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Vollständige Version anzeigen : Organspende post mortem


merz
09.08.2012, 23:24
die Aufdeckung der Skandale in den letzten Tagen im Umkreis der Organspende, beeinflussen Die Euch/wuerden die Euch beeinflussen - ich wuerde mal gerne eine Diskussion lostreten (weil mir da etwas unklar ist, aber das mag an mir liegen)


m.

NBer
09.08.2012, 23:25
also post mortem ist mir egal, was mit mir bzw meinen organen passiert.

sybenwurz
09.08.2012, 23:57
also post mortem ist mir egal, was mit mir bzw meinen organen passiert.

Wochen vor dem aktuellen Organspendeskandal gabs nen auf kleinerer Flamme geköchelten, weil diversen Dahingeschiedenen Organe entnommen wurden, obwohl nur ein Arzt, und dies nur ohne unzureichende Prüfung, den Hirntod festgestellt haben wollte...

Also vielleicht iss noch gar nedd wirklich 'post mortem', wennse dir die Organe entreissen...:Cheese:

Edith hat grad noch den Artikel (http://www.taz.de/Stiftung-Organtransplantation-in-der-Kritik/!92935/) in der TAZ gefunden...

KernelPanic
09.08.2012, 23:58
Edith hat grad noch den Artikel (http://www.taz.de/Stiftung-Organtransplantation-in-der-Kritik/!92935/) in der TAZ gefunden...

Und in der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/organspende-am-horizont-11849923.html).

4SeasonBiker
10.08.2012, 09:25
Bisher hielt ich Organspende für eine tolle Sache. Der "Skandal" kümmert mich nicht, aber dadurch habe ich mich mit dem Thema noch mal beschäftigt. Ergebnis: ich habe meinen Ausweis weggeworfen und meine Frau gebeten, dasselbe zu tun. Sie ist zu demselben Ergebnis gekommen.

Der wichtigste Grund: laienhaft dachte ich, dass tot immer tot ist. Allerdings darf man für die Organspende 'nur' hirntot sein, das Herz muss noch schlagen. Wenn es wirklich hart auf hart kommt, möchte ich mich in Ruhe verabschieden und ohne Druck so lange dabei bleiben, wie *ich* möchte - und nicht so lange, wie der Arzt es erlaubt.

Hier (http://www.organspende-aufklärung.de/offener-brief/) gibt es einen offenen Brief, den man als Organspender vielleicht mal gelesen haben sollte.

mimimi
10.08.2012, 14:22
. Ergebnis: ich habe meinen Ausweis weggeworfen...

Vielleicht solltest du dir einen neuen besorgen und dort ausdrücklich drauf vermerken, dass dir keine Organe entnommen werden dürfen. Denn auch das ist möglich und sorgt im Zweifelfall für Klarheit. Wenn du keinen Ausweis hast, werden auf jeden Fall die Angehörigen gefragt.

Ich habe meinen Ausweis noch. Bei dem Skandal ging es ja auch nicht um die Spender, sondern um Bevorzugung bei Empfängern. Natürlich finde ich das nicht gut, ändert meine Meinung, ob ich spenden möchte, aber nicht. Auch die ungerechter Weise bevorzugten Empfänger hatten die Organe sicher dringend nötig.

Und dass man als Spender "nur" hirntot sein muss, ist mir durchaus klar. Das ist ja das Problem an der Geschichte. Nicht jeder Tote kommt automatisch als Spender in Frage.

Problematischer ist natürlich, wenn bei der Feststellung des Hirntots geschlampt wird. Wenn man da jetzt kalte Füße bekommt und es sich als potenzieller Spender anders überlegt, kann ich das durchaus nachvollziehen.
Meine Einstellung ändert es aber nicht. Wenn ich in einer solchen Situation wäre, würd ich doch vermutlich, wenn auch nicht hirntot, dann doch zumindest nicht unversehrt wieder aufwachen. Und bevor ich noch 3 Jahre im Koma dahinvegetier, können sie auch gleich meine Organe sinnvoll weiterverwenden.
Darüber hinaus hoffe ich natürlich, dass solche Skandale die Ausnahme bleiben und in der großen Mehrheit der Fälle der Hirntot ordentlich und von 2 unabhängigen Ärzten festgestellt sowie die Organe "gerecht" (was das auch immer bedeutet) verteilt werden.

sinapur
10.08.2012, 14:36
Auch die ungerechter Weise bevorzugten Empfänger hatten die Organe sicher dringend nötig.




oder die tiefere Tasche. ich glaube nicht das da immer nur medizinische Indikation der Grund war nicht über den regulären Weg die Organe zu vergeben

NBer
10.08.2012, 14:45
Der wichtigste Grund: laienhaft dachte ich, dass tot immer tot ist. Allerdings darf man für die Organspende 'nur' hirntot sein, das Herz muss noch schlagen. Wenn es wirklich hart auf hart kommt, möchte ich mich in Ruhe verabschieden und ohne Druck so lange dabei bleiben, wie *ich* möchte - und nicht so lange, wie der Arzt es erlaubt........

Bei aller romantik des "schlagenden herzen", als hirntoter hast du keinen willen mehr und wirst auch nie mehr einen willen haben. insofern ist nix mehr mit "möchte"......

mimimi
10.08.2012, 15:01
oder die tiefere Tasche. ich glaube nicht das da immer nur medizinische Indikation der Grund war nicht über den regulären Weg die Organe zu vergeben

Vielleicht auch die tiefere tasche, ja. deswegen ja "ungerechter Weise". Aber niemand wird wohl xxx Euro zahlen für ein Organ, dass er gar nicht wirklich dringend braucht...

blaho
10.08.2012, 15:07
Ich habe auch weniger ein Problem damit, meine Organe zu spenden als damit, dass irgendjemand damit noch Profit macht. Und ich persönlich halte das Gros der Ärzte durchaus für korrupter als Politiker. Auch aus der Erfahrung, die ich in ein paar Jahren Arbeit für ein Pharmaunternehmen sammeln konnte.

Wenn irgendwann mal geklärt ist, dass die Leute meine Organe bekommen, die sie am dringendsten benötigen und nicht die, die am meisten zahlen können, dann bin ich dabei.

Wenn ich mir das vorstelle, dass da Graf Rotz von woauchimmer Organe bekommt, ein Prof. Dr. Dr. Handauf sich den xten Porsche verdient und dafür Lieschen Müller den Löffel abgeben muss, dann kommts mir echt hoch.

Dann lieber keine Spender und wir sind zumindest an dieser Stelle alle gleich.

FidoDido
10.08.2012, 15:34
Bei aller romantik des "schlagenden herzen", als hirntoter hast du keinen willen mehr und wirst auch nie mehr einen willen haben. insofern ist nix mehr mit "möchte"......

Schon klar, aber darum geht es nicht, sondern darum, wie genau der Arzt hinguckt, wenn man doch grade ganz dringend eine Leber braucht und der noch-nicht-hirntot-diagnostizierte zufällig einen Spenderausweis hat.


Der offene Brief von oben ist übrigens von einer christlichen Organisation, so weit ich das sehen kann. Auf der Seite findet man z.B. auch "Wie können Ärzte und Christen jetzt helfen?", von daher genieße ich sowas immer mit Vorsicht.


edith hat kurz den Namen der Verfasserin gegoogelt:
Dr. med. Regina Breul
Früher tätig als Chirurgin und Anästhesistin sowie als Medizinalrätin; jetzt als Dozentin am Europäischen Kolleg für Osteopathie. Sehr engagiert in ihrer Pfarrgemeinde.

Und ein Profil bei "Kathspace.de - Katholische Community mit Blogs, Bilder, Videos, Livestsream, Pro Papa, Kontakte ..."

Kathspace, als Antwort auf MySpace? Ich lach mich schlapp :Holzhammer: :Cheese:

NBer
10.08.2012, 16:25
Schon klar, aber darum geht es nicht, sondern darum, wie genau der Arzt hinguckt, wenn man doch grade ganz dringend eine Leber braucht und der noch-nicht-hirntot-diagnostizierte zufällig einen Spenderausweis hat.


Naja, wer davor angst hat, lässt sich auch ne klingel in sarg legen. Oder hat zuviel horrorromane gelesen.

FidoDido
10.08.2012, 17:24
Naja, wer davor angst hat, lässt sich auch ne klingel in sarg legen. Oder hat zuviel horrorromane gelesen.

Ich sag ja auch nichts dazu, wie mehr oder weniger sinnvoll dieser Gedankengang ist.

Aber das ist genau die Kernaussage in dem oben verlinkten "offenen Brief".

Dass irgendwo ja irgendwie doch noch Bewusstsein in einem Hirntoten sein könnte oder der Arzt einfach bei der Diagnose nicht sorgfältig genug war.

Wobei sich mir ehrlich gesagt nicht wirklich erschließt, wie man da Interpretationsspielraum hat. Kein EEG heißt nunmal "weg", oder mache ich mir das zu einfach? :confused:

Fornix
10.08.2012, 18:12
Ich sag ja auch nichts dazu, wie mehr oder weniger sinnvoll dieser Gedankengang ist.

Aber das ist genau die Kernaussage in dem oben verlinkten "offenen Brief".

Dass irgendwo ja irgendwie doch noch Bewusstsein in einem Hirntoten sein könnte oder der Arzt einfach bei der Diagnose nicht sorgfältig genug war.

Wobei sich mir ehrlich gesagt nicht wirklich erschließt, wie man da Interpretationsspielraum hat. Kein EEG heißt nunmal "weg", oder mache ich mir das zu einfach? :confused:

Ja.

0-Linien EEG kannst Du auch bei tiefer Narkose haben oder auch bei einem gewöhnlichen Koma.


Dass irgendwo ja irgendwie doch noch Bewusstsein in einem Hirntoten sein könnte oder der Arzt einfach bei der Diagnose nicht sorgfältig genug war.

Nein. Hirntod "wird definiert als Zustand der irreversibel erloschenen Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Dabei wird durch kontrollierte Beatmung die Herz- und Kreislauffunktion noch künstlich aufrechterhalten."
Wenn also nun die Diagnose Hirntod (und das ist aufwendig!)gestellt wird, ist da nichts mehr was wieder "zurückkommen" könnte. Wenn jemand tot ist, ist er schliesslich auch nicht irgendwie irgendwo noch ein bißchen lebendig.

Ausserdem: "Die klinischen Kriterien zum Nachweis des unumkehrbaren Ausfalls der Hirnfunktion müssen in der Bundesrepublik Deutschland zu verschiedenen Zeitpunkten von verschiedenen Ärzten, die nach den Kriterien der Bundesärztekammer über „eine mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen“ verfügen müssen, bestätigt werden, um den Hirntod zweifelsfrei festzustellen. Sollen dem Patienten nach der Feststellung Organe entnommen werden, so muss die Feststellung des Hirntods durch Ärzte erfolgen, die nicht an der Organentnahme oder der Transplantation beteiligt sind."
Noch viel mehr objektivieren kann man das wohl nicht.

Dieser "offene Brief" führt noch dazu schlicht falsche Fakten und Arbeitsabläufe an und führt so zu einer unnötigen Emotionalisierung einer Debatte, die wie so vieles vor Allem auf sachlicher Ebene geführt werden sollte.

Trimichi
10.08.2012, 18:22
Frankenstein lässt grüßen.

FidoDido
10.08.2012, 20:04
Wie gesagt, das war nicht meine Ansicht, sondern die kurze Zusammenfassung des obigen Briefs.

Dieser "offene Brief" führt noch dazu schlicht falsche Fakten und Arbeitsabläufe an und führt so zu einer unnötigen Emotionalisierung einer Debatte, die wie so vieles vor Allem auf sachlicher Ebene geführt werden sollte.

Also wieder typisches Verhaltensmuster einschlägiger Religionsanhänger, war ja fast zu erwarten.

Vielen Dank für die ausführlichen Erläuterungen und die Objektivierung der Debatte! :)

Meinen Organspendeausweis werde ich jetzt noch besseren Gewissens behalten :cool:

modoufall
10.08.2012, 20:39
Wenn mehr Leute einen Spenderausweis hätten, gäbe es die Organknappheit nicht, die die Ursache der letzten Aufreger ist. Ich habe meinen Ausweis und behalte ihn. (Wer meine Leber kriegt, hat sowieso verschissen).

Edith sagt mir gerade, dass die letzte Aussage prima zu meinem Profilbild passt :-D

sybenwurz
10.08.2012, 22:09
Ausserdem: "Die klinischen Kriterien zum Nachweis des unumkehrbaren Ausfalls der Hirnfunktion müssen in der Bundesrepublik Deutschland zu verschiedenen Zeitpunkten von verschiedenen Ärzten, die nach den Kriterien der Bundesärztekammer über „eine mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen“ verfügen müssen, bestätigt werden, um den Hirntod zweifelsfrei festzustellen. Sollen dem Patienten nach der Feststellung Organe entnommen werden, so muss die Feststellung des Hirntods durch Ärzte erfolgen, die nicht an der Organentnahme oder der Transplantation beteiligt sind."
Noch viel mehr objektivieren kann man das wohl nicht.

Objektivieren vielleicht nicht aber schlicht 'vergessen'.
Hast du meinen Link von oben gelesen?

Fornix
10.08.2012, 22:23
Ich habe ihn gelesen, v.a. den ergänzenden Bericht ganz unten:
" ...bei dem einem unstreitig hirntoten Spender Organe entnommen wurde, obwohl zwar zwei Protokolle über den Hirntod existierten und dies allen Beteiligten bekannt war, allerdings nur eines davon vorlag."

Also wurde - so wie sich mir das darstellt - das 2. Protokoll ganz einfach verschlampt, so what? Bei dem Stress den das KH-Personal tagtäglich aushalten muss kein Wunder.
Hauptsache, es ist niemand zu schaden gekommen und die Sache ist aufgekommen und hat (positive wie ich hoffe) Konsequenzen.

sybenwurz
10.08.2012, 23:01
... und die Sache ist aufgekommen und hat (positive wie ich hoffe) Konsequenzen.

So positiv las sich das nicht, wenn auf Mitarbeiter, die das zweite Protokoll anmahnen, Druck ausgeübt oder ne Kündigung ausgesprochen wird.


Die Düsseldorfer Organentnahme hätte unter diesen Umständen nicht stattfinden dürfen.

Dass sie trotzdem erfolgte, geschah mit Billigung und unter der Verantwortlichkeit des Mannes, der damals wie heute an der Spitze der DSO steht: Günter Kirste, 64 Jahre, Professor für Chirurgie, Medizinischer Vorstand der DSO – und damit qua Amt der Monopolist für Leichenorgane in Deutschland. Wie weit Kirstes Macht reicht, macht der weitere Verlauf des Düsseldorfer Hirntod-Dramas deutlich: Eine Mitarbeiterin aus dem nordrhein-westfälischen DSO-Team, die sich für eine Klärung des Falls stark gemacht hatte, bekam eine fristlose Kündigung zugestellt.

Die Geschichte in Bezug auf 'Monopolist für Leichenorgane' hat für mich dabei nochmal nen umso bittereren Beigeschmack...

Rather-Lutz
11.08.2012, 00:02
Bin und bleibe seit 20 Jahren Organspender und da wird auch der Skandal oder sonstiges was dran ändern.
Von mir aus könnten sie auch in der Uni an mir üben...
Hirntot oder nicht... der Kram berührt mich auch nicht, wenn die Zeit gekommen ist und die können noch was verwenden dann nur zu .

Fornix
11.08.2012, 00:13
Die Geschichte in Bezug auf 'Monopolist für Leichenorgane' hat für mich dabei nochmal nen umso bittereren Beigeschmack...

+1
Monopolstellungen sind in so einem sensiblen Feld bei mangelnder Kontrolle natuerlich abzulehnen.

FidoDido
11.08.2012, 09:05
Monopolstellungen sind in so einem sensiblen Feld bei mangelnder Kontrolle natuerlich abzulehnen.

Stimmt schon, finde ich auch nicht toll.

Aber was kann der Mensch mit Niereninsuffizienz dafür, der dringend eine Spenderniere braucht?

Oder spendest du dann deine Organe bei einer anderen Institution?

Das einzige, was hier vermutlich helfen wird, ist, andere Leute zu informieren und für das Thema zu sensibilisieren oder Unterschriftenaktionen etc., damit das alles besser und vor allem unabhängiger kontrolliert werden kann.

Aber jetzt einfach zu sagen "Das will ich nicht unterstützten, ich spende nicht mehr" trifft leider hauptsächlich die falschen.