Vollständige Version anzeigen : Rennsteig non-stop
Am 30./31.08 findet eine der seltenen organisierten Läufe über den gesamten Rennsteig, d.h. von Blankenstein bis Hörschel über 168 km statt. Start ist abends um 18.00 Uhr, Zielschluss am Samstag irgendwann um zehn Uhr.
Wenn jemand aus dem Forum zuviel Zeit haben sollte: Ich suche immer noch eine Radbegleitung für die ersten 100 km oder auch länger.
Bericht folgt natürlich, auch wenn ich das Ziel nicht erreichen sollte.
titansvente
28.07.2013, 13:36
Toughe Sache :Maso:
Habe ich schon zweimal mit dem MTB gemacht und DAS war schon heavy - sind ja immerhin 4.000 Höhenmeter
Wünsche Dir, dass Du nen passenden Begeliter findest und Du das Ding gesund und Munter beendest :Blumen:
oliver#141
28.07.2013, 15:09
wenn die übrigen 95km ca so aufregend sind wie die Strecke des Supermarathons, dann wird das vermutlich ziemlich öde (ich hatte das Vergnüngen erst vor Kurzem)
Viel Erfolg jedenfalls!
Danke! Die ersten 100 km werde ich bei Nacht laufen, da sieht man eh nix. Und den Rest der Strecke kenne ich recht gut, ist ja bei mir um die Haustür. Außerdem will meine Frau dann mit als Radbegleitung einsteigen. Muss nur aufpassen, dass ich bei km 150 nicht rechts abbiege.
Per Zufall hat sich gestern ein alter Sportfreund gemeldet, der fast erste Wahl wäre, wenn er denn Zeit hat.
Ich habe ja ohne großartiges Training den Thüringen-Ultra über 100 bestritten, war zwar nicht der Schnellste, hatte aber recht viel Spaß. Wird schon werden.
Ich schreib dann kurz vorher noch was zur geplanten Logistik. Und dann danach, was alles schief gelaufen ist.
Duafüxin
29.07.2013, 13:18
Ich schreib dann kurtz vorher noch was zur gelplanten Logistik. Und dann danach was alles schief gelaufen ist.
Super Idee!
Ich wünsch Dir jetzt schon mal viel Spass :Huhu:
Bin jetzt mit dem, was ich so Training nenne, durch. Nach einer Woche hartem Motorradurlaub, in dem ich sogar 4 mal laufen war, während meiner Freunde noch (ihren Rausch aus-)schliefen, hab ich jetzt die drittletzte Woche genutzt, um noch ein wenig mehr zu machen.
Samstag früh als letzter langer Lauf noch mal auf den Inselsberg. War ganz überrascht, als der GPS-Träcker am Wendepunkt 25 km anzeigte. Für 50 km waren 2,5 ltr Wasser mit Johannisbeergeschmack, 3 Gel und eine Bratwurscht das absolute Minimum. Getränk konnte ich auf dem Rückweg noch mal an an einer Quelle auffüllen, trotzdem sollte ich in 11 Tagen etwas mehr trinken und essen. Zeit geht angesichts des 3 kg Rucksacks, des Bratwurtstopps, der Höhenmeter und meines Zockeltrabs mit ca. 5:40 in Ordnung. Abends noch eine kleine 5 km Runde mit meiner Herzensschönen und Sonntag knappe 10 km um zu sehen wie locker ich noch bin. Ab jetzt wird getäppert.
Eine Marschtabelle habe ich auch schon zusammen. Wenn ich postuliere, dass es ab km 120 wirklich ein Marsch wird, werde ich sehr lange unterwegs sein, meine Freunde. Ich krieg langsam Angst.... :cool:
Teuto Boy
19.08.2013, 15:46
Jimmi du Tier!
Bin ja mal obergespannt auf deinen Bericht.
Hast du eine nette Radbegleitung gefunden? Die muss ja einen großen Rucksack für all die Bratwürstchen mithaben ;)
ellivetil
19.08.2013, 16:44
Mir gehts da wie blutsvente: Hab' den Rennsteig am Stück mit dem MTB schon hinter mir und war danach sowas von kaputt, dass ich auf der Heimfahrt auf dem Beifahrersitz eingeschlafen bin während meine Freundin gefahren ist. Ich schlafe normal NIE im Auto, erst recht nicht, wenn meine Freundin mein Auto fährt :D Viel Erfolg und ich bin echt auf den Bericht gespannt.
sybenwurz
19.08.2013, 23:29
Ich krieg langsam Angst.... :cool:
Dann wird es Zeit, dass das Event heraufzieht, um die auszulöschen...:Cheese:
Ich hätte mich ja gerne als Radbegleitung hergegeben, bin aber mit meiner Kurzen unterwegs.
Habe eine Top-Radbegleitung. Mit Jürgen war ich schon auf Trainingslager auf Malle und kenne den seit Jahren. Ist mal Thüringer Meister Mitteldistanz seiner AK geworden und organisiert den Werrataltriathlon.
Warum tue ich mir das an? Einmal weil es eine einmalige Aktion des Lauffeuers Fröttstedt ist, dann weil Ö til ö nicht geklappt hat, weil ich ja direkt am Rennsteig wohne und zu guter Letzt weil ich sportlich immer mal eine Herausforderung suche.
Ich weiß, dass es Leute gibt, die so eine Strecke bewältigen. Nicht umsonst gibts einen Schwung 100 Meilen-Läufe, zum Teil Trail-Läufe mit Rucksack ohne Radbegleitung und VPs alle 20 km oder so Geschichten wie den WiBolt. Grundsätzlich ist die Sache also machbar.
Jetzt zu meinen bescheidenen Voraussetzungen und Gedanken. Erst mal ist eine ermüdungsfreie Lauftechnik wichtig. Ich versuche möglichst weich aufzukommen und eine hohe Frequenz zu laufen. Das klappt ganz gut, nach dem 50er am Samstag bin ich ja noch mal abends locker 5 getrabt. Anfangstempo wird so bei 7 min/km liegen und ich hoffe bis km 100 nicht deutlich über 8 min steigen. Steilere Anstiege werden gegangen, dito steile Bergabpassagen. Physikalisch gesehen steigt die Leistung und damit die Ermüdung bei Bergendeutlich an, während man in der Ebene fast mühelos laufen kann. Das versaut natürlich den Schnitt, aber das Rennen ist lang und nach hinten raus ist jeder gelaufene Kilometer Gold wert.
Verletzungstechnisch sind monotone und harte Untergründe für mich Gift. Ein Waldlauf ist das Optimale. Ich muss aber aufpassen. Es gibt ein paar böse Stellen gerade hinter dem Inselsberg. Aber da kann ich eventuell schon auf Stöckchen zurückgreifen.
Essentiell ist die Versorgung mit Futter und Wasser. Packliste poste ich bei Gelegenheit, aber wir haben 20 Tuben Sponser Gel dabei und genug Wasservorrat für 1 Liter pro Stunde. VPs alle 15 bis 26 km.
Als ich den Marschplan gemacht habe, wurde mir langsam bewusst, dass ich doch erst am Samstag abend ins Ziel kommen werde. Gut, ich laufe sehr gerne nachts. Wenn ich bei Einbruch der Morgendämmerung gut durchgekommen bin, ist der Drops schon viertels gelutscht. Bei einem Ultra geht es eh nicht um Schnelligkeit. Du musst einfach laufen. Egal wie weit das Ziel ist. Solange bis die Gazelle tot umfällt. Ein Zeitrahmen ist dafür hilfreich, aber Kilometerangaben nicht zwangsläufig motivierend. Das Drumherum und positive Gedanken sind viel wichtiger. Der Weg ist das Ziel. Ich hoffe, dass mir meine innere Einstellung da hilft. Wer mich kennt, weiß dass ich am Ende des Rennens gerne Leute zutexte oder, viel schlimmer, anfange zu singen. Mittags wird meine Frau in die Begleitung einsteigen. Auch das kann helfen. Aber ich muss immer im Kopf haben: Es werden ca. 24 h werden.
Duafüxin
20.08.2013, 10:09
Ich hoffe, dass mir meine innere Einstellung da hilft. Wer mich kennt, weiß dass ich am Ende des Rennens gerne Leute zutexte oder, viel schlimmer, anfange zu singen. Mittags wird meine Frau in die Begleitung einsteigen. Auch das kann helfen. Aber ich muss immer im Kopf haben: Es werden ca. 24 h werden.
Die Einstellung scheinst Du nicht allein zu haben. Ne Bekannte von mir fängt bei langen Läufen auch immer an zu singen.
War lustig in Biel, sie singt lauthals und überholt dabei einen nach dem anderen. Die Blicke der anderen :Lachanfall:
Die Einstellung scheinst Du nicht allein zu haben. Ne Bekannte von mir fängt bei langen Läufen auch immer an zu singen.
War lustig in Biel, sie singt lauthals und überholt dabei einen nach dem anderen. Die Blicke der anderen :Lachanfall:
Drum singe wem Gesang gegeben. :cool: Ich habe da, wo es anderen Leuten peinlich ist, eine dicke Hornhaut. Das heißt, ich kann definitv sehr schlecht singen, habe aber schon Straßenmusik gemacht. Aber da konnten die Leute wenigstens wegrennen. Das ist bei einem Ultra nicht ohne weiteres möglich. Na ja. Man könnte stehenbleiben, bis der Schreihals ausser Hörweite ist. Vielleicht kann ich so ein paar Plätze gutmachen. Oder werden ich dann disqualifiziert? Muss mal die WBs durchlesen....
Als ich am Samstag Richtung Hubertushaus runter lauthals "Memories" aus Cats intoniert habe und mir ein paar Biker entgengenkamen hab ich aber trotzdem schnell ganz unbeteiligt gekuckt.
Montag nur Athletik. Unter anderem 2 Minuten Powerbridge. Vor einem halben Jahr hatte ich nach 30 Sekunden schon Schweißperlen auf der Stirn, jetzt krieg ich das ohne Zittern und mit nur etwas verkniffenem Gesicht hin. Scheint, dass das Biopren um die Köpermitte doch etwas dünner geworden ist. Egal wie: Rumpfstabi scheint in Ordnung zu sein.
Gestern gar nüscht ausser Aufräumen und Mopped fahren. Muss ja die Beine locker bekommen. Da sind 2 Wochen schnell vorbei.
Hallo Jimmi,
ich wünsch Dir jetzt schon gutes durchkommen und viel Erfolg.
Die ersten 100km in der Nacht:o
Gruß
triduma
jannjazz
21.08.2013, 13:19
Go, go, go!!!
Gestern noch mal locker 22 km mit Trinkfläschlein. Jetzt wird immer weniger gerannt. Heute gar nicht, morgen stehen 12 km auf dem Programm und abends die Carmina Burana open air in Arnstadt.
Laufen Freitag habsch wegen Zeitmangel gecancelt, nur am Samstag kleine 8 km Runde. Sonntag ins Freibad, knapp 2 km lockeres Kraulen. Ich kann mich nicht entsinnen, wann ich das letzte Mal 1800 m mit 3er Atmung geschwommen bin. Das Lauftraining scheint sich positiv auf die Schwimmerei auszuwirken.
Aber langsam schlafe ich schlecht. So aufgeregt war ich noch vor keinem Rennen. Dazu Phantomschmerzen in den Beinen (innere Schreie: " Tu uns das nicht an!!!"). Ich hab so was von Respekt vor der Strecke...
Am 30./31.08 findet eine der seltenen organisierten Läufe über den gesamten Rennsteig, d.h. von Blankenstein bis Hörschel über 168 km statt. Start ist abends um 18.00 Uhr, Zielschluss am Samstag irgendwann um zehn Uhr.
Jimmi ist ja momentan schon unterwegs.
Hau rein Junge und komm gut ins Ziel. Bin auf deinen Bericht gespannt.
Gruß
triduma
tri-guy1
01.09.2013, 01:17
Hab den Thread jetzt erst gefunden. Wahnsinnsprojekt :Huhu: Zielschluss war vor drei Stunden. Wie war's? :)
Rennsteig non-stop 30.08
So. Es ist vollbracht. Oder auch nicht. Auf alle Fälle vorbei. Hier der Bericht:
Das Zeitlimit von 28 Stunden für 168 km ist für Läufer meiner Leistungsklasse sehr sportlich, egal auf welcher Topografie. Ich habe es mir von vorneherein nicht zugetraut, die Strecke mit einem Zusatzgewicht von 3-4 kg im Rucksack zu bewältigen. Radbegleitung war also essentiell. Auch in Sachen Navigation. Mit Jürgen hatte ich da erste Wahl. Er kann Mountainbike fahren, ist ein sehr angenehmer Zeitgenosse und kennt den gesamten Rennsteig fast wie seine Westentasche. Wir haben uns auf der gesamten Strecke nur einmal unwesentlich verlaufen und er konnte mir alle Steigungen und wegpunkte vorher ankündigen.
https://lh4.googleusercontent.com/--07Y6AJ1AgI/UiMhY5GAx1I/AAAAAAAAAYY/FbvVPxJkuME/s328-p/CIMG6781.JPG
https://lh4.googleusercontent.com/dONNmQvtYsVq3DxEV03jJmXQphgmCKfn0AjT7VgRvS0=w302-h226-p-no
Anbei erst mal die letzten Infos an meinen Betreuer:
....
Startnummern holen wir direkt in Blankenstein ab. Treffpunkt zur Abfahrt ist um 14.30 in Gumpelstadt. Fahrtzeit ist maximal 2,5 Stunden, d. h. Abfahrt um 14.30, Ankunft dort um 17.00 Uhr. Karin fährt uns hin und dann wiederallein zurück, den Platz im Bus werde ich freigegeben, wenn wir das telefonisch abgestimmt haben.
Packliste
• 1 Karton Sponser-Gel
• Regenjacke
• Ersatzbatterien
• Feuchtes Tuch/Reinigungstücher (um die vom Gel klebrigen Finger etwas sauber zu bekommen)
• 2x Stirnlampe
• Diverse Salztütchen, bitte max 1 Gramm pro Liter
• Chaskee Schirmstirnband für nachts, damit mir der Lichtkegel der Lampe nachts nicht in die Brillengläser strahlt
• Einige Leckereien für unterwegs
• Dünner Pulli
• Pflaster, Mullbinde und Compeed
• Buffy
• Handy
• Rote-Beete-Saft, Johnissbeersaft zum Verdünnen wegen des Geschmacks
• Getränke. Für mich 2 Liter. Nachtetappe VP3 zu VP4 sind 28 km.
• Iskiate
Deine Aufgaben:
• Den Weg finden. Bitte nicht auf die Vorausfahrenden verlassen, sondern immer mitdenken.
• Ich brauche ca. 1 Liter Flüssigkeit pro Stunde, nachts etwas weniger, bei Sonne etwas mehr. Bitte 1 Gramm Salz alle 1-2 Liter zufügen
• Verpflegung ½ Gel alle 30 Minuten, nach den Verpflegen etwas weniger. Ab und an ein Stück kalte Bratwurst
• Bitte keine Kilometerangaben, sondern nur Uhrzeiten oder allgemeine Infos wie „wir liegen gut in der Zeit“ oder „quäl dich die Sau, sonst schaffen wir den Cut nicht“.
Ganz grober Zeitplan
Start 18.00 Uhr
VP1 km 20 Brennersgrün 20 km 2:30 20.30 Uhr
VP2 km 38 Kalte Küche 18 km 2:30 23.00 Uhr
VP3 km 57 Limbach 19 km 2:30 01.30 Uhr
VP 4 km 83 Dreiherrenstein 26 km 4:00 05:30 Uhr
VP 5 km 105 Grenzadler 22 km 3:00 08.30 Uhr
VP 6 km 119 Neue Ausspanne 14 km 2:00 10.30 Uhr
VP 7 km 134 Inselsberg 15 km 2:30 13:00 Uhr (Einstiegspunkt Karin, hier kannst Du raus, wenn Du willst)
VP 8 km 153 Hohe Sonne 19 km 4:00 17.00 Uhr
Ziel km 168 Hörschel 15 km 3:00 20.00 Uhr
Zielschluss 22.00 Uhr
Wichtig ist ein sehr moderates Anfangstempo. Ich bin hinten raus immer recht stabil wenn ich unterwegs genug esse und trinke und die Anstiege nicht renne. Kannst ja immer mal ansagen , wenn ein längerer Anstieg droht. Ab km 120 habe ich mit Wandertempo 5 km/h gerechnet, jeder Laufkilometer ist dann aber viel wert. Wandern dauert ewig. Karin bringt die NW Stöcke und Wechselsachen mit, falls es mich nach bequemer Bekleidung gelüstet. Ina Heyer wird auch noch anrufen (meine Nummer xxxxxxx) und irgendwo vor der hohen Sonne dazu stoßen. Besser ist es, wenn Du sie vormittags mal anrufst, um die ungefähre Zeit nach Zeitplan durchzugeben und dann noch mal eine Stunde vorher.
....
So viel zur Theorie. Praktisch ist mir erst mal Donnerstag Abend eingefallen, dass mir noch das Sportgesundheitsattest fehlt. Ich also Freitag früh telefonisch beim Arzt auf die Tränendrüse gedrückt und dann glücklich nach nur einer Stunde Wartezeit den Stempel bekommen. Der kennt mich kaum. Kein Wunder. Ich bin ja fast nie krank.
Dann erst mal Frühstück mit Karin und die letzten Dinge einpacken. Beim Anheben der Tasche merke ich schon, dass es so nicht gehen wird. Einfach zu viel Gewicht. Aber er gibt die Möglichkeit, an drei Stellen Drop-Bags zu deponieren. Die werde ich nutzen für den Rote-Beete-Saft, ein paar Trailschuhe, die Schokokekse und das Iskiate. Jedenfalls fühle ich mich fit, das Wetter ist bestens und die Fahrt entspannt und stressfrei. Unterwegs überholen wir den Bus, welcher die Teilnehmer ohne eigene Transportmöglichkeit von Hörschel nach Blankenstein fährt. Also alles im tiefgrünen Bereich.
https://lh3.googleusercontent.com/9v37P4AKDU_8qgaarsSY3fxVaWXRXkCGBFics7Ck1mw=w282-h211-p-no
Dann umziehen, Rad bepacken, einen Stein aus der Selbitz fischen damit ich den bei Gelingen des Vorhabens in die Werra schmeißen kann. Letztes Briefing um 17.45, dann pünktlicher Start um 18.00 Uhr. Gleich geht es die ersten Rampen hoch, die gesamte Gruppe der 130 Starter verläuft sich schon in Blankenstein ein erstes Mal. Das Tempo ist moderat, auf den ersten 20 km viel Asphalt, aber auch hier schon die Möglichkeit etwas offroad zu laufen. Jürgen gewöhnt sich langsam an das Tempo, das Feld ist noch dicht zusammen.
Erster VP in Brennersgrün im Zeitplan. Es ist schon dunkel, wir legen die Stirnlampen an. Und erster Schock: Die Lampe von Jürgen funktioniert nicht. Wahrscheinlich hat er bei der Montage am Helm das Kabel zum Batteriefach zu stark belastet und jetzt kein Strom auf den LEDs.
Da muss er wohl umbauen auf die Reservelampe. Eine feste Leuchte hat er zusätzlich am Lenker. Also keine Panik. Ich laufe schon mal weiter, werde aber etwas panisch, als Jürgen auf sich warten lässt. Ich habe das Handy nicht am Mann und so keinen Kontakt. Wenn größere Probleme auftauchen sollten bin ich auf mich allein gestellt. Also fällt mir ein großer Stein vom Herzen, als er nach einiger Zeit wieder auftaucht. Ein Helfer am Kontrollpunkt hat ihm seine Stirnlampe geliehen, weil unsere Reservelampe älteren Datums ist und noch nicht mit LEDs arbeitet. Jürgen hat somit zwei Lampen und allerbeste Sicht. Dies ist auch extrem sinnvoll, denn auch für die Radfahrer wird die erste Hälfte der Strecke ein richtiges Brett. So war auch der überwiegende Teil der Teilnehmer alleine und ohne Radbegleitung unterwegs. Ein kleiner Teil ist aus dem Auto raus versorgt worden.
Die Strecken wurden jetzt Rennsteigmäßig. Und ich habe meine ersten Leichtsinnsfehler zu spüren bekommen. Erstens war die Helligkeit meiner Stirnlampe ungenügend für den für mich nicht so geplanten sehr hohen Trailanteil. Vernünftig zu laufende Wege waren ab sofort die Ausnahme. Uneben, extrem ausgetreten und verwurzelt, steinig, stufig, steil. Und das bei Nacht. So gab es viele Stürze, die bei dem steinigen Untergrund auch schnell mal böser ausgehen können. Ich habe mich nur einmal harmlos flach gelegt, konnte aber bergab nur mühsam und langsam wandern. Da fehlt mir einfach die Athletik und Trittsicherheit. Und bergauf kann ich zwar recht mühelos traben, andere aber in demselben Tempo wandern. Hinzu kam die falsche Schuhwahl. Ich hatte mit schmalen, aber noch gut laufbaren Wanderwegen gerechnet und auf die leichten Lunarracer gesetzt. Auf den Irrsinnstrails bei Nacht aber eine ganz schlechte Wahl.
Immerhin war ich bis VP 2 Kalte Küche noch im und in Limbach bei VP3 wohl noch halbwegs im Zeitplan. Dort hatte ich im Dropbag wohlweislich die Trailschuhe deponiert, welche mir das Leben ab sofort erleichterten. Laut Auskunft eines Helfers waren wohl noch gut 30 Starter hinter uns, aber schon unglaubliche 26 ausgestiegen. Frisch gestärkt, mit rote Beete-Saft gedopt und immer noch recht munter und motiviert ging es dann auf die 26 km lange Nachtetappe zu VP4. Das Iskiate blieb unberührt, ebenso die Schokokekse. Auch auf die kalten Bratwürste hatte ich während der gesamten Zeit irgendwie keinen Appetit.
Die Nacht war sehr lang. Einige Teile konnten wir Straße oder Radweg laufen, aber sehr oft ging es über Stock und Stein. Der Hohlweg runter bei Masserberg ist schon Tagsüber nicht einfach. Bei Nachts schlicht eine Prüfung, zumindest für mich. Auch Jürgen hat fahrerisches Talent zeigen müssen. Am Ortseingang Masserberg ein Läufer mit Radbegleitung bei einer Krisensitzung. Noch schien im benachbarten Hotel etwas los zu sein und die beiden bestellen erst mal ein Weißbier. Ich lief noch, aber verlor Minute auf Minute. Am Dreiherrensteig bei Halbzeit war ich schon 1:45 hinter dem Zeitplan. Die 8 Läufer im kleinen Zelt dort waren auch in 2 Gruppen gespalten: 4 Aufgeber und 4, welche nur ein wenig länger Rast machten, um Kopf und Beine wieder etwas frisch zu bekommen. Immerhin war es jetzt schon hell und auch mein Schritt war Richtung VP5 anfangs wieder noch erstaunlich flott. Und zwei der Herren aus dem Zelt in VP4 saßen kurze Zeit später ebenfalls am Wegesrand und berieten sich wie es denn weitergehen soll. Denn zwischen VP4 und VP5 liegen nicht nur die Schmücke als höchster Punkt, sondern auch noch andere Anstiege, so dass auch bei mir die Kraft zusehends schwand. Immerhin wurde der Trailanteil wesentlich geringer und mein Schritt durch das Tageslicht sicherer. Berghoch ging immer noch langsamer Laufschritt, aber das Tempo in der Ebene und bergab war nur unwesentlich schneller als Wandertempo. Ab km 120 hatte ich ja eh mit Wandern gerechnet, aber so war ein Finish im Zeitlimit schon recht illusionär. Nachdem ich um 8 Uhr noch recht euphorisch war und das Ding unbedingt wuppen wollte, hatte ich so bei km 100 dann doch ernste Bedenken. Denn schon bei Halbzeit hatte ich nur noch 14 Stunden für 83 km, was bei Wandertempo nicht machbar ist. Um bei km 100 war ich knapp 16 Stunden unterwegs. Mir war klar, dass ich allerspätestens bei km 110 komplett würde wandern müssen und nie und nimmer im Zeitlimit angekommen wäre. Am VP Grenzadler bei km 105 bin ich dann ausgestiegen. Das gesamte Feld war schon gute 2 Stunden hinter dem Zeitplan zurück. Von den hinter uns kommenden wollte ein Großteil noch weiter. Jürgen und ich haben uns dann erst mal ein Bier gegönnt und doch noch die Bratwürstel gefuttert. Meine Frau hat uns dann abgeholt.
Als ich dann abends frisch geföhnt auf der Couch lag und überlegte, jetzt noch torkelnd die letzten 10 km bei Dunkelheit machen zu müssen war ich dann doch sehr glücklich über die Entscheidung
Fazit: Ich hätte mich sehr geärgert, nicht am Start gewesen zu sein. Ich freue mich, meine Grenzen aufgezeigt bekommen zu haben. Ich bin immer mehr begeistert von Ultra-Trails, sollte mir aber nicht einbilden, dass man so war „einfach so“ mal mitmacht und bei denen, welche seit vielen Jahren trainieren, mitmischen kann. Das ist (vielleicht noch) eine andere Liga. Vor allem beim Rennsteig non-stop.
Teuto Boy
01.09.2013, 16:00
Hut ab Jimmi,
das hört sich alles sehr abenteuerlich an, ist denn jemand im Zeitlimit ins Ziel gekommen?
168k sind echt ein unglaubliche dickes Brett...und dann auch noch Nachts...da hast du wertvolle Erfahrungen sammeln können. Ich frag mich schon immer, wie man es schaffen kann nach 10h noch zu laufen????
Etwas schmunzeln musste ich beim Lunarracer, den laufe ich auch gerne...auf der Straße ;)
Liebe Grüße
Heiko
Ja klar gab es Finisher. Soweit ich informiert bin der Sieger in irgendwas 19 Stunden und ebbes. Als wir kurz nach zwei mit dem PKW am letzten VP 14 km vor dem Ziel gewesen sind, waren auch schon neun Leute durch.
Die Racer laufe ich auch gnadenlos im Gelände. Allerdings bei festem Untergrund. Bei losem Geröll ist das wirklich ein Problem.
jannjazz
01.09.2013, 18:05
Sauber, starke Story! Glückwunsch wäre aber wohl übertrieben!
loomster
01.09.2013, 18:18
Vielleicht solltest Du noch die Telefonnummer rauslöschen.
Danke für den Hinweis auf die Nummer.
Vorhin noch eine Nachbarin getroffen, die gestern noch gegen 17:30 Uhr ca. 25 km vor dem Ziel graue Gestalten auf dem Rennsteig gesehen hat, die sich breitbeinig Richtung Hörschel quälten.
wenn die übrigen 95km ca so aufregend sind wie die Strecke des Supermarathons, dann wird das vermutlich ziemlich öde (ich hatte das Vergnüngen erst vor Kurzem)
Viel Erfolg jedenfalls!
Ist das da nicht schön? Dachte ich immer... ...gibt halt vermutlich viel Wald zu sehen. Den normalen Rennsteiglauf würde ich auch gerne mal machen, auch wenn ich Läufe länger als Mara eigentlich schräg finde.
sybenwurz
01.09.2013, 19:39
Ziemliches Brett, ey!
Jimmi: Tolle Sache und richtige Entscheidung. Für mich wäre das wie gesagt eher nichts, aber wenn es für dich das richtige ist - super!
Was ich nicht verstehe: Wie kannst du in einem Rennen Rote-Beete Saft trinken? Mir wird von dem Zeug speiübel, es sei denn ich trinke es in kleinen Dosen vermischt mit Wasser. Ich glaub auch nicht an die Wunderwirkung, daher hab ich das Zeug nach einer Testphase wieder vom Speiseplan gestrichen. Da sind auch Stoffe drin, die nicht nur gesund sind, wenn ich micht nicht irre. Und Eisen kann man auch anders bekommen.
FuXX
PS: Schon mal an Leadville 100 gedacht? Der und der Copper Canyon Ultra aus Born to Run - die würden mich auch reizen. Comrades vielleicht auch noch. Aber wie gesagt, eigentlich ist mir das alles zu lang...
Rote Beete Saft in kleinen Dosen vertrage ich schon. Und auch wenn es gar nichts bringt, ist ein anderes Geschmackserlebnis immer nett. Und faszinierend, wie schnell das durchfärbt. Am hilfreichsten ist gefühlt die warme Gemüsebrühe. Ein Schluck Bier wird auch immer gerne genommen. Wasser trinke ich nach dem Gel sowieso genug. Und eine zu stark angemischte Isoplörre an VP2 hatte mir kurzfristig den Magen blockiert. Wenn es Rotwein gäbe, würde ich zu einem Schluck sicher auch nicht nein sagen. Leider hatten die keinen Schleim. Aber das ist ja schon fast eine Speise.
Ich bin kein Freund von langen Anreisen oder gar Flügen, nur um Sport zu treiben. Wenn ich so was machen sollte, muss ich schon sicher sein, da auch anzukommen wenn nichts Schlimmes passiert. Es gibt in good old Germany einen Haufen kleiner, aber feiner Ultraläufe, welche auch echte Herausforderungen sind und verdammt viel Spaß machen. Bevor ich auf Réunion laufe dann doch eher im Chiemgau. Nicht zuletzt, weil ich da Verwandte habe und hinfahren kann. Dann gibts noch die Harzquerung. Den Eulenburgtrail. Der Run2Kill. Den Wibolt. Und was weiß ich noch.
Rennsteig ist halt viel Wald mit gelegentlichen Aussichtspunkten. Kulturelle Highlights gibt's wenig mit Ausnahme der Aussicht auf die Wartburg an der Hohen Sonne hier bei Eisenach. Aber die Stimmung beim Rennsteiglauf ist immer gut, die Verpflegung sehr gut und die Strecke halt nicht platt und asphaltiert. Und wie jedes Jahr gibt's auch 2014 wieder Unterkunft beim Jimmi.
Hier im Südviertel von Eisenach und rund um die Wartburg kenne inzwischen auch die kleinsten Wege und bin immer noch fasziniert über die unglaublich tolle Kleinstlandschaft, die leider auf dem Rennsteig nicht so richtig spürbar und sichtbar ist.
Wolfgang L.
01.09.2013, 20:51
Hallo Jimmi,
toll!!!! auch wenn du nicht zuende gelaufen bist.
ich bin sehr beeindruckt.
Hallo Jimmi,
danke für den Bericht, diese Erfahrung hast du im Sack. Für die Motivation ist es auch nicht das Schlechtest schließlich hast du jetzt mit dem Rennsteig noch eine Rechnung offen.
Erik
Hallo Jimmi,
danke für den Bericht, diese Erfahrung hast du im Sack. Für die Motivation ist es auch nicht das Schlechtest schließlich hast du jetzt mit dem Rennsteig noch eine Rechnung offen.
Erik
Die Rechnung habe ich auch noch mit dem Trail du Nord in Wambrechies offen. Rennsteig war wohl eine einmalige non-profit Geschichte. Wenn man das wiederholt, dann rein privat mit maximal 5 Leuten.
Schöner Bericht Jimmi aber schade das es mit dem Finish nicht geklappt hat.
Aber irgendwie liest sich das wie nicht richtig vorbereitet.
Wenn ich weis das ich 100 km nachts im Wald laufen muss nehm ich doch min. zwei richtig gute Stirnlampen mit nicht irgend ein veraletes Zeug. Genauso mit den Schuhen. Da läuft man doch nicht in leichten Racern sondern in guten festen Trail oder Trainingsschuhen.
Na gut, gelernt hast du und dein Begleiter sicher viel bei der Sache.
Also, abhaken und neue Ziele suchen.
Gruß
triduma
Da hat Triduma wohl recht. Habe die Leuchtkraft meiner Funzel in Relation zum Terrain unterschätzt. Aber ebenso möglich, dass ich bergab einfach nicht trittsicher genug war. Genau so mit den Schuhen. Bei Tageslicht sicher kein Thema. Ich hatte ehrlich auch nicht mit so vielen losen Geröll gerechnet.
Siegerzeit 19:09. Erste Frauen noch im Zeitlimit mit 23:19 und 23:38. Alles erfahrene 100 Km und 100 Meilen LäuferInnen. Lag also nicht nur an der Ausrüstung. Das war einfach eine Nummer zu schwierig für mich.
Nachlese
Ergebnisse hier
http://www.rennsteig-nonstop.de/ergebnisse/index.html
Am Start: 108
dnf: 43
Bester Mann: 19:06
Beste Frau: 23:19
Letzter Mann: 28:29
Letzte Frau: 28:29
Gruß
Duafüxin
10.09.2013, 10:46
Schöner Bericht. :Blumen:
Am besten gefällt mir das Fazit. ;)
Teuto Boy
10.09.2013, 11:02
Nachlese
Ergebnisse hier
http://www.rennsteig-nonstop.de/ergebnisse/index.html
Am Start: 108
dnf: 43
Bester Mann: 19:06
Beste Frau: 23:19
Letzter Mann: 28:29
Letzte Frau: 28:29
Gruß
Ganz interessant... nach Grenzadler 105km sind nur noch 5 Läufer ausgestiegen, an den Stationen vorher 38.
Toller Bericht! Solche Ultratrails reizen mich wahnsinnig, aber genau wie Du schreibst sollte man sich "nicht einbilden, dass man so was „einfach so“ mal mitmacht". Für mich gibt es hier noch viel zu tun...
Vor Dir ziehe ich den Hut! Respekt für Deine Leistung! :Blumen:
Ganz interessant... nach Grenzadler 105km sind nur noch 5 Läufer ausgestiegen, an den Stationen vorher 38.
Bis zwei Stunden vor Grenzadler war ich noch über zeugt, das Limit zu schaffen. Habe das sogar meiner Frau telefonisch mitgeteilt. Ich war echt gut drauf. Dann habe ich angefangen zu rechen....
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