Von mir aus kann jeder glauben was er möchte, solange er die Rechte anderer nicht unangemessen einschränkt.
Und da täte man, wie Keko anmerkt, sehr vielen Gläubigen Unrecht, wenn man sie verurteilt; und ich kann nachvollziehen, dass sie sich gekränkt fühlen, wenn man ihre Religion in Bausch und Bogen ablehnt.
Andererseits ist es aus der Distanz betrachtet - und diese haben wir alle hier beispielsweise zeitlich oder räumlich gegenüber den meisten anderen Religionen - kaum nachvollziehbar, wie man als Gläubiger soviel inhaltliches der eigenen Religion (zB Diskriminierung) ablehnt, und doch sich dieser Religion zugehörig fühlt. Und als Atheist fühle ich mich dem Christentum (beinahe) genausoweit entfernt wie anderen Religionen.
Die Ethik der Nächstenliebe lässt sich ohne die Bibel widerspruchsfreier erklären.
Aber offensichtlich sind solche Widersprüche sehr vielen Gläubigen ganz gleichgültig.
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Übrigens bin ich auch als Atheist offen für Phänomene, die sich bis heute nicht wissenschaftlich erklären lassen. Es wäre ja arg naiv, anderes anzunehmen. Ich vermute allerdings nicht den großen Regler dahinter, der zufällig aussieht wie mein Großvater. Die Vorstellung "einer" müsse das "geplant" haben, kommt mir kindlich anthropozentrisch vor.
keko, in Deinem Beispiel mit dem Atomphysiker zeichnest Du das Bild eines Menschen, zwar durchaus weiß und zugibt, dass es keine fliegenden Jungfrauen gibt, der aber irgendwie trotzdem daran glauben möchte und diese Freiheit für sich einfordert.
Erstens, niemand bestreitet diese Freiheit, am wenigsten die Atheisten. Bestritten wird diese Freiheit von anderen Religionen. Am heftigsten wird diese Freiheit bestritten vom Christentum, denn dort ist es die schwerste Sünde von allen, wenn man auch nur an andere Götter denkt.
Zweitens: Jemand, der zwar weiß, dass es keine fliegenden Jungfrauen gibt, jedoch trotzdem daran glaubt, muss sich die Frage nach seiner geistigen Gesundheit gefallen lassen, sofern er mit diesem Standpunkt an öffentlichen und freien Debatten teilnimmt. Wenn jemand die Freiheit hat, an die Existenz von Dingen zu glauben, von deren Nichtexistenz er überzeugt ist, dann habe ich die Freiheit, dies als offensichtlich unsinnig zu bezeichnen.
Kein offizieller Vertreter der christlichen Kirchen hat jemals behauptet, sein Glaube wäre nicht wahr. Sondern alle sagen, es wäre wahr — ja, sogar die allerhöchste Wahrheit. Dein Beispiel trifft also den entscheidenden Punkt nicht. Wie Arne schon mehrfach ausgeführt hat, ist es dieser Wahrheitsanspruch, der die Debatte überhaupt auslöst.
keko, Du suggerierst, dass Du eine Art „weichen Glauben“ vetrittst, der deswegen auch nicht 100% überprüft werden muss, sondern der absichtlich Raum lässt für das Unerklärte und Unbekannte. Das ist Dein gutes Recht.
Aber die Kirchen in Deutschland und alle ihre Unterstützer werfen ihr Gewicht in die Waagschale, wenn reale Entscheidungen getroffen werden müssen. Sollen Homosexuelle heiraten und Kinder aufziehen? Willst Du hier etwa sagen: „Ich weiß natürlich, dass Homosexuelle nicht schlechter sind als alle anderen, aber ich glaub‘s trotzdem“? In diesem Fall hätte es reale Konsequenzen für andere, und genau dort endet Dein Recht, Dinge für wahr zu glauben, deren Falschheit Dir bekannt ist. Das ist unmoralisch, unehrlich und töricht. Außerdem schädlich.
Es ist nicht nur das Recht der „Gegenseite“, bei derlei Unsinn zu widersprechen, sondern es ist geradezu moralisch geboten. Wahrheit und Moral gehören zusammen.
Ein kurzer Text off-topic wegen der Erwähnung von Face ID beim iPhone X:
Es stimmt, es sind die bösen Ingenieure, die hier eine Gefahr erzeugen. Aber es sind ebenfalls Ingenieure, die diese Technik sicher machen. Denn die Gesichtsdaten werden beim iPhone nirgends gespeichert und werden niemals per Internet übertragen.
Das Gesicht wird anhand weniger Merkmale (Abstände von Augen, Nase, Kinn, usw.) in einen Zahlencode übersetzt. Dieser Code wird verschlüsselt und in einem geschützten Bereich auf dem Chip gespeichert. Es kann nicht „zurück-entschlüsselt“ werden, das ist mathematisch ausgeschlossen. Die Daten können den Chip nicht verlassen, ohne erneut verschlüsselt zu werden. Warum weiß man das ganz sicher? Weil die Leiterbahnen aus diesem Speicher nur durch die Verschlüsselungs-Engine laufen. Es ist also nicht möglich, die Bits aus dem Speicher zu schleusen, ohne durch eine Art Schreddern-Maschine zu laufen.
Zu keinem Zeitpunkt werden private Daten an irgendwelche Server gesendet. Sondern es läuft alles lokal auf dem iPhone ab. Wenn man z.B. mit der Amazon-App einkauft und sich per Face ID autorisiert, bekommt Amazon nur ein „Ja“ oder „Nein“ gesendet, und keinesfalls irgendwelche privaten Daten. Das lässt sich auch nicht ändern, denn selbst das Betriebssystem hat keine Chance, an die Daten heranzukommen, weil (wie gesagt) die Leiterbahnen nicht existieren. Auch das Betriebssystem bekommt vom Chip nur ein „Ja“ oder „Nein“ mitgeteilt.
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Ich kann sicher sagen, dass jede größere Werbefirma im Web bereits exakt weiß, ob Du homosexuell bist, ob Du Dich für Triathlon interessierst, wie alt Du bist und welches Einkommen Du ungefähr hast — selbst dann, wenn Du Facebook meidest und keinen Account bei Google, YouTube und Konsorten unterhältst. Dazu braucht man keine Fotos.
Du warst auch nicht gefragt. Warum antwortest du stellvertretend wertend ohne inhaltlichen Bezug? Austeilen wollen aber nicht einstecken können? Warum du und nicht Arne antwortest muss ich nicht wissen.
Entschuldigung, das war ein sinnentstellender Schreibfehler, ich wollte schreiben:
"Geht es denn Menschen in Gesellschaften, in denen religiöse Dogmen dominieren, besser?"
Und da würde ich schon sagen, dass man bewerten kann, wem es besser geht. Beispiel: Gleichberechtigung
Verstanden.
Dennoch eine schwierige Frage. Es wird zum einen mehrere, durchaus komplementäre, aber auch widersprüchliche Kriterien von "besser" geben, die schwierig sind zu isolieren. Gleichzeitig wird es unterschiedliche Korrelationsursachen geben, von denen Religion eine von mehreren, vermutlich auch interdependenten, Ursachen ist.
Und dann unterscheiden sich Religionen auch noch deutlich (aktive, passive Ausprägungen etc.). Ich fürchte, an einer halbwegs belastbaren Aussage dazu werden wir uns die Zähne ausbeißen.
Halbwegs sicher ist, dass Religion Funktionen und Dysfunktionen für ein System und den einzelnen produziert, was allerdings wiederum im Konkreten nicht unbedingt exklusiv für "die Religion" sein wird.
Ach? Man kann nicht herausfinden, ob es den Leuten besser geht?
Warum fragt man die Leute nicht einfach? Nehmen wir zum Vergleich jene Leute, denen Gleichberechtigung vorenthalten wird, und jene, denen sie gewährt wird. Es scheint mir nicht sonderlich problematisch zu sein, zu einem Ergebnis zu kommen.
Das Problem liegt ganz woanders. Es liegt darin, dass es für religiöse Leute kein Kriterium ist, wie es den Leuten geht. Sondern das Kriterium ist, ob die Gebote befolgt werden. Ein Bischof bestreitet ja gar nicht, dass Frauen schlechter behandelt werden als Männer; er sagt lediglich, dass es einen guten Grund hat.
Der Klerus hat kein Problem damit, exakt festzustellen, was für ihn selbst das Beste ist. Deswegen wohnen Bischöfe in Schlössern und Palästen und verdienen wie Fürsten. Sie haben auch mehr Rechte und Privilegien als alle anderen. Darauf kann man sich stets verlassen.
Ach? Man kann nicht herausfinden, ob es den Leuten besser geht?
Warum fragt man die Leute nicht einfach? Nehmen wir zum Vergleich jene Leute, denen Gleichberechtigung vorenthalten wird, und jene, denen sie gewährt wird. Es scheint mir nicht sonderlich problematisch zu sein, zu einem Ergebnis zu kommen.
Das Problem liegt ganz woanders. Es liegt darin, dass es für religiöse Leute kein Kriterium ist, wie es den Leuten geht. Sondern das Kriterium ist, ob die Gebote befolgt werden. Ein Bischof bestreitet ja gar nicht, dass Frauen schlechter behandelt werden als Männer; er sagt lediglich, dass es einen guten Grund hat.
Der Klerus hat kein Problem damit, exakt festzustellen, was für ihn selbst das Beste ist. Deswegen wohnen Bischöfe in Schlössern und Palästen und verdienen wie Fürsten. Sie haben auch mehr Rechte und Privilegien als alle anderen. Darauf kann man sich stets verlassen.
Auf einmal sind Befragungen ein Mittel etwas herauszufinden? Da muss ich jetzt schon ein wenig Schmunzeln ...
Nix für ungut!
Geändert von captainbeefheart (18.09.2017 um 20:40 Uhr).