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triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Wann wieder aktiv nach Hüftgelenkersatz?
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 17.07.2017, 15:31   #19
Hafu
 
Beiträge: n/a
Das meiste wurde ja schon gesagt in diesem Thread.

Ich verbringe rund ein Drittel meiner Arbeitszeit mit frisch operierten Hüftpatienten aus unterschiedlichsten operierenden Kliniken in ganz Deutschland, die teilweise extrem unterschiedliche Aussagen ihrer Operateure über den zukünftigen Umgang mit ihrem Hüftgelenksersatz erhalten.

Sehr häufig ist der Fall dabei, dass der Patient gar keine Informationen darüber bekommt, welchen Sport er zukünftig nach der Op noch machen darf, vermutlich deshalb, weil der Operateur keine Zeit oder Lust hat, dieses Thema, das sich nicht in zwei Sätzen behandeln lässt, aufzugreifen.

Der zweithäufigste Fall ist der, dass der Operateur lapidar sagt, nach ca. 3 Monaten könne der Patient wieder alles machen.


Beides ist natürlich falsch und kann zu gefährlichem Fehlverhalten führen, wenn sich Patienten ihre Informationen aus anderen Quellen insbesondere dem Internet selbst zusammen suchen.

Ich halte alle ca. zwei Wochen für die in der Regel 150 Hüft- und K-TEP-Patienten hier an unserer AHB-Klinik einen einstündigen Vortrag, welche Sportarten aufgrund der aktuellen Studienlage empfehlenswert sind, welche bedingt empfehlenswert sind und welche nicht empfehlenswert sind (und warum).

Der Vortrag schaut heute anders aus, als er vor 10 oder 15 Jahren ausgesehen hätte und vermutlich wird er in weiteren 10 Jahren mit neueren Studien nochmal angepasst werden.

Die Hüftprothese, die man z.B. vor 10 - 15 Jahren bevorzugt jüngeren, sportlich aktiven Patienten zu zigtausenden eingebaut hatte (Oberflächengelenkersatz, BHR-Prothese; u.a. auch Tour-De-France-Sieger Floyd Landis hat diese Prothese erhalten) ist mittlerweile nahezu vom Markt genommen worden, weil die darin benutzte Metallgleitpaarung bei den meisten Patienten zu einer Schwermetallionenbelastung im Blut geführt hat mit z.T. auch Vergiftungserscheinungen. Der nahezu weltgrößte Hersteller von Implantaten ist an den Problemen mit dieser Oberflächengelenkersatz-Operation und den vielen Prozessen, von denen viele immer noch laufen fast finanziell zugrunde gegangen.

Die meisten BHR-Prothesen sind mittlerweile wieder ausgebaut worden. Dies nur als anekdotischer Hinweis, dass vieles von dem wir heute glauben, es sei richtig, sich im Verlauf in der Medizin oft als falsch darstellt.

Seit ein paar Jahren wird bei üblichen H-TEPs sog. vernetztes Polyethylen benutzt, das deutlich abriebfester ist als das alte PE. Die Hersteller versprechen damit eine Haltbarkeit auch bei sportlich aktiven Patienten von rund 25 Jahren, vielleicht auch 30 Jahren aufgrund der Laborergebnisse.

Die Abriebpartikel von diesem neuen PE sind allerdings auch kleiner und könnten zu noch unbekannten Problemen führen, weshalb ich bei Verhaltensempfehlungen meinen Patienten gegenüber eher konservativ bin.

Ich würde mit einem künstlichen Hüftgelenk bei mir selbst nur noch in Ausnahmefällen joggen, max. zwei bis dreimal pro Woche auf natürlichem Untergrund (Wald, Wiese, Schotter) nicht auf Asphalt und würde den sportlichen Schwerpunkt auf Radfahren und Schwimmen legen. Und so wie ich es bei mir selbst handhaben würde, empfehle ich es auch meinen Patienten.

Selbst Radfahren ist nicht so unproblematisch, wie es oft in der Literatur beschrieben wird, weil die üblichen Studien nur Radfahrer betrachten, die so oft und intensiv radfahren, wie es übliche sportlich aktive Best-Ager halt tun, d.h. bis ungefähr 150km in der Woche oder bis 5000km im Jahr bei Durchschnittsgeschwindigkeiten um die 20 km/h.
Aktive Radsportler oder Triathleten fahren aber desöfteren das Dreifache dieser km-Angaben mit ganz anderen Wattzahlen und dementsprechend auch anderen Belastungen für das Kunstgelenk. Für Sportler mit diesen Umfängen liegen leider keine belastbaren Daten vor und deshalb ist es auch sehr schwierig hier begründete Verhaltensempfehlungen abgeben.

Vom Marathonlaufen würde ich generell abraten, wenn einem an einer langen Standzeit der Prothese gelegen ist, denn ein Marathon wird auf Asphalt gelaufen und zu dem Wettkampf kommt dann noch die entsprechende Trainingsvorbereitung. Laufen ist definitiv verschleißfördernd. Selbst bei moderatem Joggingtempo müssen die Beine bei jedem Schritt das vier bis fünffache des Körpergewichtes tragen. Es gibt einige Läufer im Internet, die stolz erzählen, dass sie ein, zwei oder drei Jahre nach Hüft-OP schon wieder einen Marathon gelaufen sind. Ich habe aber noch keinen gefunden, der dies getan hat und nach 15 Jahren immer noch ähnlich aktiv und beschwerdefrei war und noch keine Revisionsoperation hat über sich ergehen lassen müssen.

Geändert von Hafu (17.07.2017 um 15:40 Uhr).
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