Schwarzfahrer
31.08.2010, 22:01
Für mein Langdistanz-Debüt habe ich mir eine etwas exotische Veranstaltung ausgesucht – den „Extrememan“ in Nagyatád, Ungarn. Im Vorfeld habe ich praktisch nichts darüber in Deutschen Foren gefunden. Im nachhinein war ich aber von der Veranstaltung so angetan, daß ich sie hier weiter empfehlen möchte.
Ursprünglich als „Ironman Ungarn“ ins Leben gerufen, ohne mit der WTC etwas zu tun zu haben (nur die Webseite http://www.ironman.huerinnert noch daran), gibt es die Veranstaltung inzwischen als „Extrememan“ bereits seit 20 Jahren. Die Tradition wird besonders liebevoll gepflegt, die Zahl der bisherigen Teilnahmen wird auch in der Anmeldeliste geführt, und alle, die mehr als 11 Teilnahmen haben, dürfen ihre Startnummer frei wählen und lebenslang behalten (und davon gibt es immerhin mehrere Dutzend). Die Teilnehmerzahl steigt ständig, zur Zeit ca. 400 Einzelstarter und ca. 160 Staffeln, insgesamt ca. 800 - 1000 Leute. Da das Feld im Vergleich zu den „großen“ Events nicht sehr stark besetzt ist, ist es relativ leicht, eine gute Plazierung zu erreichen. Die Teilnahmegebühr von 100 € ist verkraftbar, Unterkunft ist auch recht billig - sollte aber 6 Monate im Voraus reserviert werden, die etwas strukturschwache Region ist mit der Veranstaltung etwas überbucht.
Zum Wettkampf selbst:
Schwimmen:
Findet in einem (vermutlich) schön gelegenen Baggersee statt. Vermutlich, da bei meinem Start dichter Nebel herrschte, so daß ich gerade mal 10 m vorausschauen konnte. Das Wasser war aber bei knapp 26 °C sehr angenehm und recht klar (Neoverbot ab 24 °C). Der See liegt allerdings ca. 40 km weg vom Ort. Früh morgens (4:30) fahren Busse hin. Der Fahrradtransport wird rustikal in Kleintransportern vorgenommen (Räder einfach nebeneinander reingestellt, dichte Packung), jeder bringt eine Decke mit, um sein Fahrrad etwas zu schützen. Wer will, kann natürlich auch mit dem Auto hin – aber ohne Helfer ist das Abholen abends etwas weit.
2 Schwimmrunden mit Landstart und Landgang. Das Feld entzerrt sich schnell, was bei Nebel eher ungünstig ist, weil man kaum Orientierung hat. Im Mittelfeld, wo ich mich mit meinem 1:22:00 befand, muß man allerdings ständig mit Leuten rechnen, die ohne Vorwarnung zwischen Kraul und Brust wechseln, so daß beim Überholen viel seitlicher Abstand sinnvoll sein kann.
Dank einer Wechselzone dicht am See mit kurzen Wegen war ich nur 0:02:12 in T1. Da sich aber viele ausgiebig, d.h. 5 - 10 Minuten lang - abtrocknen und umziehen :Nee: , kann man hier viele Plätze gut machen (bei mir 28 - :cool: ).
Rad:
Erst 75 km „Anreise“ nach Nagyatád, dann drei Y-förmige „Runden“ von je 35 km. Überwiegend flach (insgesamt ca. 650 hm). Bis auf ca. 10 km auf den ersten 25 km, sowie einzelnen kurzen Stellen im Y überwiegend brauchbarer Asphalt, aber man sollte schon aufmerksam sein, Schlaglöcher Risse und Wellen im Asphalt sind immer möglich. An kritischen Stellen stehen aber meist warnende Helfer. Keine Vollsperrung, aber an jeder Kreuzung Helfer, so daß es kaum Probleme gibt (leider gab es trotzdem einen Zusammenstoß, der zwar blutig, aber für den Athleten noch relativ glimpflich ablief.). Verpflegung alle 25 km, auf den Y-runden sogar dichter (an jedem Wendepunkt), wo auch viele Anwohner zum anfeuern und helfen bereitstehen). Kaum Lutscher, Wettkampfrichter sind fleißig unterwegs. Ein Technikwagen ist auch unterwegs, hat aber meist nur das dabei, was die Athleten selbst vor dem Wettkampf abgeben (z. B. Ersatzlaufräder, soweit man welche hat). In Nagyatád kann Eigenverpflegung gereicht werden (großzügiger Bereich). Da man dort oft vorbeikommt, ist es für Zuschauer auch sonst recht attraktiv. Was ich noch nie anderswo gesehen habe: auf den letzten Kilometern vor Nagyatád (Wechselzone, Eigenverpflegung) zücken viele ihr Handy, um in voller Fahrt ihre Ankunft dem Support Team oder den Staffel-Partnern anzukündigen :Nee: .
Laufen:
T2 ist in der Schwimmbad-Umkleide – da gingen tatsächlich einige duschen. Die Laufstrecke geht durch die Stadt und den kleinen Stadpark (einzig schattiger Abschnitt) über 12 Runden von 3,5 km mit je zwei Verpflegungsstellen. Klingt auf ersten Blick ätzend, aber es ist recht angenehm. Die Strecke ist überall breit genug, so daß nie Gedränge aufkommt (im Vergleich zu Kraichgau 2010 echt gemütlich leer). Viel Publikum, viele Passanten im Stadtpark feuern frenetisch jeden an, der vorbeiläuft oder -geht (letzteres recht häufig bei über 32 °C). Beim Durchgang im Zielbereich kann man immer auf einem großen Bildschirm seine Rundenzeit und aktuelle Plazierung in der Altersklasse ablesen, was schön motiviert. Der Sprecher geht auf jeden Zieleinläufer persönlich ein. Es wird Wert drauf gelegt, daß im Zielkanal (auch für Fotos) Einzelläufer immer Vorrang vor Staffeln haben.
After-Race:
Im Zielbereich bekommt man sein Finisher-Shirt mitsamt persönlichen Glückwünschen von den Veranstaltern. Dann gibt es noch zwei Gutscheine für Essen (Steak mit Brot) und Trinken (Bier oder Wasser) – das war’s. Alles andere kostet extra. Obst, das es auf der Laufstrecke üppig gab, habe ich vergebens gesucht. Massage gibt es auch, wenn auch gegen eine geringe Gebühr (knapp 4 €).
Dafür gibt es am nächsten Tag eine Großveranstaltung in der Sporthalle, bei der alle Teilnehmen feierlich einmarschieren und dabei namentlich ausgerufen werden, mit ausführlichen Ehrungen auf der Bühne für alle möglichen und unmöglichen Wertungen (neben den üblichen Gesamt- und AK-Wertungen Preise für z. B: den beiden langsamsten Athleten, der hübschesten Frauenstaffel, der größten Familie, der größten Verbesserung gegenüber der bisherigen Zeit, etc.). Und zum Schluß wird noch eine Reise nach Hawaii verlost – zwar ohne Slot, aber immerhin als Begleiter der ungarischen Sportler, die sich qualifiziert haben.
Eine Merkwürdigkeit noch: Die große Zahl von Staffeln ergibt sich aus der speziellen Varianz: Neben üblichen, „gewerteten“ Staffeln (einer schwimmt, einer radelt, einer rennt) gibt es die „ungewerteten“ Staffeln, die beliebig viele Leute umfassen können und beliebige Teilung erlauben. Da wird schon mal die Laufstrecke unter 12 Leuten aufgeteilt, damit jeder mal drankommt, oder zwei Leute rennen abwechselnd eine Runde, etc. Das sorgt zwar für etwas Unruhe im Wechselbereich, aber die getrennten Wechselzonen sind recht gut angeordnet.
Persönlich lief es für mich spitze - im verlgeich mit dem, was ich erwartet hätte. Ich konnte in den letzten 8 Wochen keinen Schritt laufen wegen einer Knieverletzung, trotzdem habe ich finishen können, und mußte wegen Lauftrainingsmangel (und Angst um meine nicht ganz verheilte Knie) nur die letzten 20 km mit 3 Stunden Power-Walking überwinden, so daß ich nach immerhin 12:30 im Ziel war. :quaeldich: Nur die letzte Stunde wurde langweilig - das nächste Mal muß es mit 11 Stunden klappen:Cheese:
Unterm Strich hat es richtig Spaß gemacht - nur noch eine Warnung für Nachahmungstäter: Ohne Ungarischkenntnisse (bei mir Muttersprache, daher kein Problem) kann einem das eine oder andere entgehen, da für Ausländer nur etwas eingeschränkte Englische Informationen zur Verfügung stehen. Aber mit etwas Mühe klappt es schon, die Leute geben sich schon Mühe.
Ursprünglich als „Ironman Ungarn“ ins Leben gerufen, ohne mit der WTC etwas zu tun zu haben (nur die Webseite http://www.ironman.huerinnert noch daran), gibt es die Veranstaltung inzwischen als „Extrememan“ bereits seit 20 Jahren. Die Tradition wird besonders liebevoll gepflegt, die Zahl der bisherigen Teilnahmen wird auch in der Anmeldeliste geführt, und alle, die mehr als 11 Teilnahmen haben, dürfen ihre Startnummer frei wählen und lebenslang behalten (und davon gibt es immerhin mehrere Dutzend). Die Teilnehmerzahl steigt ständig, zur Zeit ca. 400 Einzelstarter und ca. 160 Staffeln, insgesamt ca. 800 - 1000 Leute. Da das Feld im Vergleich zu den „großen“ Events nicht sehr stark besetzt ist, ist es relativ leicht, eine gute Plazierung zu erreichen. Die Teilnahmegebühr von 100 € ist verkraftbar, Unterkunft ist auch recht billig - sollte aber 6 Monate im Voraus reserviert werden, die etwas strukturschwache Region ist mit der Veranstaltung etwas überbucht.
Zum Wettkampf selbst:
Schwimmen:
Findet in einem (vermutlich) schön gelegenen Baggersee statt. Vermutlich, da bei meinem Start dichter Nebel herrschte, so daß ich gerade mal 10 m vorausschauen konnte. Das Wasser war aber bei knapp 26 °C sehr angenehm und recht klar (Neoverbot ab 24 °C). Der See liegt allerdings ca. 40 km weg vom Ort. Früh morgens (4:30) fahren Busse hin. Der Fahrradtransport wird rustikal in Kleintransportern vorgenommen (Räder einfach nebeneinander reingestellt, dichte Packung), jeder bringt eine Decke mit, um sein Fahrrad etwas zu schützen. Wer will, kann natürlich auch mit dem Auto hin – aber ohne Helfer ist das Abholen abends etwas weit.
2 Schwimmrunden mit Landstart und Landgang. Das Feld entzerrt sich schnell, was bei Nebel eher ungünstig ist, weil man kaum Orientierung hat. Im Mittelfeld, wo ich mich mit meinem 1:22:00 befand, muß man allerdings ständig mit Leuten rechnen, die ohne Vorwarnung zwischen Kraul und Brust wechseln, so daß beim Überholen viel seitlicher Abstand sinnvoll sein kann.
Dank einer Wechselzone dicht am See mit kurzen Wegen war ich nur 0:02:12 in T1. Da sich aber viele ausgiebig, d.h. 5 - 10 Minuten lang - abtrocknen und umziehen :Nee: , kann man hier viele Plätze gut machen (bei mir 28 - :cool: ).
Rad:
Erst 75 km „Anreise“ nach Nagyatád, dann drei Y-förmige „Runden“ von je 35 km. Überwiegend flach (insgesamt ca. 650 hm). Bis auf ca. 10 km auf den ersten 25 km, sowie einzelnen kurzen Stellen im Y überwiegend brauchbarer Asphalt, aber man sollte schon aufmerksam sein, Schlaglöcher Risse und Wellen im Asphalt sind immer möglich. An kritischen Stellen stehen aber meist warnende Helfer. Keine Vollsperrung, aber an jeder Kreuzung Helfer, so daß es kaum Probleme gibt (leider gab es trotzdem einen Zusammenstoß, der zwar blutig, aber für den Athleten noch relativ glimpflich ablief.). Verpflegung alle 25 km, auf den Y-runden sogar dichter (an jedem Wendepunkt), wo auch viele Anwohner zum anfeuern und helfen bereitstehen). Kaum Lutscher, Wettkampfrichter sind fleißig unterwegs. Ein Technikwagen ist auch unterwegs, hat aber meist nur das dabei, was die Athleten selbst vor dem Wettkampf abgeben (z. B. Ersatzlaufräder, soweit man welche hat). In Nagyatád kann Eigenverpflegung gereicht werden (großzügiger Bereich). Da man dort oft vorbeikommt, ist es für Zuschauer auch sonst recht attraktiv. Was ich noch nie anderswo gesehen habe: auf den letzten Kilometern vor Nagyatád (Wechselzone, Eigenverpflegung) zücken viele ihr Handy, um in voller Fahrt ihre Ankunft dem Support Team oder den Staffel-Partnern anzukündigen :Nee: .
Laufen:
T2 ist in der Schwimmbad-Umkleide – da gingen tatsächlich einige duschen. Die Laufstrecke geht durch die Stadt und den kleinen Stadpark (einzig schattiger Abschnitt) über 12 Runden von 3,5 km mit je zwei Verpflegungsstellen. Klingt auf ersten Blick ätzend, aber es ist recht angenehm. Die Strecke ist überall breit genug, so daß nie Gedränge aufkommt (im Vergleich zu Kraichgau 2010 echt gemütlich leer). Viel Publikum, viele Passanten im Stadtpark feuern frenetisch jeden an, der vorbeiläuft oder -geht (letzteres recht häufig bei über 32 °C). Beim Durchgang im Zielbereich kann man immer auf einem großen Bildschirm seine Rundenzeit und aktuelle Plazierung in der Altersklasse ablesen, was schön motiviert. Der Sprecher geht auf jeden Zieleinläufer persönlich ein. Es wird Wert drauf gelegt, daß im Zielkanal (auch für Fotos) Einzelläufer immer Vorrang vor Staffeln haben.
After-Race:
Im Zielbereich bekommt man sein Finisher-Shirt mitsamt persönlichen Glückwünschen von den Veranstaltern. Dann gibt es noch zwei Gutscheine für Essen (Steak mit Brot) und Trinken (Bier oder Wasser) – das war’s. Alles andere kostet extra. Obst, das es auf der Laufstrecke üppig gab, habe ich vergebens gesucht. Massage gibt es auch, wenn auch gegen eine geringe Gebühr (knapp 4 €).
Dafür gibt es am nächsten Tag eine Großveranstaltung in der Sporthalle, bei der alle Teilnehmen feierlich einmarschieren und dabei namentlich ausgerufen werden, mit ausführlichen Ehrungen auf der Bühne für alle möglichen und unmöglichen Wertungen (neben den üblichen Gesamt- und AK-Wertungen Preise für z. B: den beiden langsamsten Athleten, der hübschesten Frauenstaffel, der größten Familie, der größten Verbesserung gegenüber der bisherigen Zeit, etc.). Und zum Schluß wird noch eine Reise nach Hawaii verlost – zwar ohne Slot, aber immerhin als Begleiter der ungarischen Sportler, die sich qualifiziert haben.
Eine Merkwürdigkeit noch: Die große Zahl von Staffeln ergibt sich aus der speziellen Varianz: Neben üblichen, „gewerteten“ Staffeln (einer schwimmt, einer radelt, einer rennt) gibt es die „ungewerteten“ Staffeln, die beliebig viele Leute umfassen können und beliebige Teilung erlauben. Da wird schon mal die Laufstrecke unter 12 Leuten aufgeteilt, damit jeder mal drankommt, oder zwei Leute rennen abwechselnd eine Runde, etc. Das sorgt zwar für etwas Unruhe im Wechselbereich, aber die getrennten Wechselzonen sind recht gut angeordnet.
Persönlich lief es für mich spitze - im verlgeich mit dem, was ich erwartet hätte. Ich konnte in den letzten 8 Wochen keinen Schritt laufen wegen einer Knieverletzung, trotzdem habe ich finishen können, und mußte wegen Lauftrainingsmangel (und Angst um meine nicht ganz verheilte Knie) nur die letzten 20 km mit 3 Stunden Power-Walking überwinden, so daß ich nach immerhin 12:30 im Ziel war. :quaeldich: Nur die letzte Stunde wurde langweilig - das nächste Mal muß es mit 11 Stunden klappen:Cheese:
Unterm Strich hat es richtig Spaß gemacht - nur noch eine Warnung für Nachahmungstäter: Ohne Ungarischkenntnisse (bei mir Muttersprache, daher kein Problem) kann einem das eine oder andere entgehen, da für Ausländer nur etwas eingeschränkte Englische Informationen zur Verfügung stehen. Aber mit etwas Mühe klappt es schon, die Leute geben sich schon Mühe.