4. Man darf den Machtwillen solcher reaktionärer Gruppen aus der Oberschicht, dem Establishment nie unterschätzen. Sie wollen die Demokratie, den Rechtsstaat, den Sozialstaat in Richtung autoritärer, totalitärer Staat grundsätzlich ändern.
Und lustig ist ja, dass gerade die Menschen, die von der Demokratie profitieren ("der kleine Mann"), diesen Populisten hinterherlaufen und den demokratischen davon. Wenn doch jemand "den kleinen Mann" richtig verarschrt, dann sie.
Ich glaube, intelligente, selbständig denkende Menschen zeichnet eine gleichermaßen skeptische Haltung gegenüber den "Etablierten" wie gegenüber den "Marktschreiern" aus. Meinst Du, daß der Anteil solcher kritisch denkenen Menschen auch zurückgegangen ist, oder laufen die Leute jetzt einfach mal anderen "Heilsbringern" hinterher? Blind auf die "Etablierten" hören ist nicht wirklich besser, als den "Marktschreiern" hinterherzulaufen.
Das ist eine schwere Frage. Aus meiner Sicht heraus würde ich schon sagen, dass die Menschen weniger kritisch, aber dafür schreiender geworden sind.
Und lustig ist ja, dass gerade die Menschen, die von der Demokratie profitieren ("der kleine Mann"), diesen Populisten hinterherlaufen und den demokratischen davon. Wenn doch jemand "den kleinen Mann" richtig verarschrt, dann sie.
Yepp. Der/die "kleine Mann/Frau" bekommen dafür Flaggen, Hymnen und scheinbar durchsetzungs- und willensstarke, autoritäre Identifikationsfiguren.
Das ist eine schwere Frage. Aus meiner Sicht heraus würde ich schon sagen, dass die Menschen weniger kritisch, aber dafür schreiender geworden sind.
Ich täte mich auch schwer mit einer klaren Antwort. Mein Eindruck ist, daß die weniger kritischen nicht unbedingt mehr wurden (obwohl sie schon immer die Mehrheit waren), aber deutlich lauter, mehr präsent in der Öffentlichkeit - teilweise sicher durch geändertes Medienverhalten angefeuert.
__________________
“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Ordentlicher Kommentar, in der Tat. Gewohnt geschmeidig und mittlerweile fast altersmilde.
Was Herr Fischer auslässt: Die Regierungen haben die im Kern wunderbare und einzigartige europäische Idee und die Sehnsucht der meisten EU-Bürger nach brüderlicher Eintracht dadurch verraten, dass sie den national nicht durchsetzbaren Müll über den Umweg Brüssel durchgedrückt haben.
Irgendwann hat auch der Dümmste geblickt, wie der Hase läuft und selbst der Wohlwollendste kann nicht mit gutem Gewissen alle Machenschaften des Molochs EU verteidigen.
"Weiter so" ist keine Antwort auf die Enttäuschung der Menschen. Leider ist aber "mehr davon" die einzige Antwort, die man uns zu geben bereit ist.
Ordentlicher Kommentar, in der Tat. Gewohnt geschmeidig und mittlerweile fast altersmilde.
Mag zum Teil stimmen, aber in dieser Idee der maximalen europäischen Integration sehe ich eine große Schwäche: die meisten Menschen wollen zuerst zu einer "kleineren Heimat" mit eigener Sprache, eigener Kultur, etwas vertrautem gehören, das liegt tief in der menschlichen Natur. Nur eine kleine Minderheit fühlt sich kosmopolitisch wohl. Je mehr von "oben" betont wird, daß Europa wichtiger sei, als die Nationalstaaten, desto mehr Angst bekommen die Menschen.
Warum kann man nicht ein Europa der souveränen Nationen behalten, ein Bündnis eher als ein in Brüssel zentralisierter Staat? Damit ließen sich (über Verträge) auch viele Gemeinsamkeiten einführen, ohne den Leuten gefühlt die Heimat, die Selbstbestimmung zu nehmen. Wenn diese Haltung oder Vision von "Europa" nicht geändert wird, sind die Aussichten auf mehr Vertrauen höchst dürftig.
Aber wie Du leider richtig feststellst:
Zitat:
Zitat von schnodo
"Weiter so" ist keine Antwort auf die Enttäuschung der Menschen. Leider ist aber "mehr davon" die einzige Antwort, die man uns zu geben bereit ist.
__________________
“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Mag zum Teil stimmen, aber in dieser Idee der maximalen europäischen Integration sehe ich eine große Schwäche: die meisten Menschen wollen zuerst zu einer "kleineren Heimat" mit eigener Sprache, eigener Kultur, etwas vertrautem gehören, das liegt tief in der menschlichen Natur. Nur eine kleine Minderheit fühlt sich kosmopolitisch wohl. Je mehr von "oben" betont wird, daß Europa wichtiger sei, als die Nationalstaaten, desto mehr Angst bekommen die Menschen.
Also hier in Südbaden hat man nicht das Gefühl, unter der Knute Brüssels zu stehen. Jedes Lokalkolorit wird nach wie vor ausgelebt.
Zum badischen Wein essen wir gerne Elsässer Flammkuchen. Schweizer Schokolade ist auch beliebt. Die bringen wir mit, wenn wir einen Tagesausflug auf die Schweizer Skipisten machen. Zum Radfahren geht es oft rüber nach Frankreich, weil da weniger Verkehr ist. Abend trinke ich in der Spanischen Bar Freiburgs mal ein Glas Rotwein. Ich freue mich schon wieder auf das Trainingslager auf Mallorca.
Nirgendwo stelle ich einen Verlust an regionaler Identität fest. Beim Lesen Deiner Zeilen entsteht bei mir der Eindruck, man müsse sich entscheiden, ob man regionale Kultur oder eine europäische Identität leben will. Ich fühle mich jedoch zwanglos als Südbadener UND Europäer. Mir scheint (ich kann mich irren), so geht es den meisten.