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Vollständige Version anzeigen : STUDIE: FTP Test stimmt nicht mit den meisten physiol. Schwellenparametern überein


04konraa
01.08.2019, 09:54
Hey!

Ich bin eigentlich nur ein stiller und interessierter Leser des Forums. Gestern habe ich jedoch eine spannende Studie gelesen welche einen großen Impact auf die Trainingssteuerung und auf das Pacing im Wettkampf haben kann (publiziert am 1.7.2019 im The Journal of Strength & Conditioning Research).
Der Link zur Studie:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31269000

Während die 20 trainierten Radfahrer (VO2mx 60.4+/- 7.1 mL/kg/min) beim 20min FTP Test einen durchschnittlichen Wattoutput (minus die obligatorischen 5%) von 266+/-42 hatten, sind nach anderen Methoden signifikant geringere Schwellen ermittelt worden: lactate threshold = 236+/-32Watt; IAT= 244+/-33Watt; modified Dmax= 238 +/- 32Watt ; Dmax= 221 +/- 25Watt.

Für die Statistiker :Lachen2: : Man muss hier auch noch anmerken, dass die Standardabweichungen bei den herkömmlichen Tests im Labor viel geringer ausgefallen sind - was mM nach auf eine höhere Zuverlässigkeit dieser Tests beruhen kann.

Wenn ich das interpretieren darf (ich lass mich aber auch gerne eines besseren belehren :Cheese: ): Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass durch einen FTP Test die individuellen Watt in den Trainingsbereichen überschätzt sind (sprich zu hoch sind) und es sein kann, dass man im Training ständig in einem intensiveren Bereich trainiert als man eigentlich will. Überspitzt gesagt, kann es sein, dass man aerobe Intervalle fahren will und vielleicht sogar am oder über dem 2ten Umstellpunkt (LTP2) trainiert. Natürlich trifft das auch auf de Pacingstrategie im Rennen zu, wo es ja von vielen Seiten Empfehlungen gibt wie intensiv man im Rennen fahren soll (abhängig von der Distanz natürlich. Sprint, Olympisch,...).

Für mich persönlich schließt sich der Kreis: Ich habe abgeleitet von meinen FTP Tests immer versucht im Rennen die empfohlene Wattleistung zu treten und bin jedes Mal kläglich gescheitert. Entweder bin ich einfach nicht so ein harter Hund und kann es nicht durchziehen :Lachanfall: , oder ich falle genau in das Ergebnis dieser Studie und meine FTP Werte sind im Vergleich zu meinem physiologischen Vermögen einfach zu hoch ausgefallen.

Das Conclusio der Autoren:
"Based on the data provided, FTP cannot be considered as a field-based alternative to the goldstandard laboratory derived physiological measures. Therefore, training intensity prescription should not be solely based on data derived from FTP testing. We would encourage athletes and coaches use alternative field-based methods to predict cycling performance. We recommend that laboratory-based assessments of B[La] parameters are used for the determination of LT and MLSS, or that athletes are assessed using the power-duration relationship, to derive a measure of CP."

Vielleicht könnt ihr ja aus diesen Erkenntnissen was mitnehmen und euch ist es gleich gegangen wie mir?! Ich werde in Zukunft wahrscheinlich eine Spiro beim Sportmediziner machen, um meine Schwellen bestimmen zu lassen. Vielleicht kann ich dann etwas mehr aus meinem Training und meinen Wettkämpfen herauszuholen :cool: .

LG

Der Link zur Studie:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31269000

Necon
01.08.2019, 10:23
Also ohne auf die Studie einzugehen oder zu lesen, eine Frage an dich.
Wie hast du deine Watt festgelegt für den Wettkampf?
Im Normalfall sagt man doch
Sprintdistanz: ca. 100% von FTP
Olympische Distanz: ca. 95% von FTP
Mitteldistanz: 80 % – 85 % von FTP
Langdistanz: 68 % – 78 % von FTP

Bei einer LD und FTP von 300 hast du ein Fenster von 204-234 Watt. Als "Anfänger" legst du dich eher Richtung 204 die Profis eher Richtung 234. Das ist schon ein ziemlich breites Fenster und wenn man vorher nach Watt trainiert hat, sollte man ein gutes Gefühl haben ob man diese Leistung für 5h+ treten kann oder nicht und trotzdem noch danach Laufen zu können.

Die Spiro ist nett, aber für viele denke ich nicht praktikabel. Eigentlich müsste man sie in regelmäßigen Abständen durchführen, alle paar Monate, damit man richtige Werte hat und wer hat dafür das Geld, die Zeit und die Lust? Da ist ein FTP Test bei weitem schneller gefahren und einfacher reproduzierbar.

Mirko
01.08.2019, 10:25
Ich weiß nicht ob das jetzt richtig verstehe, ich hoffe ich bin nicht offtopic:

Man muss sich halt überlegen was die klassischen FTP-Tests wirklich messen: Die messen ja nur 20 Minuten Vollgas und rechnen daran dann alles hoch. Wenn man davon dann auf MD oder gar LD Tempo schließen will wird das natürlich schwierig.
Was sagt das schon aus was ich über 20 Minuten knapp an der Kotzgrenze leisten kann? Von 20 Minuten Vollgas auf 5 Stunden Halbgas (und auch noch nach Schwimmen) runter zu rechnen kann doch nicht mehr sein als ne Schätzung.

Vorausgesetzt mal die FTP stimmt, dann ist das trotzdem noch schwierig von einem einzigen Wert (FTP) auf ganz viele Trainingsbereiche schließen will.

Mein Bruder und ich haben in etwa die gleiche FTP. Ich bin allerdings Triathlet und er kommt aus dem Kraftsport und macht Kniebeugen mit über 100 kg. Lange, gleichmäßige harte Etappen kann ich deutlich besser als er. In einem Sprint hab ich nicht den Hauch einer Chance.
Würden wir jetzt beide unser Training und Wettkämpfe nur nach FTP steuern, wären seine kurzen Intervalle viel zu locker (weil er die eben überproportional zur FTP drauf hat), während ich in den Intervallen zwar sterbe, aber dafür in langen Einheiten vielleicht mehr drücken könnte.

Beim Wettkampf ist das dann ähnlich. Nur nach FTP kann das für den einen zu hart und für den andren zu leicht sein. Mein Bruder könnte definitiv nicht mit mir mitfahren auf 90 km obwohl er laut Rollentest FTP gleich stark ist.

Meine Lieblingsapp Sufferfest nutzt zur Trainingssteuerung übrigens nicht nur den FTP, sondern setzt 4 Werte von 5 Sekunden bis 20 Minuten ins Verhältnis. So bekommt dort jeder die richtigen Trainingsbereiche ins Workout für sein persönliches Profil. (https://thesufferfest.com/pages/learn-more-4dp)

felixb
01.08.2019, 10:25
Das sehe ich etwas anders. (auf den Ursprungspost bezogen, kamen 3 Leute dazwischen xD).

Immerhin scheint es fast 1 zu 1 mit der 4.0 Laktatschwelle übereinzustimmen.

Das Schwellenkonzepte unterschiedliche Ergebnisse bringen, steht aber außer Frage. Das wusste man aber doch eigentlich schon vorher.
Aus dem kurzen Textschnipsel kann ich nicht erkennen, ob vorher auch der 5 min all-out gefahren wurde. Anscheinend nicht. Damit ist der Wert eher zu hoch zu vermuten.

Alternativ nimmt man halt andere Schwellenbestimmungskonzepte. Monod & Scherrer (http://heiko.ploinger.de/monod/Monod.html , https://www.cyclingpowerlab.com/MonodCriticalPower.aspx). 5 min all-out und 20 min all-out (oder ähnlich) an unterschiedlichen Tagen. Damit berücksichtigt man auch etwas den Typus des Fahrers. Sprich: Sprintertyp, anaerobes Monster oder eben Allrounder oder Marathonfahrertypus.

Aber auch andere Berechnungsarten wie Monod & Scherrer und andere unterliegen immer auch Beschränkungen. Bei Monod & Scherrer wird auf die Schwächen des Modells bspw. hingewiesen was unter 3 Minuten und über 35 Minuten betrifft.
Ein Athlet muss sicherlich länger dafür (explizit) trainieren, um Leistungen lange halten zu können.

Und das kann man ohne weiteres auch auf Triathlonradstrecken bzw. Längen beziehen. Eine hohe 20 Minutenleistung sagt gerade über Langstrecke nicht allzuviel aus. Sprich der GA- oder Tempobereich (MD) ist das was zählt und auch extra trainiert werden muss.

Der Vorteil vom Leistungsmesser am Rad ist aber doch, dass man eben genau damit auch trainiert und das Training aufzeichnet. Also ist eigentlich der FTP-Test eher weit weniger wichtig als die Schlüssel-Trainingseinheiten wo man doch eigentlich das Wettkampftempo trainiert haben wird. Kombiniert mit Körpergefühl & realistischer Einschätzung kommt man dadurch wohl auf bessere und korrektere Werte als mit einer zeitlich punktuellen Schwellenbestimmung auf dem nicht-eigenen Rad in einem Raum am besten noch ohne Ventilator auf der Rolle bei einem Sportmediziner.
Also da mache ich meine Feldtests lieber unter realen Bedingungen draußen, wo auch der Wettkampf ist. FTP-Test & Co mache ich kaum noch. Eher Intervalle und ich weiss auch, wie weh sie tun sollten oder müssten. Darüber kann man die Schwelle mit einiger Erfahrung auch schnell ableiten. So viel verändert sich da leider nicht mehr ... .

edit: oder wie derpuma schon sagte: fährt man halt 60 Minuten volle Pulle. Fragt sich nur, was einem das dann für längere submaximale Distanzen wie im Triathlon bringt. Da sehe ich deutlich mehr Sinn im wettkampfnahem Training.

Helmut S
01.08.2019, 10:41
Ich mag diese ganzen Tests, bei denen man von Anfang bis Ende durchgehend konstant so sporteln muss, dass man einigermaßen genau am Ende bei all-out ist eh nicht. :Cheese:

Ich finde den Stufentest den Dr. Sebastian Zeller / TCC vorgestellt hat viel praktischer.
https://www.youtube.com/watch?v=HglzxEaQfr4

:Blumen:

04konraa
01.08.2019, 10:51
Echt spannende Inputs von euch (felixb,Mirko,Necon,derpuma), danke :Blumen: !

Leider habe ich nie so wirklich in der Vorbereitung die wettkampfspezifischen Distanzen in den vorgeschlagenen Wattwerten trainiert :Maso:. Ich habe eher Überdistanzen in viel geringeren Intensitäten bzw Unterdistanzen in leicht höheren Intensitäten forciert. In Zukunft werde ich aber solche Schlüsseleinheiten in die Trainingsplanung mit einfließen lassen, danke :Blumen: :Blumen: .


@felixb: Nein sie haben zuvor nur 2x20 s volle Pulle getreten. Das könnte natürlich auch ein Grund sein, dass die Werte beim FTP Test höher ausgefallen sind ;) .

Michi1312
01.08.2019, 10:53
Wer auf Nummer sicher gehen will und seine tatsächliche Stundenleistung wissen will, für den gibt es eine einfache Lösung:

60min fahren und messen :Blumen:


(die Aussage stammt nicht von mir, sondern hab ich in ähnlichem Zusammenhang letztens von einem Sportwissenschaftler gelesen, der die FTP-20min-Tests auch kritisch betrachtet...autor weiß ich leider nimma, aber es klingt logisch :Lachen2: )

Necon
01.08.2019, 11:05
Wer auf Nummer sicher gehen will und seine tatsächliche Stundenleistung wissen will, für den gibt es eine einfache Lösung:

60min fahren und messen :Blumen:


(die Aussage stammt nicht von mir, sondern hab ich in ähnlichem Zusammenhang letztens von einem Sportwissenschaftler gelesen, der die FTP-20min-Tests auch kritisch betrachtet...autor weiß ich leider nimma, aber es klingt logisch :Lachen2: )

Und das am Besten in einem Wettkampf. Ich hab letztes Jahr bei einer Triathlonstaffel den Radpart für 40 km übernommen, alleine im Training hätte ich meine Beine nie so zu Grunde richten können wie dort im Wettkampf, die 100 m durch die Wechselzone zu meinem Läufer kamen einem Marathon gleich!

Helmut S
01.08.2019, 11:12
[...]ich falle genau in das Ergebnis dieser Studie und meine FTP Werte sind im Vergleich zu meinem physiologischen Vermögen einfach zu hoch ausgefallen.

Ich würde mir da weniger Gedanken machen, sondern nen Quercheck.;) Mach doch mal ne andere Testmethode und schau was dabei raus kommt. Entweder die 60min im WK (WK scheint mir wichtig) oder den Stufentest. Dann kannst ja sehen wo die zwei, drei Werte sind.

:Blumen:

deirflu
01.08.2019, 11:24
Nein sie haben zuvor nur 2x20 s volle Pulle getreten. Das könnte natürlich auch ein Grund sein, dass die Werte beim FTP Test höher ausgefallen sind ;) .

Kann ja nur eine super aussagekräftige Studie sein wenn man den Vergleichstest gleich einmal falsch macht:Lachanfall:


Ich persönlich komme ganz ohne FTP Tests auf vernünftige FTP vorhersagen in dem ich einfach meine Trainings und Wettkämpfe anschaue und das ganze mit meinem Körpergefühl abgleiche. Bei einer breiten Datenlage wird es noch einmal einfacher die FTP zu bestimmen.

Was man sich auch noch vor Augen halten sollte ist das die Tagesform eine große Rolle spielt. Da können die Werte eines Tests gleich mal um einige Watt verfälscht sein oder sich die mögliche FTP manchmal recht locker anfühlen und an anderen Tagen schlicht und einfach unerreichbar sein.

Problem von vielen ist halt das sie glauben sie müssen den vorhergesagten W Wert für das Rennpacing unbedingt einhalten und schauen dann nur starr auf den Computer und verzweifeln wenn sich die Werte nicht realisieren lassen.
Ein Leistungsmesser ist ein extrem wertvolles Mittel zur Leistungsquantifizierung, kann aber vernünftiges Pacing das alle Einflussfaktoren mit einbezieht nicht ersetzen.

Helmut S
01.08.2019, 11:26
Ich persönlich komme ganz ohne FTP Tests auf vernünftige FTP vorhersagen in dem ich einfach meine Trainings und Wettkämpfe anschaue und das ganze mit meinem Körpergefühl abgleiche. Bei einer breiten Datenlage wird es noch einmal einfacher die FTP zu bestimmen.
[...]
Problem von vielen ist halt das sie glauben sie müssen den vorhergesagten W Wert für das Rennpacing unbedingt einhalten und schauen dann nur starr auf den Computer und verzweifeln wenn sich die Werte nicht realisieren lassen. [...]

+1 Danke :Blumen:

Beim Laufen hat man das früher ja auch so gemacht wie du: 10er WK volle Presse und von der Zeit die Trainingspace abgeleitet. Und: Before you train faster: race faster. ;)

tria ghost
01.08.2019, 11:32
Also bei mir persönlich decken sich die Spiro im Labor (Stufentest mit Atemgasanalyse / Lactat) mit dem FTP-Test auf der Direto Rolle mit entsprechendem Programm (warmfahren, 5min All-Out, locker pedalieren, 20min All-Out) ziemlich gut im Bereich von 5-max. 10 Watt, die aber auch im Unterschied der Leistungsmesser (Im Labor SRM, auf der Rolle ???) zu begründen wären.

Die reinen 20min Al-Out Tests im Freien sind tatsächlich mit etwas größerer (nach oben) Abweichung, aber auch noch so, dass der Zielwert für Intervalle oder Wettkämpfe noch innerhalb der prozentualen Range liegen würde.

Mein letzter FTP-Test ergab . 252 Watt, die letzte Spiro lag am Dienstag nach 2 Monaten bei 255Watt (IAS). Wobei hier eher Wettkampforientiert ohne den Plan größere Steigerungen zu machen trainiert wurde und erst einmal die Laufform nach Verletzung & Erkältung in Ordnung gebracht werden musste.

Bei Wettkämpfen merke ich allerdings auch, egal ob FTP oder IAS, das wirklich alles passen muss, damit ich meine Bereiche locker fahren kann ohne dafür zu büßen....
Bei Wind, Kälte/Regen oder sehr profilierter Strecke tue ich mich da deutlich schwerer und bleibe oftmals unter dem anvisiertem Wattziel.

deirflu
01.08.2019, 11:43
Noch als kleine Veranschaulichung wie ich das meine mit der breiten Datenlage und Bestimmung der FTP.

Hier dargestellt ist die Leistungsverteilung nach verbrachter Zeit in 5W Schritten über ein ganzes Jahr.

Da die Zeit die man über der FTP fahren kann stark beschränkt ist fallen die Balken über der FTP stark ab. Der "Höcker" der sich dadurch ergibt stellt dann die FTP dar.

Weiters gibt es natürlich auch viele automatische Berechnungen, die bei ausreichender Datenmenge ebenfalls sehr genau sein können.

04konraa
01.08.2019, 11:54
Noch als kleine Veranschaulichung wie ich das meine mit der breiten Datenlage und Bestimmung der FTP.

Hier dargestellt ist die Leistungsverteilung nach verbrachter Zeit in 5W Schritten über ein ganzes Jahr.

Da die Zeit die man über der FTP fahren kann stark beschränkt ist fallen die Balken über der FTP stark ab. Der "Höcker" der sich dadurch ergibt stellt dann die FTP dar.

Weiters gibt es natürlich auch viele automatische Berechnungen, die bei ausreichender Datenmenge ebenfalls sehr genau sein können.

Das ist wirklich sehr spannend :) . Mit welcher Software hast du das gemacht. Bei Garmin Connect bekommt man sowas nicht, oder?

deirflu
01.08.2019, 12:03
Das ist wirklich sehr spannend :) . Mit welcher Software hast du das gemacht. Bei Garmin Connect bekommt man sowas nicht, oder?

https://www.goldencheetah.org/

Will man ernsthaft mit Leistungsmessung trainieren ist das eine sehr hilfreiche Software, mann muss sich aber schon etwas damit beschäftigen und Zeit investieren.

04konraa
01.08.2019, 12:05
https://www.goldencheetah.org/

Will man ernsthaft mit Leistungsmessung trainieren ist das eine sehr hilfreiche Software, mann muss sich aber schon etwas damit beschäftigen und Zeit investieren.

:Blumen: :Blumen: , vielen Dank!

Necon
01.08.2019, 12:11
Aber auf nem 40km Zeitfahren in nem Staffel-Wettkampf kommst du doch niemals auf 60min! Da ist man doch deutlich schneller...

:Blumen: :Lachen2:

:dresche Komm du mir mal zum Mostiman und zeig mir das dort! :dresche (Aber hast Recht gibt auch dort Fahrer die unter einer Stunde geblieben sind!)

Jonny22
02.08.2019, 18:09
Wenn ich mir die Studie so anschaue bringt Sie nicht wirklich neue Erkenntnis. Die FTP entspricht am ehesten der Leistung die bei 4 mmil Laktat erbracht wird. Das war schon vorher bekannt und passt bei den meisten ganz gut. Die IAS nach Stegmann oder auch die anderen Laktatschwellenkonzepte sind mit der FTP nicht identisch und nicht vergleichbar. Wichtig ist eher sich für ein System zu entscheiden und innerhalb dieses Systems zu arbeiten. Der Vorteil am FTP Konzept ist, dass man mit relativ wenig Aufwand Trainingsfortschritte überprüfen kann.

Per Spiroergometrie bestimmte Schwellen sind dann übrigens wieder was anderes. Und wenn man sich mit den Fehlerquellen dieser Methodik beschäftigt, dann kann man im Amateurbereich unter der Fragestellung der Schwellenbestimmung davon eigentlich nur abraten.

Kurzzug
07.08.2019, 13:25
Coggan selber sagte ja, dass die FTP ungefähr in dem Bereich liegen kann, seine Definition auch vielfach falsch zitiert und missinterpretiert wurde. Es gibt sicher viele Leute die davon abweichen. Ich selber verwende WKO5, muss mich da aber auch weiter noch reinfuchsen...weils mich aber auch interessiert.

captain hook
07.08.2019, 13:45
Da hat mal einer eine Doktorarbeit drüber geschrieben.
https://www.mesics.de/fileadmin/user/literature/Laktatdiagnostik/DoerrChristian_2010_11_01.pdf

Auszug:

"Die Befunde der Untersuchung weisen daraufhin, dass nicht alle der untersuchten Schwellenmodelle das maxLass für die laufspezifische Sportpraxis „ausrei-
chend präzise“ bestimmen. Insbesondere scheint der prädiktive Wert des „Laktatsenkenmodells“, der „Dmax-“ und „Dmaxmod-Methode“, sowie der „4-mmol/l-
Schwelle“ zur maxLass-Prognose fraglich. Zwar konnte im Einzelfall das max122
Lass durch Anwendung eines dieser vier Verfahren „ausreichend genau“ be-
stimmt werden. Allerdings wichen die so ermittelten Schwellengeschwindigkei-
ten für den Großteil der Probanden (50-75 %) in dem Maße stark ab, dass für
diese eine präzise maxLass-Prognose aufgrund einer praxisrelevenaten Unter-
bzw. Überschätzung nicht möglich war. Andererseits ermöglichte das „IAS“-
Modell, die „Dickhuth-“ sowie die „Simon-Schwelle“ die beste Vorhersage des
maxLass, wobei sich auch bei diesen Modellen in 25-31 % der untersuchten
Fälle praxisrelevante Differenzen zwischen der entsprechenden Schwellenge-
schwindigkeit und maxLass ergaben."

captain hook
07.08.2019, 13:54
Also beschreibt fast kein bekanntes Modell die Schwelle tatsächlich "präzise".

Man kann es verbessern, wenn man einige Dinge Kombiniert und Verifiziert.

Zitat aus der Arbeit:

"In jedem Fall ist auch bei der singulären Anwendung eines der drei besten Prädiktormodelle eine zusätzliche konstante Dauerbelastung (mindestens 30 min)
mit Schwellengeschwindigkeit und unter Beobachtung der Laktatkinetik zur „Va-
lidierung“ der maxLass-Prognose im Einzelfall zu empfehlen. "

Wusste man vor 30 Jahren schon. Zumindest musste ich damals am Olympiastützpunkt schom immer erst zur Laufbanddiagnistik und danach wurden die Werte im Feldtest verifiziert.

Ist aber natürlich aufwändig.

Angesichts der Ungenauigkeiten in der Bestimmungsmodelle halte ich die Ermittlung nach Monod-Scherrer (5min maxTest und 20min maxTest) für ausreichend genau. Vermutlich wird ein Labortest es eher schlimmer als besser machen. Zumal wenn man sich mal den Rest der ca. 140 Seiten durchgelesen hat, was in der kommerziellen Diagnostik zusätzlich als negativer Aspekt hinzukommt. Zu kurze Stufen und zu hohe Sprünge zwischen den Stufen. Da kann man dann besser in ne Glaskugel schauen als nach diesen Daten trainieren.

Klugschnacker
07.08.2019, 14:54
Der FTP-Test wird in der Praxis so gut wie nicht genutzt. Wer fährt denn schon wirklich 60 Minuten all out? Und selbst wenn er es täte: Aus dem Training heraus absolviert, unterliegt dieser Test großen, verfälschenden Einflüssen. Beispielsweise der Tagesform oder der persönlichen mentalen Mobilisierungsfähigkeit.

Stattdessen wird auf dem Rad der CP20-Test gemacht. Der FTP-Wert ist eine spukhafte, theoretische Größe, obwohl er eigentlich als praxisnahe Alternative zu den Laktat-Schwellenkonzepten Karriere machte. Leider hat er aus meiner Sicht dazu geführt, dass heute meistens unklar ist, was in der Trainerliteratur mit dem FTP-Wert eigentlich gemeint ist:

a) ein über 60 Minuten gefahrener Test unter Wettkampfbedingungen.
b) eine aus viel kürzerer Testdauer rechnerisch ermittelte Größe.

Meistens ist letzteres der Fall, und meistens wird dadurch der tatsächliche FTP-Wert, also die reale Stundenleistung, um 5-10% überschätzt. Man könnte die beiden Testergebnisse als "realen" und "virtuellen" FTP-Wert bezeichnen. In der Literatur geht es damit leider munter durcheinander. In Vorträgen weise ich regelmäßig auf diese Doppelexistenz des FTP-Wertes hin.

In meinen Traningsplänen und in meinem Coaching verwende ich die CP6 bis CP20-Tests als Anhaltspunkte, die man anschließend im Training sehr konservativ überprüfen muss, wie der Captain bereits schrieb. Und zwar vor allem, wenn man diese Tests zur Ermittlung der Radleistung auf der Langdistanz heranziehen will. Auf dieser Distanz können bereits Fehler von 3-4% den Unterschied zwischen einem erfolgreichen Finish und einem Wandertag bedeuten.

tria ghost
07.08.2019, 15:36
Auf dieser Distanz können bereits Fehler von 3-4% den Unterschied zwischen einem erfolgreichen Finish und einem Wandertag bedeuten.

Auch ein Wandertag ist ein erfolgreiches Finish, wenn man am Ende vor Zielschluss und innerhalb der Karenzzeit hereinkommt.
Eine Sarah True hätte mit 1-2km Wandern zum Schluß evtl. sogar FFM gewinnen können.

Und mit 15km Wandern hat dieses Jahr so mancher Athlet (genug davon gesehen) in FFM das Ziel erreicht - andere geben da auf...

SRY for Offtopic

sandmen
07.08.2019, 15:52
Auch ein Wandertag ist ein erfolgreiches Finish, wenn man am Ende vor Zielschluss und innerhalb der Karenzzeit hereinkommt.


Ich glaube bei der Formulierung von Arne ging es nicht darum, dem Wandersmann das Finish abzusprechen, sondern die Diskussionen werden hier geführt, um eine möglichst optimale Endzeit zu erreichen. Dieser Aspekt verträgt sich aber nicht mit größeren Wanderpassagen, so dass man unter dem Aspekt der Gesamtleistung auch nicht von einem erfolgreichen Finish sprechen kann.

sabine-g
07.08.2019, 16:25
Der FTP-Test wird in der Praxis so gut wie nicht genutzt. Wer fährt denn schon wirklich 60 Minuten all out? Und selbst wenn er es täte: Aus dem Training heraus absolviert, unterliegt dieser Test großen, verfälschenden Einflüssen. Beispielsweise der Tagesform oder der persönlichen mentalen Mobilisierungsfähigkeit.


Ich hab das mal gemacht.
Zuvor habe ich 3 oder 4 FTP Tests (also mit 5 und 20min ) gemacht.
Ich wollte einfach wissen, ob diese Tests sich auf 60min ausgehen oder nicht.
Ergebnis: Nicht ganz aber fast.
Ich hatte glaube ich bei dem 20min Test 318W erzielt und hätte dementsprechend 302W schaffen müssen.
Hab ich aber nicht, sind nur 295W geworden.
Ein kleines Problem war, dass ich ein paar mal 180° Wenden hatte wo man automatisch ein paar Watt verliert, beim 20min Test war das nicht nötig.
Möglicherweise waren es also 298W oder 300W.

Die 60 min machen allerdings überhaupt gar keinen Spaß, 20min sind schon beschissen aber 60min gehen gar nicht.

DocTom
30.09.2019, 07:49
heute von Trainingspeaks News bekommen, ist aber schon aus 2018:

https://www.trainingpeaks.com/blog/the-physiology-of-ftp-and-new-testing-protocols/?utm_source=Iterable&utm_medium=email

hatten wir das schon?:Blumen:

felixb
30.09.2019, 08:48
heute von Trainingspeaks News bekommen, ist aber schon aus 2018:

https://www.trainingpeaks.com/blog/the-physiology-of-ftp-and-new-testing-protocols/?utm_source=Iterable&utm_medium=email

hatten wir das schon?:Blumen:

Im Grunde genommen ja.
Monod & Scherrer.
Ansatz, dass man bspw. über kürzeren Zeitraum (bspw. 5 min) und längeren Zeitraum (20min) eine Leistungskurve erstellt, die genauso aussieht, wie die Graphen in dem Artikel.
Begrenzt genau unter 3 min, weil dann noch andere Systeme etwas reinspielen, aber schon ziemlich genau.
Scheint keiner zu lesen, wenn man dazu was schreibt. Dabei ist das viel interessanter also pauschale 95% von 20min.
Gähn.
Was nicht heisst, dass es nicht auch andere funktionierende Modelle gibt. Aber die pauschalen wie 95% 20min o.ä. Tests sind halt ... genau: pauschal ungenau.

captain hook
30.09.2019, 10:16
pauschal ungenau.

Deshalb gewinnt man schon dadurch viel, dass man schonmal immer den gleichen Test verwendet. Solange der nicht völlig sinnlos ist, kann man seine persönliche Entwicklung damit verfolgen.