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Vollständige Version anzeigen : Grenzübergreifendes Fairplay vs. Verletzung nationaler Interessen


Hafu
03.03.2014, 15:44
Eigentlich eine Geschichte zum Kopfschütteln, andererseits eine, an der sich exemplarisch die Sinnhaftigkeit nationaler Sportförderprogramme diskutieren lässt:

Der Fall:
Der nicht für Olympia qualifizierte deutsche Bob-Pilot Manuel Machata hat dem Russen Legkow seine Kufen geliehen, mit denen dieser wiederum in Sotschi Gold für Russland geholt hat. (http://www.spiegel.de/sport/wintersport/kufen-affaere-ein-jahr-sperre-fuer-bobpilot-manuel-machata-a-956626.html)

Für diese Aktion wird Machata nun vom (deutschen) nationalen Bob- uind Rodelverband für 1 Jahr gesperrt.

Die Problematik:
durch die Stärkung eines direkten internationalen Konkurrenten der nominierten deutschen Bob-Fahrer in Sotschi (die so von Machata sicher beabsichtigt war, denn innerhalb der deutschen Bob-Piloten gibt es bekannte Rivalitäten) hat Machata letztlich den deutschen Bobsport geschwächt und da Fördergelder fast ausschließlich anhand von erzielten Medaillen vergeben werden unter dem Strich auch sich selbst, auf jeden Fall aber der Stellung seines Sports innerhalb des DOSB geschadet.

Was haltet ihr von der Sperre? Spontan würde ich sie auch als absurd einstufen, denn eigentlich sollte man im 21. Jahrhundert dieses rein nationalstaatlich Denken (letztlich leben wir ja in einer globalisierten Gesellschaft und außerdem formal in der EU) zunehmend überwinden.
Andererseits müsste man, wenn man diesen Gedanken zu Ende denkt, die komplette Förderung des Bob-und Rodelsports in Deutschland einstellen, denn wozu fließen hier jährlich rund 8 Millionen an sportförderung in diese randsportarten, wenn nicht für Medaillen bei großereignissen. Mit Steigerung der Volksgesundheit, Leistungsport als Vorbild für gensundheitsorientierten Breitensport hat gerade der Bob-und Rodelsport zweifellos so ziemlich von allen denkbaren Sportarten am wenigsten zu tun.

leiti
03.03.2014, 15:51
Naja, Spitzensport ist ein Beruf.

Wenn meine Firma eine Forschung für ein Produkt in Auftrag gibt, meine Firma dann aber nicht den Zuschlag für die Produktion des Produkts bekommt, und ich als normaler Mitarbeiter die Forschungsergebnisse an die Konkurrenz weiterleite, wird meine Firma wohl auch keine Freude damit haben ;-)

merz
03.03.2014, 15:53
"Für diese Aktion wird Machata nun vom (deutschen) nationalen Bob- uind Rodelverband für 1 Jahr gesperrt."

mit welcher Begründung? (ich bin aud low bandwidth , sodass googeln im Moment schmerzhaft ist, sorry), aber das scheint mir am Kern der Sache zu liegen, sonst natürlich d'accord, das war sportmanship und gehört nicht bestraft (k.a. ob die Kufen dann für Gold ursächlich waren, spielt auch keine Rolle -)


m.

post Post commet: die Firmenanalogie find ich interesant, sind die Athleten angestellt, die andere auch? :) Also irgendwie wird das so interessant, wie die Frage "wem gehören die Kufen" :)

ArminAtz
03.03.2014, 15:54
Ich kann die Entscheidung verstehen, Ihn zu sperren.

Ich nehme mal stark an, dass die Kuven einen Wettbewerbsvorteil gebracht haben, bzw. viel Know How und Entwicklungsarbeit drin steckt.

Wenn er dann einfach dieses Know How an eine andere Nation weitergibt, ist das den Deutschen gegenüber nicht korrekt. Von daher absolut verständlich, Ihn dafür zu sanktionieren.

Tobstar23
03.03.2014, 15:56
Soweit ich weiß, war das Alles (also die Weitergabe der Kufen an die Russen) schon beim Kauf der Kufen so vereinbart.
Die Kufen wurden privat gekauft und sind nicht von der FES. Und leisten konnte er sie sich nur, weil die Weitergabe bereits vereinbart war.
Edith meint, das steht hier drin: http://www.faz.net/aktuell/sport/olympische-winterspiele/eissport/landesverrat-im-viererbob

marlaskate
03.03.2014, 15:56
Naja, Spitzensport ist ein Beruf.

Wenn meine Firma eine Forschung für ein Produkt in Auftrag gibt, meine Firma dann aber nicht den Zuschlag für die Produktion des Produkts bekommt, und ich als normaler Mitarbeiter die Forschungsergebnisse an die Konkurrenz weiterleite, wird meine Firma wohl auch keine Freude damit haben ;-)

Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass die Kufen, die Machata verliehen hat, nicht die von der FES entwickelten waren, sondern von einem Kufenhersteller aus der Schweiz, die er für sich gekauft hatte. Das heisst, er hat keine mit Steuergeldern finanzierten Kufen verliehen, sondern sein Privateigentum. Wenn Du also bei Microsoft arbeitest und einen Firmenrechner hast und dir privat einen Mac kaufst, darfst Du den nicht verkaufen/verleihen? Das Verleihen von Kufen ist im Bob- und Rodelsport eigentlich normal, auch international und wurde schon immer gemacht. Dass es jetzt natürlich so auskam, dass sie ausgrechnet mit den Kufen geschlagen wurden, ist natürlich Pech. Aber mal abseits davon: es lag ja nicht nur Subkov vor ihnen......

leiti
03.03.2014, 16:10
Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass die Kufen, die Machata verliehen hat, nicht die von der FES entwickelten waren, sondern von einem Kufenhersteller aus der Schweiz, die er für sich gekauft hatte. Das heisst, er hat keine mit Steuergeldern finanzierten Kufen verliehen, sondern sein Privateigentum.

Das ändert natürlich die Sachlage! Ich bin davon ausgegangen, dass hier das Material vom Verband zur Verfügung gestellt wird, bzw. über Sponsoren des Verbandes wie bei den Kaderathleten (zumindest in Österreich) im Wintersportbereich.

Kinesis
03.03.2014, 16:18
Naja, Spitzensport ist ein Beruf.

Wenn meine Firma eine Forschung für ein Produkt in Auftrag gibt, meine Firma dann aber nicht den Zuschlag für die Produktion des Produkts bekommt, und ich als normaler Mitarbeiter die Forschungsergebnisse an die Konkurrenz weiterleite, wird meine Firma wohl auch keine Freude damit haben ;-)

"Es handelte sich dabei um Kufen aus seinem Privatbesitz und nicht um Material aus dem mit Steuergeldern finanzierten Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (Fes), wie Machata betonte."
"Das war kein Material der Fes oder des Verbandes. Das haben andere vor mir auch schon gemacht, ich kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Ich lasse mich nicht als Verräter hinstellen"

Wenn das so stimmt kann ich den Worten von Machata nichts hinzufügen und kann mir nicht vorstellen das es rechtlich tatsächlich eine Handhabe gegen ihn gibt und jedes Berufungsgericht dieses Urteil hoffentlich zurückweisen wird. Da von Nationalen Interessen zu sprechen hat für mich einen seltsamen Nachgeschmack. Mal abgesehen davon, dass die deutschen fast eine Sekunde langsamer waren als Zubkov. Im Rodelsport sind das Welten. Da hätte auch Stefan Raab auf seinem Wok antreten können.

KalleMalle
03.03.2014, 16:30
Mit Steigerung der Volksgesundheit, Leistungsport als Vorbild für gensundheitsorientierten Breitensport hat gerade der Bob-und Rodelsport zweifellos so ziemlich von allen denkbaren Sportarten am wenigsten zu tun.
Man kann ja gedanklich mal von allen olympischen Sportarten diejenigen abziehen, bei denen der Breitensport vermutlich auch ohne Förderung des Leistungssportes erhalten bleiben würde (Skifahren, Langlauf, Radfahren, Laufen, Schwimmen (mit Einschränkung), etc.) ganz einfach weil der Amateursport an sich Spaß macht und die Gesundheit fördert.

Wenn man dann guckt was noch übrig bleibt, dann sind das vermutlich Sportarten bei denen unterm Strich das berufsmäßig betriebene Hobby einiger weniger Sportler + Trainer finanziert werden muß.

Aus meiner Sicht spräche nichts dagegen, daß dies dann auch über private Sponsoren erfolgt. Zumal ich mir eine Olympiade, bei der Team BMW gegen die Mannschaft von sagen-wir-mal CocaCola und Gazprom antritt keineswegs langweilig vorstelle.
Im Gegenteil - für mich wäre das unterm Strich ehrlicher.

qbz
03.03.2014, 18:40
Am fairsten wäre es sowieso, wenn alle Teilnehmer einer Olympiade mit dem gleichen Gerät antreten, das für die Olmpiade, WM, EM auszuleihen ist oder von einem abwechselnd benannten Ausrüster stammt.

GrrIngo
03.03.2014, 21:49
Am fairsten wäre es sowieso, wenn alle Teilnehmer einer Olympiade mit dem gleichen Gerät antreten, das für die Olmpiade, WM, EM auszuleihen ist oder von einem abwechselnd benannten Ausrüster stammt.

Wäre es das wirklich? Es gibt Leute, die kommen mit Material X besser zurecht und andere, die sind definitiv mit Material Y schneller. Da hat also derjenige einen Vorteil, auf den das entsprechende zu verwendende Material am besten zugeschnitten ist.
Was die Kufengeschichte angeht: wenn die Kufen für den Unterschied zwischen Gold und ferner liefen verantwortlich waren, so gehören diejenigen gesperrt, die für den Einsatz der FES-Kufen verantwortlich waren. Aber nicht derjenige, der seine eigenen Kufen verleiht...
Aus meiner Sicht sind die Sperre und Geldstrafe hier so was von verkehrt, und ich hoffe, sie halten keine 24h.

Gruß
GrrIngo

Corki
03.03.2014, 21:59
Ich kann da gar nichts absurdes finden. Die Sperre ist mehr als gerechtfertigt und die Strafe von 5000 Euro recht gering.

Der Typ ist auch noch Soldat. Geheimnisverrat wird beim Militär nicht gern gesehen und im Bob/Rodelsport sind gerade sie Kufen wohl das entscheidene Kriterium. Da hat der deutsche Bobverband wohl lange einen klaren Vorteil gehabt.
Wie ist es möglich, daß ein Fahrer seine "privaten" (?) Kufen verleihen kann?

"Es handelte sich dabei um Kufen aus seinem Privatbesitz und nicht um Material aus dem mit Steuergeldern finanzierten Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (Fes), wie Machata betonte."
"Das war kein Material der Fes oder des Verbandes. Das haben andere vor mir auch schon gemacht, ich kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Ich lasse mich nicht als Verräter hinstellen"

Er hat sie wohl als eine Art Zwischenhändler" für die Russen gekauft/weiterverkauft. Den Russenselbst hätten die Schweizer Hersteller wohl nicht direkt verkaufen dürfen?

Seinen eigenen Landsleuten und Sportkollegen gegenüber ist es einen Sauerei.

CHA23
03.03.2014, 23:36
Andererseits müsste man, wenn man diesen Gedanken zu Ende denkt, die komplette Förderung des Bob-und Rodelsports in Deutschland einstellen, denn wozu fließen hier jährlich rund 8 Millionen an sportförderung in diese randsportarten, wenn nicht für Medaillen bei großereignissen. Mit Steigerung der Volksgesundheit, Leistungsport als Vorbild für gensundheitsorientierten Breitensport hat gerade der Bob-und Rodelsport zweifellos so ziemlich von allen denkbaren Sportarten am wenigsten zu tun.

Sperre hin oder her, aber besser kann man den Irrsinn um den Bob- und Rodelsport nicht zusammenfassen. 8 Mio. Förderung für gerade mal ein paar hundert aktive Sportler. Totaler Irrsinn.

oko_wolf
04.03.2014, 08:17
Wäre es das wirklich? Es gibt Leute, die kommen mit Material X besser zurecht und andere, die sind definitiv mit Material Y schneller. Da hat also derjenige einen Vorteil, auf den das entsprechende zu verwendende Material am besten zugeschnitten ist.
...

Wie beim Race of the champions: Material wird für den ersten Durchgang zugelost, und in einem zweiten Durchgang tauscht erster mit letztem. zweiter mit zweitletztem...

oko_wolf
04.03.2014, 08:18
...Der Typ ist auch noch Soldat. Geheimnisverrat wird beim Militär nicht gern gesehen ....

Genau, erschiessen den Kerl :confused:

Duafüxin
04.03.2014, 08:22
Ich kann die Entscheidung verstehen, Ihn zu sperren.

Ich nehme mal stark an, dass die Kuven einen Wettbewerbsvorteil gebracht haben, bzw. viel Know How und Entwicklungsarbeit drin steckt.

Wenn er dann einfach dieses Know How an eine andere Nation weitergibt, ist das den Deutschen gegenüber nicht korrekt. Von daher absolut verständlich, Ihn dafür zu sanktionieren.

Die Kufen hat Machata von seinem eigenen Geld gekauft (in der Schweiz) somit kann er damit machen was er will.
Mit eben jenen Schienen ist als Spurbob Bestzeit gefahren (also besser als alle anderen die an dem regulären Rennen teilgenommen haben).
Da hätte den Funktionären ja mal ein Licht aufgehen können.
Wenn jemand gesperrt oder besser abgesetzt gehört, dann die Funktionäre im Bobverband, die diese ganze Misere erst verursacht haben.

sybenwurz
04.03.2014, 08:51
Ich finds witzig.
Nachdem das mit dem Tauschen/Wechseln/Weitergeben normal zu sein scheint, die Dinger nedd aus irgendner unzugänglichen Geheimschmiede stammten, sondern privat gekauft wurden, ist es wohl eher ne Art menschlicher Offenbahrungseid, was die Funktionäre da abliefern.
Vielleicht findet der Knabe ja ein Team, bei dem die Fairness nedd hinter Funktionärsattitüden zurücktritt und für das er zukünftig starten kann...:)

Duafüxin
04.03.2014, 08:59
Vielleicht findet der Knabe ja ein Team, bei dem die Fairness nedd hinter Funktionärsattitüden zurücktritt und für das er zukünftig starten kann...:)

Genau, Machata macht den Rösch und versuchts im belgischen Team :Lachanfall:

Tobstar23
04.03.2014, 09:08
Genau, Machata macht den Rösch und versuchts im belgischen Team :Lachanfall:

Er liebäugelt wohl mit Jamaika!
http://www.faz.net/aktuell/sport/wintersport/bobpilot-manuel-machata-ein-karibischer-traum-im-eiskanal-12828507.html

Duafüxin
04.03.2014, 09:15
Er liebäugelt wohl mit Jamaika!
http://www.faz.net/aktuell/sport/wintersport/bobpilot-manuel-machata-ein-karibischer-traum-im-eiskanal-12828507.html

Jo, Jamaica hat auch was :Lachen2:

Lustig find ich die, die jetzt was von nationalen Interessen erzählen, aber wohl beim deutschen Wachstruck weggeguggt haben.
Was wär wohl passiert, wenn die Russen gesagt hätten (wie die Ösis) "Nö, unsere Maschinen könnt ihr nicht benutzen"?
Hätten die Biathleten, NK und LL wieder nachhause fahren sollen?

Flyer
04.03.2014, 09:25
Ich finde die Sperre total lächerlich - und den Vergleich mit Geheimnisverrat auch.:dresche
Wenn einer der qualifizierten deutschen Bobfahrer Machata um die Kufen gebeten hätte und er hätte sie ihnen verweigert wäre das vielleicht unkollegial, aber so??

Mir kommt es jetzt so vor als solle nach dem schlechten Abschneiden der Bobfahrer ein Sündenbock als Bauernopfer (tolle Metaphern, oder ;) ) gefunden werden.

OT: Ich musste erstmal googeln was ein Wachstruck ist::confused:
ein Wach-struck, ein Wachst-ruck ??
Ich bin einfach zu alt für denglische Mischwörter ...:Nee:

chris.fall
04.03.2014, 09:34
Moin,

ich kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen. Sie widerspricht mMn dem Gedanken eines fairen Wettstreits. Wenn das alle so machen würden, kriegt dann der Nächste, dessen Helm vom KaRi kassiert wurde, oder der seinen nur vergessen hat, keinen geliehen, nur weil er für einen anderen Verein startet?!

Und ich finde es eigentlich großartig, wenn diese Fairness auch noch auf so einem sportlichen Niveau statt findet.



Besonders für die "Akademer" hier, die in anderen Diskussionen gerne mal auf ihre Ausbildung hinweisen: Eine Olympiade (http://de.wikipedia.org/wiki/Olympiade) ist ein Zeitraum von vier Jahren, benannt nach dem Abstand zweier Olympischer Spiele.



Munter bleiben,

Christian

Duafüxin
04.03.2014, 09:44
OT: Ich musste erstmal googeln was ein Wachstruck ist::confused:
ein Wach-struck, ein Wachst-ruck ??
Ich bin einfach zu alt für denglische Mischwörter ...:Nee:


Eine Wachs-Stube auf 4 Rädern, die im Rahmen des WC um den ganzen Globus geschlörrt wird, aber die bei den OWS zu hause bleibt.



Und ich finde es eigentlich großartig, wenn diese Fairness auch noch auf so einem sportlichen Niveau statt findet.



Besonders für die "Akademer" hier, die in anderen Diskussionen gerne mal auf ihre Ausbildung hinweisen: Eine Olympiade (http://de.wikipedia.org/wiki/Olympiade) ist ein Zeitraum von vier Jahren, benannt nach dem Abstand zweier Olympischer Spiele.



Munter bleiben,

Christian


Danke, das lag mir schon soooooo auf den Fingern :Blumen:

Hafu
04.03.2014, 09:55
Rein aus dem Bauch heraus finde ich ja auch, dass die Entscheidung den Prinzipien sportlichen Fairplays widerspricht, andererseits lohnt es sich gerade in diesem Einzelfall mal alle Hintergründe zu beleuchten.

Machata ist zweifellos über Jahre vom Deutschen Staat massiv gefördert worden und wird noch immer gefördert, als Kadermitglied und Sportsoldat, der Gehalt kassiert und dafür zum Trainieren und auch Material-Tüfteln nahezu komplett frei gestellt wird.

Auch die Sponsorengelder, die er in den vergangenen Jahren erwirtschaftet hat, hängen zweifellos auch mit dieser Förderung zusammen, denn Bobfahren ist kein Sport, den man einfach mal so in Eigenregie macht.

Von daher muss man schon die Frage stellen, inwieweit man bei einem solchen Sportler "privates" von "öffentlichem" Geld überhaupt trennen kann.

Der Vergleich von Staaten mit Firmen, der hier im Thread schon angesprochen wurde, ist sicher nicht unpassend. Wenn man bei Firma A auf der Payroll steht ist es aufgrund der Loyalitätspflicht dem eigenen Arbeitgeber gegenüber eine Selbstverständlichkeit, dass man nicht Firma B, die in direkter Konkurrenz zum eigenen Arbeitgeber steht, einen wesentlichen Konkurrenzvorteil verschafft und auf diese Weise die Bilanz des eigenen Arbeitgebers verschlechtert.

Duafüxin
04.03.2014, 10:11
Verstehen könnte ich die Aufregung, wenn seine Kollegen mit den Kufen etwas hätten anfangen können, aber sie hätten sie auch nicht nutzen dürfen.
Hochkochen tuts doch nur, weil Zubkov damit Gold geholt hat. Wäre er damit im Kanal steckengeblieben, hätten die deutschen Bobs immer noch nichts geholt und die "Vermietaktion" hätte keine Sau interessiert. Ich seh darin nur ein Ablenkungsmanöver von den wahren Verantwortlichen.

oko_wolf
04.03.2014, 10:25
...Und ich finde es eigentlich großartig, wenn diese Fairness auch noch auf so einem sportlichen Niveau statt findet....

Da gibt es eigentlich nix hinzuzufügen, außer daß solche Fairness überall selbstverständlich sein sollte

Hafu
04.03.2014, 10:38
Verstehen könnte ich die Aufregung, wenn seine Kollegen mit den Kufen etwas hätten anfangen können, aber sie hätten sie auch nicht nutzen dürfen.
...

Warum hätten die anderen deutschen Bobs Machatas Kufen nicht nutzen dürfen?

(Bin kein Bobsport-Insider)

Laut Stern (http://www.stern.de/sport/olympia/olympia-2014/sportarten/bob_rodel/verband-schockiert-russe-auf-deutschen-kufen-zu-doppel-gold-im-bob-2092367.html)hat Francesco Friedrich (deutscher Zweierbob-Weltmeister von 2013) bei Machata wegen der bei den warmen Sotschi-Bedingungen bekannt schnellen Kufen angefragt , sie aber nicht bekommen haben

Duafüxin
04.03.2014, 10:45
Warum hätten die anderen deutschen Bobs Machatas Kufen nicht nutzen dürfen?

(Bin kein Bobsport-Insider)

Alle Viererbobteams und die Trainer wollten das Material vom letzten Jahr fahren (FES-Material), weil sie die ganze Saison schon mit den neuen Bobs und den Kufen Probleme hatten. Sie durften nicht, weil die Funktionäre das so beschlossen haben, dass nur neues FES-Material genutzt werden dürfte.
Machatas Kufen waren keine offiziell erlaubten Kufen, sondern welche vom Schweizer Hefti, die hätten dann ja erst Recht nicht genutzt werden dürfen.
Zumal es ja offensichtlich war, dass Machata mit den schweizer Kufen beim WC, ich mein es war Winterberg, als Spurbob einiges schneller war.

oko_wolf
04.03.2014, 11:02
...Sie durften nicht, weil die Funktionäre das so beschlossen haben, dass nur neues FES-Material genutzt werden dürfte.
....

Funktionäre...:dresche

Tobstar23
04.03.2014, 11:05
Warum hätten die anderen deutschen Bobs Machatas Kufen nicht nutzen dürfen?

(Bin kein Bobsport-Insider)

Laut Stern (http://www.stern.de/sport/olympia/olympia-2014/sportarten/bob_rodel/verband-schockiert-russe-auf-deutschen-kufen-zu-doppel-gold-im-bob-2092367.html)hat Francesco Friedrich (deutscher Zweierbob-Weltmeister von 2013) bei Machata wegen der bei den warmen Sotschi-Bedingungen bekannt schnellen Kufen angefragt , sie aber nicht bekommen haben

Naja, wenn der Deal war, dass er sie bei verpasster Quali an den russischen Piloten weitergibt, dann ist ja klar, dass er sie nicht einem Deutschen geben kann. Das war wohl bereits beim Kauf der Kufen so vereinbart worden.

Hafu
04.03.2014, 11:12
Alle Viererbobteams und die Trainer wollten das Material vom letzten Jahr fahren (FES-Material), weil sie die ganze Saison schon mit den neuen Bobs und den Kufen Probleme hatten. Sie durften nicht, weil die Funktionäre das so beschlossen haben, dass nur neues FES-Material genutzt werden dürfte.
...

Gibt es dafür Belege? Im Nachhinein ist es natürlich immer leicht schlau daher zu reden und jeder weiß es nach einem Misserfolg besser und gibt an zu wissen, woran es lag, aber Funktionäre sind normalerweise genauso am Erfolg interessiert wie Trainer und Athleten, weil ja die gesamte Verbandsfinanzierung von Medaillen abhängt. Von daher würde es mich überraschen, wenn die Situation im Vorfeld der Olympischen Spiele so einfach sich dargestellt hätte, dass man sich bewusst für langsameres Material entschieden hat.

Materialprobleme gab es ja mit den alten Bobs bei den meisten Rennen der vergangenen Saison auch schon.

Hafu
04.03.2014, 11:20
Naja, wenn der Deal war, dass er sie bei verpasster Quali an den russischen Piloten weitergibt, dann ist ja klar, dass er sie nicht einem Deutschen geben kann. Das war wohl bereits beim Kauf der Kufen so vereinbart worden.

Hast du da einen Link? Ich hab' mich jetzt versucht ein bisschen in das Thema einzulesen, aber für einen solchen Deal nigendwo (insbesondere auch nicht in den Äußerungen von Machata zu dem Vorgang) einen Beleg gefunden.

Natürlich würde eine solche Vertragsklausel einiges an der Bewertung ändern.

Tobstar23
04.03.2014, 11:29
Hast du da einen Link? Ich hab' mich jetzt versucht ein bisschen in das Thema einzulesen, aber für einen solchen Deal nigendwo (insbesondere auch nicht in den Äußerungen von Machata zu dem Vorgang) einen Beleg gefunden.

Natürlich würde eine solche Vertragsklausel einiges an der Bewertung ändern.

Ich seh grad, der Link in meinem ersten Post funzt net mehr.
Dann versuch's mal hier:
http://www.faz.net/aktuell/sport/olympische-winterspiele/eissport/landesverrat-im-viererbob-russisches-gold-mit-deutschen-kufen-12818631.html

Edith will Dich nicht ewig suchen lassen:
Trotz der Demonstrationstour in Winterberg reichte es für Machata nicht zur Olympia-Nominierung. Was aber tun mit dem teuren Kufensatz, wenn man bei Olympia zuschauen muss? Angeblich war Machata an eine Vereinbarung gebunden: „Es gab einen Deal, dass ich die Kufen in diesem Fall an Zubkow ausleihe, sonst hätte ich sie nicht kaufen können“, behauptete er am Montag: „Will man jetzt ablenken und auf mich einschlagen?“

chris.fall
04.03.2014, 13:38
Moin,


(...)
Von daher muss man schon die Frage stellen, inwieweit man bei einem solchen Sportler "privates" von "öffentlichem" Geld überhaupt trennen kann.

Der Vergleich von Staaten mit Firmen, der hier im Thread schon angesprochen wurde, ist sicher nicht unpassend. Wenn man bei Firma A auf der Payroll steht ist es aufgrund der Loyalitätspflicht dem eigenen Arbeitgeber gegenüber eine Selbstverständlichkeit, dass man nicht Firma B, die in direkter Konkurrenz zum eigenen Arbeitgeber steht, einen wesentlichen Konkurrenzvorteil verschafft und auf diese Weise die Bilanz des eigenen Arbeitgebers verschlechtert.

das ist eine durch und durch kommerzielle Argumentation, die aus der Sicht der Verbandes vielleicht noch richtig ist, die aber die Ideale der olympischen Bewegung mit Füßen tritt. Ich habe keine Zeit bzw Lust die Originalquelle rauszusuchen, aber auch im Wikipedia Artikel finden sich dazu schon einige interessante Sätze:

"(...)mit dieser Bewegung einen Beitrag zum Aufbau einer friedlichen und gerechten Welt zu leisten, indem der Sport ohne jegliche Diskriminierung die Jugend der Welt im Geist von Freundschaft, Solidarität und Fair Play zusammenführt. (...)"
(http://de.wikipedia.org/wiki/Internationales_Olympisches_Komitee)

und

"(...)Widerstand gegen alle Formen kommerzieller Ausbeutung des Sports und der Athleten (...)"
(http://de.wikipedia.org/wiki/Internationales_Olympisches_Komitee)

Wobei sich für mich besonders beim letzten zitierten Satz ernsthaft die Frage stellt, ob das IOC eigentlich noch selber an seine Ideale glaubt. Aber das ist dann schon etwas offtopic, weil es hier ja um den Deutschen Verband geht. Und dessen Verhalten in dieser Sache degradiert die Olympschen Spiele zu einem )"/&$")(&$--Vergleich der Nationen, der mit dem Medaillenspiegel ausgetragen wird.


Viele Grüße,

Christian

Hafu
04.03.2014, 14:53
...
das ist eine durch und durch kommerzielle Argumentation, die aus der Sicht der Verbandes vielleicht noch richtig ist, die aber die Ideale der olympischen Bewegung mit Füßen tritt. Ich habe keine Zeit bzw Lust die Originalquelle rauszusuchen, aber auch im Wikipedia Artikel finden sich dazu schon einige interessante Sätze:

"(...)mit dieser Bewegung einen Beitrag zum Aufbau einer friedlichen und gerechten Welt zu leisten, indem der Sport ohne jegliche Diskriminierung die Jugend der Welt im Geist von Freundschaft, Solidarität und Fair Play zusammenführt. (...)"
(http://de.wikipedia.org/wiki/Internationales_Olympisches_Komitee)

und

"(...)Widerstand gegen alle Formen kommerzieller Ausbeutung des Sports und der Athleten (...)"
(http://de.wikipedia.org/wiki/Internationales_Olympisches_Komitee)

Wobei sich für mich besonders beim letzten zitierten Satz ernsthaft die Frage stellt, ob das IOC eigentlich noch selber an seine Ideale glaubt. Aber das ist dann schon etwas offtopic, weil es hier ja um den Deutschen Verband geht. Und dessen Verhalten in dieser Sache degradiert die Olympschen Spiele zu einem )"/&$")(&$--Vergleich der Nationen, der mit dem Medaillenspiegel ausgetragen wird.

Viele Grüße,

Christian

Im Prinzip gebe ich dir vollkommen recht, weil ich als Sportler und Sportfan im Grunde meines Herzens genauso denke.
Bei einem Finale wie bei der ITU-World series letztes Jahr in London zwischen Gomez und Brownlee geht mir das Herz auf und ich bin begeistert, auch wenn da kein Deutscher weit und breit beteiligt war.

Andererseits ist es das Wesen des Leistungssports nicht nur die eigene Leistung zu maximieren, sondern eben auch besser als andere zu sein. Nationale Spitzensportförderung richtet sich streng an Plazierungen und nicht an absoluten Leistungen aus und zwar nicht nur als Ländervergleich bei internationalen Meisterschaften, sondern genauso auch schon als Bundesländervergleich beispielsweise auf Ebene der D-Kader im Triathlon und sämtlichen anderen geförderten Sportarten. Die Mittelzuwendung durch die Landessportbünde ist ganz eng verknüpft mit den Podiumsplazierungen des Bundeslandes in den verscheidenen Jugendklassen.

ich hab' den Fall Maschata aufgegriffen, weil man daran exemplarisch sehr gut das Für und Wider nationalstaatlicher Spitzensportförderung diskutieren kann.

Auf keinen Fall sollte man bei dem ganzen Kontext vergessen, dass der deutsche Weg keineswegs ein Sonderweg ist.
Großbritanien steckt (auch jetzt nach ihren Olympischen spielen) weiterhin ein Vielfaches an Geld in die Nationale Spitzen-Sportförderung im Vergleich zu Deutschland und dieses Geld wird auch noch weitaus weniger breit verteilt als in Deutschland: Sportarten, in denen GB Medaillenchancen hat (wie Bahnradsport, Leichtathletik, Rudern, Triathlon etc. schwimmen in Fördergeldern, während Sportarten ohne ernsthafte Medaillenchancen dort überhaupt nicht gefördert werden. Dieses Alles-oder-Nichts-Prinzip kennt man in Deutschland, in dem auch weniger medaillenträchtige Sportarten zumindest eine Grundförderung bekommen, so nicht.

In London ging dieses britische Förderkonzept aus nationaler Sicht auf und ich habe wenig kritische Stimmen gehört, die die deutlich ausgeprägtere Medaillenverliebtheit der Briten ernsthaft kritisiert haben.

oko_wolf
04.03.2014, 15:01
...Andererseits ist es das Wesen des Leistungssports nicht nur die eigene Leistung zu maximieren, sondern eben auch besser als andere zu sein. ....

Mag sein, aber nicht um jeden Preis. Wenn ich in einem meiner Wettkämpfe bemerke, daß einem Mitstreiter etwas am Sportgerät kaputt geht, dann werde ich versuchen ihm zu helfen, auch wenn ich dadurch eventuell einem "Konkurrenten" helfe, auf einem Platz vor mir zu landen.

Um einen fairen Vergleich der Leistung der einzelnen Sportler zu erreichen, müßten z.B. alle Bobfahrer mit dem gleichen Material unterwegs sein. Ist das nicht der Fall, geht es nur zum Teil um die Sportler und vielmehr um die Qualität der Entwickler des Sportgeräts.

Hafu
04.03.2014, 15:36
...Um einen fairen Vergleich der Leistung der einzelnen Sportler zu erreichen, müßten z.B. alle Bobfahrer mit dem gleichen Material unterwegs sein. Ist das nicht der Fall, geht es nur zum Teil um die Sportler und vielmehr um die Qualität der Entwickler des Sportgeräts.

Natürlich geht es beim Bob- und Rodelfahren auch zu einem beträchtlichen Teil ums Material (beim alpinen und nordischen Skisport, Eisschnellauf, Skispringen aber auch). Das Material macht dort aber auch einen beträchtlichen Teil der Faszination des Sportes aus, so wie im übrigen auch in unserer zweiten Disziplin im Triathlon.

Die UCI hat vor einigen Jahren Triathlonlenker, Scheibenräder, Trispokes, Hochbettfelgen und flächige Carbonrahmen für Stundenweltrekorde verboten. Hat das den Bahnradsport in diesem Bereich attraktiver gemacht? Würden wir uns sowas auch für Triathlonrennen wünschen um die Materialkomponente zu minimieren?

oko_wolf
04.03.2014, 16:01
...Würden wir uns sowas auch für Triathlonrennen wünschen um die Materialkomponente zu minimieren?

Beim Triathlon spielt das Material (meiner Meinung nach) eine deutlich geringere Rolle als z.B. beim Bobfahren.

Wir entfernen uns aber vom Ursprung der Diskussion um "Fairness". Ich sehe in der Fairness einen wichtigen (wenn nicht gar den wichtigsten) Faktor im Sport.

Ein schönes Bespiel ist die Geschichte um Iván Fernández Anaya der die Möglichkeit eines Sieges aufgrund eines Fehlers des Führenden nicht wahrnahm (http://www.nzz.ch/aktuell/panorama/laeufer-verhilft-gegner-zum-sieg-1.17955073)

If you can't win with honor, it's not a victory.

StanX
04.03.2014, 16:10
http://www.rp-online.de/sport/andere/timo-boll-erhaelt-fair-play-preis-aid-1.1556056

Die Nummer ist von Timo Boll ist auch sozusagen ein Fairplay Klassiker. Generell ist es im Tischtennis so, dass nahezu jeder Kantenbälle gegen sich selber auch anzeigt. Das gehört sozusagen zum guten Ton.

Ein schönes Bespiel ist die Geschichte um Iván Fernández Anaya der die Möglichkeit eines Sieges aufgrund eines Fehlers des Führenden nicht wahrnahm (http://www.nzz.ch/aktuell/panorama/laeufer-verhilft-gegner-zum-sieg-1.17955073)

If you can't win with honor, it's not a victory.

Ein schönes Zitat aus dem Artikel:


Heutzutage hat man das Gefühl, dass überall – im Fussball, in der Gesellschaft und in der Politik – alles erlaubt ist, was gefällt. Da tut eine Geste der Ehrlichkeit gut.

chris.fall
04.03.2014, 17:14
Moin,

Im Prinzip gebe ich dir vollkommen recht, weil ich als Sportler und Sportfan im Grunde meines Herzens genauso denke.
(...)


das klang für mich schon nach Deinen letzten Posts so.


Andererseits ist es das Wesen des Leistungssports nicht nur die eigene Leistung zu maximieren, sondern eben auch besser als andere zu sein. Nationale Spitzensportförderung richtet sich streng an Plazierungen und nicht an absoluten Leistungen aus und zwar nicht nur als Ländervergleich bei internationalen Meisterschaften, sondern genauso auch schon als Bundesländervergleich beispielsweise auf Ebene der D-Kader im Triathlon und sämtlichen anderen geförderten Sportarten. Die Mittelzuwendung durch die Landessportbünde ist ganz eng verknüpft mit den Podiumsplazierungen des Bundeslandes in den verscheidenen Jugendklassen.


Das ist auch in Ordnung so. Wenn man Spitzensport haben will, muss man eben die Besten fördern.

Für mich hat Spitzensport allerdings nur die Existenzberechtigung durch die Vorbilder, die er produziert. So ziemlich in jedem Zimmer hoffnungsvoller junger Talente dürfte ein Poster hängen von Jordan, Messi, Ronaldo, und wie sie sonst noch so heißen.

Die allermeisten der Posterbesitzer werden natürlich nicht ihren Vorbildern nacheifern. Aber sehr viele lernen so den Sport als sehr wertvolle Beschäftigung kennen. Auch ganz viele von uns haben noch ihre Idole/Vorbilder im Spitzensport.

Wenn die bzw. wir nun sehen, dass sich Ihre großen Vorbilder fair verhalten auch wenn es um sehr viel oder sogar alles geht, was ein Sportler erreichen kann, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie das dann auch tun. Dann hilft man auch dem größten Konkurrenten beim Dorftriathlon eben selbstverständlich mit einem Helm oder einer Luftpumpe aus.

Der zweite Aspekt sind für mich die ganzen jungen Menschen, die es nicht an die Spitze schaffen. Die Förderung der Besten produziert auch zwangsläufig viele hunderte wenn nicht tausende junge Talente, die irgendwann aussortiert werden. Auch da halte ich den Gedanken, dass der Sieg nicht um jeden Preis errungen werden darf für sehr wichtig.



Auf keinen Fall sollte man bei dem ganzen Kontext vergessen, dass der deutsche Weg keineswegs ein Sonderweg ist.
(...)
In London ging dieses britische Förderkonzept aus nationaler Sicht auf und ich habe wenig kritische Stimmen gehört, die die deutlich ausgeprägtere Medaillenverliebtheit der Briten ernsthaft kritisiert haben.

Das gab es IMHO sogar noch extremer: "Die" Chinesen haben in ihrem "Aufbauprogramm" für die Spiele in Peking gezielt den Frauensport gefördert, weil der im Westen immer im Schatten der Männer steht, und sie zurecht der Meinung waren, dass man so leichter Medaillen holt.



Viele Grüße,

Christian

Jhonnyjumper
04.03.2014, 22:16
Für mich geht es hier überhaupt nicht um Fairplay, sondern um Chancengleichheit. Ich finde diese Unterscheidung wichtig. In allen Sportarten mit hohem technischen Aufwand und Material, das siegentscheidend sein kann, gibt es jenseits des Geschehens zwischen Startschuss und der Ziellinie, wenn überhaupt, nur eine Illusion der Chancengleichheit, wie das Beipsiel Jamaika in Sochi zeigte.

In Bezug auf den diskutierten Fall überwiegt bei mir die Freude darüber, dass wahrscheinlich der beste Fahrer gewonnen hat.

Grüße,
J.

chris.fall
04.03.2014, 23:21
Moin,


(...)
Um einen fairen Vergleich der Leistung der einzelnen Sportler zu erreichen, müßten z.B. alle Bobfahrer mit dem gleichen Material unterwegs sein.
(...)


Für mich geht es hier überhaupt nicht um Fairplay, sondern um Chancengleichheit.
(...)


in Sportarten, in denen das Material eine wichtige Rolle spielt, haben die Besten i.d.R. nach einer gewissen Zeit auch das beste Material. Das ist in diesen Sportarten ein Teil des Sports, schon mit schlechtem Material auf sich aufmerksam zu machen, um dann das gute Material zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Beispielhaft dafür mal Anfänge von Ayrton Senna in der Formel 1, der Mutter aller Materialschlachten. Er hat '84 im Regen in Monaco mit einem völlig unterlegenen Wagen 13(!) Plätze gut gemacht, hat dabei u.a. den späteren Weltmeister Niki Lauda überholt, und war pro Runde 3s(!) schneller als der führende Alain Prost, bevor das Rennen vorzeitig abgebrochen wurde. Ein Jahr später hat er mit seinem neuen Team Lotus im zweiten Saisonrennen den ersten Sieg geholt, weitere zwei Jahre später war er dann beim damaligen Top Team McLaren, wo er auf Anhieb Weltmeister wurde und insgesamt drei Weltmeisterschaften gewann...

In allen Mannschaftssportarten ist das übrigens ähnlich. Die guten Spieler müssen i.d.R. erst mal "in der Provinz" auf sich aufmerksam machen, damit sie zu einem guten Team kommen.

Um dann mal zum Thema zurück zu kommen: Ohne es irgendwie belegen zu können, kann ich mir nicht vorstellen, dass ein ehemaliger Weltmeister seine Kufen an jemanden ohne realistische Sieg- bzw. Platzierungschancen verliehen hätte.


Viele Grüße,

Christian

Jhonnyjumper
05.03.2014, 08:49
in Sportarten, in denen das Material eine wichtige Rolle spielt, haben die Besten i.d.R. nach einer gewissen Zeit auch das beste Material. Das ist in diesen Sportarten ein Teil des Sports, schon mit schlechtem Material auf sich aufmerksam zu machen, um dann das gute Material zur Verfügung gestellt zu bekommen.


Du vergisst, dass nur ein Bruchteil aller Nationen - insbesondere in den Ländern des globalen Südens - über das Kapital verfügen, um derartige Entwicklungen zu bestreiten: Nur wer genug Geld hat, ist vorne mit dabei, Talent hin oder her. ich weiß, das ist in vielen Sportarten so. Aber im Bobsport zeigt sich die Materialrolle ganz besonders, wie ja der aktuelle Fall deutlich macht, wo die Emotionen hochkochen

Jhonnyjumper
05.03.2014, 09:11
Beim Bobsport ist es ähnlich wie beim Rodeln. Einige interessante Facetten der ganzen "Maschinerie" wurden hier dargestellt:
WDR Sport Inside (http://www1.wdr.de/fernsehen/information/sport_inside/indexsportinside100.html)

Beitrag: "außer Konkurrenz", rechts im Reiter.

:Huhu:

chris.fall
05.03.2014, 09:49
Moin,

Du vergisst, dass
(...)


deswegen schrob ich ja "i.d.R."

Die von Dir angesprochene Ungerechtigkeit ist nicht die Ausnahme, die wir im Bobsport sehen, sondern die Regel: Weltklassesportler aus den Ländern des globalen Südens sehen wir doch eigentlich nur im Laufen und im Fußball, in Sportartarten also, in denen das Material keine Rolle spielt, und die man lange Zeit auch ohne speziell dafür angelegte Sportstätten ausüben kann.


Viele Grüße,

Christian

Klugschnacker
08.04.2014, 12:27
Machata gewinnt Kufenstreit
Der deutsche Bobfahrer Manuel Machata ist im Fall der von ihm verkauften Kufen rehabilitiert. Einjährige Wettkampfsperre und Geldbusse in Höhe von 5000 Euro werden aufgehoben.
http://www.nzz.ch/aktuell/sport/uebersicht/machata-gewinnt-kufenstreit-1.18279884

schnodo
08.04.2014, 13:01
Ein schönes Ergebnis, das meinem Rechtsempfinden entspricht.

Bedauerlich ist nur, dass der Funktionärsapparat für solche Aktionen beliebig viele Ressourcen allokieren kann und dann eben auch mal ein paar Testballons startet, um zu sehen, wie weit man gehen kann. Der einzelne Sportler hingegen muss schon sehr viel Geduld haben und bereit sein, Opfer zu bringen, beziehungsweise ausreichend zornig sein, um die Sache bis zum Ende auszufechten.

Gewonnen hat er am Ende nichts, das er vorher nicht schon gehabt hätte, und der chilling effect bleibt.

Hafu
08.04.2014, 14:46
Machata gewinnt Kufenstreit
Der deutsche Bobfahrer Manuel Machata ist im Fall der von ihm verkauften Kufen rehabilitiert. Einjährige Wettkampfsperre und Geldbusse in Höhe von 5000 Euro werden aufgehoben.
http://www.nzz.ch/aktuell/sport/uebersicht/machata-gewinnt-kufenstreit-1.18279884

Gemessen an den tatsächlichen Fakten steckt in dem Zeitungsbericht schon eine Menge Interpretation. Eigentlich heißt es ja:

"Verband und Fahrer einigten sich in einer mündlichen Verhandlung darauf..."

Wenn sich Verband und Fahrer in einer mündlichen Verhandlung einigen und keine weiteren Details bekannt sind außer, dass die Sperre zurückgenommen wird und Machata sich in die Verbandsjugendarbeit einbringen darf (muss?) gehört schon viel subjektive interpretation dazu, in der Überschrift von einem Sieger zu reden und von einer "Rehabilitation". Das Wesen eines Vergleichs ist ja, dass es keine Sieger und Verlierer gibt und dass man sich bei Auseinandersetzungen irgendwo in der Mitte trifft.

Ein schönes Ergebnis, das meinem Rechtsempfinden entspricht. ...

Die Sperre habe ich auch für eine untaugliche Sanktion gehalten, von daher ist der jetzt getroffene Vergleich m.E.n. zu begrüßen, aber dass der deutsche Bob- und Schlittenverband nicht einfach untätig zusehen kann, wenn ein mit Bundesmitteln geförderter Athlet aus den eigenen Reihen einen direkten Konkurrenten der deutschen Bob-Piloten entscheidend verstärkt, ist m. M. n. nachvollziehbar, denn hier ging es ja nicht wie bei einem Stockbruch im Langlauf darum, einen Konkurrenten im Sinne von gelebtem Fairplay aus einer Notlage zu befreien ( Legkow hatte ja auch halbwegs ordentliche eigene Kufen), sondern darum einem Konkurrenten der deutschen Piloten (und ehemaligen Machata-Konkurrenten) einen direkten handfesten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.

Bedauerlich ist nur, dass der Funktionärsapparat für solche Aktionen beliebig viele Ressourcen allokieren kann ...

Das ist definitiv eine falsche Annahme, denn die deutschen Sportverbände können keineswegs beliebig viele Ressourcen allokieren. sondern müssen wenn teure Rechtsstreitereien drohen, sich sehr genau überlegen, ob sie sich das (Prozess- und Anwaltskosten, personelle Ressourcen für den Prozess, drohende Schadensersatzsummen) überhaupt leisten können.

Der Schadenersatz in Millionenhöhe, der vor Jahren seitens eines ordentlichen Gerichts Katrin Krabbe einer erwiesenen mehrfachen Doperin wegen einer nach Ansicht des Gerichtes zu langen Sperre zugesprochen wurde, hatte damals den Deutschen Leichtathletikverband fast ruiniert und der Deutsche Eisschnellaufverband, gegen den Claudia Pechstein aktuell vor wechselnden Gerichten klagt, ist aktuell mit dem gleichen Risiko mit noch katastrophaleren Folgen konfrontiert, da der DESG über weitaus geringere Rücklagen als der Leichtathletikverband verfügt.

(Auch die DTU konnte/ wollte übrigens vor Jahren zwei relativ klare Dopingfälle (zum Ärger von Kurt Denk und den meisten hier im Forum) nicht weiter verfolgen. Auch hier ging es vermutlich bei der Verfahrenseinstellung mehr um das drohende Prozesskosten- und Schadenersatzrisikos und nicht so sehr darum, dass der Verband nicht um Aufklärung und Dopingbekämpfung bemüht war)