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Vollständige Version anzeigen : Motivationslöcher vermeiden - wie?


Jonna
16.06.2012, 07:06
Wenn ich grossen beruflichen und/oder privaten Stress habe, wie das in den letzten zwei Wochen leider mal wieder der Fall war, bekomme ich regelmässig Probleme, mich fürs Training zu motivieren. Ich fühle mich dann einfach ausgelaugt - nicht körperlich, sondern vom Kopf her. Obwohl ich weiss, dass mir lockeres - statt gar kein - Training gerade dann gut täte. So habe ich immer wieder Phasen, in denen ich äusserst reduziert trainiere. Fortschritte macht man so natürlich kaum.

Wenn ich hier mitlese, habe ich den Eindruck, dass es einige gibt, die immer wieder ehrgeizige Pläne schmieden, die sie dann mental und/oder körperlich nicht packen. Kommt mir bekannt vor. Andere schaffen es offenbar, ihre Motivation auf einem einigermassen konstanten Level zu halten. Wie macht Ihr das?

Ich wäre Euch dankbar für Tipps und Tricks, wie sich diese Einbrüche im Training bzw. Motivationslöcher vermeiden lassen.

Ach ja: ich bin überhaupt kein Wettkampftyp, das taugt also nur begrenzt als Motivator.

Nobodyknows
16.06.2012, 07:58
Ich erlaube mir beruflichen Stress weitgehend nicht zuzulassen.
Dies geschieht regelmäßig dadurch, dass man laut und vernehmlich "Nein" sagt. Denn in meiner Firma läuft einiges schief. Warum soll ausgerechnet ich mir aufbürden lassen, diese Firma zu retten?

Wenn z. B. zu mir ein Projektmanager kommt und will das und das zu jenem Zeitpunkt erledigt haben, damit er in seinen wöchentlichen Reviews mit seinen Chefs gut aussieht....geht mir das ziemlich weit am A.... vorbei.
Natürlich muss man dann ggf. mit seiner "Eskalation" umgehen können. Ich stelle dann die Fragen, was ich dafür an anderer Arbeit liegen lassen soll und wie ich alles in meiner arbeitsvertraglich geregelten Arbeitszeit erledigen soll. Danach findet sich meist auch eine für mich akzeptable Lösung. ;) Zugegeben: Ich bin mit einer 25-jährigen Betriebszugehörigkeit ausgestattet. ;)

Wenn du also nicht ohne dein jetziges Gehalt gleich in Hartz4 abstürzt, wenn du kein Haus abbezahlen musst (wirst du irgendwann das Haus besitzen, oder besitzt das Haus dich?) wenn du nicht selbständig bist oder im Unternehmen der eigenen Familie arbeitest...solltest du nach beruflichen Alternativen schauen....ggf. auch nach schlechter bezahlten.

Gruß
N. :bussi:

JENS-KLEVE
16.06.2012, 08:07
Jedes jahr mache ich im Herbst trainingspause. da trainiere ich gar nicht und mache auch keine wettkämpfe. Im November steige ich dann mit 100/100 von triathlon-szene wieder locker ein und starte in den Winterferien mit Radtraining. Bis anfang Juli trainiere ich dann volle Möhre alles was geht, weil ich auch richitg bock habe. Nach roth lasse ich es ganz locker angehen und nehme noch ein paar wettkämpfe mit. Ab september lege ich wieder die füße hoch.

diese 2,5 monate Pause tun mir und meinem körper unheimlich gut, und sorgen dafür dass ich jedes jahr richitg heiss auf Training bin.

Trimone
16.06.2012, 09:51
Hallo Jonna

Ich mach es eigentlich wie Jens obwohl ich nicht so lange Pause mache.

Ich habe ganz selten mal Motivationsprobleme weil ich immer mein Ziel vor Augen sehe. Wenn ich mal keine Lust auf eine bestimmte Trainingseinheit habe, dann tausche ich.

Ich zieh mein Ding eigentlich immer durch, weil ich dann bei mir weiß das ich mich dann abends Mega über mich selber ärgere.

Und ein schnelles Läufchen geht immer und baut Stress ab :Huhu:

amontecc
16.06.2012, 10:22
nobodyknows hat Recht: Beruflichen Streß sollte man nicht zulassen. (den schlechten Stress meine ich). Wie das richtig geht, versuche ich auch noch herauszufinden. Eine Methode ist die bereits dargelegte.
Mit privatem Stress ist manchmal schwierig umzugehen. je nachdem wo er herkommt. Man sollte Dinge einfach gelassen nehmen, die man nicht ändern kann.
Wenn der Lebenspartner den Stress macht und trotz Versuche und Gespräche sich nichts ändert: Es gibt auch andere...

In schwierigen Phasen kann aber eine kleine Trainingseinheit dazu beitragen, den Kopf freizubekommen/ zu sortieren. Dann aber den Ehrgeiz zu Hause lassen und sich nicht dabei auch noch Stress machen!

-MAtRiX-
16.06.2012, 10:29
Ich würde genau den Stress analysieren woher dieser kommt.

Ich war oft etwas gestresst bzw. angepisst wenn noch etwas auf dem Trainingsplan stand und auf der Arbeit ein unabsehbares Ende war durch z.B. eine Störung. Mache inzwischen bereits vor der Arbeit in der Früh eine Trainingseinheit. Das hat sogar einen positiven Effekt auf die Arbeit, da ich wacher und motivierter bin.

niksfiadi
16.06.2012, 12:37
Naja, man kann nicht jeden Stress einfach zur Seite schieben.

Was mich motiviert ist der Gedanke, dass es mir nachher besser geht als vorher und dass nur der Anfang schwer ist. Ausserdem hab ich einfach aufgehört Ausreden zu akzeptieren. Birn' follows body - Wenn der Körper mal arbeitet, ist der Kopf auch gleich wieder dabei :Huhu:

Ich bin nur draufgekommen, dass ich unter Stress schlecht regeneriere und deswegen vor allem bei der Belastungsintensität massiv aufpassen muss. Aber gerade wie Du eben schreibst: Diese lockeren GA-Sachen wirken dem Stress super entgegen: Man schläft besser, hat mehr Apettit, bekommt Sauerstoff in die Birne, hat Zeit für sich und um Pläne zu schmieden um mit dem Stress umzugehen, kann Strategien entwickeln.

Lg Nik

CP60
16.06.2012, 13:08
Wie sieht dein Schlaf aus? Chronischer Stress manifestiert sich typischerweise in atypischen Cortisolspiegelverläufen über den Tag. Eigentlich sollte man morgens mit einem recht hohen Cortisolspiegel aufwachen (Körper wird in "Alarmbereitschaft" versetzt), der Spiegel sollte dann über den Tag abfallen und vorm zu Bett gehen sein Minimum erreichen. Der Cortisolspiegel wirkt sich extrem auf Stimmung und Müdigkeit aus.
Ein erster Schritt, den Cortisolspiegel "durcheinander" zu bringen, ist das Schlafverhalten. Menschen müssen mindestens acht, manche bis 9,5 Stunden täglich schlafen. Punkt. Wer das nicht macht/kann, ist keine biologische Ausnahme, sondern hat einen hormonell gestörten Schlafzyklus. Viele wissen schon gar nicht mehr, was es bedeutet, ausgeschlafen zu sein. Diese Leute gehen hellwach ins Bett und fühlen sich morgens so, wie sie sich eigentlich vor dem Einschlafen fühlen sollten. Problematisch: (Exzessiver) Ausdauersport trägt zu einem chronisch erhöhten Cortisolspiegel bei.

Cortisol hemmt u.A. die Immunantwort des Körpers, häufige Infektionen der oberen Atemwege können die Folge sein. Die Natrium-Menge im Blut wird erhöht, was den Blutdruck steigen lässt (ehöhtes kardiovaskuläres Risiko), außerdem wird das Bindegewebe geschwächt, was zum Alterungsprozess beiträgt. Das Wichtigste: Cortisol versetzt den Körper in einen Katabolismus, setzt ständig Leberglykogen frei und verringert damit die Insulin-Sensitivität. Es ist quasi so, als ob man den ganzen Tag konstant geringe Mengen Süßigkeiten essen würde. Das sorgt für einen Fettansatz am Bauch und reduziert die Regenerationsfähigkeit nach sportlicher Leistung.

Ziel ist es also, den Cortisolspiegel zu verringern. Natürlich kannst du versuchen, psychischen Stress im Alltag zu verringern, bei Triathleten birgen jedoch zwei weitere Felder ebenfalls großes Potenzial: Schlaf und Training. Sieh zu, dass du ausreichend schläfst, der Raum muss dabei komplett abgedunkelt sein. Ansonsten: Feste Schlafzeiten, früh (!) ins Bett gehen, kein Wecker, kein Fernseher neben dem Bett. Einfach mal versuchen, über zwei Wochen regelmäßig >8 Stunden Schlaf zu bekommen und dann sehen, was es gebracht hat.
Zweitens: Extrem cortisolintensive Trainingseinheiten vermeiden. Cortisol wird besonders bei stark katabolen Trainingseinheiten gebildet. Das sind betrifft sehr lange Einheiten. Wenn du schon >3 Stunden Rad fährst, dann unbedingt mit ausreichend Nahrung! Außerdem versuchen, Einheiten, die einen starken Entzündungsreiz setzen und damit eine starke Cortisolantwort provozieren, so im Trainingsplan unterzubringen, dass danach ausreichend regeneriert werden kann. Gewissermaßen sind alle (körperlichen) Trainingseffekte Reaktionen des Körpers auf die vom Training hervorgerufenen Entzündungen. Somit rufen Einheiten, die einen hohen körperlichen Trainingsreiz haben, auch starke Entzündugen hervor. Das betrifft speziell sehr intensives Training. Ob also eine zweite Einheiten - nur weil gerade mal Zeit ist - an einem Tag, an dem schon ein hartes Bahntraining absolviert wurde, förderlich ist, muss im Einzelfall überdacht werden.

niksfiadi
16.06.2012, 13:46
[...]

Interessant! Danke :Blumen:

Nik

~anna~
16.06.2012, 16:40
[...]
Zweitens: Extrem cortisolintensive Trainingseinheiten vermeiden. Cortisol wird besonders bei stark katabolen Trainingseinheiten gebildet. Das sind betrifft sehr lange Einheiten. Wenn du schon >3 Stunden Rad fährst, dann unbedingt mit ausreichend Nahrung! Außerdem versuchen, Einheiten, die einen starken Entzündungsreiz setzen und damit eine starke Cortisolantwort provozieren, so im Trainingsplan unterzubringen, dass danach ausreichend regeneriert werden kann. Gewissermaßen sind alle (körperlichen) Trainingseffekte Reaktionen des Körpers auf die vom Training hervorgerufenen Entzündungen. Somit rufen Einheiten, die einen hohen körperlichen Trainingsreiz haben, auch starke Entzündugen hervor. Das betrifft speziell sehr intensives Training. Ob also eine zweite Einheiten - nur weil gerade mal Zeit ist - an einem Tag, an dem schon ein hartes Bahntraining absolviert wurde, förderlich ist, muss im Einzelfall überdacht werden.

Danke für den sehr interessanten Beitrag!
Von Entzündungen ist ja immer wieder die Rede -- aber was ist das eigentlich? Wikipedia sagt "eine charakteristische Antwort von menschlichem sowie allgemein tierischem Gewebe auf einen äußeren oder innerlich ausgelösten, potenziell schädigenden Reiz mit der Funktion, diesen Reiz zu beseitigen, dessen Ausbreitung zu unterbinden und ggf. eingetretene Schäden zu reparieren." Ist dieser Reiz im Trainingskontext einfach die (geplante) Verletzung bestimmter Muskeln? Und wie regeneriert man danach eigentlich am besten? (Ruhe / regenerative Einheiten / Kälte / Wärme )? Welchen Einfluss hat die Ernährung auf diese Entzündungsreaktionen? (Haben zB zu viel Kohlenhydrate oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren einen negativen Einfluss?)

Jonna
16.06.2012, 18:26
Zunächst mal danke für Eure Tipps!

@nobodyknows: Ich liebe meinen Beruf und habe die beste Stelle, die ich mir vorstellen kann. Der Beruf bringt allerdings wechselnde Belastungen mit sich. Es lässt sich nicht vermeiden, dass es ab und an anstrengend wird.

Das Problem ist eher, wie ich damit umgehe ...

@CP60: Sehr interessant, was Du schreibst. Ich bin ein Morgenmensch, gehe recht früh ins Bett und habe nie Probleme beim Einschlafen. Wenn es stressig wird, wache ich eher sehr früh auf. Z.B heute (musste heute arbeiten): Mein Wecker hätte um halb sieben geklingelt, ich war aber schon um viertel vor 5 wach (bin gestern gegen halb 11 ins Bett, also nur 6 Std. Schlaf).

Das geht eine Weile gut, irgendwann bin ich dann erschöpft - und die Motivation schwindet. Ich überdrehe also, bis nix mehr bzw nicht mehr viel geht.

wasserratte79
19.06.2012, 08:39
@CP60: Vielen Dank, das war echt interessant zu lesen. :Blumen:

Ich kämpfe zur Zeit auch mit dem Problem einer gefühlen "Energielosigkeit" fürs Training - unter der Woche. Normal bin ich Frühaufsteher - Training morgens fiel mir nie schwer. Gerade jetzt wo Wettkämpfe anstehen schon.
Und so ein Kandidat, am Wochenende doppelt und dreifach zu trainieren, "weil da eben genug Zeit ist" bin ich auch. Seit Wochen macht mir noch mein Magen-Darm Schwierigkeiten, könnte das vielleicht mit dem (über)belasteten Immunsystem zusammenhängen?:confused:

sutje
19.06.2012, 10:48
Der Beginn des intensiven Trainings und Frühjahr/erste Sonne fallen für Triathleten zeitlich sehr eng zusammen. Damit steht man immer in der Gefahr, zu ambitioniert ans Werk zu gehen. die 'Frühlingsgefühle' und das 'endlich wieder draußen trainieren ohne Schal und Mütze' lassen einen euphorisch in die neue Saison starten. Dieses Jahr will ich's jetzt aber wissen. Und weil man sich ja im Laufe der Vorbereitung steigern sollte/will, ist es dann irgendwann zu viel. Auch und gerade weil dann andere Anforderungen und Verpflichtungen (Beruf, Familie, Freunde, Ehrenamt, etc.) erstaunlich wenig Rücksicht auf den Sport nehmen :Cheese: Das mag ein Grund sein, warum auch hier im Forum viele ambitionierte Pläne geschmiedet und dann wieder verworfen werden. Aber anders herum: Man sollte sich auch ehrgeizige Ziele setzen um weiter zu kommen.

Wenn ich Stress im Beruf habe, dann nutze ich gerade das Training, um wieder runter zu kommen und ruhig zu werden. Da stelle ich das geplante Training kurzfristig um und mache dann z.B. statt Tempoläufen auch mal einen lockeren 'Brot&Butter'-Lauf, weil ich merke, dass mir das jetzt gut tut. Ja, wir haben Stress in Beruf und privatem Umfeld, jeder geht anders damit um und jeder kommt besser oder schlechter damit klar. Aber: Lass dir vom Sport nicht auch noch weiteren Stress aufbürden. Wenn ich auf Biegen und Brechen eine Trainingseinheit gemacht habe, obwohl ich dafür keine Zeit, keine Konzentration, keine Kraft hatte, dann habe ich es bisher immer bereut, weil so eine Einheit meist doppelt belastend ist und eine viel längere Regeneration braucht (Zusammenhang mit Cortisol/Entzündungswerten würde hier als Erklärung gut passen). Zumindest bei mir persönlich hilft ein kurzes 'Zügel-locker-lassen' in solchen Stressphasen mehr, als ein langfristig ausgearbeiteter Plan. Dann kommt die Motivation für härtere Einheiten wieder ganz von selbst. Und wenn es dann nichts wird mit dem Ziel: Sport ist ein Hobby, das Spass machen soll, nicht mehr und nicht weniger. Überlegen, warum der Plan nicht aufgegangen ist (unrealistische Zielsetzung, äußere Einflüsse vernachlässigt, außergewöhnliche Ereignisse, etc.) und neue Pläne machen. In der Ruhe liegt die Kraft.

Liebe Grüße, sutje :Huhu:

CP60
19.06.2012, 11:28
Seit Wochen macht mir noch mein Magen-Darm Schwierigkeiten, könnte das vielleicht mit dem (über)belasteten Immunsystem zusammenhängen?:confused:
Absolut, 80% des Immunsystems liegen im Darm. Wird die Darmflora angegriffen, leidet auch das Immunsystem ganz extrem. Die Darmflora kann nebenbei auch mit deiner Energielosigkeit zu tun haben. Einerseits können Nährstoffe nicht optimal resorbiert werden, andererseits (und viel gefährlicher) wird ein angegriffener Darm durchlässig für Stoffe, die eigentlich nicht im Blut landen sollten (Im Darm findet jegliche Aufnahme von Nährsoffen statt). Das kann dann vielfältige Folgen haben: Wenn ständig Antinährstoffe oder Toxine im Blut landen, fängt der Körper an, diese mit dem Immunsystem zu bekämpfen. Damit der Körper aber nicht anfängt, die eigenen Körperzellen anzugreifen, wird umso mehr Cortisol ausgeschüttet. Trotzdem sind Darmprobleme immer der erste Schritt zu Autoimmunkrankheiten. Deshalb sollte man bei chronischen Problemen wie Durchfall oder Blähungen dringend reagieren. Entweder kann die Darmflora kurzfristig von einer Antiobiotika-Gabe zerstört worden sein, etwas längerfristig wirken Nahrungsmitelunverträglichkeiten. Das betrifft speziell Getreide, das eine Vielzahl von Antinährstoffen mit sich trägt. Ich würde probeweise mal auf Getreide verzichten und dann sehen, wie sich die Problematik entwickelt. Zwei Wochen können schon reichen.