Um den Wechsel moralischer Haltungen in menschlichen Gesellschaften zu begründen, braucht es IMHO nicht dieses Gleichnis, aber eine konkrete Analyse der jeweiligen sozialen, menschlichen Verhältnisse.
Ja, dem stimme ich zu. Du betrachtest die Ursachen. Ich betrachte den Mechanismus, mit dem diese Ursachen Wirksamkeit bekommen.
Beispiel, vereinfacht: Betrachten wir die durchschnittliche Kinderzahl einer Familie in einer fiktiven Gesellschaft. Wenn es keine Rente oder Absicherung im Alter gibt, werden pro Familie viele Kinder geboren, die das Elternpaar im Alter versorgen können. Mit der Einführung eines Rentensystems verringert sich die durchschnittliche Kinderzahl.
Du betrachtest hier die Ursachen, also Rentenversicherung ja/nein. Ich betrachte die Strategien der Eltern: Viele/wenige Kinder bekommen, ohne die Ursachen zu betrachten. Ich behaupte lediglich, dass sich eine gewisse durchschnittliche Kinderzahl von selbst einstellen wird. Es geschieht in Reaktion auf die Umweltbedingung "Rentensystem ja/nein", aber ohne dass von den Eltern diese Durchschnittszahl bewusst angestrebt wird.
Trotzdem wird diese neu eingependelte durchschnittliche Kinderzahl künftig moralische Normen setzen. Denn Normen ergeben sich aus erfolgreichen Strategien zwangsläufig.
Eben. Es bilden sich stabile Lösungen heraus. Und nur diese, aus einer unendlichen Zahl von Möglichkeiten.*
Was ist ihnen gemeinsam? Der Inhalt? Nein. Sondern dass sie stabil sind.
Das ist doch das, was Arne deutlich machen will. Insofern müsstet Ihr beiden Euch doch einig sein.
*Beispielsweise trifft die Vorhersage zu, dass es sich nicht beim Pazifismus einpendeln wird, weil dieser nicht stabil ist.
Wiki:
a) "Unter Pazifismus (von lat. pax, „Frieden“, und facere, „machen, tun“) versteht man im weitesten Sinne eine ethische Grundhaltung, die den Krieg prinzipiell ablehnt und danach strebt, bewaffnete Konflikte zu vermeiden, zu verhindern und die Bedingungen für dauerhaften Frieden zu schaffen. b) Eine strenge Position lehnt jede Form der Gewaltanwendung kategorisch ab und tritt für Gewaltlosigkeit ein.[2"
A) ist eine reale Möglichkeit, stabil, bei weltweiter wirksamer Abrüstungskontrolle mit Sanktionen, vergleichbar dem staatlichen Gewaltmonopol.
Darf ich einhaken und nach einem weiteren Ausbau von "erfolgreich" fragen?
Ich unterstelle nicht, dass wir hier an der These - auch nur von weitem - vorbeischrammen, das sich genau das (als Verhaltensmuster oder was auch immer) dauerhaft verbreitet etabliert, was sich eben dauerhaft etabliert - deswegen die weitere Frage.
m.
Der Erfolg einer Verhaltensweise ist in diesem speziellen Kontext immer ihr Ausbreitungserfolg. Das Christentum könnte keine moralischen Normen setzen, wenn es sich nicht ausgebreitet hätte. Dasselbe gilt für den Kommunismus oder die soziale Marktwirtschaft oder den Feudalismus.
Nehmen wir an, innerhalb einer fiktiven Religion gäbe es zwei Strömungen, die etwas voneinander abweichen. Der Unterschied bestünde einfach darin, das in Variante A alle Kinder ungefragt getauft werden, um sie vor der Hölle zu retten. In Variante B wartet man damit bis zur Volljährigkeit und lässt die Kinder dann selbst entscheiden.
Es zeigt sich, dass Variante A einen größeren Ausbreitungserfolg als Variante B hat. Denn bei A werden alle Kinder getauft, bei B nur fast alle. Nach und nach wird die Kindstaufe damit zu einer Selbstverständlichkeit. Das setzt die moralische Norm: Eltern, die ihre Kinder nicht taufen, ernten verständnisloses Kopfschütteln.
Das Beispiel soll zeigen, wie sich Systeme in Richtung größeren Ausbereitungserfolgs verändern und gleichzeitig die Normen setzen.
Interessant, hat aber nichts mit unserem Thema zu tun. Rubinstein ist Wirtschaftswissenschaftler, kein Biologe. Seine Kritik bezieht sich auf die Anwendung der Spieltheorie auf wirtschaftliche Probleme, speziell das Atomprogramm im Iran und Probleme der Eurozone.
In der Biologie wird mittels der Spieltheorie untersucht, wie sich Verhaltensweisen in einer Vielzahl von Individuen ausbreiten.
Hast Du den Artikel wirklich gelesen oder nur die Überschrift?
Er schreibt zum Schluss des Artikels:
"Erinnern Sie sich noch an den Titel dieses Artikels? Ich habe Sie ausgetrickst. Ich war mir nicht sicher, ob der Titel: „Die Spieltheorie kann die Probleme der Eurozone nicht lösen und das iranische Atomprogramm nicht aufhalten“, Sie veranlassen könnte, den Artikel zu lesen. Deshalb handelte ich strategisch und gab ihm einen irreführenden Titel. Die Idee dazu hatte ich aber nicht aus der Spieltheorie."
Und davor:
"Die Suche nach der praktischen Bedeutung der Spieltheorie ergibt sich aus der Vorstellung, akademische Forschung und Lehre brächten der Gesellschaft einen direkten Nutzen ein. Diese Ansicht teile ich nicht. Forschungseinrichtungen, vor allem auf dem Gebiet der Geistes- und Sozialwissenschaften, sind Teil eines kulturellen Gefüges. Kultur bemisst sich nicht nach ihrem Nutzen, sondern danach, wie interessant sie ist und welche Herausforderung sie darstellt. Ich glaube, die Spieltheorie ist Teil der Kultur, die zu klären versucht, wie wir denken. Dieses Ideal lässt sich in vielfältiger Weise verwirklichen - durch Literatur, durch Kunst, durch Hirnforschung und, ja, auch durch die Spieltheorie. Falls jemand darüber hinaus auch eine praktische Anwendung für die Spieltheorie fände, wäre das wunderbar."
Wiki:
a) "Unter Pazifismus (von lat. pax, „Frieden“, und facere, „machen, tun“) versteht man im weitesten Sinne eine ethische Grundhaltung, die den Krieg prinzipiell ablehnt und danach strebt, bewaffnete Konflikte zu vermeiden, zu verhindern und die Bedingungen für dauerhaften Frieden zu schaffen. b) Eine strenge Position lehnt jede Form der Gewaltanwendung kategorisch ab und tritt für Gewaltlosigkeit ein.[2"
A) ist eine reale Möglichkeit, stabil, bei weltweiter wirksamer Abrüstungskontrolle mit Sanktionen, vergleichbar dem staatlichen Gewaltmonopol.
Was Du hier als Pazifismus darstellt, ist kein Pazifismus. Es ist ein Gewaltmonopol, das in der Lage ist, ernsthafte Sanktionen über einen Aggressor zu verhängen. Man kann freilich auch mit Wirtschaftssanktionen ein Land ins Mittelalter schicken, nicht nur mit Bomben.
Ich hoffe persönlich sehr, dass ein solches klug organisiertes Gewaltmonopol Kriege mit herkömmlichen Waffen verhindern kann. Das ist aber kein Pazifismus im engeren Sinne, sondern eine äußerst wehrhafte Angelegenheit, wenn sie funktionieren soll.
Ich bin ein Anhänger pazifistischer Ideen, aber man darf sich über ihre Grenzen keine Illusionen machen. Vermutlich sind wir da einer Meinung.
Wiki:
a) "Unter Pazifismus (von lat. pax, „Frieden“, und facere, „machen, tun“) versteht man im weitesten Sinne eine ethische Grundhaltung, die den Krieg prinzipiell ablehnt und danach strebt, bewaffnete Konflikte zu vermeiden, zu verhindern und die Bedingungen für dauerhaften Frieden zu schaffen. b) Eine strenge Position lehnt jede Form der Gewaltanwendung kategorisch ab und tritt für Gewaltlosigkeit ein.[2"
A) ist eine reale Möglichkeit, stabil, bei weltweiter wirksamer Abrüstungskontrolle mit Sanktionen, vergleichbar dem staatlichen Gewaltmonopol.
Könntest Du bitte nochmal möglichst einfach und knapp darlegen, was Deine These ist, bzw. welcher Teil Deiner These etwas mit Moral, Evolution oder Religion zu tun hat? Ich verstehe den Zusammenhang Deines Postings nicht.
Und zweitens, wie bildet sich Deiner Meinung nach eine Moral?
"Die Suche nach der praktischen Bedeutung der Spieltheorie ergibt sich aus der Vorstellung, akademische Forschung und Lehre brächten der Gesellschaft einen direkten Nutzen ein. Diese Ansicht teile ich nicht. Forschungseinrichtungen, vor allem auf dem Gebiet der Geistes- und Sozialwissenschaften, sind Teil eines kulturellen Gefüges. Kultur bemisst sich nicht nach ihrem Nutzen, sondern danach, wie interessant sie ist und welche Herausforderung sie darstellt. Ich glaube, die Spieltheorie ist Teil der Kultur, die zu klären versucht, wie wir denken. Dieses Ideal lässt sich in vielfältiger Weise verwirklichen - durch Literatur, durch Kunst, durch Hirnforschung und, ja, auch durch die Spieltheorie. Falls jemand darüber hinaus auch eine praktische Anwendung für die Spieltheorie fände, wäre das wunderbar."
Ich sehe hier keinen substantiellen Angriff auf meine Argumente. Diese sind ja sehr einfach. Es sollte also keine Mühe machen, sie zu widerlegen oder zu verbessern.