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Vollständige Version anzeigen : Gesundheitspolitik nach japanischem Vorbild?


Acula
14.02.2018, 15:22
Ich denke wir alle wissen, dass es in Deutschland immer mehr übergewichtige gibt und diese nicht nur ihre eigene Gesundheit einschränken (Herzkreislauf Erkrankungen, Lungenerkrankungen, Gelenkverschleiß) sondern auch das Gesundheitssystem stark belasten. Gesundheitsbewusstsein ist im Großteil der Gesellschaft und nicht nur in den niedrigeren Bildungsschichten nicht sehr stark ausgeprägt. Themen wie Ernährung werden in der Schule Stiefmütterlich behandelt und in den Medien findet (leider) Informationen jeglicher Qualität, von gefährlich über absurd zu kompetent.

Japan, ein Land mit einer ohnehin geringen Übergewichtsquote, hat Aufgrund des drohenden Anstiegs übergewichtiger bereits vor Jahren einen radikalen Schritt vollzogen. Große Firmen (oder alternativ öffentliche Stellen/Ämter) müssen ein mal im Jahr die Gesundheit jedes Mitarbeiters überprüfen (nur grob mit Gewicht und Taille-Hüft-Quotient). Bei Überschreitung der Grenzwerte wird dieser Mitarbeiter darauf hingewiesen und angeregt einen gesünderen Lebensstil zu wählen. Dazu werden Ernährungsberatungen sowie sportliche Aktivitäten vom Unternehmen bezahlt. Nach einer späteren (ich glaube so um die 3 Monate) Untersuchung wird erneut überprüft ob sich die Situation verbesser oder verschlechtert hat. Kommt es nicht zu einer Verbesserung, wird das Unternehmen mit Geldstrafen vom Staat belegt. Das ist die grobe Umsetzung/Idee.

Ich würde gerne wissen, was ihr von dem System haltet. Um eines Vorweg zunehmen, es ist erwiesener Maßen sehr effektiv.
Nachteile sehe ich persöhnlich in der starken Bevormundung (was zu einer geringen Akzeptanz führen dürfte). Eine weitere Gefahr ist in meinen Augen die mögliche Diskreminierung Übergewichtiger Personen. Wenn eine Firma wie Audi eine Stelle besetzen möchte und es bewerben sich zwei Personen mit gleicher Qualifikation, von denen eine Übergewichtig ist, dann sehe ich die Gefahr, dass Aufgrund der evtl. höheren Kosten die schlankere Person bevorzugt wird. Ob dies aber wirklich ein valides Argument ist dürfte aber zumindest angewzeifelt werden, da für die schlanke Person bei einer Gewichtszunahme ja die gleichen Kosten drohen.
Ich denke, dass so schon der Anreiz eines gesünderen Lebensstils erhöht und vor allem auch das Wissen über einen gesünderen Lebensstil erhöht werden kann. Viele Übergewichtige und vor allem Adipöse Personen schaffen den Ausweg aus ihrer Lebenssituation alleine nicht und benötigen dabei Hilfe. Diese Hilfe ist in Deutschland aktuell aber nicht ausgeprägt genug. Adipöse Personen werden eher gemieden und spöttisch belächelt als Unterstützt und auch das Gesundheitssystem ist in Deutschland nur eine eingeschränkte Hilfe wenn es um die finanzielle Untersützung bei Ernährungsberatung und Sportangeboten gibt und das obwohl Prävention billiger ist als Therapie & Rehabilitation.

Mir ist bewusst, dass sich ein solches System nur schwer auf unsere Gesellschaft drücken lässt, da einfach soviele Personen Übergewichtig und Adipös sind. Vom Widerstand der Individuen und der Wirtschaft mal ganz zu schweigen. Nichtsdesto trotz wäre die Reduktion von Übergewicht eine Erleichterung für das Gesundheitssystem und würde über mehrere Generationen zu einer gesünderen Gesellschaft führen. Die Nachkommen übergewichtiger Eltern werden mit höherer Wahrscheinlichkeit ebenfalls Übergewichtig. Übergewicht vor und während der Schwangerschaft erhöht das Risiko für Komplikationen und spätere Erkrankungen der Kinder massiv. Die Reduktion von Übergewicht würde also nicht nur der direkt betroffenen Generationen helfen, sondern auch zukünftiger die durch das Verhalten ihrer Eltern beeinflusst werden.

Sicherlich gäbe es auch andere Möglichkeiten:
- Veränderungen des Gesundheitssystems (Abrechnungen von ärztlichen Tätigkeiten, Leistungen der Krankenkassen)
- Weiterentwicklung des Bildungssystems, so dass auch auf Ernährung eingegangen werden kann. In meinen Augen eine große Baustelle, wobei auch Nahrungszubereitung, Esskultur oder Schulthemen wie das Fach "Care" in unserer Bildung einen Platz haben sollten
- Anreize/Förderung für/bei Sport schaffen

Alles in allem Fände ich, dass es ein spannendes Gedankenexperiment ist. Es gibt sicherlich genügend Punkte die einer genauen Abwägung benötigen würden (was sind die Grenzwerte bei Hüft/Taillienumfang, wobei es da zumindest gute wissenschaftliche Daten gibt oder auch was die höhe der Geldstrafen für Unternehmen wäre. Eventuell wäre auch das umgedrehte System mit Belohnung/Förderung eine sinnvollere Alternative).

Als wir dies in der Uni in einem Seminar diskutiert haben, kamen wir zu dem Schluss, dass wir einen Schritt in diese Richtung begrüßen würden. Wir glauben es ist unwahrscheinlich und in Deutschland nicht vermittelbar/durchsetzbar, aber es wäre eine Maßnahme die etwas bewirken würde (wenn auch nicht nur gutes?). Ein ähnliches System in einer etwas abgeschwächteren Form wäre denkbar, müsste aber erst ausgearbeitet werden. Fakt ist aber leider auch, dass die aktuelle Gesundheitspolitik in Deutschland keinen Fortschritt bedeutet.

Was denkt ihr davon?

ps: Bitte nicht gegenseitig die Köpfe einhauen sondern sachlich und emotional aber konstruktiv diskutieren:Blumen: (Fürs Köpfe einhauen gibt es hier schon genug Threads:Cheese: )

Mirko
14.02.2018, 15:31
Ich fände gut, wenn ein gesunder Lebensstil honoriert wird. Die Überprüfung dieser Tatsache allerdings den Arbeitgebern hin zu drücken finde ich irgendwie unpassend.

Besser umsetzbar wäre ein gestaffelter Beitrag bei der Krankenkasse je nach Lebenstil. Aber auch das ist schwierig. Viele starke Raucher sind zum Beispiel schlank. Die sind allerdings eine noch grössere Belastung für das System wie übergewichtige Menschen.

Grundsätzlich: Wer durch einen freiwillig gewählten Lebensstil statistisch gesehen mehr Kosten verursacht sollte auch mehr bezahlen.

Ein anderer im Forum irgendwo schon angesprochener Vorschlag wäre eine Steuer auf ungesunde Lebensmittel. Wenn man die Mehreinnahmen richtig einsetzt wäre damit auch alles geregelt.

Muddin
14.02.2018, 15:57
Vom Grundgedanke ist das Ganze nicht ganz so verkehrt.
Jedoch ist eine Überprüfung und genaue Regelsetzung hier meiner Meinung nach quasi unmöglich.
Wer zahlt was bei welchen Bedingungen? Dies zu definieren wäre theoretisch möglich, in der Praxis wage ich es aber zu bezweifeln.

Leider muss man auch sagen, dass vor allem hier in Deutschland dann die mächtigen Unternehmen wieder ordentlich Druck machen würden, da ihre ungesunden Lebensmittel dadurch natürlich weniger gekauft werden würden.

Der durchschnittliche Forumnutzer hier wird eher normal bis trainiert sein, dementsprechend sollte die Zustimmung einer solchen Regelung hier Zuspruch findet.

Das größte Problem sehe ich aber tatsächlich in einer Gleichberechtigung bzw. Einschränkung der Menschen. Warum bekommt ein Mensch weniger Geld als ein anderer (gleiche Position) nur weil er gerne Schokolade isst und Serien schaut?

Top Idee, leider reine Fiktion in Deutschland.

heshsesh
14.02.2018, 16:05
Grundsätzlich: Wer durch einen freiwillig gewählten Lebensstil statistisch gesehen mehr Kosten verursacht sollte auch mehr bezahlen.

Eine Einstellung, die ich sofort unterschreiben würde. Vielleicht lässt es sich leicht reden, wenn man nicht übergewichtig ist, aber ich finde es teilweise absurd, dass Raucher so stigmatisiert werden (auch wenn ich Nichtraucher bin und keine Raucher im sozialen Umfeld habe), während man bei Übergewichtigen immer höchste Rücksicht nehmen muss.*

*Wirklich(!) krankheitsbedingtes Übergewicht natürlich ausgenommen.

Acula
14.02.2018, 16:14
Das größte Problem sehe ich aber tatsächlich in einer Gleichberechtigung bzw. Einschränkung der Menschen. Warum bekommt ein Mensch weniger Geld als ein anderer (gleiche Position) nur weil er gerne Schokolade isst und Serien schaut?

Top Idee, leider reine Fiktion in Deutschland.

Die Personen sollten natürlich gleich viel Geld bekommen. Was bei Tarifverträgen ja auch gar nicht anders geht. Die Bezahlung wäre ja für das Unternehmen in einem Standardsatz, oder eben in Form von Unterstützung für die Betroffenen.
Eine Einstellung, die ich sofort unterschreiben würde. Vielleicht lässt es sich leicht reden, wenn man nicht übergewichtig ist, aber ich finde es teilweise absurd, dass Raucher so stigmatisiert werden (auch wenn ich Nichtraucher bin und keine Raucher im sozialen Umfeld habe), während man bei Übergewichtigen immer höchste Rücksicht nehmen muss.*

*Wirklich(!) krankheitsbedingtes Übergewicht natürlich ausgenommen.

Ich nehme das eigentlich gar nicht so unterschiedlich war, aber hängt wahrscheinlich sehr mit dem Umfeld und den konsumierten Medien ab. Ich finde auch, dass man auf beides Rücksicht nehmen sollte, da es betroffene ja häufig auch besser wissen aber nicht "schaffen" sich zu ändern. Klar ansprechen kann man es mMn aber auch.

Ich fände gut, wenn ein gesunder Lebensstil honoriert wird. Die Überprüfung dieser Tatsache allerdings den Arbeitgebern hin zu drücken finde ich irgendwie unpassend.

Besser umsetzbar wäre ein gestaffelter Beitrag bei der Krankenkasse je nach Lebenstil. Aber auch das ist schwierig. Viele starke Raucher sind zum Beispiel schlank. Die sind allerdings eine noch grössere Belastung für das System wie übergewichtige Menschen.

Grundsätzlich: Wer durch einen freiwillig gewählten Lebensstil statistisch gesehen mehr Kosten verursacht sollte auch mehr bezahlen.

Ein anderer im Forum irgendwo schon angesprochener Vorschlag wäre eine Steuer auf ungesunde Lebensmittel. Wenn man die Mehreinnahmen richtig einsetzt wäre damit auch alles geregelt.
Zu Beginn der Einführung wurde in öffentlichen Ämtern das Gewicht und der Quotient überprüt. Anscheinend geht es über die Firmen (zumindest in Japan) einfacher, weshalb es dorthin verschoben wurde.
Ich glaube aber auch, dass es hier massiven Widerstand gäbe, da ja die Wirtschaft ja bei allen Nachhaltigen Entwicklungen ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sieht.

Körbel
14.02.2018, 16:21
Halte ich für absolute Bevormundung und bin deshalb dagegen.

Schon mal daran gedacht, wieviele Sportverletzungen jährlich die Allgemeinheit tragen muss?

Bei mir selbst, 2 Knie-OP`s, 2 Schlüsselbeinbrüche und etliche, kleinere Sachen.
Wäre ohne LD-Triathlontraining nicht soweit gekommen.

Wieviele lassen sich nach einer LD beim Arzt "durchchecken"
weil "es nicht so optimal gelaufen ist" und sagt nicht, das gibts nicht.
Habe ich hier schon mehrmals gelesen.
Auch das kostet die Allgemeinheit.

Im Grunde haben Menschen mit ungesunder Lebensweise eine nicht so hohe Lebenserwartung, das könnte man locker durch die eingesparte Rente/Pension ausgleichen.

TriCarlos
14.02.2018, 17:38
Also rein aus Sicht der Gesundheitskosten über das gesamte Leben (als Barwert betrachtet) sind z.B. Raucher nicht teurer als Nicht-Raucher aufgrund der geringeren Lebenserwartungen.
Rechnet man nun noch die "gesparten" Rentenbezüge ein, geht die Sache vermutlich deutlich zugunsten der Raucher aus.

Wie genau es sich bei Übergewicht verhält, ist meines Erachtens noch nicht ausreichend untersucht worden.

Grundsätzlich bieten doch sowohl die gesetzliche als auch die private Krankenversicherung gewisse Bonifikationen für gesundheitsbewusstes Verhalten. Alles was darüber hinaus geht, halte ich persönlich auch nicht für richtig, da man den Gründen für gewisse gesundheitliche Parameter nicht ausreichend auf den Grund gehen kann und somit teilweise die Menschen ungerecht behandeln würde.

BananeToWin
14.02.2018, 17:58
Das halte ich für größten Schmarrn und für unzumutbare Zumutung. Und ich bezweifle, dass das langfristig in D. überhaupt effektiv wäre.

Und wie oben schon erwähnt, die Frage, wer letzten Endes mehr kosten verusrsacht, das ist alles andere als trivial zu beantworten.
Ein ausgewiesener Hypochonder, der von Arzt zu Arzt springt, irgendwann dann im MRT, auf dem Tisch zum Katheter und sonstwo landet, der kann spargeldürr und top-gesund sein. Der verursacht trotzdem hohe Kosten. Den müsstest du auch vermehrt zur Kasse bitten.

Andererseits kann ein Dicker ein Arztmuffel sein und mit 60 seinen Herzinfarkt kriegen. Der verursacht, ganz makaber ausgedrückt, nur einen Notarzteinsatz. Thats it.

Kleine Anreize für eine gesunde Lebensführung schön und gut, aber Beitragssätze oder andere Strafzahlung ans Gewicht zu koppeln, das ist meiner Meinung nach völliger Blödsinn.

Gerade wir Triathleten müssten doch wissen, dass Gewicht nur ein grober Richtwert sein kann. Gerade bei Frauen sind die Zusammenhänge zwischen Gewicht und Leistungsfähigkeit/Endzeit ja sowieso nicht so groß (in einem gewissen Rahmen).

qbz
14.02.2018, 18:03
Ich habe den letzten Punkt der Abstimmung gewählt, weil ich eine allgemeine Krankenversicherung für alle im Sinne einer Solidarversicherung befürworte, wo die Beiträge nach Einkommen gestaffelt sind.

Eine Staffelung der Beiträge nach allgemeinen Erkrankungsrisiken halte ich für sehr problematisch,

da dieses Prinzip im Einzelfall sehr ungerecht wird, weil es sich bei den Risiken um statistische Werte bezogen auf Gruppen handelt. (Schmidt als Raucher wurde sehr alt).

weil Menschen dann einfach ihre Risiken und Süchte verheimlichen (Drogen, Alkohol, Rauchen, Sportrisiken. Esssüchte wie Magersucht, Bulimie, vererbte Dispositionen, Bluthochdruck usf.), um geringere Beiträge zu erhalten.

weil die meisten Erkrankungen multifaktorielle Ursachen haben und oft auch als ein Faktor eine genetische Disposition aufweisen. (Klassifizierungsproblem. Umgang mit Grenzfällen?).

weil die Einführung dieses Beitragssystem allein bei adipösen Menschen eine Diskriminierung darstellt und die Erkrankungsursachen für Adipositas ebenfalls sehr verschieden sein können.

Soweit ich informiert bin, erhält in DE der Arbeitgeber bei einer Krankschreibung aus guten Gründen keine Diagnose! Die ärztliche Schweigepflicht darf die Kasse nicht aufheben. Erst bei längeren Erkrankungen kommen dann andere betriebliche Regelungen zum Zuge (wie Vorstellung bei Betriebsarzt).

Natürlich sollten die Kassen und der Staat IMHO mehr für die Prävention tun und anbieten. Entsprechende präventive Gesundheitsvolkshochschulkurse sind oft frühzeitig ausgebucht.

Eine eigene Diskussion wert wäre es, zu überlegen, aufgrund welcher Bestandteile das deutsche Gesundheitssystem im internationalen Ländervergleich als wenig effizient abschneidet.

Nobodyknows
14.02.2018, 18:04
Dagegen!
Von wem stammt der Vorschlag? Ich tippe auf wohlhabende, gesunde Menschen.

Zunächst bewerten wir mal den Körper eines Menschen im Hinblick auf seine Eignung dem Gemeinwohl verpflichtet zu sein....und dann machen wir mit Verhalten und Gedanken der Menschen weiter. In China läuft es ja schon so.
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2017-11/china-social-credit-system-buergerbewertung

Schöne neue Welt *würg*

(M)eine Fiktion:
Deutschland ungefähr im Jahre 2035. Ein Gesundheitssystem nach (angeblich) japanischen Vorbild wurde mittlerweile eingeführt. Maik (knapp 20 Jahre älter als heute) sitzt beim -nennen wir es- "Health Consultant". Der liest im die Leviten: "Ach Maik, es interessiert mich nicht die Bohne, dass Sie früher Triathlon betrieben haben. Fakt ist, Sie sind heute übergewichtig! Und ich akzeptiere nicht, dass Sie angeben sich Ihren Kummerspeck seit der Zeit angefressen zu haben seit der Sie Ihre Eltern pflegen! Da müsste ja jede Kranken- und Altenpflegekraft so fett sein wie Sie [lacht hämisch]...bei den Arbeitsbedingungen."

"Passen Sie auf!" fährt der Health Consultant fort "Ich mache Ihnen einen Vorschlag wie Sie die Belastung der Pflege los werden können und sich wieder mehr auf sich, Ihren Körper und Ihrem Bestreben ein wertvolles Mitglied unserer Gesellschaft zu sein, konzentrieren können. Sie wissen, dass aktive Sterbehilfe seit einer Gesetzesänderung vor wenigen Jahren erlaubt ist wenn keine Aussicht auf Heilung besteht? Schauen Sie, Ihr Vater mit seinem Schlaganfall und Ihre Mutter mit ihrer Demenz. Das wird nichts mehr, glauben Sie mir! Und wir können Sie da bei einer Lösung des Problems vollkommen legal unterstützen. Das sind jeweils nur zwei Spritzen und verspreche Ihnen dass Ihre Eltern nichts bemerken werden und auch nicht leiden werden. Glauben Sie nicht auch, dass dies für alle die beste Lösung ist?"

Gruß
N. :Huhu:

Acula
14.02.2018, 20:58
Dagegen!
Von wem stammt der Vorschlag? Ich tippe auf wohlhabende, gesunde Menschen.

Das sind genau die Art von nicht konstruktiven Diskusionen die ich meinte ;) Und es ist ja auch kein Vorschlag von wohlhabenden Menschen, sondern ein funktionierendes System aus einem anderem Land.
Gerade wir Triathleten müssten doch wissen, dass Gewicht nur ein grober Richtwert sein kann. Gerade bei Frauen sind die Zusammenhänge zwischen Gewicht und Leistungsfähigkeit/Endzeit ja sowieso nicht so groß (in einem gewissen Rahmen).
Deshalb wird ja nicht nur das Gewicht bewertet. Das Waist-Hip-Ratio ist bspw. ein deutlich besserer Faktor und statistisch für das Krankheitsrisiko gut Anwendbar.
Also rein aus Sicht der Gesundheitskosten über das gesamte Leben (als Barwert betrachtet) sind z.B. Raucher nicht teurer als Nicht-Raucher aufgrund der geringeren Lebenserwartungen.
Rechnet man nun noch die "gesparten" Rentenbezüge ein, geht die Sache vermutlich deutlich zugunsten der Raucher aus.

Wie genau es sich bei Übergewicht verhält, ist meines Erachtens noch nicht ausreichend untersucht worden.


Spannende Frage. Ich kenne eigentlich nur Statistiken die auf höhere Kosten hinweisen. Eine konkrete Gegenrechnung mit der Rente ist mir jetzt nicht bewusst und vermutlich auch durchaus spannend, da man ja auch die bezahlten Beiträge berücksichtigen müsste.

Acula
14.02.2018, 21:02
Ich habe den letzten Punkt der Abstimmung gewählt, weil ich eine allgemeine Krankenversicherung für alle im Sinne einer Solidarversicherung befürworte, wo die Beiträge nach Einkommen gestaffelt sind.

Eine Staffelung der Beiträge nach allgemeinen Erkrankungsrisiken halte ich für sehr problematisch,

da dieses Prinzip im Einzelfall sehr ungerecht wird, weil es sich bei den Risiken um statistische Werte bezogen auf Gruppen handelt. (Schmidt als Raucher wurde sehr alt).

weil Menschen dann einfach ihre Risiken und Süchte verheimlichen (Drogen, Alkohol, Rauchen, Sportrisiken. Esssüchte wie Magersucht, Bulimie, vererbte Dispositionen, Bluthochdruck usf.), um geringere Beiträge zu erhalten.

weil die meisten Erkrankungen multifaktorielle Ursachen haben und oft auch als ein Faktor eine genetische Disposition aufweisen. (Klassifizierungsproblem. Umgang mit Grenzfällen?).

weil die Einführung dieses Beitragssystem allein bei adipösen Menschen eine Diskriminierung darstellt und die Erkrankungsursachen für Adipositas ebenfalls sehr verschieden sein können.

Soweit ich informiert bin, erhält in DE der Arbeitgeber bei einer Krankschreibung aus guten Gründen keine Diagnose! Die ärztliche Schweigepflicht darf die Kasse nicht aufheben. Erst bei längeren Erkrankungen kommen dann andere betriebliche Regelungen zum Zuge (wie Vorstellung bei Betriebsarzt).

Natürlich sollten die Kassen und der Staat IMHO mehr für die Prävention tun und anbieten. Entsprechende präventive Gesundheitsvolkshochschulkurse sind oft frühzeitig ausgebucht.

Eine eigene Diskussion wert wäre es, zu überlegen, aufgrund welcher Bestandteile das deutsche Gesundheitssystem im internationalen Ländervergleich als wenig effizient abschneidet.

Das wäre in der Tat eine eigene Diskussion Wert. Ich würde auch ebenfalls ein System bevorzugen das Belohnungen und Anreize schafft und Unterstützung bietet anstatt Bestrafung. Im japanischen Modell ist hier ja der Vorteil, dass das Individuum letztendlich durch dir Firma unterstützt wird. Man kann natürlich argumentieren, dass dies lieber durch den Staat geschehen sollte um eben Risiken wie schlechtere Berufschancen oder Gehälter zu vermeiden.

hanse987
14.02.2018, 21:04
Ich denke es würde mehr bringen wenn man Firmen dazu bringen könnte gesundes Essen in der Kantine anzubieten. In wenigen klappt es schon, aber die meisten sehen die Kantine immer noch als Kostenfaktor.

Mattes87
14.02.2018, 21:52
Gibt es eigentlich Studien wie viel Geld Raucher über die Tabaksteuer einbringen und wie hoch die Behandlungskosten im Gegensatz dazu stehen?

Wenn ich mir so ansehe was eine Schachtel Kippen am Automat kostet, ich meine derzeit 7€, dann sind das doch Unmengen an Steuergelder die da gewonnen werden.

Ich behaupte jetzt mal völlig ohne Nachforschungen, dass Raucher gewinnbringend für den Staat sind. Sonst wäre das Rauchen an sich längst verboten wie alles andere auch wo die Staatskassen keinen Nutzen von ziehen.

bentus
14.02.2018, 22:14
https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4906648


Hier zum nachlesen. Ist ganz interessant, auch die Autoren meiner Meinung nach zum Teil falsche Schlüsse ziehen.

Bitte nicht denken, intensiver Ausdauersport so wie wir ihn betreiben 10-20h die Woche ist super gesund und moralisch überheblich auf die leicht übergewichtigen schauen.

Ich finde ungesunde Lebenstile muss die Solidargemeinschaft aushalten. Alles andere ist totale Bevormundung und wird in Überwachung enden.

Thorsten
14.02.2018, 22:17
Dagegen. Irgendwie sollte ein Solidarsystem ein Solidarsystem sein. Wenn die gesetzlich Versicherten über die klagen, die in die PKV flüchten, aber gleichzeitig auf die Dicken einschlagen, sagt das eine Menge aus.

Klugschnacker
14.02.2018, 22:24
Ich denke es würde mehr bringen wenn man Firmen dazu bringen könnte gesundes Essen in der Kantine anzubieten. In wenigen klappt es schon, aber die meisten sehen die Kantine immer noch als Kostenfaktor.

Sehe ich ebenso.

Außerdem scheint es mir, als stürbe die Generation der Menschen, die noch mit frischen Lebensmitteln kochen können, gerade aus. In den Schulen werden diese Grundfertigkeiten des Lebens normalerweise nicht mehr gelehrt.

Ich würde es befürworten, wenn Jugendliche wieder das Kochen lernen. Das wäre in einem halben Schuljahr erledigt. Ich persönlich hätte davon mehr profitiert als von meinem Gekritzel im Kunstunterricht. Ich wage es kaum zu sagen, aber – vielleicht kann auch der Religionsunterricht für ein halbes Jahr Platz machen.
:Blumen:

Edit: Insgesamt halte ich das Übergewicht erwachsener Menschen nicht für eines der größeren Probleme der Menschheit, eher im Gegenteil. Um uns herum bricht gerade die Biosphäre zusammen...

merz
14.02.2018, 22:43
Wenn ich richtig gerechnet habe ist die japanische Grenze für >M40 waisteline unter 85 cm ... Maßband raus :)

m., im Ernst: frühes erzieherisches nudging hilft, nichts anderes und das dauert Jahrzehnte, ist aber nachhaltig

hanse987
15.02.2018, 00:00
Sehe ich ebenso.

Außerdem scheint es mir, als stürbe die Generation der Menschen, die noch mit frischen Lebensmitteln kochen können, gerade aus. In den Schulen werden diese Grundfertigkeiten des Lebens normalerweise nicht mehr gelehrt.

Ich würde es befürworten, wenn Jugendliche wieder das Kochen lernen. Das wäre in einem halben Schuljahr erledigt. Ich persönlich hätte davon mehr profitiert als von meinem Gekritzel im Kunstunterricht. Ich wage es kaum zu sagen, aber – vielleicht kann auch der Religionsunterricht für ein halbes Jahr Platz machen.
:Blumen:

Edit: Insgesamt halte ich das Übergewicht erwachsener Menschen nicht für eines der größeren Probleme der Menschheit, eher im Gegenteil. Um uns herum bricht gerade die Biosphäre zusammen...

Ich durfte in der 7 Klasse Hauptschule 1 Jahr lang dem Fach Hauswirtschaft beiwohnen. Die Grundfertigkeiten im Kochen wurden einem beigebracht. Hat der zweite Bildungsweg doch auch mal Vorteile!

Körbel
15.02.2018, 03:15
Um uns herum bricht gerade die Biosphäre zusammen...

Stimmt, aber wer macht was dagegen?
Könnte ja jeder ein klein wenig was dagegen tun.
Ist aber sooo anstrengend!

Nobodyknows
15.02.2018, 06:51
Dagegen!
Von wem stammt der Vorschlag? Ich tippe auf wohlhabende, gesunde Menschen.


Das sind genau die Art von nicht konstruktiven Diskusionen die ich meinte ;) Und es ist ja auch kein Vorschlag von wohlhabenden Menschen, sondern ein funktionierendes System aus einem anderem Land.

Och, Menno. Jetzt habe ich mich schon so zusammengenommen. ;)
O.k. Anders gefragt. Ihr habt das Thema auf der Uni letztendlich mit einer Tendenz zum "Dafür" diskutiert. Kann man davon ausgehen, dass die Studenten überwiegend unter 30 und gesund sind, aus einem gutbürgerlichen Millieu stammen und keine pflegebedürftigen Angehörigen haben?

In Japan funktioniert das System angeblich.
Was man vom Schutz gegen Karōshi und Selbstmorde scheinbar nicht behaupten kann. :(

https://www.welt.de/vermischtes/article169365541/Japanerin-stirbt-nach-159-Ueberstunden-in-einem-Monat.html

https://www.welt.de/vermischtes/article146644771/Wenn-Schueler-nur-noch-den-Suizid-als-Ausweg-sehen.html

Gruß
N. :Huhu:

Acula
15.02.2018, 08:06
Och, Menno. Jetzt habe ich mich schon so zusammengenommen. ;)
O.k. Anders gefragt. Ihr habt das Thema auf der Uni letztendlich mit einer Tendenz zum "Dafür" diskutiert. Kann man davon ausgehen, dass die Studenten überwiegend unter 30 und gesund sind, aus einem gutbürgerlichen Millieu stammen und keine pflegebedürftigen Angehörigen haben?

In Japan funktioniert das System angeblich.
Was man vom Schutz gegen Karōshi und Selbstmorde scheinbar nicht behaupten kann. :(

https://www.welt.de/vermischtes/article169365541/Japanerin-stirbt-nach-159-Ueberstunden-in-einem-Monat.html

https://www.welt.de/vermischtes/article146644771/Wenn-Schueler-nur-noch-den-Suizid-als-Ausweg-sehen.html

Gruß
N. :Huhu:
Ich glaube aus unserer Gruppe haben viele pflegebedürftigen Angehörige und auch Übergewichtige bis Adipöse Eltern. Wir sind uns ja auch bewusst, dass es in Deutschland nicht Umsetzbar ist, da es einfach keine Akzeptanz aufgrund der Bevormundung und Kosten geben würde.

Die Effektivste und Nachhaltigste Methode wäre sicherlich wie Klugschnacker und Merz geschrieben haben eine Veränderung des Bildungssystems. Nahrungszubereitung, Nachhaltigkeit im Einkauf und Lebensstil (Stichwort Umweltschutz), Auswirkungen von Ernährung kommen im Schulsystem kaum bis gar nicht vor. Ebensowenig wie soziale Aspekte, klar man hört ein wenig über Mobbing und soziale Ungerechtigkeit, aber da könnte man auch eine größere Sensibilisierung schaffen. In Deutschland hängt Bildungserfolg ja auch stark vom Einkommen ab und das wiederrum von sovielen Faktoren....das könnte letztendlich eine sehr lange Liste werden. Reformbedarf gäbe es da auch genug, aber das kann man irgendwann ja nicht mehr vernünftig diskutieren. ;)

qbz
15.02.2018, 09:09
......
Außerdem scheint es mir, als stürbe die Generation der Menschen, die noch mit frischen Lebensmitteln kochen können, gerade aus. In den Schulen werden diese Grundfertigkeiten des Lebens normalerweise nicht mehr gelehrt.

Ich würde es befürworten, wenn Jugendliche wieder das Kochen lernen. Das wäre in einem halben Schuljahr erledigt. Ich persönlich hätte davon mehr profitiert als von meinem Gekritzel im Kunstunterricht. Ich wage es kaum zu sagen, aber – vielleicht kann auch der Religionsunterricht für ein halbes Jahr Platz machen.
:Blumen:
......


Die Eltern müssen sich einfach nur die Zeit nehmen, von Zeit zu Zeit gemeinsam mit ihren Kindern zu kochen. Ausserdem läuft im TV schon fast in jeder Minute irgendwo eine Kochsendung. Ich hätte ungerne deswegen mehr Lebenszeit in der Schule verbracht.

Absolut kritikwürdig finde ich allerdings die institutionelle Essensversorgung in Kita´s, Ganztagesschulen, Spitäler usf. durch die Caterer. Das ist überall eine totale Katastrophe!
In Berlin hatten die Kita´s früher eine Köchin vor Ort, die manchmal mit den Kindern zusammen kochte. Alles wegrationalisiert zugunsten einer undefinierbaren Pampe vom Caterer, die per Ausschreibung als Billigstanbieter den Zuschlag erhalten.

Klugschnacker
15.02.2018, 09:48
Die Eltern müssen sich einfach nur die Zeit nehmen, von Zeit zu Zeit gemeinsam mit ihren Kindern zu kochen. Ausserdem läuft im TV schon fast in jeder Minute irgendwo eine Kochsendung. Ich hätte ungerne deswegen mehr Lebenszeit in der Schule verbracht.

Ja, müssen sie einfach nur.

Machen sie aber anscheinend nicht, oder die Jugendlichen interessiert das in dieser Lebensphase nicht. Hätte mir meine Mutter in meinen Flegeljahren beibringen wollen, wie man aus einem Blumenkohl eine Mahlzeit macht, wäre ich eilig verduftet. Den Studenten, mit denen ich meine WG-Jahre verbracht habe, ging es offenbar ähnlich. Da gab es Mensa oder Wagner-Pizza oder Miracoli.

Die Kochshows sind zu weit weg vom normalen Leben. Was interessiert einen die Haute Cuisine, solange man sich glücklich von Tiefkühlpizza ernährt, die ein Fünftel kostet?

Mehr Lebenszeit auf der Schule müsste deshalb nicht sein. Das ein oder andere Schulfach könnte für ein halbes Jahr etwas Platz machen, das würde bereits genügen.

(Etwas off topic: Dem schulischen Kochkurs könnte man vielleicht ein paar Wochen "Verbraucherkunde" voranstellen. Dort könnten die Jugendlichen unter anderem lernen, wo die Billigjeans herkommt, oder die Fleischmahlzeit für 3 Euro.)

Acula
15.02.2018, 10:08
Mehr Lebenszeit auf der Schule müsste deshalb nicht sein. Das ein oder andere Schulfach könnte für ein halbes Jahr etwas Platz machen, das würde bereits genügen.

(Etwas off topic: Dem schulischen Kochkurs könnte man vielleicht ein paar Wochen "Verbraucherkunde" voranstellen. Dort könnten die Jugendlichen unter anderem lernen, wo die Billigjeans herkommt, oder die Fleischmahlzeit für 3 Euro.)

Das würde ich auch so sehen. In der Schule verschwendet man genügend Zeit mit anderen Dingen. Eine Zeitlang jede Woche oder jede zweite Woche 1 Stunde für Nahrungszubereitung zu benutzen dürfte keine große Belastung sein, höchstens Personell.
Gerade (gebundene) Ganztagskonzepte hätten hier das potential und auch die Zeit unterstützend einzugreifen.
Wir hatten damals in der 5ten Klasse das Fach "lernen lernen". Kochen lernen hätte wohl jedem Schüler mehr gebracht.

Acula
15.02.2018, 10:10
Die Eltern müssen sich einfach nur die Zeit nehmen, von Zeit zu Zeit gemeinsam mit ihren Kindern zu kochen.

Was problematisch ist, wenn die Eltern selber keine großen Kenntnisse über Nahrungszubereitung, Einkauf, Lagerung, Haltbarkeit oder Hygiene haben. Dann können sie auch nichts weiter geben.

beckenrandschwimmer
15.02.2018, 11:20
Bildung vermitteln und den Bürgern Eigenverantwortung zugestehen finde ich das bessere Rezept als Kontrolle und Strafe. Ich stelle mir das in Europa ziemlich kafkaesk vor wenn die Mitarbeiter zur Bauchvermessung antreten müssen. Mitunter nicht mit unserer Kultur vereinbar.
Deshalb möchte ich aber nicht die Japaner schlecht reden. Man muss die dortige Praxis im Kontext sehen: Die Unternehmen sorgen für ihre Mitarbeiter, schicken sie in Zwangsurlaub wenn diese von sich auch nie pausieren wollen und übernehmen insgesamt viel soziale Verantwortung. Da kann es schon sinn machen im Sinne einer Hilfestellung zu sagen "Mensch, du musst mehr auf dich aufpassen und nicht nur auf das Wohl des Konzerns".

Duafüxin
15.02.2018, 11:22
Ich fände gut, wenn ein gesunder Lebensstil honoriert wird. Die Überprüfung dieser Tatsache allerdings den Arbeitgebern hin zu drücken finde ich irgendwie unpassend.

Besser umsetzbar wäre ein gestaffelter Beitrag bei der Krankenkasse je nach Lebenstil. Aber auch das ist schwierig. Viele starke Raucher sind zum Beispiel schlank. Die sind allerdings eine noch grössere Belastung für das System wie übergewichtige Menschen.

Grundsätzlich: Wer durch einen freiwillig gewählten Lebensstil statistisch gesehen mehr Kosten verursacht sollte auch mehr bezahlen.

Ein anderer im Forum irgendwo schon angesprochener Vorschlag wäre eine Steuer auf ungesunde Lebensmittel. Wenn man die Mehreinnahmen richtig einsetzt wäre damit auch alles geregelt.

So auf den ersten Blick möchte ich Dir recht geben, ABER was ist mit den Anhängern obskurer Ernährungsformen, die ihren Körper langfristig schädigen, nicht durch Übergewicht auffallen, kaum ungesunde, wenn überhaupt Nahrung zu sich nehmen? Auch die belasten das Gesundheitssystem.

Wir hatten in der Schule übrigens sowas ähnliches wie Hauswirtschaft, da hat man auch einkaufen und kochen "gelernt".

Helios
15.02.2018, 11:26
....
In den Schulen werden diese Grundfertigkeiten des Lebens normalerweise nicht mehr gelehrt.
.......


Beide Töchter waren auf der Hauptschule und wurden im Fach Hauswirtschaft sowohl theoretisch als auch praktisch mit dem Zubereiten von Mahlzeiten konfrontiert (meine Frau fand die Unterlagen dazu klasse).
In dem Alter sind aber weibliche Wesen mehr mit anderen Dingen beschäftigt und auf Nachfrage bekommt man zu hören: ich werd keine Köchin, auch keine Wäscherin und schon gleich gar nicht eine Putze. :( :confused:

Die ältere Tochter hat einen Freund mit Thermo-Fix, die kaufen gemeinsam ein und kochen entsprechend (was man so hört nach Rezepten aus dem Internet).

Die Jüngere konnte mal ganz gut kochen, hat sich das aber abgewöhnt und fährt lieber Rolle :Lachen2: (wovon sie sich ernährt ist uns schleierhaft).

Wenn das Interesse und die Einsicht fehlt, kann die Schule nichts ausrichten.

svenio
15.02.2018, 13:31
Mehr Lebenszeit auf der Schule müsste deshalb nicht sein. Das ein oder andere Schulfach könnte für ein halbes Jahr etwas Platz machen, das würde bereits genügen.


In den Schulfächern Biologie, Physik und Chemie sollten doch die für das Kochen erforderlichen Grundkenntnisse vermittelt worden sein. Alles was darüber hinausgeht ist meiner Meinung nach keine Aufgabe der Schule sondern Privatsache.

Ich lehne den japanischen Ansatz ab, finde aber den Aspekt, die Unternehmen mit ins Boot zu holen, nicht so schlecht. Der Arbeitgeber hat ein wirkliches Interesse an der Gesundheit seiner Mitarbeiter, die meisten anderen am Gesundheitswesen beteiligten Interessengruppen sind eher an der Krankheit interessiert. Insofern hat der Mensch hier einen Verbündeten.

OhneRad
15.02.2018, 16:06
Machen sie aber anscheinend nicht, oder die Jugendlichen interessiert das in dieser Lebensphase nicht. Hätte mir meine Mutter in meinen Flegeljahren beibringen wollen, wie man aus einem Blumenkohl eine Mahlzeit macht, wäre ich eilig verduftet. Den Studenten, mit denen ich meine WG-Jahre verbracht habe, ging es offenbar ähnlich. Da gab es Mensa oder Wagner-Pizza oder Miracoli.

Die meisten meiner Kommilitonen können ganz passabel frisch kochen, aber da ist Übergewicht sowieso ein äußerst begrenzt bedeutsames Thema. Ich habe mit mehr 1000 Ersties angefangen zu studieren und in den Hörsälen waren pessimistisch vielleicht 2,5% der Leute in einer Region, die man als Übergewicht bezeichnen kann.
Und bei denen glaube ich nicht, dass das an Unwissenheit oder Bequemlichkeit lag (wer ist schon gerne übergewichtig? Man wird im Club nicht angesprochen, liegt nicht gerne zwischen allerlei getrimmten Körpern am See/Kanal etc.), sondern vermutlich andere Ursachen hat.

Mehr Lebenszeit auf der Schule müsste deshalb nicht sein. Das ein oder andere Schulfach könnte für ein halbes Jahr etwas Platz machen, das würde bereits genügen.

(Etwas off topic: Dem schulischen Kochkurs könnte man vielleicht ein paar Wochen "Verbraucherkunde" voranstellen. Dort könnten die Jugendlichen unter anderem lernen, wo die Billigjeans herkommt, oder die Fleischmahlzeit für 3 Euro.)

Es gibt doch schon Unmengen von Präventionsprogrammen in den Schulen. Ansonsten halte ich es nicht für den Sinn der weiterführenden Schule, einem grundlegende Lebensführung beizubringen. Wer kochen lernen will, kann das auch.
"Verbraucherkunde" in diesem Sinne hatte ich ohne Ende in der Schule, in Erdkunde zum Beispiel. Übrigens sind Billigjeans und Discounter-Fleisch nicht zwangsläufig unter schlechteren Bedingungen produziert, als Markenhosen und Biofleisch.



Generell wird das hier vorgestellte System zur Bestrafung und Reglementierung von Menschen ja häufiger diskutiert und ich finde das hochproblematisch. Zunächst rechnet man Menschen ihre Krankheiten zu - was aber nie zweifellos belegt werden kann. Es gibt Risikofaktoren, natürlich, aber gerade bei altersbedingten Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck etc. kann man nicht wirklich sagen, ob Jemand ohne sein Übergewicht verschont geblieben wäre.
Zu einem echten Solidarsystem gehört nach meinem Verständnis, dass man solidarisch ist ohne Gegenleistung zu erwarten. Plakativ gesagt, dem Obdachlosen einen Euro geben, auch wenn der sich ne Flasche Bier davon kauft.
Wo sollte man auch die Grenze ziehen? Warum Übergewicht? Andere Beispiele - das ausüben verletzungsreicher Sportarten wie Reiten, Skifahren, Fußball und Laufen wurde ja schon genannt oder auch hypochondrische Arztgänge. Das funktioniert nur, wenn man sich der Logik der Versicherungsmathematik unterwirft und Menschen nach Kosten-Nutzen-Risiko Logik bewertet. Und warum? Um 5 Euro Krankenkassenbeitrag zu sparen? Weil man es nicht erträgt, wenn andere Menschen vielleicht netto mehr aus dem System bekommen als man selbst?
Mein Vater ist übergewichtig und hat gesundheitliche Probleme, die ohne wahrscheinlich besser wären. Er weiß das und er ist nicht glücklich damit, kriegt es aber nicht hin, sich nach Feierabend auf den Trainer zu setzen oder jeden Schokoriegel zwischendurch zu entsagen. Anderseits ist er 60, selbstständig, hat sich immer um die Erziehung von mir und meiner Schwester gekümmert, seit Jahrzehnten in der Kommunalpolitik aktiv und ziemlich genau seit unseren Auszügen noch damit beschäftigt sich um seine demenzkranke Mutter zu kümmern. Ein solches System ginge hin und sagt ihm: Du hast zwar Alles gemacht, was man von einem Staatsbürger erwarten kann, aber deine Disziplinschwäche bezüglich oben genannter Dinge muss leider trotzdem bestraft werden. Mit welchem Recht tut man das?
Das Übergewicht auch andere Ursachen haben kann, als Völlerei oder Faulheit muss man sich eben auch klar machen.

Nicht zuletzt habe ich in Gesundheitsökonomik gelernt, dass Gesundheitskosten zum wesentlichen Teil im letzten halben Lebensjahr eines Menschen anfallen. Ob er dann mit 70 an Übergewicht und Herzproblemen oder mit 87 an einer Lungenentzündung stirbt spielt dabei nur eine geringfügige Rolle, aber gegen das was in diesen letzten Monaten an Therapien, Pflege, Überwachung und OPs aufgefahren wird, verblasst das restliche Leben kostentechnisch meist. Von Pflegekosten, die statistisch vor Allem bei Ü80-Jährigen anfallen ganz zu schweigen. Ob da also wirklich so viel Einsparpotential vorherrscht, wage ich zu bezweifeln.
Edit: Wie siehts mit den Kosten von Erkrankungen aus, die durch psychischen Druck auf Übergewichtige entstehen?

tandem65
15.02.2018, 17:45
Das wäre in der Tat eine eigene Diskussion Wert. Ich würde auch ebenfalls ein System bevorzugen das Belohnungen und Anreize schafft und Unterstützung bietet anstatt Bestrafung.

Nur zu meinem kindlichen Verständnis.
Werde ich nicht bestraft wenn ich keine Belohnung erhalte?;)

Mi1989
29.05.2018, 22:49
Naja, das japanische Gesundheitssystem geht ja davon aus, dass alle Übergewichtigen, die aufgrund ihres Übergewichts krank werden, dem Staat auf der Tasche liegen, d.h. dass dann der Steuerzahler für ihren ungesunden Lebensstil aufkommen muss. Aber dem ist ja nicht immer so. Es ist ja wohl kaum jeder gesetzlich versichert, es gibt auch viele privat Versicherte, die für ihre Behandlungskosten z.B. teils in Vorzahlung gehen müssen. Vielleicht haben diese Leute mehr Motivation, gesund und schlank zu bleiben, um ihre Beiträge nicht zu erhöhen :Cheese: Natürlich plädiere ich nicht dafür, Übergewichtige finanziell abzustrafen. Die Idee, die Firmen finanziell abzustrafen, finde ich ebenfalls zu extrem und arg bevormundend... Was soll dann passieren, wenn ein Mitarbeiter sich partout weigert, abzunehmen? Wird der dann irgendwann gefeuert? :confused:

neindochoh
01.06.2018, 15:03
Ich denke das Hauptproblem liegt hier: "Bei Überschreitung der Grenzwerte wird dieser Mitarbeiter darauf hingewiesen und angeregt einen gesünderen Lebensstil zu wählen."
Was ist denn ein "gesünderer" Lebensstil? Ich habe vor zwei Jahren bei 1,74m die dreistellige Anzeige auf der Waage erreicht und versucht, gesünder zu leben. Was gesund bedeutet darüber gibt es viel Literatur, Blogs, Youtube-Videos etc. mit teils völlig gegensätzlichen Aussagen.
Für mich hat sich rausgestellt, dass ich mit Keto und intermittierendem Fasten am besten klarkomme weil es mir schmeckt und lange sättigt. Gerade habe ich "Obesity Code" von Jason Fung gelesen, quasi eine Art Abrechnung mit dem Calories-In-Calories-Out-Prinzip. Als Erklärung für die Zivilisationskrankheit Fettleibigkeit wird die Insulinresistenz herangezogen, dementsprechend rät Fung insbesondere dazu, weniger Zucker und insbesondere Früchte zu sich zu nehmen. Wenn das hier die anwesenden Veganer lesen bekommen sie wahrscheinlich Schnappatmung. Bloß wenn ich im Supermarkt schau, dann merke ich schon, dass alles noch zu 100% auf Low-Fat ausgerichtet ist. Wollte eigentlich einen Naturjoghurt kaufen heute und dazu Erdbeeren essen, bloß gab es den nur mit maximal 3,8 % Fett im Edeka. Stattdessen aber eine riesen Auswahl von der 0,1% Fett Variante mit Aroma aus Holzspähnen oder was weiß ich.

Auf welcher Ebene sollten die Ratschläge also stattfinden? Sollte es eine neue Ernährungspyramide geben? Ich glaube nicht, dass das sinnvoll wäre. Welche Ernährungsweise tatsächlich besser ist, dazu fehlen mir die Kenntnisse, um die Studienlage beurteilen zu können. Aber unabhängig von dem WAS man (hinsichtlich der Markonährstoffe) isst könnte man meiner Meinung nach Empfehlungen geben, WANN man essen sollte und welchen Verarbeitungsgrad die Lebensmittel haben sollten. Beim Wann haben sich seit den 1960er Jahren die 3 Tagesmahlzeiten eingebürgert. D.h. man spürt nicht mehr die innere Uhr und isst nach Bedarf immer dann, wenn man es gewohnt ist bzw. es sozial so gefordert ist. Auch sind eben viele Lebensmittel Industrieprodukte mit langer Haltbarkeit und hoher Gewinnmarge. Diese sind dann auch nicht unbedingt so "entwickelt", dass man schnell satt wird und enthalten wenige/keine Ballaststoffe. Eigentlich sollte es ja selbstverständlich sein, hier misstrauisch zu werden, aber der Geist ist eben (leider) schwach.
Wegen dem nicht eindeutigen Verständnis, was tatsächlich gesund ist, und dem Lobbyismus der Lebensmittelkonzerne sehe ich allerdings schwarz.

Mi1989
17.10.2018, 20:30
Ich finde, man sollte das Gesundheitssystem reformieren, aber nicht nach japanischem Vorbild. Das Übergewicht einzelner Menschen ist deren individuelles Problem, da muss man nicht von außen eingreifen. Man kann (leider!) niemanden zu einer gesunden Ernährung zwingen. Vielleicht sollte man besser in das Krankenkassensystem eingreifen und es reformieren. Nicht umsonst nennt man es Zwei-Klassen-System. Man wird von Ärzten völlig anders behandelt, je nachdem, ob man bei der GKV oder der PKV ist (zum Beispiel hier [Moderation: Link entfernt] wird das sehr anschaulich dargestellt). Das darf ja dann auch nicht so bleiben...