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Vollständige Version anzeigen : Arbeitsvertrag - Kündigungsfristen


rennmaus4444
15.11.2019, 11:37
Hallo,

wer kennt sich mit Arbeitsverträgen/Kündigungsfristen aus?

In der Familie gibt es diesbezüglich folgende Frage bzw. wer kann uns Folgendes erklären:

"Nach Ablauf der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung des Vertrages nur unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen möglich (§ 622 BGB). Eine gesetzliche Verlängerung der Kündigungsfrist zugunsten der Angestellten wirkt direkt gleichermaßen zugunsten der Firma (§622 Abs. 6 BGB)."

Was genau heißt das, wie schnell kann eine Kündigung durch den Arbeitnehmer erfolgen bzw. wann kann frühestens der neue Job angetreten werden?

Vielen Dank für eure Unterstützung!!!

CiaoCiao rennmaus4444

Nogi87
15.11.2019, 11:52
Meiner Meinung nach heißt das, dass der Arbeitnehmer immer dieselbe Kündigungsfrist hat wie der Arbeitgeber. Also:

Nach 2 Jahren Betriebszugehörigkeit 1 Monat zum Ende eines Kalendermonats,
nach 5 Jahren Betriebszugehörigkeit 2 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
nach 8 Jahren Betriebszugehörigkeit 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
nach 10 Jahren Betriebszugehörigkeit 4 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
nach 12 Jahren Betriebszugehörigkeit 5 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Gesetzlich hat eigentlich nur der Arbeitgeber diese Fristen und der Arbeitnehmer immer einen Monat, aber durch diesen Passus werden die Kündigungsfristen des Arbeitnehmers angepasst.

MattF
15.11.2019, 11:54
Das hängt davon ab wie lange man schon beim Arbeitgeber arbeitet:

§622 BGB sagt:

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Eigentlich gilt für Arbeitnehmer nur der Absatz (1) also "4 Wochen zum 15. oder Monatsende" aber da im Vertrag steht. dass die Verlängerungen auch für den AN gelten, was zulässig ist, solange der AN keine längeren Fristen hat als der AG, gilt halt auch Absatz (2) für den Arbeitnehmer und deshalb kommt es darauf an.

Grüße
Matthias

sybenwurz
15.11.2019, 11:56
Die Kündigung vom Arbeitsvertrag seitens des AN muss laut BGB mindestens vier Wochen betragen und darf entweder zum 15. oder Ende eines Kalendermonats erfolgen (grundlegende Kündigungsfrist).

Matthias75
15.11.2019, 12:08
Ist du sicher, dass du eine aktuelle Fassung des BGB hast?

Bei mir steht in Absatz (6):

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

M.

MattF
15.11.2019, 12:11
Ist du sicher, dass du eine aktuelle Fassung des BGB hast?

Bei mir steht in Absatz (6):

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

M.

Meinst du mich? Dass die Frist nicht länger als die des AGs sein darf, sagte ich ja.

Ist ja hier nicht der Fall, sie sind gleich.

Canumarama
15.11.2019, 12:48
"Nach Ablauf der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung des Vertrages nur unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen möglich (§ 622 BGB). Eine gesetzliche Verlängerung der Kündigungsfrist zugunsten der Angestellten wirkt direkt gleichermaßen zugunsten der Firma (§622 Abs. 6 BGB)."




Bedeutet die Kündigungsfrist wächst mit der Zugehörigkeit zur Firma, und auf diese kann der AG bestehen (eigentlich als Schutz für den AN gedacht).

Es sei denn, es gibt einen Tarifvertrag und dort steht etwas "günstigeres" drin, dann gilt die "günstigere Regelung". (Tarif geht im äußersten Fall sogar vor gesetzlichen Regelungen)

Da bleibt nur ein Aufhebungsvertrag als Alternative, wenn man vor Ablauf der KF gehen möchte.

merz
15.11.2019, 13:00
kann jemand bitte juristisch bewerten, ob die Angleichung der AN-Fristen an die AG-Fristen im Vertragstest oben überhaupt wirksam ist?

Außerdem würde ich mal nur ganz hypothetisch hochwerfen: Was passiert eigentlich wirklich, wenn man sich an AN nicht an die Fristen hält und einfach so geht?
Fallbeispiele willkommen

m.

Matthias75
15.11.2019, 13:13
Meinst du mich? Dass die Frist nicht länger als die des AGs sein darf, sagte ich ja.

Ist ja hier nicht der Fall, sie sind gleich.

Ich bezog mich auf die Eingangsfrage von Rennmaus, die offensichtlich eine andere Fassung von §622 Abs. 6 BGB hat. Grundsätzlich ist der Sinngehalt aber ähnlich:

Der Gesetzfeber gibt die minimale Kündigungsfrist vor, die - auch nicht durch vertragliche Regelungen - nicht unterschritten werden darf. Längere Kündigungsfristen sind dagegen erlaubt, wenn diese vertraglich vereinbart sind.

Der Absatz 6 von Rennmaus würde aussagen, dass, wenn der Gesetzgeber eine Verlängerung der Fristen fur die Kündigung durch den AN beschließt, diese Fristen dann auch für eine Kündigung durch den AG gelten. Allerdings aus meiner Sicht sinnlos, das im gleichen Gesetz abzudrucken, denn wenn der Gesetzgeber widersprüchliches beschließen will, kann er auch eine Änderung des Absatz 6 beschließen.

Der von mir zitierte Absatz 6 besagt dagegen:

Die Kündigungsfrist für den AN darf nicht länger sein als die für den AG. Wurde wohl versucht, um den Mitarbeiter an einer schnellen Kündigung zu hindern, also möglichst lang ans Unternehmen zu binden, ihn aber im Zweifel schnell loswerden zu können.

M.

VolkerR
15.11.2019, 13:55
Ich bin zwar kein Jurist, habe aber aus beruflichen Gründen öfter mit Kündigungen zu tun. Aus Erfahrung kann ich folgendes sagen:
- wenn der AG kündigt, gelten die Fristen wie oben beschrieben
- wenn der AN kündigt, gelten die 4 Wochen (wenn im Tarifvertrag keine kürzeren
Fristen stehen)
Die Angleichung der AN-Fristen an die AG-Fristen ist meines Erachtens unwirksam, da sie den AN (wenn dieser kündigt) unverhältnismäßig benachteiligt.

zur zweiten Frage:
was soll schon passieren? Gar nichts ! Wenn der AG klagen würde, hätte er keine Aussicht auf Erfolg. Würde nur Geld, Zeit und Nerven kosten...
Außerdem: was soll ein AG mit einem AN anfangen, der gar nicht mehr bei ihm arbeiten will???

Canumarama
15.11.2019, 14:05
kann jemand bitte juristisch bewerten, ob die Angleichung der AN-Fristen an die AG-Fristen im Vertragstest oben überhaupt wirksam ist?

Außerdem würde ich mal nur ganz hypothetisch hochwerfen: Was passiert eigentlich wirklich, wenn man sich an AN nicht an die Fristen hält und einfach so geht?
Fallbeispiele willkommen

m.

Ja ist sie.


§ 622 Absatz 2 sagt

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
......... usw.


§ 622 Absatz 6 sagt

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

heißt: wenn längere Fristen für die Kündigung im Arbeitsvertrag (AV) vereinbart werden, dann nicht länger als die Kündigung durch den AG, siehe § 622 Absatz 2.

Wurde etwas vereinbart?

Ja, durch folgenden Text:

"Eine gesetzliche Verlängerung der Kündigungsfrist zugunsten der Angestellten wirkt direkt gleichermaßen zugunsten der Firma (§622 Abs. 6 BGB)."

Übersetzt:

Wenn es eine Verlängerung der Kündigungsfrist der Angestellten gibt

- ja gibt es, nämlich die in § 622 Absatz 2 genannten Fristen sind verlängerte Fristen zugunsten des AN wenn der AG kündigen will, d.h. der AN hat längeren Schutz bei Kündigung durch den AG-

dann gelten diese verlängerten Fristen auch zugunsten der Firma (AG), d.h. der AG hat längeren "Schutz" bei Kündigung durch den AN.

Wenn man einfach so geht und sich nicht an die (vereinbarten) Fristen hält kann es teuer werden. Kommt auf die Position im Betrieb an, welchen Ausfall der AG durch dein Wegbleiben hat und eventuelle Kosten für Neueinstellung, Auftragsverluste usw.
Erfahrungsgemäß kann aber eine einvernehmliche Lösung gefunden werden.

sandmen
15.11.2019, 14:19
Zunächst ist zu prüfen, ob ein Tarifvertrag nicht längere Kündigungsfristen beinhaltet.

Ist kein Tarifvertrag einschlägig, verbietet § 622 Abs. 5 BGB grundsätzlich nur kürzere Kündigungsfristen als die 4 Wochen zum 15. oder Ende eines Monats. Längere Kündigungsfristen sind nicht grundsätzlich ausgeschlossen und deren Wirksamkeit wird dann im Einzelfall beurteilt. Dabei kommt es auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses, die Länge der Kündigungsfrist und auch dem Arbeitnehmer gewährte Vorteile an.

Was passiert, wenn man sich nicht an die Kündigungsfrist hält.

Grundsätzlich in der Tat nichts, aber im Einzelfall kann es diffizil werden. Geht man davon aus, dass der Arbeitgeber 4 Wochen eher jemand suchen muss, weil der Arbeitnehmer nicht mehr zur Arbeit erscheint und hätte dadurch höhere Kosten für eine Stellenanzeige oder einen Personalvermittler, dann könnte er diese Kosten vom ehemaligen Arbeitnehmer ersetzt verlangen.

Außerdem wirkt es sich nicht gut auf das Zeugnis aus, wenn es dann endet, dass sich der Arbeitnehmer nicht an die vereinbarte Kündigungsfrist gehalten hat. Bei einer unterstellt wahren Tatsache dürfte es nicht einfach sein, einen Zeugnisberichtigungsanspruch durchzusetzen.

Matthias75
15.11.2019, 14:22
Ich bin zwar kein Jurist, habe aber aus beruflichen Gründen öfter mit Kündigungen zu tun. Aus Erfahrung kann ich folgendes sagen:
- wenn der AG kündigt, gelten die Fristen wie oben beschrieben
- wenn der AN kündigt, gelten die 4 Wochen (wenn im Tarifvertrag keine kürzeren
Fristen stehen)
Die Angleichung der AN-Fristen an die AG-Fristen ist meines Erachtens unwirksam, da sie den AN (wenn dieser kündigt) unverhältnismäßig benachteiligt.

Wie oben geschrieben, kann das auch genau andersrum interpretiert werden, als Schutz für den AN. So eindeutig ist das also nicht.

zur zweiten Frage:
was soll schon passieren? Gar nichts ! Wenn der AG klagen würde, hätte er keine Aussicht auf Erfolg. Würde nur Geld, Zeit und Nerven kosten...
Außerdem: was soll ein AG mit einem AN anfangen, der gar nicht mehr bei ihm arbeiten will???

Das sehe ich nicht so unkritisch. Grundsätzlich sind alle Rechtsfolgen denkbar wie bei jedem anderen Vertrag, z.B. Pflicht zur Gegenleistung (Gehalt) entfällt (zu verschmerzen, wenn man schon einen anderen Job hat) aber auch Schadenersatz, wenn der AG mehrkosten hat, um kurzfristig einen Ersatz für dich besorgen zu müssen oder wenn durch dein plötzliches Fernbleiben sogar ein Mehraufwand und/oder Schaden entstanden ist.

M.

merz
15.11.2019, 15:24
ich höre das immer mit Schadensersatz und Klage und Vertragspflichten: alles möglich, alles denkbar, alles real,
Nur ich kennen keinen einzigen wirklichen Fall, wo das mit dem Schadensersatz auch so von AG-Seite durchgezogen wurde, wenn der AN plötzlich einfach wegbleibt.

(Zeugnisse, Arbeitsamt, diese ganzen Sachen mal außen vor)

m.

rennmaus4444
15.11.2019, 15:29
@all: Vielen Dank für die Rückmeldungen - scheinbar besteht ja doch durchaus Uneinigkeit - und dass, obwohl Paragraphen ja doch soooo eindeutig sind.

Ich sehe es eigentlich auch so, dass sich der Arbeitgeber durch diese Zusatzklausel schützen will - und somit die kurzfristige Eigenkündigung des AN umgehen möchte. Ob er etwas davon hat, wenn jemand keinen Bock mehr hat, steht auf einem anderen Papier....

Bitte gerne weitere Beiträge - möglichst von Fachleuten (Juristen, Personaler, BR-Leute...)

CiaoCiao rennmaus4444

schnodo
15.11.2019, 16:51
Die Angleichung der AN-Fristen an die AG-Fristen ist meines Erachtens unwirksam, da sie den AN (wenn dieser kündigt) unverhältnismäßig benachteiligt.

Die von Dir vermutete Unwirksamkeit bezweifle ich. Wo ist denn bei einheitlicher Kündigungsfrist für alle Beteiligten die unverhältnismäßige Benachteiligung verborgen? :Gruebeln:

Meik
15.11.2019, 17:44
Nur ich kennen keinen einzigen wirklichen Fall, wo das mit dem Schadensersatz auch so von AG-Seite durchgezogen wurde, wenn der AN plötzlich einfach wegbleibt.

Ich schon, kommt aber auf Job und Folgeanstellung an. Bei einer Putzfrau wird es für den AG kaum eine Handhabe geben. Bei einem Vertriebler der danach dem Ex-AG Konkurrenz macht und Kunden mitnehmen will sieht die Sache schon ganz anders aus. Bei Mitarbeitern im Kundenkontakt sind längere Kündigungsfristen nicht unüblich. Kostet den AG zwar, aber er kann den Mitarbeiter freistellen und den Nachfolger bei Kunden einführen bevor der Ex-MA beim neuen Arbeitgeber als Konkurent bei den Kunden auftaucht.

Im Zweifelsfall einfach mit dem AG reden, eine Kündigung hat ja einen Grund. Wenn man nicht mehr gut miteinander kann ist es u.U. sinnig über einen Aufhebungsvertrag zu reden. Wenn sich beide Seiten einig sind mit einer kürzeren Frist wäre doch alles gut.

Vertragswidrig vorzeitig gehen würde ich mir je nach Job gut überlegen. Stichwort Arbeitszeugnis wurde schon genannt.

Bommel91
15.11.2019, 19:27
@all: Vielen Dank für die Rückmeldungen - scheinbar besteht ja doch durchaus Uneinigkeit - und dass, obwohl Paragraphen ja doch soooo eindeutig sind.

Ich sehe es eigentlich auch so, dass sich der Arbeitgeber durch diese Zusatzklausel schützen will - und somit die kurzfristige Eigenkündigung des AN umgehen möchte. Ob er etwas davon hat, wenn jemand keinen Bock mehr hat, steht auf einem anderen Papier....

Bitte gerne weitere Beiträge - möglichst von Fachleuten (Juristen, Personaler, BR-Leute...)

CiaoCiao rennmaus4444

Also,

1. Woran liegt es, dass bei juristischen Fragestellungen immer die Nichtjuristen eine derart wissende/überzeugende Position einnehmen, die durch keinerlei Ausbildung begründet wird?

2. Klauseln und §§ sind nicht immer eindeutig.

3. Die Wirksamkeit von Klauseln kann nicht immer ohne Weiteres isoliert betrachtet werden. Gerade bei der etwaigen Verlängerung von Kündigungsfristen ist zu beachten, wie hoch z.B. das Gehalt ist, was für eine Tätigkeit ausgeübt wird etc...

4. Dies führt zu 4. Die Aufgabe, die Wirksamkeit einer solchen Klausel zu beurteilen ist die Sache eines Rechtsanwalts und damit Rechtsberatung. Eine solche ist Entgeltpflichtig.


Generell bleibt zu sagen, dass eine sog. Gleichbehanldungsabrede grds. wirksam ist. Dies zeigt ja schon der Abs. 6.

Ziff. 13 Abs. 2 MTN verweist auf die gesetzlich verlängerten Kündigungsfristen und - systemgerecht - auf vertragliche Kündigungsfristen, wobei - entsprechend der gesetzlichen Regelung - eine einzelvertragliche Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfristen grundsätzlich möglich ist. Das stellt § 622 Abs. 5 Satz 3 BGB ausdrücklich klar. Mit § 622 Abs. 5 Satz 1 BGB soll lediglich sichergestellt werden, dass die in § 622 Abs. 1 bis Abs. 3 BGB genannten Fristen vertraglich nicht verkürzt werden dürfen. Die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB gelten nur für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Zulässig ist es, zu vereinbaren, dass diese längeren Kündigungsfristen (und gesetzlichen Kündigungstermine) auch für die Kündigung durch den Arbeitnehmer gelten sollen. Durch eine solche Abrede können die verlängerten Fristen auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer erstreckt werden. Derartige Klauseln sind mit § 622 Abs. 6 BGB vereinbar, weil § 622 Abs. 6 BGB den Arbeitnehmer nur vor einer Schlechterstellung, nicht aber vor einer Gleichstellung mit den für den Arbeitgeber geltenden Kündigungsfristen schützt. Werden über § 622 Abs. 1 und § 622 Abs. 2 BGB hinaus einzelarbeitsvertraglich längere Kündigungsfristen vereinbart, gilt nichts anders.
(BAG, Urteil vom 29. August 2001, Az.: 4 AZR 377/00)

Dort lautete die Klausel:

Während der ersten 6 Monate kann das Arbeitsverhältnis mit monatlicher Frist zum Monatsende gekündigt werden. Danach gilt eine beiderseitige Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende. Jede durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung eingetretene Verlängerung der vereinbarten Kündigungsfristen und Termine zugunsten einer Vertragspartei gilt in gleicher Weise auch für den Vertragspartner.

merz
15.11.2019, 21:14
aha, Klasse Danke, ich weiss schon warum ich Jura immer aus sicherer Entfernung faszinierend fand :)

Meine isolierte Laienlesart der Nicht Schlechterstellung des AN bei Angleichung der Fristen an die den AG habe ich als nicht schlechter gestellt als vorher für den AN gelesen, die Lesart ist aber "nicht schlechter als der AG", bei Gleichstand liegt das nicht vor.
Etwa so?

Also ist die Regelung im Vertrag wirksam? (Wahrscheinlich wohnt dieser Fragestellung eine un-juristische Verkürzung inne).

m.

Siebenschwein
15.11.2019, 21:56
Was spricht dagegen, sich fristlos kündigen zu lassen?
Chef die Treppe runterschubsen wäre vielleicht etwas extrem, aber ansonsten sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Und wenn man das einmal in Gedanken durchgespielt hat, reicht es , der HR Tante unmissverständlich klar zu machen, dass man das Szenario durchziehen würde, falls man sich nicht auf eine Vertragsaufhebung einigen könnte.
Die wollen doch auch keinen Ärger...

Stefan
16.11.2019, 06:48
Was spricht dagegen, sich fristlos kündigen zu lassen?
Chef die Treppe runterschubsen wäre vielleicht etwas extrem, aber ansonsten sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Und wenn man das einmal in Gedanken durchgespielt hat, reicht es , der HR Tante unmissverständlich klar zu machen, dass man das Szenario durchziehen würde, falls man sich nicht auf eine Vertragsaufhebung einigen könnte.
Die wollen doch auch keinen Ärger...
Mir fehlt da ein Smiley im Post und das schreibe ich nicht wegen der Treppe.

Bommel91
16.11.2019, 09:07
aha, Klasse Danke, ich weiss schon warum ich Jura immer aus sicherer Entfernung faszinierend fand :)

Meine isolierte Laienlesart der Nicht Schlechterstellung des AN bei Angleichung der Fristen an die den AG habe ich als nicht schlechter gestellt als vorher für den AN gelesen, die Lesart ist aber "nicht schlechter als der AG", bei Gleichstand liegt das nicht vor.
Etwa so?

Also ist die Regelung im Vertrag wirksam? (Wahrscheinlich wohnt dieser Fragestellung eine un-juristische Verkürzung inne).

m.

Das wiederum ist eine konkrete Beantwortung des Einzelfalls und damit eine Rechtsdiemstleistung die in Foren nicht erbracht werden sollte ;)

Thorsten
16.11.2019, 10:31
Also sollten wir unsere Beiträge jetzt alle als "Meinung" kennzeichnen, so wie Profis ihre meisten Beiträge bei Facebook & Co. als "Werbung" kennzeichnen müssen ;)?

Helios
16.11.2019, 11:51
Was spricht dagegen, sich fristlos kündigen zu lassen?
Chef die Treppe runterschubsen wäre vielleicht etwas extrem, aber ansonsten sind der
........
Die wollen doch auch keinen Ärger...

funzt - aber "die" wollen Gewinnen und nicht Verlieren ;) - also krank melden und dann am Wochenende einen Tri absolvieren, darüber in Instagramm Bildchen hochladen und wieder weiter krank melden - dann kann man Ende der Woche beim neuen Arbeitgeber anfangen und Zeugnisse.... pahhh! :Huhu:

MatthiasR
17.11.2019, 18:47
Und wenn man das einmal in Gedanken durchgespielt hat, reicht es , der HR Tante unmissverständlich klar zu machen, dass man das Szenario durchziehen würde, falls man sich nicht auf eine Vertragsaufhebung einigen könnte.
Die wollen doch auch keinen Ärger...

Wie man schnell und profitabel aus einem Arbeitsverhältnis kommt, wurde ja schon in einigen Filmen gezeigt, z.B. 'American Beauty' oder 'Fight Club'. :Cheese:

Scnr, Matthias

Canumarama
18.11.2019, 13:12
Also,

1. Woran liegt es, dass bei juristischen Fragestellungen immer die Nichtjuristen eine derart wissende/überzeugende Position einnehmen, die durch keinerlei Ausbildung begründet wird?

Um im Groben vorauszusagen wohin die Reise geht muss man heutzutage nicht immer ausgebildeter Jurist sein. Oft reicht da auch Erfahrung aus oder viel Zeit zu recherchieren. Das jeder Fall einzeln betrachtet werden muss, versteht sich von selbst.

Bevor du deinen Beitrag geändert hast, stand da so sinngemäß: "... wenn das so jeder beantworten könnte, müsste ich mir Sorgen machen ob ich in den richtigen Beruf für die Zukunft investiert habe."

Die Sorgen könnten berechtigt sein, zumindest für einfach gelagerte Fälle:

https://www.youtube.com/watch?v=gI_zKqodcP0

Minute 7 bis 10.

Nogi87
18.11.2019, 13:53
Ich bin zwar kein Jurist, habe aber aus beruflichen Gründen öfter mit Kündigungen zu tun. Aus Erfahrung kann ich folgendes sagen:
- wenn der AG kündigt, gelten die Fristen wie oben beschrieben
- wenn der AN kündigt, gelten die 4 Wochen (wenn im Tarifvertrag keine kürzeren
Fristen stehen)
Die Angleichung der AN-Fristen an die AG-Fristen ist meines Erachtens unwirksam, da sie den AN (wenn dieser kündigt) unverhältnismäßig benachteiligt.

zur zweiten Frage:
was soll schon passieren? Gar nichts ! Wenn der AG klagen würde, hätte er keine Aussicht auf Erfolg. Würde nur Geld, Zeit und Nerven kosten...
Außerdem: was soll ein AG mit einem AN anfangen, der gar nicht mehr bei ihm arbeiten will???

Im TVÖD gibt es diese Angleichung auch. Bei entsprechender Beschäftigungszeit hat man eine Kündigungsfrist als Arbeitnehmer von 6 Monaten zum Quartalsende. Wenn das nicht zulässig wäre hätte bei Millionen von Beschäftigten bestimmt schon einer geklagt.

MattF
18.11.2019, 14:07
Im TVÖD gibt es diese Angleichung auch. Bei entsprechender Beschäftigungszeit hat man eine Kündigungsfrist als Arbeitnehmer von 6 Monaten zum Quartalsende. Wenn das nicht zulässig wäre hätte bei Millionen von Beschäftigten bestimmt schon einer geklagt.

Im übrigen ist das auch ein Vertrauensbeweis, bzw. der AG stellt klar, dass er den Mitarbeitenden nicht kurzfristig ersetzen kann, sondern auf ihn angewiesen ist. Er entsprechend lange braucht jemand anderen zu finden und einzuarbeiten. Der Job ist in der Firma also nicht ganz egal.

Man könnte im übrigen schon von Anfang an nach §622 BGB sehr lange Kündigungsfristen vereinbaren von 6 Monaten und länger (für beide Seiten).

Wichtig zu wissen ist, dass Arbeitsrecht Vertragsrecht ist, beide Partner schließen grundsätzlich auf Augenhöhe einen Vertrag.
Da die Augenhöhe in der Realität nicht ganz gegeben ist und der Gesetzgeber das auch sieht, gibt es Mindestregelungen die nicht unterboten werden dürfen. Aber für alles was drüber raus geht, sind die 2 Parteien selber verantwortlich und man sollte auch nichts unterschreiben was einen mal später ägert, bzw. man eh schon weiß, dass man kein Bock hat sich dran zu halten.
Bricht ein Arbeitgeber den Vertrag ist das Geschrei groß, bricht der AN den Vertrag ist es eine lässliche Sünde.