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Zitat von schnodo
Allerdings besteht bei einer solchen Vereinfachung das Risiko, dass man dann auch keine Unterscheidung mehr nach Vorsatz und Fahrlässigkeit macht.
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Die Gefahr besteht zwar, aber sie ist relativ gering. Grundsätzlich wird im Gesetzestext bei der Strafandrohung ja bereits zwischen fahrlässiger und vorsätzlicher Begehungsweise unterschieden.
Vorsatz bedeutet ja nicht anderes, dass der Täter mit Wissen und Wollen handelt oder in der schwächsten Vorsatzform, dem bedingten Vorsatz, das Eintreten des Erfolgs in Kauf nimmt. Bei letzteren ist eben zu Beurteilen ob der Täter die Konsequenz seines Handelns absehen konnte. In diesem Bereich wird für meinen Geschmack sowieso viel zu Täterfreundlich entschieden.
Wenn ich einen Polenböller in eine Menschenmenge werfe, dann weiß jeder, dass es zu
Verletzungen kommen kann. Wenn ich mit einem Auto in eine Menschenmenge fahre, kann man davon ausgehen, dass es ebenfalls zu Verletzungen kommt. Auch wenn ich gar keine unmittelbare Verletzungsabsicht habe, sondern es nur cool finde, wenn viele Menschen aus Angst vor mir auseinanderrennen. Hier nehme ich den Erfolg eben billigend in Kauf.
Fahrlässigkeit setzt immer eine Sorgfaltspflichtverletzung voraus. Das beste Beispiel hierfür ist die fahrlässige Körperverletzung im Rahmen eines Verkehrsunfalls. (Ich hoffe) niemand setzt sich mit dem Gedanken ins Auto, mal eben auf dem Weg zur Oma einen umzufahren. Dennoch passiert es in aller Regelmäßigkeit, dass aufgrund von individuellen Fehlern (unangepasste Geschwindigkeit, Abstand, Handy, sonstige Unachtsamkeit) Unfälle passieren, wobei auch Menschen verletzt werden. Hier verstößt der Delinquent ja "nur" gegen die Vorschriften des Straßenverkehrs durch die dann der Unfall entstand. Die Unfallfolge war niemals auch nur annähernd beabsichtigt und wurde auch zum Erreichen eines Ziels niemals billigend in Kauf genommen.
Ich finde, dass man diese objektive Unterscheidung von subjektiven Tatbestandsmerkmalen durchaus einem Richter zumuten kann.
Davon völlig losgelöst kommt dann die Bemessung der Schuld, die ja vor allem bei der Strafmaßzumessung von Bedeutung ist. Hier werden dann so Dinge berücksichtigt, wie "schwere Kindheit" oder andere Gründe für ein abweichendes Verhalten. Und genau damit kann ich mich nicht anfreunden. In diesem Bereich agiert man in Deutschland viel zu täterorientiert und vergisst dabei das Opfer. In Fällen von sexuellem Missbrauch kommt es regelmäßig dazu, dass Straftäter in den polizeilichen Ermittlungen keineswegs zur Aufklärung betragen und erst wenn es vor Gericht zu einer Anklageerhebung (also die Verurteilungswahrscheinlichkeit nahe 95% liegt) plötzlich ein Geständnis ablegen und dies dann strafmildernd wirkt. Genauso wie die dahingestammelten Entschuldigungen bei Verfahren wegen Körperverletzungs, Beleidigungs oder Widerstandsdelikten. Mir hat mal jemand im Rahmen eines Polizeieinsatzes einen Glasaschenbecher über den Kopf gezogen, da er nicht damit einverstanden war, dass die Party nun dann doch beendet ist. Die Entschuldigung 1,5 Jahre später vor Gericht, wurde dann als Reue ausgelegt und wirkte entsprechend strafmildernd. Vorher hat man allerdings nie etwas von dem gehört.