Vollständige Version anzeigen : Finger geschlossen oder leicht gespreizt?
Moin Zusammen,
man liest ja viel über die richtige Wasserlage, die Atemtechnik, den richtigen Armzug bzw. Beinschlag usw...aber wie sieht es eigentlich mit der Hand oder besser gesagt den Fingern aus?
Heute morgen im Schwimmbad habe ich mich in einer Pause kurz mit einem "Triathlon-Coach" unterhalten. Nachdem er mir eine paar Meter zugeschaut hatte, meinte er, dass man jetzt (nach "neuesten Erkenntnissen") eher wieder dazu übergeht, die Finger beim Schwimmen leicht gespreizt zu halten?! Grund wäre, dass man das Wasser besser "greifen" könne (und die größere Fläche?).
Leztes Jahr in meinem "Kraulkurs für Anfänger" :Cheese: hat man mir noch beigebracht, die Finger geschlossen zu halten, weil man dadurch einen gößeren Widerstand aufbauen kann und man vermeiden soll, dass das Wasser zwischen den Fingern durchströmt. Hmm, also ehrlich gesagt, klingt diese Variante immer noch logischer für mich.:confused:
Oder verhält es sich bei diesem Thema genauso wie bei den Ärzten. Wenn man 2 Leute fragt, bekommt man 3 verschiedene Meinungen! :Lachanfall:
Was meint ihr??
Nobodyknows
11.01.2013, 09:38
Wenn ich dran denke (also selten) schwimme ich mit leicht gespreitzten Fingern. Denn, und das hat man mir auf einem Seminar gesagt, es würde ein Venturi-Effekt entstehen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Str%C3%B6mung_nach_Bernoulli_und_Venturi#Venturi-Effekt
Aber ist wahrscheinlich wie bei eiförmigen Kettenblättern. Die Lehrmeinung wechselt alle paar Jahre. Und so wissen wir, dass wir nix wissen.
Und selbst wenn...über wie viele Sekunden reden wir bei 1,5 oder 3,8k?
Gruß
N. :Huhu:
Wonderboy
11.01.2013, 09:47
Der Biedermann sagt auch, man soll die Finger leicht gespreizt haben. Dadurch bildet sich ein Wasserfilm zwischen den Fingern und die Handfläche wird größer.
Schau mal hier: http://swim.de/training/knowhow/media/video/paul-biedermann-kraulen-wie-ein-profi-20519
Hab mich nach dem Video genau mit deiner Frage auseinander gesetzt und beim Training ein wenig gespiel. Also mal die Finger zusammen, mal nur ein bisschen gespreizt, mal weiter gespreizt. Dabei is mir folgendes aufgefallen:
Bisher hatte ich meine Finger immer ein wenig verkrampft geschlossen. Wenn ich meine Handfläche entspanne, spreize ich automatisch die Finger ein wenig und bekomme so einen besseren Druck.
Hoffe das hilft dir. :Huhu:
Das Problem ist wohl, dass die Finger eher flattern, wenn Du die spreizt, also IMHO der Abdruck suboptimal werden kann. Der Händedruck unseres Schwimmkaders ist jedenfalls inzwischen nicht von schlechten Eltern. Der hat Kraft in den Fingern und diese entsprechend unter Kontrolle.
Gruß
Teste doch mal, inwieweit sich deine Geschwindigkeit ändert, wenn Du 50er oder 100er z.B. mit weit gespreizten, leicht gespreizten oder geschlossenen Händen schwimmst.
Das wär dann der Praxistest, unabhängig, was andere davon sagen/schreiben.
Und verbessert nebenbei das ominöse "Wassergefühl".
Wenn man versucht, die Finger komplett geschlossen zu halten, dann ist das (zumindest für mich) auch gar nicht über lange Strecken machbar. Die Finger verkrampfen, eine lockere Arm- und Handführung über Wasser ist dann unmöglich. Auch ein Argument für leicht geöffnete Finger. Ich habe es (mittlerweile von 3 verschiedenen Schwimmlehrern) so gelernt, dass man die Finger möglichst locker hält und nur in Wasserrichtung entsprechenden Widerstand aufbringt. Bedeutet: Nicht die Finger bewusst abspreizen, sondern locker halten, damit bildet sich automatisch ein kleiner Spalt zwischen den Findern und die Hand kann ganz locker und entspannt in der Überwasser-Phase nach vorne geworfen werden.
DER SPIEGEL (28/2012): "entenfuß-trick beim schwimmen: um schneller voranzukommenist es für wettkampfschwimmer üblich, die finger zu spreizen - allerdings nur ein wenig. wie us-ingenieure nun in einer computersimulation errechnet haben, dürfen die spalten nicht einmal halb so groß sein, wie die finger breit sind. dann legt sich ein wasserfilm um jeden finger, der sich zu einer schwimmhaut schließt - vergleichbar mit entenfüßen. die finger zu spreizen erhöhe die kraft eines schwimmzugs um bis zu 50%, schreiben die forscher im "journal of theoretical biology"."
Biedermann hat recht.
Finger leicht(!) gespreizt. Also so, wie Du Deine Hand locker hältst.
Mache den Versuch auf jeweils 50-100m:
1. Finger fest zusammenpressen.
2. Finger maximal spreizen.
3. Finger locker, leicht gespreizt.
Versuche maximalen Wasserdruck auf die Hand zu bekommen. Mit etwas Feingefühl wirst Du sehr leicht merken, was am besten ist. ;)
Wow...vielen Dank euch allen für die schnellen Antworten und die vielen interessanten Postings :Blumen: Dann werde ich das beim nächsten Mal im Wasser doch gleich mal ausprobieren! :cool:
PS:
Und selbst wenn...über wie viele Sekunden reden wir bei 1,5 oder 3,8k?
...mir ist schon klar, dass dieses Thema nicht gerade "kriegsentscheidend" ist ;) aber weil es heute morgen Gesprächsthema war, hat es mich interessiert, was ihr darüber denkt...und wenn man so wie ich noch in der "Lernphase" ist, dann will man ja wissen auf welche tausend Dinge man noch so alles achten kann beim schwimmen :Lachanfall:
....Und selbst wenn...über wie viele Sekunden reden wir bei 1,5 oder 3,8k?.....
...mir ist schon klar, dass dieses Thema nicht gerade "kriegsentscheidend" ist ;).....
sehe ich nicht ganz so. in der von mir zitierten studie ist von einer kraftersparnis von bis zu 50% die rede. das wären welten (selbst wenn es nur 20% wären).
ich persönlich sehe den zeitgewinn größer als durch einen zeitfahrhelm beim radeln.
Nun ja, das mit der Kraftersparnis von bis zu 50% Lassen wir jetzt mal so stehen. Ich kenne die Studie und die Versuchsanordnung zur Simulation nicht, aber der Wert erscheint mir sehr optimistisch, zumal der Abdruck nicht nur aus den Fingern kommt, sondern auch aus dem Unterarm und den Handballen. (siehe Faustschwimmen)
sehe ich nicht ganz so. in der von mir zitierten studie ist von einer kraftersparnis von bis zu 50% die rede.
Da hast du jetzt aber was völlig falsch verstanden.
Nach der Theorie und der Studie ist eine um 50% höhere Kraft möglich. Da ist wie wenn du beim Rudern ein Ruder mit einem größeren Blatt nimmst.
Diese Kraft kommt aber nicht vom Himmel geflogen, diese Kaft musst du natürlich aufbringen.
Man kann also z.b. effektiver schimmen mit weniger Zügen. Die Kraft die du aufbringen musst bleibt gleich.
MFG
Matthias
HobbyStudent
11.01.2013, 12:25
ich kann gar nicht mit geschlossenen Fingern schwimmen, da fallen mir die Unterarme sonst ab. Ich lass einfach komplett locker, allerdings schwimm ich natürlich auch nicht so schnell, dafür bequem :)
Wenn man versucht, die Finger komplett geschlossen zu halten, dann ist das (zumindest für mich) auch gar nicht über lange Strecken machbar. Die Finger verkrampfen, eine lockere Arm- und Handführung über Wasser ist dann unmöglich.
Ich denke auch, daß das Verkrampfen ein echtes Argument ist. Neben den erwähnten physikalischen Vorteilen von leicht geöffneten Fingern sollte man gerade das Vermeiden, kostet schließlich auch Kraft. Es gibt einen (kostenlosen) Film mit Ute Mückel zum Thema effizientes Schwimmen, da wird gerade auf das Verkrampfen eingegangen und wie man es vermeiden kann...
Wahrscheinlich kann man also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wenn man das so hinbekommt.
Vielen machen aber auch falsch, dass sie mit der Hand drücken oder dem Arm, die Kraft kommt aber eigentlich aus den Schultern und dem Rücken.
Die Hand wird lediglich vom Arm mitgezogen, der Ruder Vergleich ist garnicht so falsch :)
Wenn man falsch schwimmt kann man leicht die Hand oder den Arm überlasten und dann hat man entweder keine Ausdauer oder verkrampft schnell.
LidlRacer
11.01.2013, 14:27
... die finger zu spreizen erhöhe die kraft eines schwimmzugs um bis zu 50%, schreiben die forscher im "journal of theoretical biology"."
Hier ist der Originalartikel:
The constructal-law physics of why swimmers must spread their fingers
and toes (http://www.constructal.org/en/art/yjtbi-Why_swimmers_must_spread_their_fingers.pdf)
Ich verstehe noch nicht alles, aber ein paar Anmerkungen:
Die Finger werden vereinfachend nur durch Zylinder simuliert, Handfläche und Arm werden nicht berücksichtigt.
Daher sind die genannten Zahlen für die Erhöhung der Widerstandskraft insgesamt stark überhöht.
Die irgendwo genannten 53% beziehen sich auf ein Modell mit nur 2 Zylindern (= Fingern). Bei realistischeren 4 Zylindern verhält es sich anders, konkrete Zahlen sind in dem Artikel aber nicht offensichtlich.
Im Artikel wird die höhere Schwimmgeschwindigkeit darauf zurückgeführt, dass man sich höher aus dem Wasser erhebt. Bin nicht sicher, halte das aber für Unfug.
Das sogenannte "constructal law" oder die "constructal theory (http://en.wikipedia.org/wiki/Constructal_theory)" hat Prof. Bejan selbst ge-/erfunden und ist keineswegs allgemein anerkannt. Verstanden hab ich es auch noch nicht.
Hier ist der Originalartikel:
The constructal-law physics of why swimmers must spread their fingers
and toes (http://www.constructal.org/en/art/yjtbi-Why_swimmers_must_spread_their_fingers.pdf)
Ich verstehe noch nicht alles, aber ein paar Anmerkungen:
Die Finger werden vereinfachend nur durch Zylinder simuliert, Handfläche und Arm werden nicht berücksichtigt.
Daher sind die genannten Zahlen für die Erhöhung der Widerstandskraft insgesamt stark überhöht.
Die irgendwo genannten 53% beziehen sich auf ein Modell mit nur 2 Zylindern (= Fingern). Bei realistischeren 4 Zylindern verhält es sich anders, konkrete Zahlen sind in dem Artikel aber nicht offensichtlich.
Im Artikel wird die höhere Schwimmgeschwindigkeit darauf zurückgeführt, dass man sich höher aus dem Wasser erhebt. Bin nicht sicher, halte das aber für Unfug.
Das sogenannte "constructal law" oder die "constructal theory (http://en.wikipedia.org/wiki/Constructal_theory)" hat Prof. Bejan selbst ge-/erfunden und ist keineswegs allgemein anerkannt. Verstanden hab ich es auch noch nicht.
Ohne die Studie gelesen zu haben: Nach dem Versuchsaufbau bzw. der Simulation mit (ggf. 2!) Zylindern ohne Handfläche, Arme, Wasserlage, etc. jetzt quantitativ auf eine Verbesserung der Schwimmgeschwindigkeit bzw. Leistung hochrechnen zu wollen, ist ein wenig weit über das Ziel hinaus geschossen. Schön, dass es jetzt einen wissenschaftlichen Nachweis für die Vorteile leicht geöffneter Finger gibt, aber alles was daraus folgt, ist wohl nicht so ohne weiteres zu übertragen.
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