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-   -   Regeldiskussion: Annahme fremder Hilfe - wann Disqualifikation? (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=36734)

Hafu 20.07.2015 18:47

Regeldiskussion: Annahme fremder Hilfe - wann Disqualifikation?
 
Ich hab' ja ein gewisses Faible für Regeldiskussionen z.B. im Fußball (siehe manche meiner Einträge im Fußball-Thread) und erst recht in unserem Lieblingssport Triathlon, weil man dabei, wenn man die diversen Formulierungen der Sportordung oder des englischsprachigen ITU-Regelwerks im Detail anaylsiert oft eine ganze Menge dazulernen kann.

Es gibt einen konkreten Fall beim Karlsfelder Triathlon am vergangenen WE, als der führende Athlet wenige Meter vor der Ziellinie wohl strauchelte und zu Boden sank, dann von Cheerleadern reflexartig gestützt (oder hochgezogen) wurde, anschließend wie weiland Julie Moss und Wendy Ingraham als immer noch Führender auf allen Vieren (aus eigenen Kräften) ins Ziel kroch mit dann noch 4s Vorsprung anschließend aber trotzdem aufgrund der (unverlangten) Hilfe der Cheerleader nach Protest des Zweitplazierten disqualifiziert wurde.

Die Beschreibung der Situation gibt z.B. die Süddeutsche so wieder:
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/...inie-1.2573476

Im Münchner Merkur findet sich dieser Text:
http://www.merkur.de/lokales/dachau/...n-5263890.html


Korrekte Entscheidung? Annahme fremder Hilfe?

Auf den ersten Blick schaut es so aus, aber sind Cheerleader nicht eigentlich Helfer der Veranstaltung, also per se schon mal nicht fremd?

So archaisch ist unser Regelwerk übrigens längst nicht mehr, dass jegliche "fremde" Hilfe untersagt ist. Laut der aktuellen Sportordnung darf man sich beim Schwimmen zwischendurch an Begleitbooten des Veranstalters festhalten (diese dürfen dabei aber nicht fahren) und nach Verschnaufpause den Wettkampf regulär fortsetzen, wenn man auf der Radstrecke stürzt, darf man evt. Wunden von den Sanis versorgen lassen und wenn sonst keine ernsthaften Verletzungen pasiert sind, darf man danach auch ohne Angst vor einer Disqualifikation den Wettkampf vom Ort des Sturzes aus fortsetzen und ich selbst bin z.B. schon etliche male am Ende der Schwimmstrecke von Helfern des Veranstalters halb aus dem Wasser gezogen worden (so wie andere Athleten so wie andere Athleten im selben Wettkampf auch) , habe dadurch wertvolle Kraft und Zeit gespart und wäre ziemlich unglücklich wegen solcherlei (unverlangter )Hilfe disqualifiziert zu werden.
War leider selbst nicht vor Ort, um mir ein diferenziertes Bild zu verschaffen, aber nach der Schilderung der Situation in der SZ und in einem ähnlichen Artikel des Münchner Merkurs bin ich mir nicht sicher, ob die Kampfrichter-Entscheidung (war das überhaupt eine Entscheidung der KR, denn nach einem Protest muss eigentlich das Schiedsgericht entscheidn) korrekt und der Situation angemessen war.

Wie hättet ihr als KR bzw. im Schiedsgericht entschieden?

Hättet ihr als nachrangig plazierter Athlet auch Protest eingelegt?

Pippi 20.07.2015 19:00

Finde die Disq. nicht gerecht. In so einer Situation hätte der Athlet gar nicht anders reagieren können.

Im Schweizer Reglement steht zwar, dass kriechen verboten ist. Aber dies führt sicher nicht zu Disq. Allerdings geht es um den Sieg.

Pmueller69 20.07.2015 19:09

Ob der Führende durch die Aktion der Cheerleader einen Vorteil hatte, kann man so schlecht beurteilen. Wenn nicht, dann war die Entscheidung des Schiedsgerichtes nicht in Ordnung.

Unabhängig davon: Wenn der Sieger ins Ziel gekrochen ist, find ich den Protest des Zweitplatzierten daneben.

By the way: Ich habe einmal einem Athleten, der schon den zweiten Reifenplatzer hatte, einen Schlauch gegeben.
An einer anderen Stelle hat ein Bewohner mit seiner Standpumpe einem Athleten geholfen.

Und ich habe ein Hintergrundbild vom Solarer Berg, da sieht man einen Athleten mit Panne, wie ihm von einem Streckenposten (der normalerweise die Strecke absichert) geholfen wird.

Nach Regelwerk sind das Disqualifikationsgründe. Ich hoffe, dass die meisten Kampfrichter solche Situationen übersehen.

NBer 20.07.2015 19:10

ich finde den fall regelkonform. die frage ist halt, ob er das rennen ohne die inanspruchnahme, unabhängig ob gewollt oder ungewollt, der hilfe gewonnen hätte. sprich ob er sich selbst hätte so schnell innerhalb von sekunden aufrappeln und ins ziel kriechen können. das muss bei einer physischen schwäche zumindest bezweifelt werden. und damit bei einem zweifel nicht diskutiert werden kann/muss, ist genau dieser paragraph geschaffen worden.
ein rennarzt genau an dieser stelle hätte ihn sowieso ohne zweifel direkt aus dem rennen genommen. dafür reicht schon torkeln, da muss man nicht mal zusammenbrechen.

NBer 20.07.2015 19:13

Zitat:

Zitat von Pmueller69 (Beitrag 1149170)
......Nach Regelwerk sind das Disqualifikationsgründe. Ich hoffe, dass die meisten Kampfrichter solche Situationen übersehen.

erstens sind kampfrichter gerade auf längeren strecken nicht überall und sehen demenstprechend nicht alles. zweitens wird gerade im breitensport oft ein auge zugedrückt, was denke ich die mehrheit unterstützt.
du kannst dir aber sicher sein, dass dort wo es um siege, titel oder qualifikationen geht knallhart disqualifiziert werden würde.

Zitat:

Zitat von Pmueller69 (Beitrag 1149170)
An einer anderen Stelle hat ein Bewohner mit seiner Standpumpe einem Athleten geholfen..

und da gehts schon los...wieso hat der kollege keine pumpe mit dabei? das ist ein klarer vorteil denen gegenüber, die eine mitschleppen.
oder wenn er eine mithatte, warum benutzt er die nicht? logisch, weil eine standpumpe einen klaren zeitvorteil gegenüber einer minipumpe bringt. ein klarer disqualifikationsgrund.

Kampfzwerg 20.07.2015 19:13

War es jetz ein Protest, oder doch die Entscheidung des Kampfrichters?

Da ich selber nicht dabei war, kann ich auch nur erzähltes wiedergeben und da war mehr als das hochziehen der Cheerleader (wäre er ohne diese Hilfe überhaupt noch gekrochen?), mehrmaliges festhalten am Führungsfahrrad und noch mindestens einmal auf die Beine gezogen worden.

Nachdem sich bis jetzt auch nur ein beteiligter öffentlich zu Wort gemeldet hat, ist alles von Leuten die nicht dabei waren Spekulation und aus vom hörensagen interpretiertes. (Inklusive mein geschriebenes hier)

Deshalb will ich die Situation auch nicht bewerten, bin aber gespannt wie sich die Diskussion entwickelt.

:Huhu:

tomerswayler 20.07.2015 19:20

Laut Sportordnung ist die Annahme fremder Hilfe verboten.

"20.6 Die Annahme fremder Hilfe, einschließlich durch andere Athleten, ist verboten, soweit die SpO keine Ausnahmen vorsieht. Als Ausnahmen gelten insbesondere Notfälle(Gesundheitsgefährdung) und Hilfen durch vom Veranstalter hierfür eingesetzte Personen. Zudem können Ausnahmen zu dieser Regelung bei Mannschaftswettbewerben und Ligawettkämpfen gelten. Diese sind an entsprechender Stelle oder in der LigO zu finden."

Jetzt müsste man erstmal klären, ob er tatsächlich fremde Hilfe angenommen hat. Auf den Bildern aus dem Merkur Artikel sieht man, dass er schon ~100m vor dem Ziel nicht mehr wirklich fit war, auf Höhe der Cheerleader auf den Boden gesunken ist, dann nochmal stolpert. Ihm wird kurz unter die Arme gegriffen und dann krabbelt er alleine ins Ziel. Ich war nicht vor Ort, aber das les ich aus den Bildern raus.

http://www.merkur.de/bilder/2015/07/...bruch-OVMG.jpg
http://www.merkur.de/bilder/2015/07/...bruch-QOMG.jpg
http://www.merkur.de/bilder/2015/07/...bruch-NVMG.jpg
http://www.merkur.de/bilder/2015/07/...bruch-QUMG.jpg
http://www.merkur.de/bilder/2015/07/...bruch-OJMG.jpg


Die Cheerleader haben den Athleten also nicht wirklich über die Strecke getragen, sondern einmal kurz gestützt. Ob das schon als Annahme fremder Hilfe zählt?
Auf dem vorletzten verlinkten Bild versucht er entweder sich an der im Bild rechten Dame zu stützen oder sie wegzudrücken.

Ich find, da hätte man ruhig n Auge zudrücken können!

Thorsten 20.07.2015 19:28

Gemäß Sportordnung darf man "laufen oder gehen". Kriechen ist bei der deutschen Übersetzung der Ironman-Regeln noch extra aufgeführt, bei der ITU dagegen verboten ("not crawl").

Von daher könnte eine Disqualifikation wegen Krabbeln ausgesprochen werden, da der Vorteil nicht wieder umgekehrt werden konnte. Hart, aber regelkonform.

Ist er denn gestolpert und hat sich ggf. den Fuß verknackst, was zum Krabbeln führte oder ist er entkräftet zusammengebrochen?

Veranstalterhilfe ist für alle gleichermaßen bereitzustellen und selbst wenn die Cheerleader es für jeden getan hätten, gehörte es nicht zu ihrer Funktion (im Gegensatz zu denen, die alle aus dem Wasser ziehen).


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