Zitat:
Zitat von Klugschnacker
... Doch ich frage mich, wie wir ein solches persönliches Erlebnis, das als Argument in eine allgemeine Glaubensdebatte eingebracht wird, angemessen diskutieren können. Könntest Du dazu noch etwas schreiben?
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Ehrlich gesagt, kann ich das nicht so einfach beantworten. Denn genau die unterschiedliche Perspektive macht meiner Meinung nach die Diskussion so schwierig: Auf der einen Seite die Perspektive des persönlichen Erlebnisses. Auf der anderen Seite die Perspektive der allgemeinen Glaubensdebatte. Ich würde die Hypothese aufstellen, dass diese beiden Perspekitven sich nicht zusammenführen lassen.
Ich frage mich aber, ob das überhaupt nötig ist? Schließlich betonen wir hier alle ja immer wieder, dass niemand dem anderen seinen persönlichen Glauben ausreden will. Und wir alle betonen eigentlich auch ebenso, dass wir nicht alles (oder auch gar nichts) wortwörtlich verstehen bzw. glauben, das in der Bibel steht.
So gesehen liegen die Standpunkte in dieser Diskussion doch gar nicht so weit auseinander. Problematisch wird es aber immer dann, wenn man seinen persönlichen Standpunkt jemandem insofern "aufzwingen" will, in dem man die Grenze zwischen den Perspektiven überschreitet. Mit einem persönlichen Glaubenserlebnis kann ich natürlich nicht alle Blödheiten von Kirchen rechtfertigen und das will hier ja auch niemand (ist zumindest mein Eindruck). Genausowenig kann man aber mit globaler Kritik an der Religion jemandem ein persönliches Glaubenserlebnis "ausreden".
So weit - so schlecht. Ich denke tatsächlich, dass sich dieses Dilemma nicht grundsätzlich lösen lässt.
Meiner Meinung nach ist es aber sehr wohl möglich und sinnvoll, aus den unterschiedlichen Perspektiven auf ein konkretes praktisches Problem zu schauen und dieses zu diskutieren. Vergebung? Homo-Ehe? Religiöser Einfluss auf die Politik? Kirchliche Sozialeinrichtungen? .... uvam....
Von persönlichen Glaubenserlebnissen und religiösen Einstellungen zu berichten ist mMn sinnvoll, um den jeweils anderen besser zu verstehen. Überzeugungsversuche mittels Kampfrhetorik (wie der Vorstellung, man könne oder müsse eine Diskussion "gewinnen") halte ich für entbehrlich. Sie bringen die Sache nicht weiter.
Wenn wir aber über ein konkretes Problem diskutieren, dann können wir versuchen, Argumente auszutauschen und unsere Standpunkte zu diesem konkreten Problem zu diskutieren. So funktioniert eine Gesellschaft optimalerweise. Ein Problem wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und die Gesellschaft (vertreten durch die Politik) findet einen Kompromiss, mit dem der Großteil der Menschen leben kann.
Damit wäre schon viel gewonnen. Ein solcher lösungsorientierter und pragmatischer Weg würde mir gut gefallen. Einen solchen Weg würde ich daher als angemessen betrachten, eine Diskussion im Spannungsfeld zwischen persönlichem Glauben und allgemeiner Glaubensdebatte zu führen.