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Vollständige Version anzeigen : Jugendabteilung - Ja oder nein, und wenn ja dann wie?


pioto
10.12.2007, 17:20
In unserem Verein steht aktuell die Gründung einer Triathlon-Jugendabteilung zur Debatte. Grundsätzlich sind zwar alle dafür, Kinder zu fördern, über das WIE ist man sich aber alles andere als einig. Ab welchem Alter haltet ihr das für sinnvoll bzw. wie ist es in euren Vereinen geregelt? Trainieren z.B. die 17-jährigen mit den 12-jährigen? Sollten 12-jährige überhaupt schon Triathlontraining machen, oder wäre es besser, sie in der Leichtathletik- und/oder Schwimmabteilung mittrainieren zu lassen.

Die (sehr kleine) Fraktion, die für die Bildung einer Triathlongruppe für Kinder ab ca. 11 Jahre ist, möchte den Gruppengedanken betonen und will in jeder Sportart ihr eigenes Süppchen kochen, d.h. am liebsten eigene Übungszeiten, weil z.B. die Schwimmer gar keine Rücksicht auf die besonderen Belange der Triathlon-Kinder nehmen. Die große Fraktion sagt, dass die Kinder so vielseitig wie möglich Sport treiben sollen, am liebsten auch in anderen Sportarten wie Basketball, Tischtennis etc.pp. reinschnuppern sollten und erst viel später mit strukturiertem Triathlontraining anfangen sollten. Schließlich bestehe auch die Gefahr, die Kiddies zu verheizen. Natürlich spricht nichts dagegen, dass sie die Triathlonsportarten auch trainieren, nur nicht so systematisch und mit Nachdruck.

Der enthusiastischte Fürsprecher der Jugend-Triathlon-Abteilung ist selbst kein Triathlon-Überflieger, hat ca. 3-4 Jahre Triathlonerfahrung (und bei jeder zweiten Radausfahrt einen Platten :Cheese: ) und keinerlei Übungsscheine oder Trainerlizenzen oder wie die genau heißen. Ich weiß nicht, ob eine solche Frage nicht von vornherein rhetorisch ist, aber könnte man die Kinder so jemandem überhaupt anvertrauen?

Würde mich freuen, wenn hier mal einige im Detail aufschrieben, wie das im eigenen Verein gehandhabt wird und mit welchen Regelungen man positive bzw. negative Erfahrungen gemacht hat.

Falls euer Verein schon länger eine Jugendabteilung hat: hören viele der 16-18jährigen wieder mit dem Triathlon auf, oder gar noch früher?

:Danke: im Voraus
pioto

DasOe
10.12.2007, 17:28
Komplexes Thema ...

Meine Meinung,

Kinder und Jugendliche brauchen die besten Trainer
Kinder und Jugendliche werden ruckzuck verheizt, weil sie andere körperliche Voraussetzungen wie Erwachsene haben
Kinder und Jugendliche sind superempfänglich für die Ausbildung ihrer motorischen Fähigkeiten, meint Technik ... also primär das trainieren
Kinder und Jugendliche brauchen adäquates technisches Material und keine Räder von Erwachsenen auf klein getrimmt
und
Kinder und Jugendliche sollen ihren Spaß haben ... der unselige Ehrgeiz kommt später von ganz alleine

Willi
10.12.2007, 23:07
Ola,

hab' das ganze schon hinter mir.
Meine Erfahrung:

Es ist unbedingt notwendig, die Altersklassen "bis elf Jahre" und darüber zu trennen.

Ältere Jugendliche haben entweder bereits eine Sportart (z.B. Schwimmen oder Leichtathletik) - und satteln dann auf Triathlon um. Oder sie haben sich bisher mit Gameboy und Fernseher beschäftigt.
Gleichzeitig wollen Jugendliche in dem Alter bereits richtig "gefordert" werden - sie laufen auch mal gerne Intervalle, sind heiß auf Wettkämpfe, wollen Ergebnisse sehen. Ansonsten wechseln sie wieder zu einer anderen Sportart.
Umgekehrt ist das Resultat in dieser Altersklasse, dass sie sehr heterogen ist - da sind die Schwimmspezialisten, die Laufspezialisten und (seltener) die Radspezialisten.

Unter elf Jahren ist das Training eher spielerisch angehaucht. Da ist weniger der "Schleifer" als Trainer gefragt - hier geht's zum einen darum, die koordinativen Fähigkeiten zu schulen, zum anderen, den Spaß am Sport zu vermitteln. Kinder im Grundschulalter (und knapp darüber) kommen in erster Linie, weil ihre Eltern den Anstoß gegeben haben - oder die besten Freunde im Verein sind.

Kinder unter sieben Jahren sind eher problematisch - weil noch zu verspielt für ein regelmässiges Training. Ausnahmen gibt's natürlich auch.

Ergo: mit sieben bis elf-jährigen eine Nachwuchsabteilung aufbauen - aus der wachsen dann im Laufe der Jahre die Teenies heran, und die sechzehnjährigen unterstützen dann nebenbei im Training der Jüngeren.

Aufpassen: Nachwuchstraining ist erheblich betreuungsintensiver als Erwachsenentraining! Ich frag' mich immer, wie's ein Schullehrer für eine Grundschulklasse hinkriegt - aber wir brauchen für zwanzig Kids immer zwei Trainer gleichzeitig.

neonhelm
11.12.2007, 09:26
Aufpassen: Nachwuchstraining ist erheblich betreuungsintensiver als Erwachsenentraining! Ich frag' mich immer, wie's ein Schullehrer für eine Grundschulklasse hinkriegt - aber wir brauchen für zwanzig Kids immer zwei Trainer gleichzeitig.

Die wünschen sich auch kleinere Klassen... ;)



:offtopic: Wie löst ihr das denn mit den Trainern im Nachmittagsbereich? Die Jugendlichen haben ja länger Schule wie die Kleinen. Mit dem Endergebnis, dass unsere Senioren das Training machen, da die die einzigen sind, die Zeit haben. Nur sterben die langsam weg, was für alle sehr traurig ist... :Traurig:

fitnesstom
11.12.2007, 09:40
schönes thema.
paßt bei uns im verein momentan auch wie die faust aufs auge. seit 2 monaten "ironkids" abteilung aufgebaut. mittlerweile ca. 15 kinder zwischen 6 und 12 jahren, tendenz steigend. alle heiß wie frittenfett.... völlig unterschiedliche voraussetzungen.
momentan ist fr schwimmtraining und samstags um 12 (paßt terminlich den kids als auch den erwachsenen trainern) sehr gut. jeweils eine stunde.
lauf- und radtraining geschieht auf einer 1km runde auf asphalt/waldwegen. hier legen wir wert auf techn. dinge (radbeherrschung, absteigen laufend schieben, freihändig fahren). laufen auf der gleichen runde . schwerpunkte hier sind lauf-abc, sprints, staffelläufe, koordination. zum abschluß immer kleiner wettkampf:
duathlon, zeitfahren, staffel oder ähnliches.
im nächsten jahr wollen wir an kinder und schülertrias teilnehmen sowie kinderläufen. (hier unbedingt auf alter achten).
ich glaube, daß man noch nicht zu lange sachen trainieren sollte, sondern eher auf grundschnelligkeit und technik achten sollte.
desweiteren bin ich der meinung, daß andere sportarten durchaus hilfreich sind, nichts aber effektiver ist als schwimm- lauf- oder radtraining. ich würde einem kind, daß fußball spielen will, auch nie raten, zum tischtennis oder ins ballett zu gehen.

bin auch für jeden tipp dankbar!

Willi
11.12.2007, 11:11
Wie löst ihr das denn mit den Trainern im Nachmittagsbereich? Die Jugendlichen haben ja länger Schule wie die Kleinen. Mit dem Endergebnis, dass unsere Senioren das Training machen, da die die einzigen sind, die Zeit haben. Nur sterben die langsam weg, was für alle sehr traurig ist... :Traurig:Die einzelnen Trainingseinheiten werden von mehreren Leuten im Wechsel betreut. Einmal im Monat kann so ziemlich jeder mal früher aus der Arbeit raus ...

FinP
11.12.2007, 12:35
Die einzelnen Trainingseinheiten werden von mehreren Leuten im Wechsel betreut. Einmal im Monat kann so ziemlich jeder mal früher aus der Arbeit raus ...

Das ist meines Erachtens für Nachahmer nicht geeignet. Kinder und Jugendliche brauchen einen Trainer (m/w egal), der eigentlich immer ansprechbar ist, immer die Wochenende vertingelt usw..
Wenn jeder irgendwie und keiner richtig engagiert ist, dann lasst es (alles nur mE) lieber bleiben.

Das Resultat: Nur wenige sind zum einen fähig, eine Jugend-/Kindergruppe zu betreuen und dann auch noch bereit, eigene Ambitionen in gewisser Weise an den Nagel zu hängen. Kompromisse machen auf Dauer in dem Bereich leider keinen Sinn: Also lieber die Kinder zweimal die Woche zum Fußball-/Handball-/Judotraining und die restliche Woche auf dem Bolzplatz austoben lassen - Triathlon ist ein schöner Sport, gerade auch weil man viel Spaß haben kann, wenn man erst später damit anfängt.

Pippi
29.08.2015, 20:59
Ich bin seit Ende März Hilfstrainier bei einer neu gegründeten Triathlonnachwuchsgruppe.

Die Kids sind zwischen 10 und 17 Jahre alt.
Wir legen viel Wert auf Technik, spielerische Elemente und Spass.
Einmal in der Woche gibt es ein Schwimmtraining sowie ein Lauftraining.
Einmal im Monat ein Samstagmorgentraining mit Bike/run.
Die grösste Teil ist im Bikeclub dabei.

Es ist erstaunlich wie sich die Jungs und Mädels entwickelt haben. Es kommen viele von einer anderen Sportart und bringen ihre Fähigkeiten rein. Der Teamgeist ist auch immer besser spürbar und sie sind auch sehr erfolgreich, ich schätze die Podestquote um die 30%.

Auch wenn viele ehrgeizig sind, ist es uns auch ein wichtiger Punkt, die Jungs und Mädels nicht zu verheizen. Wenn's sie mal einen müden Tag haben, sollen sie das Training aussetzen. Und sie sollen warten bis ein schnelles Fahrrad kaufen, das gibt ihnen dann später noch einen zusätzlichen Motivationsschub.

Ein 14 Jähriger ist heute Schweizermeister im 2000m Lauf geworden mit einer Zeit von 6,03 :)

niksfiadi
29.08.2015, 23:15
Danke für die Infos bis hier. Bin da auch gerade gefordert. Habe letztes Jahr das Vereinstraining, das eigtl. für uns alte Säcke gedacht war, in der Halle geleitet. Und im Frühjahr waren dann keine alten Säcke mehr da, sondern nur mehr die Kinder der alten Säcke, hauptsächlich Mädels.

Jetzt drängt sich die Frage auf: Wie soll ich dem alleine beikommen? Einen Schwimmtrainer hab ich bei der Hand, eine 18jährige ehemalige Schwimmerin ist auch mit dabei. Die haben beide zugesagt.

Ich kann aus zeitlichen Gründen nur einmal pro Woche ein Training anbieten, einen Platz dafür hab ich bei uns in der Schule: Da ist eine Halle und ein Hartplatz und ein großer Park, mit einer 400m Crosslaufrunde. Den haben wir im Frühjahr schon fleißig genutzt. Als Sportlehrer hab ich da natürlich genug Ideen und Materialien, um die Kids 2h ordentlich zu fordern. Ein paar Mal sind wir auch raus laufen gegangen, aber da geht die Schere soweit auseinander, dass es schwierig ist, das zu koordinieren ohne meine Aufsichtspflicht zu verletzen.

Meiner Meinung nach gibt es bis 16 Jahre zwei wichtige Themen:
1. Technik, Technik, Technik. Davon werden die schnell.
2. lange, langsame, aber lustbetonte Einheiten.

1. kann ich gemeinsam mit dem Schwimmtrainer und den alten Säcken, die ich da und dort mal einspanne, halbwegs abdecken.

2. kann ich nicht abdecken. Das müssten die Eltern machen, was die aber garantiert nicht tun. Evtl. kann man 1x/Monat etwas längeres gemeinsam machen: Bergtour, Mountainbike, ... RR haben die Jugendlichen nicht.

Im Grunde geht es mir darum, erstmal das Feuer soweit zu entfachen, dass sie sich aus eigenem Antrieb mit dem Triathlon auseinandersetzen und sich motivieren. Ich kann kein Leistungszentrum Triathlon anbieten und jedes Training läuft über mich. Die müssen von sich selbst aktiv werden. Als Ziel hab ich eine (2,3,...) Jugendstaffel(n) beim hiesigen Sprinttriathlon im Juni ausgerufen.

Meine eigenen Kinder sich auch dabei und mitunter die ehrgeizigsten. Deswegen ist mir die ganze Sache schon ein großes Anliegen und ich hab mich selbst auch dazu entschieden, etwas zu geben, was nicht selbstverständlich ist.

Ich werde jetzt einfach mal einen Schwimmkurs organisieren, dazu ca. 1x/Monat eine gemeinsame Herbstwanderung (evtl. Mountainbike) ausrufen und das wöchentliche Donnerstagstraining leiten. Ich denke, damit hab ich getan, was man von mir verlangen kann? :confused:

Nik

Running-Gag
30.08.2015, 08:00
Nichts für ungut aber du bist doch sport Lehrer!? Wie kommst du dann zu deiner 2. Aussage?
Ausdauer ist erst ab etwa 18 Jahren das primäre was trainiert werden sollte. Ansonsten Technik bis 16. Und ab 14 Schnelligkeit und Kraft.
Deshalb würde ich keine langen Einheiten machen...
Lass sie doch Mensch ärgert dich nicht spielen. Ein großes Viereck und innen drin 4 Mannschaften und pro Mannschaft 1 Würfel. Dann würfelt der erste pro Mannschaft schiebt seine Figur der Anzahl nach weiter und läuft die runden entsprechend außerhalb des Viereck bis er fertig ist und dann würfelt die nächste.
Fördert Kraft und etwad Intervall mäßig. Jenachdem wie groß das Viereck auch Ausdauer.
Und dann spielerisch Kraft Übungen bzw stabi wie z.b. liegestütz Duell. 2 Personen im liegestütz gegen einander alle in einer Reihe. Auf pfiff versucht man 3 x dem anderen auf die Hand zu klatschen ohne selbst getroffen zu werden. Sieger rückt eins auf Verlierer eins ab. So kämpft man auch gegen andere.
Ausdauer kannst du immer noch mit ner Rad Tor alle 2 wochen oder so trainieren. Und wenn jemand mit 16 so talentiert ist kann wer auch (manchmal) bei den alten �� mit trainieren

NBer
30.08.2015, 10:31
wer sich mit nachwuchstraining beschäftigen möchte, sollte einmal ins rahmentrainingskonzept für den nachwuchs der DTU reinschauen: http://www.dtu-info.de/home/training/aus-und-fortbildung/lehrmaterialien.html
auf derselben seite findet man auch eine schulsportbroschüre "triathlon im schulsport", was gerade fürs kindertraining gute hinweise und auch spielerische umsetzungen beinhaltet.
da ich das glück habe, hauptberuflich in einer triathlonnachwuchsabteilung zu arbeiten, könnte ich ganze abhandlungen darüber schreiben. ein paar sachen, die mir spontan einfallen:
- ist genügend qualifiziertes und auch längerfristig engagiertes personal vorhanden?
- wie ist die ausrichtung des vereins? spaß- oder leistungsorientiert? das meint jetzt nicht die trainingsinhalte, sondern mehr die methodische/organisatorische ausrichtung des trainings. leistungsorientiertes nachwuchstraining erfordert zb deutlich mehr schwimm- als radtraining. und das schwimmtraining muss hochqualitativ sein, was nicht nur gute trainer, sondern auch viel wasserfläche verbunden mit einer überschaubaren anzahl von kindern und die auch noch aufgeteilt in leistungshomogene gruppen bedeutet. kann oder will der verein das bieten? nimmt man zu viele kinder auf, vermischt leistungsschwache und leistungsstarke kinder, kann das training immer noch spaß machen, aber hemmt natürlich die leistungsstarken kinder in der entwicklung (und nimmt diesen dann irgendwann auch den spaß, da sie nicht ausbelastet werden).
- können trainingszeiten angeboten werden, die mit den schulzeiten (bei jugendlichen) und den arbeitszeiten der eltern (kinderbereich) korrespondieren? im kinderbereich werden die athleten zu 99% von den eltern zum training gebracht und wieder abgeholt.
- sich darüber klar werden, ab welchem alter konkret man anfangen möchte. je jünger desto mehr wasserfläche wird benötigt (siehe oben). im kinderbereich hat man große gruppen und große leistungsunterschiede. im jugendbereich nivelliert sich das ganze etwas (kleinere gruppen, leistungen nähern sich an), dafür muss dort dann mehr trainiert werden.
- abraten würde ich von einem training in den einzelsportarten, ausgenommen schwimmen im kinderbereich, da auch das kindertraining im triathlon überwiegend aus schwimmtraining besteht.
machen wir uns nichts vor, jeder sportartentrainer hat dann nur seine sportart auf dem schirm, niemand das große ganze. gerade in der belastungssteuerung kann das dann irgendwann zu einem problem werden. wir ärgern uns zb schwarz, wenn wir für nachmittag eine ga2 laufeinheit geplant haben, und der sportlehrer der schule vormittags eine 3000m leistungskontrolle ansetzt. das schmeißt dann unsere planung über den haufen, da wir dann nachmittags natürlich nicht auch noch was hartes machen können. und das ist nur der schuleinfluss, wie siehts da erst mit 3 konkurrierenden sportarten aus.
dazu kommt dann vll irgendwann zb das persönliche interesse eines disziplintrainers, sollte sich der athlet als talent in seiner sportart herausstellen.
- auf das engagement der eltern bauen. viele eltern sind bereit einiges für den sport ihrer kinder zu tun. vor allem bei wettkampffahrten oder aktivitäten neben dem normalen training die eltern mit einbeziehen.
- luxusproblem: sich überlegen ob man bereit wäre den besten athleten oder die beste athletin an einen stützpunkt abzugeben, wenn die bedingungen (wasserzeiten, trainingsgruppe) für eine weiterentwicklung nicht mehr gegeben sind. das fällt vielen vereinen schwer, weil es oft in den zeiten aktuell wird, wenn die athleten deutschlandweit vordere plätze belegen können und sich natürlich jeder verein das gern selbst an die backe heften möchte. dann muss man sich entscheiden...will ich das beste für den verein, oder für den athleten.

das sind nur ein paar punkte die mir sonntag vormittag spontan einfallen. bei konkreten fragen stehe ich auch gern per PN zur verfügung.

niksfiadi
30.08.2015, 20:30
Nichts für ungut aber du bist doch sport Lehrer!? Wie kommst du dann zu deiner 2. Aussage?


Ganz einfach. Weil das in jeder Abhandlung über Jugendtraining steht. Lange langsame Inhalte, dazu Technik. 1. Methodischer Grundsatz im Kinder- und Jugendtraining: "Umfangsbetontes Ausdauertraining hat vor einem intensitätsbetonten zu stehen." (J. Weineck)

Das steht zumindest in meinen Skripten aus der Sportausbildung. Ich glaube du verwechselst "Ausdauer" mit "Kraftausdauer". Diese langen Bewegungseinheiten sind mMn auf keinen Fall falsch, weil sie einfach gesund sind, das Immunsystem stabilisieren, die aerobe Kapazität, die Bewegungsökonomie, die Kapitalisierung etc. verbessern. Dazu dann im Zuge des Techniktrainings die Schulung der richtigen Bewegungsmuster (Koordination) und wenn diese dann passen, die Arbeit an der Schnelligkeit und später dann an der Kraft.

Die Spieleformen, die du beschreibst, sind mir allesamt bekannt und fanden regelmäßig Platz in meinem Trainingsprogramm. Dazu noch viele andere. Glaub mir: Nach 15 Jahren Sportlehrer hat man schon einen Ahnung ;)

Wenn dieser Aufbau nicht mehr stimmt, dann bitte ich um ernsthafte Belege.

@Nber: Danke! Ja, das sind alles Dinge, die ich nur schwer beantworten kann. Wie ich beschrieben hab: Eigtl. sind wir ein Altherrenverein mit regem Hobetten- und Quereinsteigerzuwachs. Es hat sich halt alles so ergeben. Es wird diesen Herbst sicherlich noch die eine oder andere Sitzung dazu geben und ich werde da mal versuchen, etwas Klarheit zu schaffen. Danke auch besonders für den Link!

Nik

ThomasG
30.08.2015, 20:39
Was mir beim Überfliegen des Fadens direkt aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass viele in erster Linie an talentierte Nachwuchstriathleten zu denken scheinen und diesen eben sehr gute Bedingungen geben wollen ihr Talent möglichst weit ausreizen zu können. Es stimmt natürlich, dass ein verfrühtes, relativ umfangreiches Ausdauertraining Potenzial raubt oder rauben kann, weil man eben bei hohen Umfängen kaum die Grundschnelligkeit verbessern kann und ein Techniktraining auch sehr schwierig ist. Tja - ich bin sehr langsam und war das schon immer. Ich habe mit 16 Jahren angefangen sehr viel Ausdauersport zu treiben. Das hat mir einfach am meisten Spaß gemacht und am meisten gegeben. Nach gut zwei Jahren also mit knapp 19 Jahren lief ich den Marathon erstmals unter drei Stunden. Ein Jahr später in 2:49 h. Mir hätte Vereinstraining mit wesentlich grundschnellern Leuten (keine Kunst, ich bin richtig lahm) nie im Leben auf Dauer Spaß gemacht. Da hätte ich mich abgewendet, denn wer steht schon darauf dauernd vorgeführt zu werden oder zumindest das Gefühl zu haben? Im Ausdauersport kann man durch Fleiß auch mit relativ wenig Talent ziemlich weit kommen. Es gab und gibt solche Leute wie ich und die sollte man auch fördern.

Gruß Thomas

NBer
30.08.2015, 22:23
.....Da hätte ich mich abgewendet, denn wer steht schon darauf dauernd vorgeführt zu werden oder zumindest das Gefühl zu haben?....

deswegen sprach ich von leistungshomogenen gruppen. denn sieh das mal von der anderen seite...die schnellen müssen immer auf die langsamen warten, können nie ihr wahres leistungsvermögen zeigen, stehen zb mehr am beckenrand rum, als das sie schwimmen. das frustriert die genauso und auch die wenden sich dann ab.
deswegen muss die ausrichtung des vereins auch klar sein, und auch klar mit den eltern der kinder und später den jugendlichen kommuniziert werden. oder man hat so viel übungsleiter an der hand und wasserzeiten, dass man alle leistungsklassen abdecken kann.

noam
30.08.2015, 22:28
Interessant dass die integrative Gesamtschulidee hier im Sport relativ eindeutig abgelehnt wird.

Goldfrosch
30.08.2015, 23:56
Ich sehe da keinen Widerspruch.

Weil sich im Sport die Leistung nunmal komplett offensichtlich und empirisch vergleichen lässt. 3:00 auf 800m sind halt nunmal schneller als 3:30. Zudem geht es im Sport auch primär um Leistung (im Rahmen des fair play, natürlich). Der Ansatz wäre nur verkehrt, wenn dazu vermittelt werden würde, dass die langsameren weniger "wert" sind anstatt dass jeder halt andere Stärken und Schwächen hat.

In der Schulpädagogik hat neben der reinen "Leistung" z.B. bei Klassenarbeiten logischerweise die soziale Komponente einen riesigen Stellenwert. Einen Nachwuchs aus Profis im Vokabeln lernen und Kopfrechnen, aber dafür kompletten Sozialkrüppeln ohne Empathie wäre sicher möglich, würde aber keine Gesellschaft voranbringen.

niksfiadi
31.08.2015, 09:01
Interessant dass die integrative Gesamtschulidee hier im Sport relativ eindeutig abgelehnt wird.

Das ist ein sehr interessantes Thema. Hier in Ö haben wir unter Mittelschulpädagogen momentan dazu eine heiße Diskussion. Grundlage dazu ist der Umstand, dass mit der flächendeckenden Umstellung der Hauptschule in die Neuen Mittelschule (in Ö), die Leistungsgruppen in den Hauptgegenständen Mathematik, Deutsch und Englisch abgeschafft wurden.

In den Nebengegenständen, wie dem Sportunterricht, gab es diese Leistungsgruppen nie. Da allerdings jeder Mittelschullehrer eine Fächerkombination aus Haupt- und Nebengegenständen studiert und unterrichtet, hat sich der Leistungsgruppengedanke stark verwurzelt.

Paradebeispiel in der österreichischen Diskussion ist immer der Skikurs. Dort haben wir verständlicherweise die Schüler genauso in Leistungsgruppen unterteilt. Ja klar, weil das ist auch besonders doof, wenn die schnellen immer auf die Anfänger warten müssen.

Da ich seit Jahren jährlich Skikurse mit bis zu 100 Schülern organisiere und vor Ort leite, hatte ich letztes Jahr mit einem jungen und innovationsbereiten Team die Idee, zumindest in Ansätzen ein heterogenes Konzept auszuprobieren.

Und siehe da: Im Übungsbetrieb funktioniert das wunderbar! Alles was man dazu braucht ist eine Piste, die verschiedene Schwierigkeiten und Möglichkeiten anbietet, dazu einen Lift, der leicht zu handhaben ist. Diese haben wir im Skigebiet vielfach (!) vorgefunden. Und dann mussten wir von der "Instruktion homogener Gruppen" weggehen und neudenken: Individuelle Zielvorgaben, Skilehrer als "Lernbegleiter" (vs. Instruktor), offene Organisationsformen, etc. Für uns Pädagogen war es sehr anstrengend und wir mussten sehr mutig sein. Abends saßen wir beisammen und haben unser Hirn mit Übungsformen angestopft. Ich hatte nämlich die Prämisse ausgegeben, nicht über Fehler zu korrigieren (=ständiges bewerten), sondern meine Idee war, dem Schüler immer die Übung anzubieten die er in dem Moment braucht, um weiterzukommen, inkl. kurzes Vorfahren der Zielbewegung. Dafür muss man als Trainer sehr genau hinschauen.

Unterm Strich war es für alle Beteiligten eine sehr spannende Erfahrung und zwei Punkte waren auffallend:

1. Der durchschnittliche Lernerfolg war erheblich höher als im alten System (Lehrer fährt einer "homogenen" Gruppe Übungen vor).
2. Auch die Anfänger und "schlechten" Skifahrer hatten viel mehr Spaß. Viel mehr. Früher war der Skikurs für manche immer ein traumatisches Erlebnis, weil sie ihrer "homogenen" Gruppe einfach nicht nachkamen und hinterher purzelten.

Ich glaube nämlich mittlerweile, dass es die "homogene" Gruppe der gleich guten nicht gibt. Eine Gruppe Schüler kann vielleicht ziemlich gleich schnell skifahren (zumindest über einen begrenzten Zeitraum), aber jeder einzelne in der Gruppe braucht individuelle Betreuung, um sein Können weiter zu verbessern (=Individualisierung).

Hat jemand von euch schon Erwachsenen Kraulen gelernt? 10 Erwachsene auf einer Bahn? Heterogener gehts fast nicht. Ich hab hier einen Schwimmlehrer an der Hand, der das super auf die Reihe bekommt.

Genauso kann man ein Lauftechniktraining organisieren. Dazu Spielformen, die individuelle Belastungssteuerungen zulassen. Bekommt man ein paar Spinningbikes, ist dies auch am Rad sehr leicht möglich. Jeder Spinningkurs ist extrem heterogen.

Es braucht halt ein Umdenken der Trainer und es ist zu Beginn sehr aufwändig. Dazu muss das Hauptaugenmerk der Trainer der Motivation gelten und irgendwie sollte es langsam aber immer mehr dazu kommen, dass die jungen Athleten von sich aus kommen, getrieben vom eigenen Antrieb besser zu werden. Die Freude am eigenen Gelingen ist dafür die beste Droge.

Vielleicht bin ich Idealist und scheitere mit meiner Jugendgruppe kläglich. Da ich aber nun schon länger in diesem gedanklichen Kontext arbeite und sich Erfolge einstellen, bin ich immer noch gut motiviert :)

Nik

qbz
31.08.2015, 12:17
Wenn dieser Aufbau nicht mehr stimmt, dann bitte ich um ernsthafte Belege.



ich war von ca. 10 bis 16 in einem Zürcher Schwimmverein in der Schweiz in den 60ziger Jahren.

Ich kam über einen Kraulkurs, den der Verein zu Werbezwecken anbot, in den Verein und zum Leistungsschwimmen. Ab 12 Jahren trainierten wir zusammen mit den besten Senioren (Podestplatzschwimmer), ca 20-25 insgesamt, und wir absolvierten fast dasselbe Programm, was bei diesem Trainer in der Mehrzahl der Einheiten aus reinem Intervalltraining bestand und im Winter (weil es da weniger Schwimmzeiten im Hallenbad gab) ergänzend 2x mal Circletraining in der Woche. Der einzige Unterschied bestand eigentlich im Training mit Gewichten, jedoch Liegestütze, Klimmzüge waren im Circletraining für alle dabei. Ich fand das damals sehr gut, man hatte immer den Vergleich zu den Besten und lernte dadurch eine Menge, ausserdem gab das auch Motivation. Die Ergebnisse bei den Junioren waren auf jeden Fall deutlich besser als bei den Trainern, die damals noch kaum Intervalle schwimmen liessen. Aber im Schwimmsport, wo oft auch Minderjährige Rekorde schwimmen, ist das vielleicht mit dem Intervalltraining für Jugendliche anders??

NBer
31.08.2015, 15:56
Das ist ein sehr interessantes Thema. .....

schöner beitrag. leider passt deine erfahrung nicht ganz, da es bei dir (bzw beim skifahren) um eine reine lernerfahrung geht, um techniktraining. das kann ohne zweifel auch mit inhomogenen gruppen durchgeführt werden, mit dem aufwand, den du schon beschrieben hast.
was dort eben nicht zum tragen kommt, ist die physische leistungsfähigkeit der sportler/kinder/jugendlichen. weswegen ich die aussage "es gibt keine homogenen trainingsgruppen" so nicht stehenlassen kann. gerade zb im schwimmen kann homogenität knallhart an leistungen bzw zeiten festgemacht werden. das dort nicht alle auf dem technsich selben level schwimmen, ist eine ganz andere frage, die aber für den organisatorischen ablauf des trainings nicht so entschiedend ist, wie das leistungsvermögen.
in deinem fall musst du dir vor augen führen, dass es zb feste liftabfahrzeiten gibt, die es einzuhalten gilt, oder das die schnellsten am lift maximal 30 sekunden warten sollen und das alle auf derselben piste trainieren müssen. so sind die bedingungen nämlich in der schwimmhalle.

......Da ich seit Jahren jährlich Skikurse mit bis zu 100 Schülern organisiere
.
.
.......... Individuelle Zielvorgaben, Skilehrer als "Lernbegleiter" (vs. Instruktor), offene Organisationsformen, etc.

darf ich das so verstehen, dass ihr bis zu 100 personen individuelle pläne gebt? sie individuell begleitet? wieviel betreuer seid ihr dort???
das kann ich mir kaum vorstellen. ich denke ihr habt es dann nur auf relativ kleine (dann doch) homogene gruppen runtergebrochen.