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Vollständige Version anzeigen : Wichtig! Neues Entgeltsystem für die Psychiatrie und Psychosomatik verhindern!


bellamartha
31.07.2013, 15:23
Hallo Leute,

der eine oder die andere haben es vielleicht in den letzten zwei Jahren gehört: Es ist geplant, ein neues Vergütungssystem für psychiatrische und psychosomatische Krankenhausbehandlung einzuführen. Ähnlich wie bei der Einführung der sogenannten "Fallpauschalen" in der Somatik, wird auch die Einführung der "Pauschalierenden Entgelte Psychiatrie und Psychosomatik" (PEPP) Veränderungen von großer Tragweite mit sich bringen.
Wie die DRGs in der Somatik oder z.B. auch die Hartz IV Gesetze, wurden bei PEPP viele Dinge mit heißer Nadel gestrickt, ganz abgesehen von den prinzipiellen Problemen einer zunehmenden Ökonomisierung des Gesundheitssektors.
Psychisch kranke Menschen stehen ohnehin häufig ganz am Rande der Gesellschaft. Um so wichtiger ist es, dass sie angemessen versorgt werden und dass die Solidargemeinschaft das finanziert.

Es gibt eine Vielzahl kritischer Stimmen zur Einführung von PEPP in der bisher gepanten Form. Ich denke, dass die meisten in diesem Bereich tätigen Menschen PEPP sehr kritisch oder ablehnend gegenüber stehen.

Jeder von uns hat - mehr oder weniger direkt - mit Psychiatrie zu tun. Wer kennt schon keinen einzigen Menschen, der unter einer psychischen Erkrankung leidet? Denkt an Depressionen, Sucht, Psychosen, Ängste, Traumata, Demenz um nur einige wenige zu nennen. Jeder von diesen Menschen könnte eines Tages stationärer Behandlung in einer Psychiatrie bedürfen, wenn es nicht sogar schon der Fall war.
Die Einführung eines neuen Entgeltsystems in der Psychiatrie und Psychosomatik geht uns also alle an!

Bitte informiert euch, z.B. im Internet, und unterzeichnet dann die Online-Unterschriftensammlung an die Bundesregierung gegen die Einführung von PEPP - wenn ihr die Befürchtungen und die Kritik teilt.


Hier (http://www.weg-mit-pepp.de/) der Link zur Online-Unterschriftensammlung.

Hier (http://www.aerzteblatt.de/archiv/142659/Pauschalierende-Entgelte-fuer-Psychiatrie-und-Psychosomatik-Wohin-kann-der-Weg-gehen)ein Artikel zum Thema aus dem Deutschen Ärzteblatt.

Leider finde ich den folgenden Text zum Thema nicht im Netz und kopiere die Stellungnahme des Lanschaftsverbandes Rheinland (dem größten Psychiatrie-Träger in NRW, auch Träger der Klinik, in der ich arbeite) hier rein, einfach überlesen, wenn's euch zu lang ist:

"Resolution der Landschaftsversammlung Rheinland
vom 19.12.2012
zur Verordnung: „Pauschalierende Entgelte Psychiatrie und
Psychosomatik 2013 (PEPPV 2013)“
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) nimmt mit großer Sorge zur Kenntnis, dass das Bundesministerium für Gesundheit gegen den Rat der Fach- und Berufsverbände – im Wege einer Ersatzvornahme - die Verordnung „Pauschalierende Entgelte Psychiatrie und Psychosomatik 2013 (PEPPV)“ vom 19. November 2012 in Kraft gesetzt hat. Der LVR ist mit seinen neun psychiatrischen Krankenhäusern, in denen jährlich rd. 50.000 psychisch kranke Menschen versorgt werden, in hohem Maße von der Umstellung der Finanzierungssystematik betroffen. Zur Versorgung der Patientinnen und Patienten hält der LVR ein Netzwerk aus zentralen und dezentralen vollstationären Kapazitäten und Tageskliniken sowie ein umfassendes ambulantes Angebot vor. In den nächsten Jahren ist ein weiterer umfassender Ausbau des dezentralen Angebotes geplant. Mit zwei LVR-Kliniken, als so genannten Kalkulationskrankenhäusern, hat der LVR umfangreiche Daten für die Entwicklung des neuen Entgeltsystems zur Verfügung gestellt.
Der LVR hatte die Erwartung, dass der im Jahr 2009 in § 17d KHG formulierte
Entwicklungsauftrag für ein leistungsorientiertes Finanzierungssystem die psychiatrische Versorgung gerechter abbildet, als das bisher etablierte System mit individuell verhandelten Pflegesätzen. Nun ist festzustellen, dass das neue System die Ziele des LVR für die Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung gefährdet:
In dem Entgeltkatalog - mit diagnoseorientierten Entgeltgruppen und einer mit der
Verweildauer abnehmenden Vergütung (Verweildauerdegression) - werden kurze
Verweildauern „belohnt“. Der LVR sieht darin die große Gefahr, dass die Behandlung von Patientinnen und Patienten, die aufgrund ihrer Erkrankung über einen längeren Zeitraum intensiv therapiert werden müssen, nicht mehr ausreichend finanziert wird.
„Entgeltkonform“ und damit „ökonomisch attraktiv“ sind Patientinnen und Patienten, die kurze Verweildauern aufweisen.
Weiterhin ist zu befürchten, dass medizinisch notwendige Fortführungen der Behandlung im Rahmen von Wiederaufnahmen hinausgezögert werden, da Wiederaufnahmen innerhalb von 21 Tagen zu Fallzusammenfassungen führen, die mit degressiven Vergütungen „bestraft“ werden. Durch diese Entgeltsystematik werden Fehlanreize gesetzt, die zu Lasten gerade der psychisch schwer kranken Menschen gehen werden.
Wenn bestimmte Patientengruppen im System der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr ausreichend versorgt werden, finden Verschiebungen in andere Versorgungssysteme statt. Davon ist der LVR als Träger der überörtlichen Sozialhilfe ebenfalls betroffen. Neben der finanziellen Belastung für die Kommunen im Rheinland ist das bestehende vernetzte System von Akutbehandlung und nachsorgender oder
begleitender Betreuung in außerstationären Einrichtungen der Gemeindepsychiatrie gefährdet.
Die durch den LVR aufgebaute gemeindeintegrierte Versorgung kann unter diesen
Rahmenbedingungen nicht mehr aufrechterhalten werden.
Die LVR-Kliniken übernehmen die Pflichtversorgung für bis zu 5,4 Millionen Menschen im Rheinland. Damit erfüllen sie einen gesetzlichen Vollversorgungsauftrag, d.h., sie sind rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr für jede Art und Schwere von
krankenhausbehandlungsbedürftigen Menschen mit psychischen Erkrankungen
aufnahmebereit bis hin zur Gewährleistung der Zwangsunterbringung. Damit haben sie bereits jetzt wesentlich höhere Grundkosten als Krankenhäuser, die sich auf bestimmte Krankheitsbilder und Personengruppen spezialisieren können. Die Finanzierung der Pflichtversorgung ist im neuen Entgeltsystem nicht vorgesehen.
Die Behandlung psychisch kranker Menschen erfordert ein Team von Spezialistinnen und Spezialisten im ärztlichen, pflegerischen, psychologischen und allen weiteren
therapeutischen Bereichen. Alle an der Leistungserbringung beteiligten Kräfte fanden in der bisher für die Personalbemessung zu Grunde gelegten Psychiatrie-
Personalverordnung (Psych-PV) ihre Berücksichtigung. Mit der ersatzlosen Streichung der Psych-PV entfällt zukünftig die Grundlage für eine angemessene Personalausstattung über alle Berufsgruppen. Ein Leistungsbezug wird im Entgeltkatalog nur noch über die Diagnose definiert.
Der LVR als Krankenhausträger und Träger der überörtlichen Sozialhilfe fordert die an der Systementwicklung maßgeblich Beteiligten – das Bundesministerium für Gesundheit und das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) - auf, das Entgeltsystem so weiterzuentwickeln, dass alle psychisch kranken Menschen jederzeit umfassend stationär, ambulant und gemeindeintegriert versorgt werden können.
Die hilfesuchenden Patientinnen und Patienten dürfen nicht die Leidtragenden von falsch konstruierten Vergütungssystemen sein."


Bitte befasst euch mit dem Thema und unterschreibt online!

Bitte schickt den Link zur Online-Unterschriftensammlung an an möglichst viele Freunde und Bekannte weiter!Vielen Dank, viele Grüße
Judith

Joerg aus Hattingen
31.07.2013, 15:37
...
Hier (http://www.weg-mit-pepp.de/) der Link zur Online-Unterschriftensammlung.[/B]Hier (http://www.aerzteblatt.de/archiv/142659/Pauschalierende-Entgelte-fuer-Psychiatrie-und-Psychosomatik-Wohin-kann-der-Weg-gehen

) ein Artikel zum Thema aus dem Deutschen Ärzteblatt.

..
Judith


Hab den 2. Link korrigiert. Der funktioniert jetzt.

bellamartha
31.07.2013, 16:30
Danke! Hab's jetzt auch geändert, so dass es in meinem Text auch geht. Warum der erste dafür jetzt so seltsam ist, weiß ich nicht, geht aber auch noch.

bellamartha
31.07.2013, 16:32
Ah, jetzt ist alles richtig.

captain hook
31.07.2013, 16:54
Funktioniert alles. Weiß ich, weil ich meine Stimme schon abgegeben hab. :-)

Die, die sich das ausgedacht haben, denen wünsch ich mal ne persönliche Erfahrung auf diesem Gebiet. Aber bitte als Kassenpatient.

DasOe
31.07.2013, 17:07
Danke, Bella für den Hinweis und den Appell.
Ich erinnere mich mit Schrecken und Grauen, als meine Mutter wegen ihrer Alzheimer-Erkrankung für drei Wochen in einer Psychiatrie untergebracht war.

TriVet
31.07.2013, 20:03
done.
757 unterschriften bisher, nicht sooviel, oder?

Hoppel
31.07.2013, 20:23
done :)
hoffe es nutzt was

Megalodon
31.07.2013, 20:24
Erledigt.

Auch wenn´s nur ein kleiner Beitrag ist, aber besser als nichts.

kullerich
31.07.2013, 20:40
Sind halt Sparmaßnahmen. Was willst du dagegen tun ?

Argumentieren, wie dort gemacht wird. Denn es ist nicht "kein Geld" da, aber wir müssen halt überlegen und entscheiden, wofür wir es ausgeben wollen......

FMMT
31.07.2013, 20:46
unterschrieben

tuben
31.07.2013, 21:15
"]Sind halt Sparmaßnahmen. Was willst du dagegen tun ?"

Diese Sparmaßnahmen sind weder gerechtfertigt noch notwendig. !

Erledigt.

Antracis
31.07.2013, 21:32
done.
757 unterschriften bisher, nicht sooviel, oder?

Psychisch Kranke haben halt keine Lobby, weshalb Herr Bahr beispielsweise nicht um Wählerstimmen fürchten musste, als er diese Änderung durchgewunken hat.

Es war auch tatsächlich möglich, dass in der zuständigen Kommission kein einziger Psychiater oder anderweitig Erfahrener des Versorgungssystems psychisch kranker Menschen mitgearbeitet hat.

Insgesamt wird die ohnehin schon schlechte Versorgungssituation von psychisch kranken Menschen dadurch in den nächsten Jahren noch deutlich schlechter werden, hoffentlich im Verlauf dann etwas entschärft, weil aktuell bildet das Entgeltsystem die Versorgungspraxis in keinster Weise adäquat ab - was nicht verwundert, weil wie gesagt bei der Entstehung niemand einbezogen wurde, der praktische Erfahrung hatte.

Alles stützt sich angeblich auf Zahlen, die so wasserdicht sind, dass man sie nicht öffentlich macht.

Ingesamt traurig, ich habe sehr geringe Erwartungen. Der Auftrag der Bundesregierung ist klar, eine Entgeltsystem zu schaffen, das billiger ist. Und das wird letztlich auch umgesetzt. Bleibt nur noch, Schaden zu begrenzen. Insofern ist jede Stimme hilfreich.

Cetacea
01.08.2013, 09:06
Auch unterschrieben.

Das ist auf jeden Fall sinnvoller als "Banken retten"!

Pete4Tri
01.08.2013, 09:07
Das ist auf jeden Fall sinnvoller als "Banken retten"!

Jepp und erledigt

Dreamsteen
01.08.2013, 09:27
Done

Werde es weiter teilen!

captain hook
01.08.2013, 11:40
Sind halt Sparmaßnahmen. Was willst du dagegen tun ?


Super Sparmaßnahme. Wenn man denen nicht richtig hilft, werden diese ihr Leben lang keiner Arbeit nachgehen können, keine Steuern zahlen und keine Sozialabgaben abführen. Da hat man richtig was gespart wenn man ihnen bis ans Lebensende dafür dann Soz.-Hilfe überweist.

Billy
01.08.2013, 16:00
Auch unterschrieben....

bellamartha
01.08.2013, 23:54
Up!

-> siehe Eingangspost! Und bitte weiter verbreiten!

Gruß & Danke, J.

Rather-Lutz
02.08.2013, 12:55
Hab unterschrieben...

bellamartha
08.08.2013, 10:32
Moin!

Noch mal hoch mit dem Thread (siehe erster Beitrag!).
Heute steht ein Artikel (http://taz.de/Neue-Tagessaetze-fuer-die-Psychiatrie/!121404/) dazu in der taz.

Viele Grüße
J.

Trimichi
08.08.2013, 17:56
hab´s auch unterzeichnet.

JumpungJackFlash
08.08.2013, 22:52
Psychisch Kranke haben halt keine Lobby, weshalb Herr Bahr beispielsweise nicht um Wählerstimmen fürchten musste, als er diese Änderung durchgewunken hat.

Es war auch tatsächlich möglich, dass in der zuständigen Kommission kein einziger Psychiater oder anderweitig Erfahrener des Versorgungssystems psychisch kranker Menschen mitgearbeitet hat.

Insgesamt wird die ohnehin schon schlechte Versorgungssituation von psychisch kranken Menschen dadurch in den nächsten Jahren noch deutlich schlechter werden, hoffentlich im Verlauf dann etwas entschärft, weil aktuell bildet das Entgeltsystem die Versorgungspraxis in keinster Weise adäquat ab - was nicht verwundert, weil wie gesagt bei der Entstehung niemand einbezogen wurde, der praktische Erfahrung hatte.

Alles stützt sich angeblich auf Zahlen, die so wasserdicht sind, dass man sie nicht öffentlich macht.

Ingesamt traurig, ich habe sehr geringe Erwartungen. Der Auftrag der Bundesregierung ist klar, eine Entgeltsystem zu schaffen, das billiger ist. Und das wird letztlich auch umgesetzt. Bleibt nur noch, Schaden zu begrenzen. Insofern ist jede Stimme hilfreich.


in meiner Jugend gab´s nen Song von Schröder Roadshow, der ging so´:

Aufstand im Irrenhaus, denn die wahren Irren sitzen draußen :Maso:

FuXX
10.08.2013, 12:23
Ich würde mir mehr direkte Demokratie und Volksabstimmungen wünschen auch auf Bundesebene. Die Politiker leiden Alle an Realitätsverlust egal ob rechts oder links. Deswegen das handlungsunfähige, kaputtregulierte Gesundheitssystem ohne LeistungIch nicht. "Die Bürger" - wer auch immer das ist - haben gar keine Zeit sich mit all den zu behandelnden Themen zu beschäftigen. Zudem muss man auch einfach mal festhalten, dass der durchschnittliche Deutsche strunzdoof ist. Man kann mit Volksentscheiden jede Menge populistischen Blödsinn durchsetzen, wenn man nur laut genug trommelt. Klappt schließlich auch in Wahlkämpfen - wie sonst ist es zu erklären, dass ein Roland Koch mit einer Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft damals in Hesser Ministerpräsident werden konnte?

Die Politik ist aber in der Tat frustrierend. Die Damen und Herren im Bundestag sind zwar schlauer als der Durchschnitt, leider aber von Lobbies und Korruption völlig versaut.

Sie haben aber natürlich auch einen schwierigen Job, ist ja nicht so, dass die Lösungen einfach wären. Es ist ja nicht mal einfach die Probleme klar zu definieren und dann zu priorisieren. Zudem gibt es endlos Wechselwirkungen im komplexen Gebilde "Staat".


Bezüglich Krankenkassen: Man sollte als erstes die Trennung von privaten und gesetzlichen aufheben. Es gibt keinen Grund für diese Zweiklassengesellschaft. Dann sollte man an die Pharmafirmen ran - komisch das die Arzneimittel im Land der Pharmakonzerne teurer sind als überall sonst auf der Welt. Die FDP tut sich da ja auch mal wieder besonders hervor, vor allem ihr völlig inkompetenter Fipsi hat sich damals als Gesundheitsminister diesbezüglich völlig disqualifiziert. Die anderen Parteien haben es aber ja auch nie geschafft da was zu ändern.

Versicherungen sind aber eh ne tolle Sache, nicht nur bei Krankenversicherungen. Ich muss da gerade an einen Bericht über Ergo denken, den ich vor einigen Monaten gesehen habe. Die allermeisten Versicherungen sind einfach unmöglich - und manche tun sich noch besonders hervor.

Die Barmer wollte übrigens gerade meine Frau abzocken. Da kam eine lustige Anfrage an sie bezüglich meines Gehalts. Ich hab dann mal bei meiner GKV angerufen (der TK) - die Dame am Telefon war völlig konsterniert und sagte nur, sie habe keine Ahnung wie die Barmer auf diese Idee käme, mein Einkommen spiele schlicht keine Rolle für die Krankenversicherung meiner Frau. Absolute Dreistigkeit - aber die Barmer hat nun eine Kundin weniger.

Fennec

Cetacea
30.04.2014, 09:34
Zu dem Thema gibt es News. Sieht so aus, als wäre es vom Tisch:
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/streit-um-pepp-koalition-bremst-bezahlsystem-fuer-psychisch-kranke-aus-a-966773.html