir das Schwellentraining (Stundenleistung, ca 88 bis 90% HfMax), Stufe 5 ist alles darüber.
Zur Einordnung der 90/10 Regelung (90% LIT, 10% HIT) würde ich daher gerne wissen, ob man meine Stufe 4 (an der anaeroben Schwelle) zu den Einheiten des HIT-Trainings zählt, oder eben nicht.
Das vielleicht nochmal zum Hintergrund meiner Frage.
Antracis
15.01.2024, 10:20
Gerade, wenn Du das Ganze nicht zu wissenschaftlich sehen willst, ist es aus meiner Sicht auch gar nicht so wichtig, wo der intensive Teil genau liegt. Sprich, sowohl unter, aber nahe der Schwelle, als auch drüber ist halt intensiv und nicht locker = LIT.
Letztlich sind die 80-90% ja der wichtigere Anteil am polarisierten Training und ich bin überzeugt, dass es wichtiger ist, den wirklich easy zu gestalten und vergleichsweise unwichtig, inwieweit man nun wirklich genau den (dynamischen) intensiven Bereich trifft. (wenn man die Olympischen Spiele oder Hawaii gewinnen will, wird es vermutlich bedeutsamer...)
Je nachdem wären ja auch 10% HIT trotzdem noch ziemlich fett. Seiler hat sich ja in seinen Auswertungen auf die Anzahl der Trainingseinheiten bezogen, was ich auch ganz sinnvoll finde. Einige seiner beobachteten norwegischen Athleten, zum Beispiel der Ruderer Olaf Tufte, mehrfacher Olympiasieger und Weltmeister, hat sowas wie 3-4 x 15-20 Minuten gerissen im Training als intensiven Anteil. Das war sicher eher Schwellentempo.
Wenn Du jetzt wirklich zwingend über die Schwelle gehst, landest Du ja als 38er Läufer so bei 3:45er Pace und schneller und je nach Wochenumfang wird das dann schon eine Packung, wenn Du Dich an den Kilometern orientierst. Ich würd als 45er dann auch eher nach Zahl gehen und bei 80-90% LIT z.B. auf 10 Läufe 2 intensive Einheiten verteilen.
Ich kenne auch - ältere - Läufer, die mit viel LIT und nur alle 9-10 Tage eine (moderat) intensivere Einheit sehr gute Ergebnisse erzielen.
Meiner Meinung nach ist es aber ein - oft gemachter - Trugschluss, dass die HIT Anteile wirklich zwingend möglichst hart sein müssen, damit das Ganze funktioniert. Sie sollten halt, damit es trainingsmethodisch Sinn macht, das aerobe System grenzwertig belasten oder sogar überlasten, damit andere Reize gesetzt werden, als im LIT. Aber man muss sich nicht zwingend immer die Lampe wegschießen. :Cheese:
Nach Seiler ist die Schwelle in der Tat genau die Grenze zwischen seiner Zone2 (MCT) und Zone3 (HIT). Laut seiner berühmt-berüchtigen Studie betrachtet er 4x16min Intervalle noch als HIT.
Ich würde also Schwellen-Training (wenn damit Intervalle genau an der Schwelle gemeint sind) noch zu HIT und somit zur "erlaubten" Zone3 zählen.
Link zu genannten Studie: https://www.researchgate.net/publication/312075854_How_Does_Interval_Training_Prescription_ Impact_Physiological_and_Perceptual_Responses
Gruenetasse
15.01.2024, 10:37
im vergangenen Jahr habe ich sogar sehr gute Erfahrungen mit der 10:2 Verteilung gemacht. Und deinen Hinweis, dass alles leicht unter-, an der- und über der Schwelle als HIT gilt, nehme ich dankend mit. Gerade wenn ich das Training nicht zu kompliziert gestalten möchte, ist deine Rückmeldung sicherlich top.
Wenn du möchtest, kannst du mir gerne nochmal ein Feedback geben, was bei dir "locker" heißt.
Meine letzte Leistungsdiagnostik (nicht fit genug für eine 38:00) hat ergeben, dass mein GA1 (also LIT) bei 5:15 bis 4:35 liegt. Also eine super große Range. Wo würdest du dich denn von der Pace bei "locker" aufhalten?
Grüße
Genussläufer
15.01.2024, 11:59
Nach Seiler ist die Schwelle in der Tat genau die Grenze zwischen seiner Zone2 (MCT) und Zone3 (HIT). Laut seiner berühmt-berüchtigen Studie betrachtet er 4x16min Intervalle noch als HIT.
Ich betrachte das immer aus der Läuferperspektive. Und auch die 4x8min werden über das Jahr verteilt wahrscheinlich eher am HMRT bzw. Schwelle als am 10k RT absolviert. Bei den 4x16min bin überzeugt, dass diese mehr am MRT als an der Schwelle absolviert werden.
Ansonsten würde man sich sehr schnell über den Jordan schießen. Bei den Norwegern wird die Pace ähnlich sein. Aufgrund der kürzeren Abschnitte könnte aber mehr Gesamtbelastungszeit möglich sein. Wobei ich hier auch mehr auf die Läufer schaue. Das Training der Triathleten verfolge ich weniger.
In Deinem Alter würde ich aber auch die Grundgeschwindigkeit nicht aus den Augen verlieren. Die lässt als erstes nach. Und wenn Du dann auf einen deutlich höheren Anteil Deiner maximalen Geschwindigkeit zurückgreifen musst, wird das nicht leichter.
Ich betrachte das immer aus der Läuferperspektive.
...
Ich habe das mehr aus Radsport-Perspektive gesehen. Vielleicht für den Thread-Ersteller zu berücksichtigen. Die Zoneneinteilung sollte aber bei beiden Sportarten gleich sein.
Genussläufer
15.01.2024, 13:23
Ich habe das mehr aus Radsport-Perspektive gesehen. Vielleicht für den Thread-Ersteller zu berücksichtigen. Die Zoneneinteilung sollte aber bei beiden Sportarten gleich sein.
Das sollte in der Tat sehr ähnlich sein. Beim Laufen ist es dahingehend komplexer, da die Orthopädische Belastung mit steigender Geschwindigkeit exponentiell zunimmt. Hinzu kommt, dass viele bei höheren Tempi und zunehmender Ermüdung technisch nachlassen. Das recht sich dann doppelt. Radfahren hat den Vorteil, dass die Bewegung vorgegeben stumpf ist und vor allem von der Kurbel vorgegeben wird. Und die exzentrische Belastung spielt kaum eine Rolle. Das sind große Unterschiede.
Wenn ich mal eine 2T Einheit auf dem Rad absolviere, hängt mir das anders nach als beim Laufen. Beim Laufen verzichte ich mittlerweile komplett darauf. Es hat sich einfach nicht bewährt.
Die Bemerkung in Bezug aufs Alter war an gruenetasse gerichtet. Das war nicht eindeutig.
Antracis
16.01.2024, 12:00
Meine letzte Leistungsdiagnostik (nicht fit genug für eine 38:00) hat ergeben, dass mein GA1 (also LIT) bei 5:15 bis 4:35 liegt. Also eine super große Range. Wo würdest du dich denn von der Pace bei "locker" aufhalten?
Grüße
Meine Meinung: Da sieht man erstmal wieder, wie wenig nützlich Leistungsdiagnostiken sein können, wenn es um Bestimmung des lockeren Grundlagentrainings geht. ;)
Bei mir ist es zum Beispiel so, dass ich 2022 eine 38:11 auf 10k gelaufen bin. Wenn ich mir die 6 Wochen davor anschaue, ist die Range der Dauerläufe von 4:33 bis 5:29. Der Großteil der lockeren Läufe war in einer Range zwischen 5:15 bis 4:50. 4:35 mag da auch noch GA1 gewesen sein, ist aber definitiv kein lockeres Grundlagentraining mehr, (War auch ein flotter Dauerlauf mit schnellen Intervallen) so wie ich es im polarisierten Modell verstehe. Ich hätte da sicher zu dem Zeitpunkt auch eher noch 10-20s pro km langsamer laufen können, ohne das es geschadet hätte, eher vielleicht sogar noch genutzt.
Ich bin aber auch kein Freund davon, polarisiertes Training zum einzig wahren Glauben zu erklären. Jeder muss einfach sehen, was bei Ihm gut funktioniert. Bei mir beispielsweise funktioniert Training in der "verbotenen Zone" sogar im Gegenteil sensationell gut. 2-3 längere Läufe oder Radtouren und eine Erholungswoche in dem Bereich und ich bin auf einem deutlich anderen Leistungsniveau. Das geht nur nicht sehr lange gut, wie ich schon mehrmals feststellen musste.
Ansonsten zu Deiner Frage zu der lockeren Dauerlaufpace nochmal: Ganz unwissenschaftlich würde ich es so eingrenzen: Das, was Du meiden solltest, ist genau das Tempo, was sich schon ziemlich gleil flott anfühlt und echt Spaß macht, aber noch nicht wirklich weh tut. :Cheese:
Etwas physiologischer: Mach einfach mal einen Steigerungslauf, wo Du jeden km um ca. 10s schneller wirst. Zum Exakten Pacing bieten sich ein Stryd und eine Pace/Runde auf der Uhr an und jeden km Autolap. Und dann mal wirklich bei 6erPace anfangen, locker bleiben und dabei auf die Atmung achten. In der Regel nimmt irgendwann die Tiefe der Atmung mekrlich zu und irgendwann später geht dann die Atemfrequenz deutlich hoch. (Arne hat dazu einige gute Videos im Archiv) und dann wird es irgendwann wirklich anstrengend.
Da bekommste dann aus meiner Sicht gute Hinweise für das polarisierte Training und seine Zonen. Wirklich locker ist noch unterhalb der vertieften Atmung (wird bei Dir vermutlich signifikant über 5er Schnitt sein. Und Polarisiert ist vermutlich eher irgendwo schneller als 4:15 oder noch flotter.
Da kannste dann den "bösen Bereich" meiden. Aber andererseits wie gesagt: Ich kenne mindestens 3 TriathletInnen und 2 Marathonnen, die 80% genau dort trainieren und regelmäßig ihre Altersklasse rocken. Also nicht aus dem Blick verlieren, was Dir gut tut. ;)
Helmut S
16.01.2024, 13:18
Bei mir beispielsweise funktioniert Training in der "verbotenen Zone" sogar im Gegenteil sensationell gut. 2-3 längere Läufe oder Radtouren und eine Erholungswoche in dem Bereich und ich bin auf einem deutlich anderen Leistungsniveau.
Das is bei mir auch so. Btw: Gab es von Geesmann nicht mal nen Podcast der hieß: "GA2 hat ein Image Problem" oder so ähnlich :Cheese:
:Blumen:
Der Micaela
16.01.2024, 13:26
Hallo Zusammen,
eine Frage zum Thema. Wenn ich eine polarisierte Woche plane, dann mache ich das nach Power bzw. Pace. Beispielsweise 15x1:30min oberhalb der 10K Racepace oder 3x10x30/30sec bei 125% der FTP.
Die Auswertung der Woche nach HF zeigt dann aber Pyramidal.
Ist es dann polarisiertes oder pyramidales Training?
LG
Michael
Genussläufer
16.01.2024, 13:35
Hallo Zusammen,
eine Frage zum Thema. Wenn ich eine polarisierte Woche plane, dann mache ich das nach Power bzw. Pace. Beispielsweise 15x1:30min oberhalb der 10K Racepace oder 3x10x30/30sec bei 125% der FTP.
Die Auswertung der Woche nach HF zeigt dann aber Pyramidal.
Ist es dann polarisiertes oder pyramidales Training?
Je nach Definition. Nach Seiler ist das polarisiert. Das Ziel der härteren Einheiten ist es, Zeit oberhalb der Schwelle zu verbringen. Du nutzt dafür Intervalle. Auf dem Weg dahin arbeitet sich Dein Körper auch durch die mittlere Intensitätsstufe. In den Pausen rutschst auch nach unten und oben da durch. Es ist aber jeweils ein hochintensives Training. Ist eine banale Beschreibung, trifft aber ziemlich genau, worauf Seiler hinaus will.
sabine-g
16.01.2024, 13:40
Ein Tempo, was nur mit Pulsdrift über längere Zeit (je nach Trainingszustand 10km-25km), zu halten ist, ist zu hoch.
Alles andere geht klar.
Natürlich kann auch bei höheren Temperaturen und zunehmender Dehydrierung eine Pulsdrift einsetzen, das ist aber hier nicht gemeint, ebensowenig Spazierengehen oder NordicWalking.
Hallo Zusammen,
eine Frage zum Thema. Wenn ich eine polarisierte Woche plane, dann mache ich das nach Power bzw. Pace. Beispielsweise 15x1:30min oberhalb der 10K Racepace oder 3x10x30/30sec bei 125% der FTP.
Die Auswertung der Woche nach HF zeigt dann aber Pyramidal.
Ist es dann polarisiertes oder pyramidales Training?
LG
Michael
Dann stimmt irgendwas mit deinen Zonen-Einstellungen nicht oder du machst was falsch.
Die HF sollte sich bei HIIT Intervallen vorwiegend im überschwelligen Bereich bewegen, auch bei 30s Intervallen aber besonders bei 1m30s Intervallen. Den Anfang mal ausgenommen, da braucht der Puls etwas Zeit zur Anpassung.
Dh, auch der HF Chart sollte bei Polarisiertem Training auch polarisiert aussehen. Ronnestad (ein HIIT Papst) wertet die HIIT Intervalle in seinen Studien sogar über den Puls aus.
vBulletin v3.6.1, Copyright ©2000-2025, Jelsoft Enterprises Ltd.