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Vollständige Version anzeigen : eXtremalna Sobota (LD in Polen)


finisher05
23.06.2013, 16:32
Da ich dort letztes Jahr ein paar schöne Tage verbracht habe und es so aussieht als würden einige Enthusiasten die Veranstaltung weiter fortführen, möchte ich für Interessierte ein paar detaillierte Erfahrungen präsentieren.

Es geht um folgende Veranstaltung: http://www.extremalnasobota.info/

Der diesjährige Termin wurde erst kürzlich festgesetzt, in den Vorjahren war das meist deutlich früher der Fall, evtl. wird sich das zukünftig auch wieder ändern.

Man kann die Veranstaltung eher mit einer Radtouristik vergleichen, also Zeitmessung mit Transponder und alle 500m eine Verpflegungsstelle gibt es auch nicht:Cheese:

Meinen Bericht stelle ich mal in den nächsten Beitrag, falls Arne meint auf Grund der Länge sei der Bericht an anderer Stelle im Forum besser aufgehoben so läßt er sich dann wohl leichter "verschieben".

finisher05
23.06.2013, 16:38
Wieso, weshalb, warum...
klar ist dies eine "markige" Phrase aus meinen Kinderzeiten, aber sie passt auch ganz gut als Einleitung für mein diesjähriges Saisonhighlight.

Extremalna Sobota, warum hat die oftmals fragwürdig zuverlässige "Google Suche" mich zu diesem Wettkampf geführt, war es eine Fügung des Schicksals?
Es ist bei mir einfach schon ein natürlicher Reflex in der Nachsaison mit der Planung für die nächste Saison zu beginnen, meist ist es aus der Not geboren, da die namhaften Langdistanzen unter dem exklusiven Ironman-Label meist in kürzester Zeit ausgebucht sind. Auch ich bin schon oft genug dem Ruf dieser Veranstalter gefolgt und habe mich mit tausenden Anderen gleichgesonnenen ins Getümmel gestürzt, aber nicht nur dort sondern auch bei unzähligen anderen kürzeren aber gutbesuchten Triathlonveranstaltungen gibt es das große Problem der zunehmenden Leistungsdichte. Beim Schwimmen überlassen die Veranstalter die "Selektion" den Teilnehmern, beim Radfahren sollen WK-Richter für die Einhaltung der Regeln sorgen und auf der Laufstrecke wird letztendlich abgerechnet...

Kurze Rede langer Sinn als ich auf die Internetseite der Veranstaltung in Stettin stieß wusste ich sofort, "da machst du mit". Es wurden Teilnehmer gesucht für die siebte Auflage des "eXtremalna sobota". Die Ergebnislisten der Vorjahre hatten überschaubar wenige Finisher, aber, und das war mir sofort aufgefallen, es gab schon reichlich "Wiederholungstäter". Der Veranstalter begnügt sich mit 75 Startern, dieses Limit wurde aber auch dieses Jahr nicht ganz erreicht, man braucht nicht allzu viel Phantasie um sich vorstellen zu können dass es auf der Radstrecke auch ohne jeglichen Kampfrichtereinsatz immer fair von statten ging. Natürlich war auch der Reiz sehr groß abzuwägen wie ich im Nachhinein das Preisleistungsverhältnis einschätzen würde, nachdem ich ja teure Wettkämpfe bereits zur Genüge bestritten hatte. Ob es weltweit noch günstigere Möglichkeiten gibt einen LD-Triathlon zu bestreiten kann ich nicht sagen, der eXtremalna sobota ist aber jeden Zloty wert.

Langdistanz zum Preis einer Volksdistanz (In unserer Region), wie kann ein Veranstalter so etwas anbieten, ist das wirklich ein Wettkampf, werde ich verhungern, verdursten, muß ich Angst haben um mein Material (nicht das es abhandenkäme, mir war bei der Recherche über die WK-Strecken das ein oder andere Stück Kopfsteinpflaster aufgefallen), wie viel Verkehr ist auf der Radstrecke (nein die ist nicht komplett gesperrt) oder werde ich mich verfahren/verlaufen wegen fehlender Markierungen...? Da es zu dieser Veranstaltung kaum Erfahrungsberichte gibt fand ich im Vorfeld natürlich auch kaum Antworten auf meine Fragen. Somit wurde natürlich schon eine gewisse "Vorstartspannung" erzeugt welche ich eigentlich so nicht erwartet hätte. Meine Besuche auf der Veranstalterseite im Internet häuften sich, aber ausser das die Liste der angemeldeten Starter beständig anwuchs gab es keine neuen Infos über den Wettkampf. Ich schaute mir die "Bildergalerie" der Vorjahre an, konnte mir aber keinen echten Reim auf die möglichen Abläufe im Wettkampf machen. Auch die ein oder andere Örtlichkeit des Wettkampfs wurde dank "Google Street View" aus den verschiedensten Positionen begutachtet, aber schlauer wurde ich auch daraus nicht.
Als zeitlichen Rahmen für das Abenteuer in Stettin hatte ich mir vier Tage gesteckt, nach dem Heimspiel im Vorjahr bei der Langdistanz in Köln wo ich morgens in der Früh hinfuhr und am Abend wieder im eigenen Bett schlief ein opulenter Zeitrahmen, eigentlich. Nun gut einen von diesen vier Tagen verbrachte ich in Zügen oder mit dem Warten auf Züge auf zugigen Bahnhöfen, aber das ist allemal entspannter als mit dem eigenen PKW quer durch die Republik zu rasen und man erlebt dabei ebenfalls sehr lustige Anekdoten. Mittwochabends ging die Reise los, am nächsten Morgen um etwa halb neun stieg ich in Tantow aus dem Zug. Von dort sind es noch etwa 25 Km bis Stettin, die wollte ich aus Kostengründen mit dem Fahrrad fahren, war auch ganz gut geeignet um nach der langen Fahrt wieder einen klaren Kopf zu bekommen. In Stettin habe ich dann auch relativ schnell meine Pension gefunden und habe erstmal mein Gepäck und mein Fahrrad abgeladen.
Am Nachmittag ging es dann zur Besichtigung der Radstrecke (sonst hätte ich ja nicht zwei Tage vorher anreisen müssen, wenn ich das nicht irgendwie auf dem Zettel gehabt hätte), vom Schwimmstart weg führt die Straße in nordwestlicher Richtung nach Tanowo wo ein dreimal zu durchfahrender Wendepunktkurs beginnt. Ich hatte wirklich absolut traumhaftes Wetter und die Strecke ist bei Windstille und Sonnenschein paradiesisch schön. Der Rundkurs ist ca. 54 Km lang, hat drei Wendepunkte in Ortslage oder direkt am Ortseingang und ansonsten fährt man nur durch lichte Kiefern oder Buchenwälder. Die Straßenverhältnisse sind kein limitierender Faktor und Verkehr so gut wie nicht vorhanden und beängstigend flach ist die Strecke noch dazu ;-)
Ich verbrachte somit einen entspannten Abend in einem Stettiner Lokal bei Pasta und Pivo und war rundum überzeugt alles richtig gemacht zu haben, was sollte jetzt noch passieren, ein Triathlon, bei dem die Radstrecke passt ist ein schöner Triathlon. Punkt. Für den nächsten Tag stand noch ein Besuch des Wettkampfgewässers und der Laufstrecke an, auch da wollte ich wissen was auf mich zukommt. Eigentlich wollte ich etwa zur geplanten Startzeit morgens zum See hochlaufen, einmal die Laufrunde ablaufen und anschließend etwas am See entspannen, dieses Vorhaben habe ich aber dank Blitz und Donner in der Morgenstund etwas aufgeschoben. Ich habe dann halt einfach mal ausgeschlafen, dachte noch: Lieber heute den Regen als morgen beim Wettkampf und bin dann gegen zehn Uhr erst losgelaufen. Beim Weg zum See kam ich auch an der zweiten Wechselzone vorbei und konnte mir somit auch den Anfang der Laufstrecke schon mal ansehen, da sind schon so ein paar "Stolperstellen" vorhanden, aber es ist auch überall ausreichend Platz um Schlaglöcher oder Baumwurzeln zu umlaufen. Am See beginnt dann die eigentliche Laufstrecke und die ist zu 90% Naturweg, durch den Wald, herrlich schattig und fast immer mit Blick auf den See. Der Weg entspricht den üblichen Standards von Park oder Waldwegen in Naherholungsgebieten ist etwa zwei bis drei Meter breit und durchweg gut belaufbar. Kurz vor dem Schluss der Runde verlässt der Weg das Seeufer um das hier gelegene Strandbad zu umrunden und es geht eine knapp 100m lange Steigung hinauf, das ist die einzige "Schwierigkeit" auf der Laufstrecke.
In das erwähnte Strandbad bin ich dann auch gegangen um mich etwas zu erfrischen und die Wasserqualität anzutesten. Von den Temperaturen war es ganz angenehm, auch ohne Neo konnte man es aushalten, die Sicht war aber stark eingeschränkt, ziemlich trübe Suppe also. Na was soll´s, das Schwimmen ist immer der kürzeste Part beim Triathlon, da kann man schon eher Zugeständnisse machen. Das der Durchfall den ich drei Stunden später bekam in irgendeinem Zusammenhang mit der Wasserqualität stand kann ich nachträglich verneinen. Es war wohl die Vorstartnervosität und die extreme Überdosierung von ungeschwefelten Trockenfrüchten (Carboloading) die da aufeinander trafen. Aber nach einer kleinen "Chemotherapie" und beständiger Zufuhr von Salzstangen und Cola ging ich Abends frohen Mutes endlich zur Anmeldung / Startunterlagenausgabe / Wettkampfbesprechung. Wo dies stattfindet ist auf der Homepage der Veranstaltung angegeben, und das sollte man sich auch merken, Hinweisschilder so wie bei Veranstaltungen hierzulande sucht man vergebens. Das Wettkampfzentrum befindet sich auf Militärgelände direkt neben einer Radrennbahn. Hier befindet sich dann auch am nächsten Tag die Wechselzone 2 und der Zielbereich, bis zum See und der ersten Wechselzone sind es knapp 2 Km. Aber nochmal zurück zu dem "Starterpaket", dies besteht aus einer Startnummer (auf Wunsch gibt es einen knappen Meter Gummiband dazu), einer laminierten Nummer für das Fahrrad zuzüglich drei Kabelbindern und drei Müllbeutel XXL auf die man seine Startnummer schreibt. In einen Beutel kommen die Laufsachen, die werden einem in der Wechselzone 2 dann angereicht, der zweite Beutel ist für den Neo und die Schwimmsachen und in den dritten Beutel kommen halt die "after race" Klamotten und das Duschzeugs. Make things easy, kann ich da nur sagen. Der vorgesehene Zeitrahmen wurde polnisch locker eingehalten und so habe ich vor der Wettkampfbesprechung schon die meisten anderen deutschsprachigen Teilnehmer kennengelernt. Wie in den Vorjahren gab es in diesem Jahr einige Deutsche die den Weg nach Stettin gefunden haben. Da war Jörg, 51, der Wiederholungstäter, er hatte vom Vorjahr noch eine Rechnung offen. Dirk, 43, aus Eberswalde kam Freitags an, schlief in seinem Kombi und fuhr am Wettkampfabend wieder nach Hause. Simon,23 und Timm, 23, zwei junge Burschen aus Erlangen die hier ihre erste Langdistanz machen wollten. Sie hatten noch zwei Freunde dabei, waren ebenfalls mit der Bahn angereist und ließen einfach alles auf sich zukommen. Den sechsten deutschen Starter habe ich dann erst nach dem Zieleinlauf als solchen realisiert, Piotr, 32, aus Köln, mit 9:50 Std. der Sieger der diesjährigen Veranstaltung. Da er als gebürtiger Stettiner bei der Wettkampfbesprechung den polnischen Ausführungen folgen konnte hatte ich ihn als Landsmann nicht wirklich wahrgenommen. Die weiteste Anreise hatte wohl Peter aus Irland, komplettiert wurde das internationale Feld dann durch Martin aus Dänemark und Marko aus Finnland. Dazu waren dann noch etwa 40 Starter aus Polen angereist.
Bei der Wettkampfbesprechung wurden dann die Strecken und die Wechselzonen erklärt, es wurden die Kontrollpunkte genannt, es wurden erklärende Bilder gezeigt... überwiegend in polnischer Sprache, aber auch in Englisch. Das zog sich dann alles etwas hin, es wurde später und immer später, die Tram mit der ich dann zurückfuhr in die Innenstadt bog dann nach zwei Stationen ab ins Depot (der Fahrer hatte wohl Feierabend), ich ging dann die letzten eineinhalb Kilometer ins Zentrum zu Fuß. Als ich dann beim netten Italiener in der Nähe meiner Pension ankam hatte die Küche gerade zugemacht (vielleicht war der Koch ja noch mit dem Straßenbahnfahrer zum Skat verabredet), Murphys Law, oder wie soll man es anders nennen. Ich bummelte dann noch einige Straßen weiter, fand aber auf die Schnelle keine Alternative und kaufte mir dann im Supermarkt (ja die haben in Stettin bis 23:00 Uhr geöffnet) etwas Brot und Wurst und Bier und machte Brotzeit anstelle einer Pastaparty.
Die Vorwettkampfnacht war dann wie üblich sehr schnell vorbei, etwa eine Stunde vor dem geplanten „Weckruf“ wurde ich durch anhaltendes Donnern und Blitzen aus dem Schlaf geholt. Na prima dachte ich, das ist wohl das übliche Morgengewitter, wie am Vortag, nur diesmal etwas früher. Ich fing dann mal an meine Klamotten zu packen, ein leichtes Frühstück zu mir zu nehmen und einen leckeren Instant-Kaffee aus der Pensionsküche zu trinken. Das Donnern draußen hatte etwas nachgelassen, der Regen fiel unverdrossen weiter. Das hatte schon etwas Einfluß auf meinen Gemütszustand, da ich zum Start mit dem eigenen Fahrrad fahren mußte stand schon fest, dass dies kaum trocken gelingen kann, aber irgendwann habe ich mich dem Schicksal gefügt und fuhr durch die verregneten Stettiner Außenbezirke Richtung Schwimmstart.

finisher05
23.06.2013, 16:39
Die Wechselzone 1 hatte der Veranstalter direkt im Eingangsbereich des Strandbades vorgesehen, eine halbwegs ebene gepflasterte Fläche mit einigen Fahrradständern und Bänken und nun zusätzlich mit reichlich Pfützen übersäät und von den darüberstehenden hohen Bäumen wurde der Regen mittlerweile auch ungehindert durchgelassen. Dirk war auch schon gut gelaunt vor Ort und versuchte bestmöglich alles für einen schnellen Wechsel vorzubereiten, ich plazierte mein Rad dann neben seinem, nur um während der Startvorbereitungen noch etwas Ablenkung zu geniessen. Den Rucksack, mit dem ich mein gesamtes „Geraffel“ zum Start transportiert hatte, steckte ich nun stark durchnässt zu meinen „after race“ Klamotten und gab ihn mitsamt den Laufsachen einem Helfer, der ihn hoffentlich zur Wechselzone 2 transportieren würde. Da sich in des Helfers Fahrzeug immer mehr blaue Müllsäcke sammelten schien dies auch alles rechtens. Da noch reichlich Zeit bis zum Start war versuchte ich noch etwas am Wettkampfgewicht zu optimieren und ging ein letztes Mal zur Toilette, mit sehr bescheidenem Erfolg (was soll auch großartiges herauskommen wenn man Morgens zum vierten Mal zum Klo rennt). Beim Weg zurück zur WZ sah ich schon die ersten Starter die den Weg in den See gefunden hatten und ein paar „Aufwärmzüge“ tätigten. Etwa 5 Minuten vorm Start bin ich dann auch mal kurz in den See gesprungen um den Neo „zurechtzuzupfen“ und einen kurzen „Startsprint“ anzutesten. Dann wieder raus aus dem See und Aufstellung bezogen für den Start zum „extremalna sobota 2012“, der als Landstart ausgeführt wird. Es wird ein allerletztes Mal die Schwimmstrecke „erklärt“, vielleicht noch ein paar abschliessende Grußworte an die Teilnehmer gerichtet, alles auf polnisch, und dann geht es endlich los.
Der Schwimmkurs ist ein viermal zu absolvierender Dreieckskurs um zwei Bojenmarkierungen wird links herum geschwommen und im Strandbad geht es dreimal aus dem Wasser und um einen Badesteg herum. Dort wird auf einer Liste erfasst, wer wieviele Runden absolviert hat, dies geht auf Zuruf der Startnummer oder Vorzeigen der auf der Hand aufgemalten Startnummer. In der ersten Runde zieht sich das „Feld“ schon weit auseinander, ich kann mich ganz gut an einem passablen Schwimmer rankämpfen und beschließe dann diesem weiterhin zu folgen. Beim ersten Ausstieg stelle ich dann fest, dass es Dirks Füße sind die mir die „pace“ machen. Während der zweiten Runde habe ich das Gefühl der Regen, der auch vor und während dem Start schon stark war, wäre heftiger geworden und wiege mich mit der Hoffnung, dass es evtl. bald nachläßt oder gar ganz aufhört, aber, weit gefehlt, mit Beginn der dritten Runde setzt ein wirklicher Wolkenbruch ein oder soll ich es eher als „monsunartig“ beschreiben, wie auch immer es war so heftig, dass auch beim Schwimmen schon die Sicht stark beeinträchtigt wurde und ich ganz froh war das wir noch nicht auf dem Fahrrad sitzen. Zur vierten Runde änderte sich nicht mehr viel an den „Wasserverhältnissen“, ich überlegte noch ob uns denn der Veranstalter bei einem aufziehenden Gewitter aus „den Elementen“ gerettet hätte, verwarf aber weiteres Grübeln über „ungelegte Eier“ wieder und konzentrierte mich auf die letzte „Bahn“ zum Schwimmausstieg, dieser Abschnitt war jeweils der längste der drei zu schwimmenden „Schenkel“.
Mit einem verhaltenem „Hurra“ ging es dann aus dem Wasser, über Sand, Wiese und Treppen hinauf zur ersten Wechselzone. Hier hatten sich inzwischen die Pfützen zu einer „kleinen Seenplatte“ verbunden und auch mein Wechselplatz war komplett „Landunter“. Kann nur besser werden, ist das einzige was einen in solchen Situationen noch antreibt, also ruckzuck raus aus dem Neo, Startnummer umgeschnallt, Helm auf, Schuhe an und ab aufs Rad, fast, erst noch schnell alle rumfliegenden Schwimmutensilien zusammen mit dem Neo in den letzten blauen Müllsack gestopft und dann erst ab auf die Radstrecke. Diese beginnt direkt nach Verlassen des Strandbades und der geringe frühmorgendliche Verkehr wird hier von ein-zwei Helfern kurzzeitig gestoppt wenn ein Teilnehmer auf die Strecke geht, das ist dann aber wirklich der einzige regulierende Support auf der Radstrecke, an allen weiteren Kreuzungen, Abzweigungen und Lichtzeichen gilt die Straßenverkehrsordnung. Das hört sich im ersten Moment schlimmer an als es letztendlich ist, die Radstrecke ist wirklich sehr verkehrsarm und auch bei hoher Geschwindigkeit als sicher fahrbar einzustufen. Der Radkurs verlässt Stettin in nordwestlicher Richtung und man folgt etwa 7 Km, teilweise leicht ansteigend, einer Hauptstraße mit einer Ortsdurchfahrt (Ampel) und biegt von dieser dann in einer übersichtlichen Biegung nach links ab (Gegenverkehr beachten). Am Ende der Ortschaft die man nun passiert beginnt der eigentliche Rundkurs, welcher dreimal zu durchfahren ist. Jede Runde ist knapp 54 Km lang, inklusive An- und Abfahrt kommt man auf ausreichend Strecke für eine „Mann aus Eisen“ Veranstaltung. Abrupt ändert sich auch mit Verlassen von Tanowo die Charakteristik der Radstrecke, der Wald öffnet sich und man fährt fast nur geradeaus, die längsten „echten“ geraden Straßen Abschnitte sind wirklich vier-fünf Kilometer lang, aber auch nach einer Biegung geht es dann halt eine etwas kürzere Gerade weiter und Abwechslung durch Anstiege oder Abfahrten gibt es auch keine, man fährt nahezu ständig im gleichen Rhythmus. Nach 15 Km auf der Runde erreicht man dann die Grenze und fährt noch ein paar Kilometer weiter auf eine T-Kreuzung zu. Hier biegt man rechts ab Richtung Hintersee, und dies ist eine der wenigen Stellen an denen Verkehrsregeln zum Tragen kommen. Man fährt leicht abschüssig auf die Einmündung zu (also mit recht hoher Geschwindigkeit), sollte aber zumindest immer bremsbereit sein, da ja Vorfahrt zu achten ist. Ich hatte während meiner drei Runden niemals Verkehr an der Stelle, aber ob das an dem schlechten Wetter am Wettkampftag lag sei dahingestellt. Definitiv verursacht wurde aber der „Stausee“ im Abzweig nach Hintersee, den die Radstrecke direkt am Ortseingang nimmt, vom Dauerregen. Da heißt es dann mit Schwung reinfahren und hoffen, dass sich unterhalb der Wasseroberfläche keine Hindernisse verbergen, und da hätte einiges verborgen sein können. Zweihundert Meter weiter kommt der erste Wendepunkt (einspurige Anliegerstraße), hier muss man komplett runterbremsen und befindet sich dann rechtzeitig zur erneuten Passage der Furt auf Wettkampftempo. An der T-Kreuzung geht es nun weiter geradeaus in Richtung Glashütte, und diesem Stück würde ich jetzt mal das Prädikat „besonders wertvoll“ verleihen. Die Straße schlängelt sich hier leicht wellig und kurvig Richtung zweitem Wendepunkt, der unmittelbar am Ortseingang von Glashütte liegt. Hier fährt man auf einer „normalen“ Landstraße und hat demzufolge etwas mehr Platz für die Wende, entgegenkommender Verkehr aus dem Ort heraus kommt wenn überhaupt sehr langsam heran wegen „mörderischem“ Kopfsteinpflaster, auf dem wir glücklicherweise nicht fahren müssen. Nach der Wende geht es knapp 5 Km zurück zur ominösen T-Kreuzung und hier biegt man nun wieder rechts ab in Richtung Stettin. Kurz hinter der erneuten Grenzpassage zweigt die Strecke dann von der Hauptstraße rechts ab und führt „schnurgeradeaus“ in einen polnischen Weiler namens Stolec, auch hier verlässt man den Wald erst kurz vor Erreichen der Ortslage und als besonderes „Schmankerl“ gibt es auch hier wieder einen tretlagertiefen See in voller Straßenbreite, die Kinder im Ort haben auf jeden Fall sichtlich Spaß uns beim durchqueren der Wasserstelle zu begleiten. Gemeinerweise liegt auch hier der Wendepunkt hinter dem Wasserloch, so dass man dieses in jeder Runde zweimal durchfahren muss. Zurück geht es nun wieder Richtung Hauptstraße und dann rechts ab nach Tanowo zum letzten Wendepunkt. Hier kann man sich dann auch Verpflegung nehmen, man kann seine Trinkflaschen füllen und sich mit Schokoriegeln stärken, aber man muss dafür halt einen kurzen Stopp einlegen, es wird keine Verpflegung angereicht. Nach der dritten Runde läßt man diese Kontrolle dann „links liegen“ und fährt den gleichen Weg zurück, den man vom Schwimmen herfuhr. Es geht nun leicht abfallend zurück nach Stettin, der Verkehr in Richtung Stettin ist nun auch spürbar dichter geworden und zwei kurze Standzeiten an Lichtzeichenanlagen sind mir lieber als stundenlange Diskussionen mit polnischen Ordnungshütern oder, schlimmer noch, ein möglicher Unfall um einige Sekunden schneller auf die Laufstrecke zu gelangen. Den Abzweig zur zweiten Wechselzone sollte man schon kennen, weil Streckenmarkierungen gibt es keine (wobei es größtenteils auch nichts zu markieren gibt) und auch die Einfahrt zur Radrennbahn auf dem Kasernengelände sollte vom Vortag her noch bekannt sein.
In einem Nebengebäude befindet sich dann die Wechselzone, hier bekommt man seinen Beutel angereicht und das Fahrrad wird einem abgenommen, man kann auch „Verpflegung“ aufnehmen (Getränke/Schokoriegel) oder ein kleines Schwätzchen halten. Ich wechsele nur schnell das Schuhwerk und versuche einen guten Trott für den abschließenden Marathon zu finden. Die ersten knapp 2 Km der Laufstrecke führen über moderates Kopfsteinpflaser und marode Fuß- und Radwege zurück zum Badesee und zum Strandbad. Hier ist an einer Kreuzung schon der erste von zwei Verpflegungspunkten, hier werden auch die Laufrunden kontrolliert. Etwa 150m hinter der Verpflegung muß man einmal eine Landstraße queren um zum Seeufer zu gelangen. Hier läuft man dann meist nah am Ufer entlang eine Runde um den See herum. Am Scheitelpunkt der Runde gibt es dann einen kurzen Abzweig zu einem Kontrollpunkt mit einer weiteren Verpflegungsstelle. Die Runde um den See hat 5,6 Km und ist sechs Mal zu laufen, die Verpflegungspunkte liegen knapp 3 Km entfernt voneinander, das ist noch OK, wer mehr Getränke benötigt muss sich eine Trinkflasche o.ä. umschnallen. Gemeinerweise änderte sich bei meiner Teilnahme kurz vor Ende der Radstrecke das Wetter, in der dritten Runde hörte der Regen auf und die Sonne kam nach und nach immer mehr durch die sommerlichen Wolken. Beim Laufen war es dann von unten feucht und schlammig und von oben brannte die Sonne. Das war aber auch nur ein kurzes Intermezzo, auf der letzten Laufrunde zogen wieder dunkle Wolken auf und als ich auf den abschließenden Wendepunktkurs ging der zum „auffüllen“ der Kilometer passend vermessen wurde, fing es auch wieder an zu Regnen. Zuerst nur leicht, auf dem Weg zum Ziel dann doch „spürbar“ und später auch durchaus heftig, da war ich aber schon glücklich im Ziel, aber viele Helfer waren noch auf der Strecke und auch der Großteil der Starter. Im Ziel gab es dann reichlich Verpflegung, man konnte ausgiebig warm duschen und die schmutzige Kruste von den Beinen entfernen, konnte sich mit den anderen „Mitstreitern“ über den Strecken- und Wettkampfverlauf philosophieren, gegen 20:00 Uhr gab es dann auch eine Siegerehrung und kurz danach zerstreuten sich dann auch langsam die Teilnehmer. Ich packte dann auch meinen Kram zusammen und fuhr, genau wie am Morgen, durch den Regen zurück zur Pension.
Diesen Bericht hatte ich letztes Jahr unmittelbar nach meiner Heimkehr schon begonnen und ich war auch Willens ihn schnell zum Ende zu bringen, da ich dachte, den Veranstaltern gebührt ein gehörig Maß an Anerkennung und Lob für ihr Tun. Ich bin auch jetzt, ein knappes Jahr später immer noch der gleichen Meinung, einzig ein Umstand, den ich nicht verschweigen möchte, hielt mich bis jetzt von der Veröffentlichung dieses Erfahrungsberichts ab, es schien als sei der Veranstalter vom Erdboden verschluckt. Beim Zieleinlauf wurde noch gesagt es würden Finishershirts zugeschickt, da sie leider nicht rechtzeitig fertig geworden seien, auf das Shirt warte ich heute noch. Auch gibt es außer der Gesamtzeit vom ganzen Wettkampf keinerlei Zwischenzeiten, das ist aber höchstwahrscheinlich dem hundsmiserablen Wetter geschuldet, ich denke das sämtliche Kontrolllisten nahezu vollständig durchnässt und unleserlich waren, ist zwar Schade, aber lässt sich im Nachhinein auch nicht mehr ändern. „You got what you pay for“ könnte man abschließend zusammenfassen. Ein wenig Logistkservice, eine halbwegs langdistanzwürdig vermessene Strecke, schlichte bis gewöhnungsbedürftige Strecken- und Zielverpflegung, eine Siegerehrung und immerhin eine Ergebnisliste, so könnte man aufs wesentliche reduziert zusammenfassen was der Veranstalter für die 28,00€ bietet, die der Spaß gekostet hat.
Aber das wäre nicht fair, alleine die Organisation, welche ich schlecht abschätzen kann, die Pflege der Infos im Internet, die Motivation der Helfer, es waren nicht viele, aber auch die müssen erstmal für die Durchführung der Veranstaltung gewonnen werden. Alles das wurde mit viel Herzblut erledigt, vom Ausgeben der Startunterlagen bis zur Siegerehrung, und seit kurzem gibt es auch wieder „Aktivität“ auf der Homepage des Veranstalters. Es scheint sich ein neuer Kreis von sportverrückten Stettinern gefunden zu haben die die Veranstaltung auch dieses Jahr in ähnlicher Form durchführen wollen. So wie ich es verstehe werden sich die Strecken etwas ändern, aber genaue Details kann ich noch nicht wirklich herausfiltern, geblieben scheint aber der „unverschämt“ niedrige Preis für dieses Abenteuer.
FAZIT:
Empfehlen könnte ich den Wettkampf ganz klar denen „die schon alles erlebt“ haben, den „einsamen Wölfen“ unter den Triathleten, den „Kommerzialisierungsgegnern“ und den „genügsamen Finishern“, die nicht einen riesen Bohei um ihr Tun machen. Fahrt hin, macht mit, lebt weiter.
Ganz und gar abraten möchte ich den „bestleistungsfixierten allinclusive event“ Athleten, spart euch den Weg nach Stettin, auch wenn die Verlockung groß ist mal einen Wettkampf zu gewinnen, es gibt hier keinen der davon Notiz nehmen würde, der „extremalna Sobota“ ist eher mit einer Radtouristikveranstaltung vergleichbar, jeder der die Strecke schafft ist hier sein eigener Sieger. Sämtliches Tun findet hier unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt, Zuschauer , Fehlanzeige, lediglich im Ziel ein paar wartende Angehörige.
Da ich mich zur ersten Gruppe zähle war für mich das „Gesamtpaket“ unbezahlbar und wie ich schon eingangs schrieb ist der „extremalna Sobota“ jeden Zloty wert.

rennrob
24.06.2013, 22:16
Danke für den schönen ausführlichen Bericht :Blumen:
Das warten hat sich gelohnt.

Danke auch für die Info, dass die Veranstaltung doch wieder statt findet. Ich habe jetzt die Seite gecheckt. Es findet zwar statt aber nicht mehr in der bisherigen Form. Eher als ne Art privater Triathlon Wettkampf (Es gibt ja im Lande keinen Verband der auf die Idee käme es zu verbieten ;) ) Die Teilnehmer müssen für die Verpflegung selbst sorgen. An sonsten bleib es wie gehabt. Die detaillierte Infos folgen noch. Ich finde es toll, dass es sich doch jemand bereit erklärt hat die ehrenamtliche Orga zu übernehmen.

Ich bin gespannt. Persönlich würde ich für meinen LD comeback eher was großes wie Frankfurt bevorziehen aber Stettin werde ich auf jeden Fall machen :Liebe: . Auch wenn's noch warten muss.

neonhelm
24.06.2013, 22:36
Sehr schöner Bericht. Danke. :)

finisher05
25.06.2013, 09:39
Danke für´s lesen;)

Eine gravierende Änderung dieses Jahr ist wohl der "Umzug" zum See. Die Veranstaltung startet nun von der anderen Seeseite, es gibt scheinbar nur noch eine Wechselzone und auch das Ziel ist dann wieder am See.

Das Strandbad fällt somit raus, an der Radstrecke hat sich nichts wesentlich verändert (es fehlt das kurze Stück zur Kaserne, dafür fährt man zweimal das kurze Stück zur Kreuzung an der letztes Jahr die Radstrecke anfing) und die Laufstrecke muß wohl auch neu "berechnet" werden.

Metall775
02.07.2013, 19:41
Vielen Dank für den tollen Bericht :Blumen:
Die Veranstaltung wird auf jeden Fall nächstes Jahr mit in die Planung mit einbezogen :Lachen2:
Ist echt schön zu lesen, dass es auch noch Leute gibt, die sich mit kleinen Veranstaltungen zufrieden geben und nicht diesen MDot Hype brauchen :Huhu:

Viele Grüße

Jens