Wenn man diesem Einen nichts von Religion erzählt hätte, käme er wohl von selbst nicht darauf und vermutlich würde ihm auch nichts fehlen.
Nun ja jedes Volk ist doch irgendwann von selbst drauf gekommen irgendwas anzubeten. Sonne, Mond, die tausend Hindu-Götter. Später dann unser Gott, Allah... irgendwie scheint es schon in "uns" drin zu sein.
Ich habe eher den Eindruck, dass du für die Allgemeinheit sprechen willst.
Ich meine nicht die Allgemeinheit; nicht in diesem Punkt. Ich schrieb: "Wer ungefähr abschätzen kann, was gut ist, braucht keine Religion." Damit sind nicht alle gemeint, sondern nur jene, die nicht selber abschätzen können, was gut ist.
Hier in Deutschland sind wir doch im wesentlichen vernünftige Leute, die halbwegs wissen, was gut ist. Auch die religiösen Leute. Aber sie sind in dem Maße nicht-religiös, wie sie die Religion nicht benötigen, um zu wissen, was gut oder schlecht ist.
Dort, wo das fehlschlägt, wo die Leute tatsächlich aus der Bibel herauslesen müssen, was gut oder schlecht ist, würde ich sehr genau hinsehen, ob die Ergebnisse wirr oder schädlich sind. Erstens, weil mit diesen Leuten vermutlich etwas nicht stimmt; und zweitens, weil die Bibel kein ungefährliches Buch ist.
Nun ja jedes Volk ist doch irgendwann von selbst drauf gekommen irgendwas anzubeten. Sonne, Mond, die tausend Hindu-Götter. Später dann unser Gott, Allah... irgendwie scheint es schon in "uns" drin zu sein.
Damals hatte man ja keine Ahnung, wie die Welt funktioniert - da war es naheliegend, sich Erklärungen auszudenken.
Heute haben wir eine ziemlich gute Ahnung und brauchen uns keine Erklärungen mehr auszudenken.
Nun ja jedes Volk ist doch irgendwann von selbst drauf gekommen irgendwas anzubeten. Sonne, Mond, die tausend Hindu-Götter. Später dann unser Gott, Allah... irgendwie scheint es schon in "uns" drin zu sein.
Die Menschen durchlaufen als Kind in der Entwicklung des Denkens die Stufe des Magischen Denkens (Piaget): "Magisches Denken als Vorstufe des rationalen Denkens, etwa in Form des Glaubens an Wirkungen von Zauberei, Beschwörungen oder Wunschdenken, tritt bei Kindern auf."
Zu dieser Entwicklungsstufe gehört auch der sog. "Egozentrismus": Ab ca. 4 Jahren (intuitive [anschauliche] Phase) vermindern sich zwar einige "logische Irrtümer", dennoch ist das Denken sehr egoistisch und stark dominiert von der Wahrnehmung. Das Kind denkt egozentrisch: Es hat seine Ansicht und hält seine Ansicht für die einzig mögliche und somit auch für die einzig richtige Ansicht. "Ein egozentrisches Kind ist unfähig, sich die Sichtweise anderer zu eigen zu machen. Egozentrismus meint hier nicht Ichbezogenheit, sondern die Schwierigkeit, sich eine Szene aus der Sicht eines anderen vorzustellen."
Ein Denken in Schwarz-Weiss Kategorien und absoluten Masstäben wie gut / schlecht gehört ebenfalls dazu z.B. Teufel / Jesus, gute Fee - böse Fee, Schutzengel - böse Hexe.
Erst mit der Stufe des operationalen und formalen Denkens, der Kinder auch einen Perspektivenwechsel erlaubt, erfolgt eine Relativierung des Schwarz-Weiss Denkens, in dem Sinne, dass solche Werte relativ zu sehen sind und die gute Fee auch dunkle Seiten in sich tragen kann bzw. die Mutter mal gut und mal böse sein kann.
Wie wir alle wissen und auch in diesem Thread sehen, können bei Erwachsenen je nach Kontext diese unterschiedliche Formen des Denkens auch nebeneinander vorkommen, z.B. kann im Beruf "formales Denken", bei der Religion "magisches Denken" dominieren.
In der Literatur würde man die Grimm´schen Volksmärchen als eine typische Form des magischen Denkens (Schwarz-Weiss Denkens) und Dostojewski´s Werke als eine des operationalen, psychologischen Denkens und der relativen Moral / Werte beschreiben.
Edit: qbz hat schon darauf geantwortet, während ich das Posting schrieb. qbz weiß natürlich über Psychologie sehr viel mehr als ich, deswegen kann mein Posting lediglich eine Seitenbemerkung sein.
Zitat:
Zitat von Mirko
Nun ja jedes Volk ist doch irgendwann von selbst drauf gekommen irgendwas anzubeten. Sonne, Mond, die tausend Hindu-Götter. Später dann unser Gott, Allah... irgendwie scheint es schon in "uns" drin zu sein.
In jedem Land gibt es aber auch Raubüberfälle, Heiratsschwindel und Hütchenspieler. Offenbar ist das auch "in uns drin". Man könnte es verallgemeinern: Wo Leute sich hereinlegen lassen, wird es irgendjemand zu seinem Vorteil ausnutzen.
Gerade die Tatsache, dass alle Völker sich völlig widersprechenden Religionen hingeben, beweist doch gerade nicht, dass wir dort einer tieferen Wahrheit auf der Spur sind. Sondern es beweist im Gegenteil, dass die Inhalte nicht wahr sein können und vermutlich nichtmal eine Rolle spielen.
Wenn die Inhalte einer Rolle spielen würden, dann müsste eine Religion, die unserem sehr erfolgreichen Christentum widerspricht, ganz besonders erfolglos sein. Aber Du sagst ja selber, dass die Völker zu jeder Zeit gläubig waren.
Das Christentum sagt, Jesus ist Gott, und ist damit erfolgreich. Der Islam sagt, Jesus ist auf keinen Fall Gott, und ist damit erfolgreich. Im Hinduismus sind Jesus, Jahwe und Allah völlig unbekannt, und er ist damit erfolgreich.
"In uns drin" ist vermutlich eine frühkindliche Gutgläubigkeit, die das Überleben begünstigt. Arne hat das ausgeführt. Das ist vermutlich das universale Element. Dieses universale Element kann aber missbraucht oder mit falschen Inhalten gefüttert werden. Sigmund Freud hat meines Wissens spekuliert, dass es mit dem Wunschbild einer großen, mächtigen Vaterfigur zu tun hat, die uns liebt und beschützt. Vielleicht sind religiöse Inhalte deshalb so beliebig, weil es letztlich nur auf dieses Wunschbild ankommt, egal wie es sich konkret manifestiert (also egal ob Jahwe oder Allah).
@qbz: Weiß man ungefähr, warum diese Entwicklungsstufe nicht vollständig überwunden wird, wenn man älter wird? Meine Frage zielt darauf ab, dass wir ja über Erwachsene reden, nicht über Vierjährige. Du beschreibst also einen "Ursprung". Aber warum ändert es sich nicht im Erwachsenenalter? Bleiben manche Leute stehen, oder bewahren sie es sich (durch ständigen "Gebrauch")? Oder wird es im Erwachsenen-Alter wieder "aktiviert", wie eine Erinnerung?
Weiß man etwas darüber?
Ich kann an mir viele Eigenschaften erkennen, die ich schon als Kleinkind hatte. Gute wie schlechte. Meine Großmutter hat z.B. mehrfach in ihr Tagebuch geschrieben: "Jörn böse". (Weitere Informationen wurden nicht schriftlich fixiert.)
Dein Posting fand ich extrem interessant und spannend.