Guten Morgen!
Ich muss nicht arbeiten am Wochenende, welch ein Glück!
Das Wetter ist schön, die Laune ganz gut, da dachte ich, dass ich ja mal was hier schreiben könnte. Die letzten Versuche dazu habe ich stets nach wenigen Worten abgebrochen, weil ich eigentlich nichts zu berichten habe. Sportliches schon mal gar nicht.
Apropos Sport: Heute Abend werde ich bei einem Wohltätigkeits-5-km-Lauf durch den leicht hügeligen Grugapark mitmachen. Das wird eine Katastrophe, weil ich natürlich völlig untrainiert und zu dick bin. Egal, ich freue mich trotzdem drauf. Mal gucken, ob ich unter 30 Minuten schaffe.
Ansonsten läuft sportlich nicht viel. Ich habe meinen "Saisonhöhepunkt", wenn man das bei mir so überhaupt sagen kann, abgesagt. Das wäre der Münsterland Giro gewesen. Zuvor hatte ich schon dort von 125 km auf 95 km umgebucht, aber meine Ärzte wollten, dass ich auch das lasse.
Hintergrund ist die ab Montag beginnende Medikamentenumstellung. Es war nicht ganz leicht die Entscheidung zu treffen, zumal meine behandelnden Ärzte, also der in der MS-Ambulanz der Klinik und mein niedergelassener Neurologe, nicht ganz einig waren. Ich habe mich am Ende für die Empfehlung des Arztes aus der Ambulanz entschieden und mein niedergelassener Arzt trägt das auch mit. Ich bin nach wie vor froh, bei zwei so guten (denke ich) und engagierten Ärzten zu sein, die sich sehr viele Gedanken darüber machen, was jetzt richtig ist und sich Zeit für Gespräche darüber mit mir und untereinander nahmen.
Das neue Medikament heißt Ocrevus, der Wirkstoff heißt Ocrelizumab. Die Firma Roche ist im Zusammenhang mit diesem seit Januar 2018 zugelassenen Medikament scharf kritisiert worden. Denn unter dem Namen Rituximab wurde ein nahezu identisches Präparat schon seit vielen Jahren in der Behandlung von Krebs und auch von Rheuma eingesetzt. Das Mittel kostete 3000 € im Jahr. In Schweden wurde es off label schon länger mit gutem Erfolg bei MS Patienten eingesetzt. Weil jetzt ein mit Ocrevus ein für MS zugelassenes Medikament existiert, darf Rituximab nicht mehr off label eingesetzt werden. Ocrevus kostet aber schlappe 30.000 € mehr im Jahr.
Naja, jenseits aller vermutlich berichtigten Kritik, die man an der Pharma Industrie üben kann, bin ich froh, dass diese an der Behandlung von MS Interesse hat, denn sonst wäre da nicht so weit und es gäbe keine wirksamen Medikamente. Das ist halt die andere Seite der Medaille.
Am Montag beginnt jedenfalls meine Therapie Ocrevus. Attraktiv an der Therapie ist für mich vor allem die Darreichungsform: Man bekommt zweimal im Jahr eine Infusion im Wert eines Kleinwagens und hat dazwischen mit der Therapie nichts zu tun. Die meisten Patienten vertragen das Medikament wohl sehr gut. Am ehesten muss man mit Infusionsnebenwirkungen rechnen, deshalb bekommt man vor der Infusion prophylaktisch weitere Medikamente als Infusionen (Kortison, ein Antihistaminikum, Paracetamol). Weil es jetzt die erste Ocrevus Gabe ist, wird die Infusion geteilt, d.h. am Montag bekomme ich eine erste Infusion mit 300 mg und in zwei Wochen eine zweite mit 300 mg. In einem halben Jahr kriege ich dann 600 mg auf einmal. Die Aktion dauert mehrere Stunden, so dass ich am Montag nicht arbeiten gehe.
Letzte oder vorletzte Woche, ich weiß es nicht mehr, habe ich jedenfalls das letzte Mal Interferon gespritzt. So hat auch etwas an sich schlechtes (höhere Aktivität der MS und Umstellung auf ein stärkeres Medikament) etwas gutes, dass ich mir nämlich nicht mehr einmal in der Woche eine beschissene i.m.Injektion geben muss. Und dass ich im Urlaub kein Gehampel mehr mit der Kühlung des Interferons habe, was z.B. auf den Motorradtouren echt nervig und manchmal kompliziert ist.
Jedenfalls hoffe ich, dass die Entscheidung für das neue Medikament richtig war und dass das teure Zeug gut wirkt!
Mein Auge hat sich übrigens leider nicht ganz erholt, auch nicht nachdem ich noch eine weitere Woche Kortison bekam, diesmal ambulant. Ich habe zwar wieder deutlich mehr Sehkraft, aber es ist schlechter als vorher und das ist eben leider nicht durch Sehhilfen auszugleichen. Naja, hätte aber schlimmer kommen können, ich bin schon froh, dass es überhaupt besser geworden ist.
So, was gibt es sonst noch zu berichten? Sportlich denke ich darüber nach, im nächsten Jahr in Köln diese Hawaii-Distanz zu machen, die ideal für orthopädische Wracks ist, weil man nur 10 km laufen muss. Auch das ist fraglich, ob mein Rücken das mitmacht, aber ich will mal versuchen, in den nächsten Wochen regelmäßig zu laufen und auch mal mehr als 5 km. Bei dem Wettkampf müsste man außerdem 4 km schwimmen, was kein Problem ist, und 120 km Radfahren, was für mich die Grenze ist, auf mehr habe ich keine Lust. 120 finde ich auch schon sehr viel, 100 wären mir lieber.
Vielleicht möchte ich den Wakenitzman schwimmen, mal sehen.
Vermutlich muss ich mich auch einfach für Wettkämpfe anmelden, denn bei mir ist es immer so, dass ich ohne ein Ziel, für das ich auch angemeldet bin, kein regelmäßiges Training hinbekomme, mich einfach nicht aufraffen kann. Doof, aber ist halt so.
So, jetzt werde ich mal das Bett verlassen.
Morgen fahre ich zu meiner Freundin auf den Bauernhof, darauf freue ich mich sehr.
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende, bis bald mal!
J.