Du bist also dafür, Patienten ihr Recht auf Krankheit im Namen "richtigen und rechten" Medizin abzusprechen?
Was ist ein Recht auf Krankheit? Ich glaube nicht, daß es sowas wie Recht auf Krankheit, Recht auf Behinderung gibt, genauso wenig wie es ein Recht auf überfahren werden oder ausgeraubt werden oder vom Blitz erschlagen werden gibt.
Krankheit, Unglück, Behinderung sind nie ganz ausrottbare Begleiter des menschlichen Lebens. Die Bestrebung, die dadurch verursachten Leiden zu minimieren sind auch so alt die die Menschheit selbst. Ich bin voll bei Arne, wenn es darum geht, neue Methoden, die im Endeffekt Leiden verringern können, nicht grundsätzlich zu verdammen nur weil es ein Potential zum Unsinn oder Mißbrauch gibt. Bloß weil es Leute gibt, die sich als Cyborg fühlen, wenn sie sich Chips einpflanzen, sind weder Chochlear-Implantat noch andere elektronisch-neurologische Prothesen ein Problem, sondern eine großartige Chance für viele betroffene, und irrelevant für den Rest der Menschheit. Ebenso ist es großartig, wenn zumindest ein Teil von genetisch beeinflußten Krankheiten verhindert werden kann. Nur die Erwartungen müssen realistisch bleiben: es wird nie eine Heilung für alle Menschen und alle Krankheiten geben können. Die Diskussion erinnert an die Fragen der Trisomie-Tests u.ä.. Ich halte die Ängste, daß durch solche Möglichkeiten der gesellschaftliche Druck auf die verbliebenen Behinderten oder Kranken wächst, für unrealistisch, solange man sich obiges bewußt macht. Jedes dieser Methoden kann immer nur einen sehr kleinen Teilaspekt des menschlichen Leidens ansprechen.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Niemand darf gegen seinem Willen beim Onkel Doktor festgehalten werden. Habe ich selbst beim Zahnarzt erlebt im Rahmen einer Routineuntersuchung. Die neue Ärztin hatte gemeint, ich hätte an x Stellen Karies. Und man müsste bohren. Ich stand vom Behandlungsstuhl auf. Die Frau guckte mich erschrocken an. Ich sagte, dass ich jetzt gehe. Das habe ich dann auch getan. Obwohl ich an x Stellen die Krankheit Karies habe.... Ist es klarer geworden?
Die Zucht/Erzeugung von fehlerarmen, gar fehlerlosen Menschen, .... das ist schon kritisch zu sehen....
Wobei ich die Idee des Abschalten und Anschalten vorhandener Gene interessant finde, aus der wissenschaftlichen und menschlichen Sicht.
So könnte bei der vorhin im Beispiel genannten Frau, deren Gendefekt sich erst nach den Wechseljahren bemerkbar macht, dieses eine Gen vielleicht abgeschaltet werden?!, anstatt sie bereits ohne dieses Gen zu erzeugen.
Wahrscheinlich schaltet es sich ohnehin nicht bei allen Frauen mit diesem Gen aktiv.
Ah, alles sehr schwierig....
Gruß!
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Leidenschaft ist stärker als jede Krise.
Ich finde es super wie sachlich hier bisher diskutiert und finde die einzelnen Argumente und Ansichten total spannend.
Ich habe lange immer geglaubt in einer Zeit zu leben in der wenig passiert und alles so dahin tröpfelt, wenn man sich aber beginnt mit einigen Themen zu beschäftigen stellt man das Gegenteil fest und man bemerkt, dass es einige Themen gibt bei denen sehr essentielle Entscheidungen weltweit gefällt werden müssen oder zumindest sollten, also Umgang mit Gentechnik und deren Grenzen, Entwicklung von AI wo ist die Grenze, was möchte man wirklich erreichen, sollte die Menschheit bis zur technischen Singularität gehen, Roboter wie integriert man sie in unser Leben und welche Gesetze muss man Einführen um Terminatorszenarien zu verhindern uvm.
Niemand konnte die zwei Kinder fragen, ob sie die Manipulation überhaupt wollten. Ich sags mal auf fränkisch: vllt. haben die zwei Kids auch keine Lust "Versuchskarnickel" zu sein?
Das halte ich für einen berechtigten Einwand. Die Kinder können nicht gefragt werden, solange der genetische Eingriff zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem sie erst aus ein paar Dutzend Zellen bestehen. Würdest Du eine Gentherapie befürworten, wenn sie an mündigen Menschen vorgenommen wird?
Wir setzen uns auch bei anderen Gelegenheiten über den Willen der Kinder hinweg, zum Beispiel bei der Impfpflicht (z.B. Frankreich), der Schulpflicht oder der Taufe von Säuglingen. Hier übernehmen die Eltern oder der Staat die Entscheidung.
Wenn die Kinder nicht befragt werden können, sollten die Eltern oder der Staat entscheiden, was im vernünftigen Interesse der Kinder liegt. Vielleicht können wir uns darauf einigen?
Zitat:
Zitat von Trimichi
Du bist also dafür, Patienten ihr Recht auf Krankheit im Namen "richtigen und rechten" Medizin abzusprechen?
Ich würde nicht von einem Recht auf Krankheit, sondern von Selbstbestimmung sprechen.
Sofern die erkrankten Menschen selbst darüber entscheiden können, sich behandeln zu lassen oder nicht, sollen sie diese Freiheit selbstverständlich haben, solange nicht die Rechte Dritter berührt sind. Letzteres wäre zum Beispiel bei stark ansteckenden tödlichen Krankheiten der Fall.
Sofern sie nicht selbst darüber entscheiden können, würde ich es befürworten, dass andere in ihrem Interesse diese Entscheidung treffen, anstatt einfach nichts zu tun.
Darüber hinaus stellt sich für mich die Frage, ob uns Menschen aus der Fähigkeit, jemanden zu heilen, nicht die Pflicht erwächst, es auch zu tun? Die Umkehrung erscheint mir unmoralisch: "Wir könnten Dich heilen, tun es aber nicht". Folgt man diesem Argument, dann kommt uns auch die Pflicht zu, nach weiteren Heilverfahren zu forschen. Einfach deshalb, weil wir es können.
Das halte ich für einen berechtigten Einwand. Die Kinder können nicht gefragt werden, solange der genetische Eingriff zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem sie erst aus ein paar Dutzend Zellen bestehen. Würdest Du eine Gentherapie befürworten, wenn sie an mündigen Menschen vorgenommen wird?
Wir setzen uns auch bei anderen Gelegenheiten über den Willen der Kinder hinweg, zum Beispiel bei der Impfpflicht (z.B. Frankreich), der Schulpflicht oder der Taufe von Säuglingen. Hier übernehmen die Eltern oder der Staat die Entscheidung.
Wenn die Kinder nicht befragt werden können, sollten die Eltern oder der Staat entscheiden, was im vernünftigen Interesse der Kinder liegt. Vielleicht können wir uns darauf einigen?
Ich würde nicht von einem Recht auf Krankheit, sondern von Selbstbestimmung sprechen.
Sofern die erkrankten Menschen selbst darüber entscheiden können, sich behandeln zu lassen oder nicht, sollen sie diese Freiheit selbstverständlich haben, solange nicht die Rechte Dritter berührt sind. Letzteres wäre zum Beispiel bei stark ansteckenden tödlichen Krankheiten der Fall.
Sofern sie nicht selbst darüber entscheiden können, würde ich es befürworten, dass andere in ihrem Interesse diese Entscheidung treffen, anstatt einfach nichts zu tun.
Darüber hinaus stellt sich für mich die Frage, ob uns Menschen aus der Fähigkeit, jemanden zu heilen, nicht die Pflicht erwächst, es auch zu tun? Die Umkehrung erscheint mir unmoralisch: "Wir könnten Dich heilen, tun es aber nicht". Folgt man diesem Argument, dann kommt uns auch die Pflicht zu, nach weiteren Heilverfahren zu forschen. Einfach deshalb, weil wir es können.
Wie siehst Du das?
Zu den ersten Absätzen. Ja, darauf können wir uns einigen. Meine Position hatte ich auf Stefans Nachfrage dargelegt, insofern, dass China als Staat sanktioniert werden müsste, da meiner Meinung nach die Bekundung von Entsetzen als Ausdruck der Entsetzung nicht reicht.
Ansonsten sehe ich, dass Du den berechtigten Einwand, von Dir als solcher bezeichnet, aufweichst und verwässerst. Letztlich geht es wohl darum wie wir uns gegenüber Kindern als Erwachsene zu verhalten haben? Du schreibst von Selbstbestimmung. Das ist eine abstraktere Kategorie, die das Recht auf Krankheit beinhaltet. Dieses möchte ich gerne expliziert lassen. Zur Selbstbestimmung von Kindern hilft das Gesetz weiter. Ab dem 18. Lebensjahr kann jedes Kind machen was es will. Vorher sind die Eltern verantwortlich.
Deine Argumentation, dass man einen Zellhaufen nicht befragen kann, wohl aber dann etwas später das Kind, den Jugendlichen, den Erwachsen ist geschickte Rhetorik. Du erwartest die Toleranz von Genexperimenten? Weil sie ja nachträglich genehmigt werden könnten von den "Versuchskarnikeln", von den Versuchspersonen selbst? Habe ich das so richtig verstanden?
Das Problem aus Deiner Sicht ist aber nach wie vor, dass Genexperimente illegal sind. Es kann keine vorhergehende Einwilligung vorliegen. Die nachträgliche Genehmigung durch den erwachsen gewordenen "Zellhaufen" ist der Einwilligung nicht gleich zu setzen, weil die Genehmigung zwar eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung ist. Nicht so die Einwilligung. Sie ist notwendig und hinreichend.
Können wir uns darauf verständigen, dass Versuchspersonen selbst entscheiden müssen, ob sie an einem Experiment teilnehmen oder nicht?
*edit: aus der Fähigkeit jemanden zu heilen erwächst nicht die Pflicht es zu tun. Diese impliziert meiner Meinung nach den Zwang es zu tun, egal ob die Betroffenen diese Heilung wollen oder nicht. Sollte der Patient nicht mehr selbst entscheiden können, so macht eine Patientenverfügung Sinn.
Geändert von Trimichi (28.11.2018 um 12:22 Uhr).
Grund: Einfügung Edit
Jeder Augenblick und jedes Jahr, den der medizinische Fortschritt einem Menschen schenkt, kostet anderen Menschen und den zukünftigen Generationen Ressourcen, die der zusätzliche Augenblick und das zusätzliche Jahr dieses einen Menschen auf unserem Planeten benötigt. Darüber sollten wir evtl. auch nachdenken.
Jeder Augenblick und jedes Jahr, den der medizinische Fortschritt einem Menschen schenkt, kostet anderen Menschen und den zukünftigen Generationen Ressourcen, die der zusätzliche Augenblick und das zusätzliche Jahr dieses einen Menschen auf unserem Planeten benötigt. Darüber sollten wir evtl. auch nachdenken.
Unter dieser Argumentation sollte man Cola, McDonalds, Rauchen und ähnliches verpflichten, Sport, Obst und Zähneputzen verbieten und die Einnahme von Medikamenten unter Todesstrafe stellen.
Grundsätzlich hast du aber Recht, neben der stark gesunkenen Kindersterblichkeit hat die gestiegene Lebenserwartung natürlich eine Auswirkung auf die Bevölkerungsdichte. Ist aber schon ein separates Thema, dass aber wieder zu sehr ethischen Diskussionen führt, denn die logische Konsequenz aus der aktuellen Problematik die über die nächsten Jahrzehnte noch schlimmer werden wird, ist eine Begrenzung der Geburtenraten und damit einhergehend eine Diskussion wer noch Kinder bekommen darf. Dazu hatte ich vor kurzem eine interessante Diskussion, als Grundlage der Geburtenrate wurde genommen, dass man eine Anzahl an Menschen X als Bevölkerung erhalten will. Die dafür nötigen Kinder pro Paar düfte jeder quasi "gratis" bekommen, will man dann aber ein zusätzliches Kind müsste man dieses Kind einem anderen paar abkaufen, also so ein bisschen wie der Weltweite CO2 Handel.
Sorry für Off-Topic.