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Vollständige Version anzeigen : Umgekehrt lineare Periodisierung - tauglich oder Quatsch?


Nordexpress
08.10.2009, 19:18
Liebe Freunde der Trainingslehre,

vorgestellt hab ich mich ja hier (http://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=10290)mal. Es geht mir um's Training für Langradmarathons. Ziel: Speed & fette Lorbeeren:Cheese:

Ich Depp hab's nicht lassen können, und zusätzlich zur Triathlon-Trainingsbibel das Pendant für'n Radsport erworben. Jetzt interessiet mich mal folgendes:

Das übliche (und mein aktuelles) Konzept sieht ja grob Ausdaueraufbau (Base, wenig intensiv), danach Formaufbau (Build, steigende Intensität) vor, gennant "lineare Periodisierung" (zumindest in der deutschen Version). Ist ja auch schlüssig soweit und praxiserprobt.

In der Radsportbibel wird bei der Jahresperiodisierung kurz eine "umgekehrt lineare Periodisierung" angesprochen, die ideal sei, um Langdistanzmarathons vorzubereiten. Details bleiben jedoch außen vor, lediglich der Hinweis, es gäbe wenig Erfahrungen damit. In den Grundzügen: im Winter wenig Umfang, höhere Intensität, im Frühjahr bis 1-2 Wochen vor Wettkampf dann steigende Umfänge im Grundlagenbereich.


Frage: Hat jemand schonmal auf LD so trainiert? Wenn ja, erfolgreich?

Ist ja schon verlockend, sich die 3-4h-Fahrten bei Sauwetter größtenteils sparen zu können, und nur mit'm MTB "rumbolzen" (so mein Verständnis des Ansatzes)

Ich kann mir aber nicht so recht vorstellen, wie ich im Winter ohne groß Grundlage die Intensitäten sinnvoll einsetzen kann. Ob man damit am Ende den gleichen Speed hinkriegt? bzw.: ich kann ja nicht mal eben im Frühjahr in 6 Wochen auf >6h Ausdauer aufbauen. Hält sich dann die Kraft?
Aber viele Wege führen ja bekanntlich nach Rom...

Also, was haltet Ihr davon? Bin mal gespannt...

Gruß
Michael

P.S. ich meine jetzt aber nicht den generellen Unterschied zwischen generell umfangsorientiertem LD-Training bis kurz vorm WK und fortgeschrittenen Training mit Build-Phase, wie Arne mal schön in einem Film dargestellt hat.

dude
08.10.2009, 19:27
Lydiard wuerde sagen: je breiter das Fundament, desto hoeher der Berg.

Nordexpress
08.10.2009, 19:35
Lydiard wuerde sagen: je breiter das Fundament, desto hoeher der Berg.

ja, aber tut sich ein kräftiger Arbeiter nicht leichter, ein Fundament zu mauern?;)

mal so provokant in den Raum geworfen

dude
08.10.2009, 19:36
Wer weiss?

Skunkworks
08.10.2009, 19:49
ja, aber tut sich ein kräftiger Arbeiter nicht leichter, ein Fundament zu mauern?;)

mal so provokant in den Raum geworfen

Fundamente werden meist gegossen (Beton) aber mal im Ernst: Wenn du Langradmarathons als Ziel hast, dann kannst du es doch einfach ausprobieren. WENN du schon eine Grundlage hast, wird die durch das intensive Wintertraining nicht zerstört. Und intensiv heißt nicht jeden Anstieg mit soviel Gas wie nur geht hochzufahren. Also was macht mehr Laune als 4h seichtes Grundlagenfahren bei Sauwetter? Richtig 2-3h Spaß haben...

Ich werds dieses Jahr so handhaben aber ich habe auch schon ein paar Jahre mit leichter Grundlage hinter mir (auch wenn ich jetzt nicht wirklich schnell bin).

Nordexpress
08.10.2009, 19:55
Ich werds dieses Jahr so handhaben aber ich habe auch schon ein paar Jahre mit leichter Grundlage hinter mir (auch wenn ich jetzt nicht wirklich schnell bin).

na, daran mangets mal sicher nicht. Wobei ich momentan noch ziemlich in der Pausenzeit bin. 2-3h gaaaanz locker, gehen, der Rest muss erst wieder geweckt werden.

Skunkworks
08.10.2009, 20:07
na, daran mangets mal sicher nicht. Wobei ich momentan noch ziemlich in der Pausenzeit bin. 2-3h gaaaanz locker, gehen, der Rest muss erst wieder geweckt werden.

Also! Was hast du sonst für Bedenken? Wenn du merkst, das es nicht klappt, kannst du ab Feb noch immer umsteigen, drei Wochen bis einen Monat extrem langsam Grundlage fahren und dann in die "Build"-Phase einsteigen.
Ich musste mal so einen extrem langsamen Block einschieben weil ich durch eine etwas zu gleichmäßige, und etwas zu intensive Belastung über zwei Monate keine Reize durch intensivere Einheiten mehr gesetzt bekommen habe, sprich da kam kein Druck . Druck also komplett rausgenommen und siehe da, als die Intensität wieder anfing, ging es auch in kurzer Zeit mit dem Bums nach oben. Das ganze ging nur durch einen Trainer mit indv. Plan, zuvor eigenverantwortlich trainiert.

Nordexpress
08.10.2009, 20:29
Also! Was hast du sonst für Bedenken? Wenn du merkst, das es nicht klappt, kannst du ab Feb noch immer umsteigen, drei Wochen bis einen Monat extrem langsam Grundlage fahren und dann in die "Build"-Phase einsteigen.


Hm, da hast Du natürlich recht. Meine Base1 würde schon Anfang Januar beginnen, da ist noch gut kalt. Mal sehen, wie es bis dahin so läuft. Was ich bisher so mitgekriegt hab, wird bei Fortgeschrittenen ja eh abweichend von den üblichen Systemen ein blockweises Training geplant, weil z.B. die Grundlage schon sehr gefestigt ist. Aber da trau ich mich noch nicht wirklich ran.

Mich hat einfach mal der theoretische Ansatz der umgekehrten Periodisierung an sich interessiert. Für mich liest es sich halt überspitzt gesagt so: im winter z.B. Eisen stemmen und K3 aufm Rad und dann halt später nur noch G1 in großen Umfängen.

*JO*
08.10.2009, 22:29
Es gibt einen Film von mario da spricht er sowas an. Ich weiß allerdings nicht ob nur im Nebensatz oder ob er es erläutert.

Nordexpress
08.10.2009, 23:16
hm, dann wird's ne lange Nacht im Film-Archiv.

im Ernst: Weißt Du noch, um was es im Film ging.
über die Build-Phase war mal was, aber ansonsten fehlt mir der Überblick...

Pippi
29.08.2013, 18:33
Ich hole mal den Thread wieder nach oben.

Hat in der Zwischenzeit jemand Erfahrung gemacht mit umgekehrter Perioisierung?

So wie ich mich ein bisschen im Internet eingelesen habe, trainieren viele Australier und das Team TBB nach diesem Prinzip:

Hier ein Auschnitt von:
http://www.tri2b.com/triathlon-training/746-rollentraining-mit-schwellentraining-zur-top-radform.html


Periodisierung: Kurz im Winter, lang im Sommer


Die klassische Lehrmeinung zur Periodisierung lautet: Grundlagentraining im Winter, intensivere Sachen im Frühling, wenn die Grundlage gelegt ist und Intervalle und Wettkampfausdauer zum Saisonhöhepunkt hin. Ich mache es mit meinen Athleten anders: Umgekehrte Periodisierung ist das Credo! Intervalle im Winter und dann die langen Einheiten zum Sommer hin, wenn das Wetter mitspielt. Im Winter, wenn es kalt und dunkel ist, Grundlage zu trainieren (ob nun draußen oder auf der Rolle), erfordert so viel mehr an Motivation und Überwindung, dass es einfach nicht praktikabel ist. Einige Athleten kämpfen sich in bewundernswerter Weise bis in den Frühling durch, und sind dann, wenn das Wetter endlich wieder gut ist und das Radfahren draußen richtig los gehen könnte, so ausgelaugt, dass sie schlicht und ergreifend keine Lust mehr aufs Radtraining haben. Ich will meinen Athleten das Training so leicht wie möglich machen. Alles, was es erleichtert, überhaupt mit der Trainingseinheit zu beginnen, ist gut. Deshalb: Kurze Einheiten im Winter auf der Rolle. Und die langen Sachen im Sommer.

Habe bisher auch meistens eine harte Einheit beim Rad und Lauf pro Woche gemacht.

drullse
29.08.2013, 18:42
Und wo machst Du die Intervalle im Winter? Speziell beim Laufen, wenn Schnee und Eis liegt bzw. die Temperature so sind, dass man dicke Sachen anziehen muss und die Muskulatur nicht richtig warm wird, frage ich mich ob das nicht eher kontraproduktiv ist.

Nicht jeder hat ne Leichtathletikhalle mit Tartanbahn vor der Tür...

deirflu
29.08.2013, 18:56
Ich hab mir den Thread kurz durchgelesen und für mich stellt sich eine Frage.

Zum Hauptwettkampf will man ja ein Hochform erreichen, dies wird ja gerade durch die klassische Periodisierung erreicht, dreht man das ganze jetzt wirklich um erreicht man nie einen Leistungshöhepunkt bzw spitzt sich die Form nicht zu. Glaub also kaum das man damit Bestleistung erbringen kann?!

Ich bin aber auch kein Anhänger der klassischen Periodisierung. Ich trainiere im Winter eigentlich auch sehr viel Kraft und Kraftausdauer (Intervalle) also eher kurz und knackig. Im Frühjahr dann lange Sachen mit weniger intensiven Anteilen und dann zum Höhepunkt wird beides vermischt bzw die Länge wieder etwas gekürzt.

Für mich funktioniert das ganz gut und ich halte Trainingseinheiten wie ich sie von anderen kenne (5h Rolle usw.) für Sinnlos und halte es für Zeitverschwendung.

Pippi
29.08.2013, 22:51
Und wo machst Du die Intervalle im Winter? Speziell beim Laufen, wenn Schnee und Eis liegt bzw. die Temperature so sind, dass man dicke Sachen anziehen muss und die Muskulatur nicht richtig warm wird, frage ich mich ob das nicht eher kontraproduktiv ist.

Nicht jeder hat ne Leichtathletikhalle mit Tartanbahn vor der Tür...

Ging letzten Winter gut und war nie auf der Tartanbahn.
Wenn du bei den 200er nur 10sek Pause machst, wird dir zwischen den Intervallen nicht kalt ;)

Superpimpf
30.08.2013, 08:22
Zum Hauptwettkampf will man ja ein Hochform erreichen, dies wird ja gerade durch die klassische Periodisierung erreicht, dreht man das ganze jetzt wirklich um erreicht man nie einen Leistungshöhepunkt bzw spitzt sich die Form nicht zu. Glaub also kaum das man damit Bestleistung erbringen kann?!

Ich bin aber auch kein Anhänger der klassischen Periodisierung. Ich trainiere im Winter eigentlich auch sehr viel Kraft und Kraftausdauer (Intervalle) also eher kurz und knackig. Im Frühjahr dann lange Sachen mit weniger intensiven Anteilen und dann zum Höhepunkt wird beides vermischt bzw die Länge wieder etwas gekürzt.


Mit dem unteren Absatz wiedersprichst du doch dem oberen!? :confused: Du machst es doch in weiten Zügen so wie du oben beschreibst wie es nicht funktionier.

Neben den langen Einheiten im Frühsommer kommen ja nach der "umgekehrten Periodisierung" auch längere Schnelle Einheiten, die auf den schnellen kurzen Sachen des Winters aufbauen. Die sind den klassischen Einheiten ganz ähnlich und wirken deswegen genauso formbildend.

monte gaga
30.08.2013, 09:09
...So wie ich mich ein bisschen im Internet eingelesen habe, trainieren viele Australier und das Team TBB nach diesem Prinzip...


Da steckt die Antwort schon drin: Die Aussies haben keine vollwertigen Winter und die TBB Leute setzen sich wahrscheinlich auch in den Flieger, wenn das Wetter nicht passt.

Wirklich harte (und ich meine hart !!!) Einheiten und Intervalle im Winter kannst Du bei uns in Deutschland m.E. vergessen: Wenn es einigermaßen kalt ist, geht das auf die Bronchien. Bei meinen Versuchen klang das dann für Stunden, als hätte ich eine lebendige Katze verschluckt...
Dazu dann noch die höhere Gefahr physischer Verletzungen.

Wirklich gute Erfahrungen habe ich allerdings bei Mistwetter mit ausgedehntem Laufbandtraining jenseits der GA1 gemacht. Mittellange Einheiten (60 bis 90 Minuten) bei hohem Tempo oder Serien mit programmierten Intervallen. Das hilft nicht unbedingt muskulär, schult aber mindestens die Koordination, die kardiopulmonare Grundlage und macht vor allem die Birne hart.

Dazu bei "einigermaßen Wetter" selbstverständlich die üblichen langen GA1 Sachen, bevor es dann im Frühjahr dann wieder "so richtig losgeht".

Bei mir hilfts und bringt mir zum Teil erstaunliche Ergebnisse.
Ich trainiere übrigens zwar einigermaßen strukturiert, allerdings nicht programmiert oder nach irgendeinem Plan. Und an der Leistungsgrenze für mein Alter bin ich auch (noch...) lange nicht angekommen.

Grüße !

HeinB
30.08.2013, 10:18
Niemand trainiert heute noch wirklich linear periodisiert. Ob man das dann besser vorwärts oder rückwärts macht, ist daher nebensächlich. Wir trainieren heute alle mehr oder weniger stark nicht-linear, auch die Pläne hier sind so aufgebaut. Wer mal echte lineare (vorwärts-) Periodisierung sehen will, möge bei Jack Daniels nachlesen: Klar abgegrenzte, aufeinanderfolgende Trainingsphasen mit ausschließlich einem einzigen Trainingsfokus, z.B. 12 Wochen lang nur locker laufen - macht doch niemand.

Das Argument mit der Motivation gilt auch nicht für alle. Es soll Leute geben, die im Winter an mind. drei von vier Sonntagen lang Radfahren und im Frühjahr immer noch motiviert dabei sind. Und diese werden immer solche schlagen, die das nicht tun.

captain hook
30.08.2013, 11:03
Niemand trainiert heute noch wirklich linear periodisiert. Ob man das dann besser vorwärts oder rückwärts macht, ist daher nebensächlich. Wir trainieren heute alle mehr oder weniger stark nicht-linear, auch die Pläne hier sind so aufgebaut. Wer mal echte lineare (vorwärts-) Periodisierung sehen will, möge bei Jack Daniels nachlesen: Klar abgegrenzte, aufeinanderfolgende Trainingsphasen mit ausschließlich einem einzigen Trainingsfokus, z.B. 12 Wochen lang nur locker laufen - macht doch niemand.

Das Argument mit der Motivation gilt auch nicht für alle. Es soll Leute geben, die im Winter an mind. drei von vier Sonntagen lang Radfahren und im Frühjahr immer noch motiviert dabei sind. Und diese werden immer solche schlagen, die das nicht tun.

Ich hab sowas mal gemacht... hat wirklich gut geklappt. Und da die Phasen ja auch ineinanderübergehen, wird es auch nicht langweilig.

drullse
30.08.2013, 11:27
Ich hab sowas mal gemacht... hat wirklich gut geklappt. Und da die Phasen ja auch ineinanderübergehen, wird es auch nicht langweilig.

Wenn ich bei mir mal zurückdenke, dann hat es NUR dann gut geklappt, wenn ich sowas gemacht habe...

tobi_nb
30.08.2013, 12:18
Ich hole mal den Thread wieder nach oben.

Hat in der Zwischenzeit jemand Erfahrung gemacht mit umgekehrter Perioisierung?

So wie ich mich ein bisschen im Internet eingelesen habe, trainieren viele Australier und das Team TBB nach diesem Prinzip:

Hier ein Auschnitt von:
http://www.tri2b.com/triathlon-training/746-rollentraining-mit-schwellentraining-zur-top-radform.html


Periodisierung: Kurz im Winter, lang im Sommer



Habe bisher auch meistens eine harte Einheit beim Rad und Lauf pro Woche gemacht.

So wie sich das liest, ist nicht die Sinnhaftigkeit der umgekehrten Periodisierung, der Grund, warum sie angewendet wird, sondern, weil das Wetter im Winter beschissen ist. Oder anders gesagt, hat man immer gutes Wetter gibts keine umgekehrte Periodisierung.

Womit eigenentlich klar wäre, welches die Notlösung ist.

deirflu
30.08.2013, 14:40
Mit dem unteren Absatz wiedersprichst du doch dem oberen!? :confused: Du machst es doch in weiten Zügen so wie du oben beschreibst wie es nicht funktionier.

Neben den langen Einheiten im Frühsommer kommen ja nach der "umgekehrten Periodisierung" auch längere Schnelle Einheiten, die auf den schnellen kurzen Sachen des Winters aufbauen. Die sind den klassischen Einheiten ganz ähnlich und wirken deswegen genauso formbildend.

Ich sehe den Widerspruch jetzt nicht:confused:

Klassisch sieht grob so aus = Grundlageausdauer -> Kraftausdauer -> Intervall

Umgedreht = Intervall -> Kraftausdauer -> Grundlageausdauer

Ich mache = Intervall -> Grundlageausdauer -> Kraftausdauer -> Intervall

Wobei das ganze, wie von HeinB erwähnt, bei mir auch nur eine grobe Richtung der Einheiten ist aber keine strenge Periodisierung.

Joerg aus Hattingen
30.08.2013, 14:55
... In den Grundzügen: im Winter wenig Umfang, höhere Intensität, im Frühjahr bis 1-2 Wochen vor Wettkampf dann steigende Umfänge im Grundlagenbereich.
...

So ähnlich hat mir das mal ein älterer Radprofi erklärt. Die seien im Winter, mangels Fuktionsbekleidung (zu seiner Zeit gabs nur Baumwolltrikots), entweder ne Std auf der Rolle, oder eben draußen kurz und intensiv gefahren und haben, wenn es im Frühjahr wettertechnisch besser wurde, die 200er gemacht.
Da man eigentlich nie bei NULL startet, halte ich das nicht für kontrproduktiv. Ich laufe im Winter auch eher flotter und kürzer und konnte noch keine Nachteile feststellen.

Klugschnacker
30.08.2013, 22:45
Für die klassische Periodisierung gibt es mehrere Erklärungen. Ich nenne zwei wichtige, zuerst will ich aber daran erinnern, was eine klassischen Periodisierung ist. Oder einfacher: was sie nicht ist.

Eine klassischen Periodisierung besteht nicht darin, dass man zunächst immer nur langsam trainiert und später das Tempo anzieht. Sondern eine klassischen Periodisierung trainiert zunächst die athletischen Grundfertigkeiten, um danach die für einen speziellen Wettkampf benötigten Fähigkeiten aufzubauen.

Grundfertigen wären für einen Triathleten: Ausdauer, Kraft, Technik und die Leistung in der Nähe der maximalen Sauerstoffaufnahme. Diese Fertigkeiten trainiert man im Grundlagentraining "isoliert". Das bedeutet, man trainiert entweder lang oder sehr schnell oder macht ein Krafttraining.

Rückt der Wettkampf näher, sind kombinierte Fähigkeiten das vorrangige Trainingsziel: Statt Kraft und Ausdauer trainiert man z.B. Kraftausdauer. Statt Tausender auf der Bahn und lange GA1-Läufe wie im Winter/Frühjahr stehen Tempodauerläufe als wichtigste Einheiten auf dem Plan (hier am Beispiel eines Mitteldistanzlers).

Das zeigt, dass die intensivsten Laufintervalle durchaus im Winter/Frühjahr, also der Zeit des Grundlagentrainings liegen können. Insofern ist es ein Irrtum zu glauben, dass eine Periodisierung in einer allmählichen Verschärfung des Trainingstempos besteht. Dieser Irrtum ist bei Triathleten besonders verbreitet.

Was spricht für diese Reihenfolge der Periodisierung?

1. Die Entwicklung der Zellkraftwerke (Mitochondrien).
Deren Vermehrung und Vergrößerung ist das Hauptziel allen Ausdauertrainings. Der am stärksten wirksame Reiz sind viele Trainingskilometer. Sie führen zu einer raschen Vergrößerung der Mitochondrien, außerdem verschieben sie ihre Position innerhalb einer Muskelzelle hin zu den Zellwänden, wodurch sie besser mit Sauerstoff versorgt werden.

Ist dieser Prozess ausgereizt, weil die Mitochondrien ihre maximale Größe erreicht haben, ist das GA1 Training ebenfalls ausgereizt und die BASE-Phase findet ihr Ende. Jetzt sind intensivere Reize der BUILD-Phase gefragt. Sie führen zu einer Vermehrung der Mitochondrien, aber das geht nicht so schnell und effektiv wie deren Vergrößerung. Zur Veranschaulichung: Man kann schneller ein bestehendes Kohlekraftwerk vergrößern, als ein komplett neues zu bauen. Daher ist der Leistungszuwachs in BASE größer als in BUILD und vollzieht sich schneller.

Ein wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass Mitochondrien eine Lebensdauer von nur ca. 14 Tagen haben. Hat man durch Tempotraining viele von ihnen aufgebaut, sind sie trotzdem nach zwei Wochen wieder weg. Deshalb kann man die Früchte einer BUILD-Phase, die man vor die BASE-Phase platzieren würde, nicht ernten. Man kann Ausdauer also nicht auf Vorrat trainieren. Deshalb baut man die Periodisierung so auf, dass man relativ direkt nach der BUILD-Phase den Hauptwettkampf platziert. Das Training der BASE-Phase hat hauptsächlich das Ziel, eine kernige BUILD-Phase zu ermöglichen.

2. Der Laktattransport in die Muskelzelle hinein
Laktat befindet sich im Zellzwischenraum der Muskeln. Es enthält noch viel unverbrannte Energie, die bei der anaeroben Verbrennung mangels Sauerstoff nicht genutzt werden konnte. Die Mitochondrien im Inneren der Muskelzelle sind jedoch dazu in der Lage, diesen Energieträger zu nutzen und das Laktat zu verbrennen. Dazu muss das Laktat jedoch zunächst durch die Zellwand hindurch, um ins Innere der Zelle zu gelangen, wo die Mitochondrien sitzen. Das besorgt ein spezieller Transporter namens MCT4.

Er wird durch intensive Trainingsreize vermehrt gebildet. Es gibt Hinweise darauf, dass die Topform eines Athleten in Zusammenhang steht mit dem erhöhten Vorhandensein von MCT4. Dummerweise geht die Aktivität dieses Transporters nach 6-8 Wochen wieder zurück. Warum das so ist, ist nach meinem unmaßgeblichen Kenntnisstand noch nicht geklärt. Möglicherweise liegt hier einer der Gründe auf molekularer Ebene vor, warum man eine Topform nur für wenige Wochen halten kann, bevor sie unaufhaltsam wieder abschmiert.

Kurz: Intensives Training wie in einer BUILD/PEAK-Phase führt durch den MCT4-Transporter zu einem Formgipfel. Der nützt einem nur dann etwas, wenn ein Wettkampf ansteht. Danach geht die Form wieder bergab. Eine Periodisierung nach dem Muster BASE/BUILD/PEAK hilft dabei, genau dann in Topform zu sein, wenn der Wettkampf ansteht.

Grüße,
Arne

drullse
30.08.2013, 23:08
Man kann Ausdauer also nicht auf Vorrat trainieren.
Ausdauer oder Tempo? Ich dachte immer, das Tempo geht relativ schnell wieder verloren, die Ausdauerfähigkeiten aber nicht.

Klugschnacker
30.08.2013, 23:22
Ausdauer oder Tempo? Ich dachte immer, das Tempo geht relativ schnell wieder verloren, die Ausdauerfähigkeiten aber nicht.

Als Langstreckler verwendet man den Begriff "Ausdauerfähigkeiten" anders als er meistens in der Sportwissenschaft verwendet wird. Dort bedeutet er, was man aerob über einen längeren Zeitraum an Leistung bringen kann, der größenordnungsmäßig bei eine Stunde liegt, oft noch kürzer. Für Dich ist das "Tempo". Ausdauer bedeutet für Dich: cruisen, dieseln, GA1 über viele Stunden

Ich meinte mit "Ausdauer" die Situation, wenn die Mitochondrien, die Fett und Kohlenhydrate aerob verbrennen, unter Volllast laufen. Also recht hohes Tempo.

Edit: Du hast natürlich recht, die langfristig erarbeitete Langzeit-Ausdauer behält über längere Zeit ein gewisses Niveau. Faserzusammensetzung im Muskel, Kapillarisierung etc. blieben relativ lange erhalten.

Grüße,
Arne

drullse
30.08.2013, 23:28
:Blumen:

Das gleiche gemeint aber unterschiedlich benannt.

Gruß vom "Diesel" :Lachen2:

Klugschnacker
30.08.2013, 23:32
:Blumen:

Das gleiche gemeint aber unterschiedlich benannt.

Gruß vom "Diesel" :Lachen2:

Ja, das ist manchmal regelrecht nervig, dass die Lanzeitausdauer, wie sie für LD-Triathleten relevant ist, in der Sportwissenschaft kaum eine Rolle spielt.

Grüße zurück! :Lachen2:

Eber
31.08.2013, 00:02
... "umgekehrt lineare Periodisierung" angesprochen, die ideal sei, um Langdistanzmarathons vorzubereiten...
In den Grundzügen: im Winter wenig Umfang, höhere Intensität, im Frühjahr bis 1-2 Wochen vor Wettkampf dann steigende Umfänge im Grundlagenbereich.

Nach Friel, soweit ich mich erinnere:

trainiert man je näher der Wettkampf rückt zunehmend rennspezifischer, also immer mehr in der WK Intensität und auch - ausgenommen in der Taperphase - immer mehr in Richtung WK Dauer.
Stichwort: Rennsimulationen.
aus 1 folgt dass, da bei "Langzeit" Wettkämpfen die Rennintensität ja gering ist, man, will man intensivere Trainingseinheiten machen, diese dann halt macht wenn der WK noch in weiterer Ferne liegt.



In Kürze:
unspezifisch -> spezifisch
bedeutet bei "ultras":
kurz und intensiv -> lang und weniger intensitiv
(der -> bedeutet die Zeitrichtung)

Wie gesagt, soweit ich mich recht erinnere. Ob das nun sinvoll ist, wollte ich hier nicht ansprechen.
Klingt scheinbar "umgekehrt" ist aber nichts anderes als zunehmend spezifischer trainieren.

Klugschnacker
31.08.2013, 00:07
Stimmt, Eber, aber man muss dann noch berücksichtigen, dass man den MCT4-Transporter durch hohe Intensitäten aktiviert. Er verbessert die Verbrennung von Laktat als zusätzliche Energiequelle, was für Langstreckler durchaus eine Rolle zu spielen scheint.

Das legt intensive Einheiten auch in der wettkampfnahen, spezifischen Trainingsphase nahe.

Das Thema ist im Detail, wie immer, komplex.

Grüße, :liebe053:
Arne

Eber
31.08.2013, 01:01
Ich zitiere mal 2 der sehr interessanten Bemerkungen von Arne:
..

[B]1. ..viele Trainingskilometer. Sie führen zu einer raschen Vergrößerung der Mitochondrien, außerdem verschieben sie ihre Position innerhalb einer Muskelzelle hin zu den Zellwänden, wodurch sie besser mit Sauerstoff versorgt werden.
..
... intensivere Reize der BUILD-Phase .... Sie führen zu einer Vermehrung der Mitochondrien

Legt das nicht folgendes Nahe ?
Bei zweiwöchiger Lebensdauer eines Mitochondriums also erst gar nicht großartig zu "periodisieren" (also kein Base kein Build - Block und auch nicht lange "rumtapern") , sondern einfach kontinuierlich abzuwechseln zwischen intensivem Training (und Vermehrung) und nicht intensiven Ausdauertraining (zur Vergrößerung) - und dazwischen die Regeneration nicht vergessen (versteht sich).

Entsprechend der Lebensdauer eins Mitochondriums könnte man sogar eine Aussage über die Frequenz des Wechselns machen
- ich meine den Wechsel zw. Trainingseinheit "lang+luschig" (z.B. Fettstoffw.-Ausdauertr.) und TE "kurz und knackig" (z.B. HIT):
Sie sollte häufiger als die mitochondriale Lebensdauer (angeblich 2 Wochen) sein. Denn: bei geringerer Frequenz, als der (reziproken) Lebensdauer, hätte man dann mal weniger Mitochondrien, die dann aber "rießig" sind und mal mehr Mitochondrien, die dann klein sind.
Man möchte aber möglichst viele und möglichst große:Cheese:

Eber
31.08.2013, 01:07
Das legt intensive Einheiten auch in der wettkampfnahen, spezifischen Trainingsphase nahe.


Ja, das klingt sehr plausibel und wäre auch meine Präferenz.
Danke!