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Necon 14.03.2017 02:29

Bedingungsloses Grundeinkommen und zinslose Wirtschaft
 
Wenn man sich die Entwicklung unserer Gesellschaft mal so ansieht und die Dinger über die diskutiert werden, tauchen bei mir einige Fragen auf.
Wie lange kann ein Wirtschaftssystem funktionieren das auf ewigen Wachstum beruht?
Wie lange wird ein System noch toleriert indem Geld für jemanden Arbeiten kann, also im dem Geld einfach so mehr wird und es leichter ist die zweite und dritte Million seinem Vermögen zuzuführen als die erste zu erwirtschaften?
Wieso wird ausgerechnet ein System, dass die reichsten unterstützt von den ärmsten erhalten und befürwortet?

Wird es 2050 wenn geschätzt 12 Milliarden Menschen auf dieser Welt leben auch Arbeit für 60% davon geben (also ich schätze mal grob das es nur 60% sein müssen, alle Kinder weg alle Leute über 65 usw. Vielleicht sind es auch nur 50%, aber ich glaube die Intention der Frage ist klar oder)?
Wo liegen die Probleme ein Bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen?
Ist unsere Gesellschaft für so etwas bereit?
Wie würde es unsere Gesellschaft verändern? Müssten Jobs wir Müllabfuhr, Straßenkehrer und ähnliche automatisiert werden oder würden sich ausreichend Leute finden die diese Berufe ausführen würden trotz Grundeinkommen?

Hoffe das sind nicht zu viele Fragen und würde mich über eine interessante und vor allem höfliche Diskussion freuen.

Nobby_81 14.03.2017 05:57

Das einzige, was ich dazu beisteuern kann, ist, dass ich hoffe, dass die Menschheit einsieht, dass es besser keine 12 Milliarden von uns auf dem Planeten geben sollte. Geht das ständig so weiter mit unserer "Expansion", dann passiert in wahrscheinlich gar nicht allzu ferner Zukunft irgendetwas, was unsere Anzahl zumindest gewaltig reduzieren wird.
Der Planet hat schon Schlimmeres als uns überlebt und auch uns wird es daher nicht ewig geben. Ich finde es immer überraschend und erschreckend, dass allernorts unser gewaltiges Bevölkerungswachstum einfach so akzeptiert und als "normal" hingenommen wird. Und jeder diskutiert immer nur darüber, wie sich denn so viele Menschen ernähren können, statt das Übel an der Wurzel zu packen und darüber nachzudenken, wie wir es auf die Reihe kriegen könnten, dass diese Bevölkerungsexplosion eben NICHT ständig ungebremst weitergeht......
Ich hoffe, damit nicht allzu sehr offtopic gewesen zu sein, aber da Du die 12 Milliarden thematisiert hast, dachte ich, dass es schon irgendwie hier her passt. ;)

ThomasG 14.03.2017 06:33

Wie gewaltig der Zinseszinseffekt sich auswirkt, das haben sich wahrscheinlich recht viele Leute noch nicht deutlich vor Augen geführt.
Es gibt da ein leicht zu merkendes Rechenbeispiel, was Bernd Senf häufig in seinen Vorträgen verwendet:
Bei einem Zinssatz von 5 % verdoppelt sich ein Kapital bzw. eine Schuld ziemlich genau nach 15 Jahren.*
Zeichnet man die Wertepaare in ein Koordinatensystem, dann wird einem vor Augen geführt, was für ein unvorstellbares Steigungsverhalten eine solche Funktion mit sich bringt.
Menschen können sich ein exponentielles Wachstum schlecht vorstellen.
Unseren Gehirnen fällt es viel leichter sich beispielweise ein lineares Wachstum vorzustellen.
Zur Veranschaulichung kann man einen Euro nehmen.
Nach 15 Jahren werden daraus 2 Euro (gerundet, auch nachfolgend, in der Realität ist es sogar etwas mehr).
Die Liste setzt sich wie folgt fort:
1, 2, 4, 8, 16, 32, 64, 128, 256, 512, 1024, 2048, 4096, 8192, 16384, 32768 ... (Wahnsinn)
Man bedenke, dass alle oder zumindest so gut wie alle Staaten der Erde verschuldet sind und zwar nicht gerade gering.
Man spricht schon von einem Erfolg, wenn die Neuverschuldung nicht steigt.
Tja - darüber sollte man mal nachdenken.
Angenommen da käme ein stark verschuldete Privatperson und würde es als Erfolg verkaufen, dass sie zwar weiterhin stark in den Miesen steckt, aber dass im zurückliegenden Jahr nichts dazugekommen ist.
Das würde wohl nicht auf allzu viel Anerkennung treffen.
Ich halte das für ein großes ganz grundsätzliches Problem.
Man kann auch "wunderbar" (Naja ...) veranschaulichen, dass sich Schulden und Vermögen spiegelbildlich entwickeln.
Die Vermögen auf der einen Seite entsprechen den Schulden auf der anderen Seite.
Irgendwann können schon einmal "nur" (wirklich nur?) die Zinsen für die Schulden nicht mehr aufgebracht werden oder nur auf Kosten unvorstellbarer Zustände.
Es gibt Leute, die sind der Ansicht, das klappt etwa 70 Jahre.
Dann nehmen die Spannungen spätestens so zu, dass es sehr, sehr gefährlich für alle wird.
Was dann passieren kann, kann man sich vorstellen, wenn man sich die Menschheitsgeschichte vor Augen führt.
Nur ein paar Denkanstöße.
Man findet genug im Netz, wenn man sich dafür interessiert.

Gruß Thomas

* Wir haben alle die Zinseszinsformel in der Schule kennengelernt.
Sie lautet: Kn = K0 * (1 + p/100) ^n
Den hinteren Teil kann man durch einen Zinsfaktor q (ohne die Hochzahl) ersetzen.
Nimmt man 5 % ergibt sich für n = 15 Jahren erstmals ein Wert über 2.
So kann man recht schnell auf einfache Art die Verdoppelungszeit ermitteln für einen bestimmten Zinssatz.

qbz 14.03.2017 08:09

Zitat:

Zitat von Necon (Beitrag 1295791)
.....
Wird es 2050 wenn geschätzt 12 Milliarden Menschen auf dieser Welt leben auch Arbeit für 60% davon geben (also ich schätze mal grob das es nur 60% sein müssen, alle Kinder weg alle Leute über 65 usw. Vielleicht sind es auch nur 50%, aber ich glaube die Intention der Frage ist klar oder)?
Wo liegen die Probleme ein Bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen?
....

Die Hauptursache, weshalb es kein weltweites Grundeinkommen gibt, wird in dieser Oxfam Studie benannt: oxfam-62-superreiche-besitzen-so-viel-wie-die-halbe-welt

Die Produktivkräfte gestatten es heute, Güter und Nahrung im Überfluss zu produzieren. Wir leben IMHO in einer ständigen Überproduktionskrise (grösseres Angebot als Nachfrage). Trotzdem nimmt die Ungleichverteilung der Vermögen ständig zu und alle 3 sec. stirbt auf der Welt ein Mensch an Hunger. Absurd ....

Neginroeb 14.03.2017 08:17

Zitat:

Zitat von Necon (Beitrag 1295791)

Wird es 2050 wenn geschätzt 12 Milliarden Menschen auf dieser Welt leben

Wo liegen die Probleme ein Bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen?

Es gibt andere Schätzungen mit knapp 10 Milliarden, aber das macht es auch nicht viel besser. Die Frage ist ja, wo sich die Bevölkerung vermehrt. Das ist vor allen in ärmeren Regionen wie in Afrika, wo heute schon kaum Arbeit und vor allem zu wenig Nahrung vorhanden ist.
Die "reichen" Staaten haben mit Bevölkerungsrückgang zu kämpfen.

Hier rechne ich mit sehr großen globalen Spannungen und mit viel mehr Bevölkerungswanderungen als bisher. Wir werden uns darauf einstellen müssen und ich kann die Leute, die überhaupt keine Perspektive haben völlig verstehen, wenn sie auch aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa wollen.

Bzgl. Grundeinkommen (ist eigentlich ein eigenes Thema) meine ich nach wie vor, dass das Schaffen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Garant ist, dass die Leute Arbeit haben und dann sowieso mehr als das Grundeinkommen haben. Auf Grund der Ausführungen oben sollte das Thema Arbeitslosigkeit für die nächsten Generationen kein Thema sein.
Allerdings sollte es für Alleinerziehende dieses Grundeinkommen gekoeppelt an die Kinderzahl defintiv geben.
Ich sehe eine große Gefahr, dass die Bezieher von Sozialleistungen jeder Art zu einer immer wichtigeren Wählerschaft werden und sich die Parteien populistisch (wie jetzt Schulz) in Aussagen bzw. Gesetzesänderungen treiben lassen, die die o.g. Rahmenbedingungen verschlechtern und dadurch eine Art selbsterfüllende Prophezeiung resultiert.

captainbeefheart 14.03.2017 08:20

Zu dem Thema "zinslose Wirtschaft" nur soviel: Es ist eine relativ alte Idee von Gesell zum Beginn des 20. Jahrhunderts, die letztlich mit der Aufgabe von privaten Eigentum verbunden ist. Bei uns ist der Schutz des privaten Eigentums im Grundgesetz verankert.

Nicht nur Liberale, auch Sozialisten lehnen das Modell, das sich zwischen Kapitalismus und Sozialismus als besondere Form der Marktwirtschaft positioniert, ab. Es ist schon theoretisch nicht stringent (wir sind hier aber nicht in einem volkswirtschaftlichen Oberseminar :-)), in der Praxis ist es entlang der radikalen Voraussetzungen ein realistisch nicht umsetzbares Wolkenkuckucksheim.

Damit Einkommen aus Vermögenstransaktionen im Vergleich zum Einkommen aus Arbeit gerechter behandelt werden kann, reicht die Finanztransaktionssteuer (Tobin Steuer) volkswirtschaftlich vollkommen aus. Und nicht einmal dafür das gab es einen Konsens unter den wichtigsten Ländern - und die Einführung ergibt nur konzertiert Sinn.

NBer 14.03.2017 08:42

Zitat:

Zitat von Necon (Beitrag 1295791)
......Müssten Jobs wir Müllabfuhr, Straßenkehrer und ähnliche automatisiert werden oder würden sich ausreichend Leute finden die diese Berufe ausführen würden trotz Grundeinkommen? ......

ich glaube ja. wir müssten nur unattraktive jobs finanziell attraktiver machen. da fällt mir zb auch der lehrer- oder erzieherberuf ein. zum beispiel indem wir zb zinsgewinne deutlich stärker besteuern.
die menschen haben ja trotz gleichem einkommen dann trotzdem weiter unterschiedliche ansprüche ans leben und an ihren lebensstil. die, die weiter arbeiten, werden sich mehr leisten können, luxuriöser leben können.

DocTom 14.03.2017 09:37

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1295814)
Zu dem Thema "zinslose Wirtschaft" nur soviel: ...

...und damit keiner weiteren Überlegung oder Weiterentwicklung würdig, zumindest nicht für Kapitalisten...

Eine Änderung am System werden die Profiteure mit der geballten Macht Ihres Kapitales immer zu verhindern trachten. Das war auch vor der franz. Revolution in Europa so.
Den "Armen" wird ja dauernd erzählt, sie könnten es auch nach oben schaffen, schaffen es aber natürlich nie! Diese Hoffnung führt zur Unterstützung des Systems bzw. bei Realisation, dass man es halt doch trotz viel Bemühungen nicht schafft dann zu Hoffnungslosigkeit. Das führt zu Unmut, der sich in verschiedenen aktuell gut zu beobachtenden Reaktionen der "dummen Massen" niederschlägt. Populisten haben weltweit immer bessere Möglichkeiten, mit einfachen Parolen Massen zu möglichen Änderungen zu gewinnen.
Weshalb hat unsere "Gesellschaft" die RAF Terroristen so heftig verfolgt und bestraft, wo doch nahezu keine normalen Bürger, sondern nahezu nur Grosskapitalisten und ihre Unterstützer betroffen waren? Warum überwacht man heute weltweit lückenlos alle Bürger, schafft es aber nicht, bei den "Reichen" die vielfache illegale Steuerflucht zu unterbinden? Warum erzielen Milliardenvermögen auch aktuell Zinssätze über 15%?
Warum fallen mir, Deutschland betrachtend, viele komische Geschichten z.B. aus Hessen ein, wo dem Kapital dienend, sogar erfolgreiche Steuerfahnder diskreditiert und ausser Dienst gestellt wurden, wo sogar dem Land gehörende Firmen wie Fraport zur Steuervermeidung eine Briefkastenfirma auf Malta betreiben?
Warum müssen heute immer mehr ehemalige steuerfinanzierte Aufgaben des Staates von Ehrenämtlern übernommen werden?
Oder kurzer Blick nach Hamburg, wo Reedern 800Millionen Schulden von unseren Politikern bei der HSH erlassen werden und diese dann eine 40Millionenjacht kaufen?

Dem Egoismus gehört halt die Zukunft und das Kapital. Der nächste Krieg wird eh einen grossteil der Weltbevölkerung eleminieren. Das Kapital sitzt dann in Bunkern und wartet feiernd auf friedliche Zeiten.
Ich sehe sowas wie in "Tribute von Panem" auf uns zukommen.
Dies alles lässt sich leicht recherchieren, wers mag und braucht.
Lieber sporteln, solange es für uns noch geht:Blumen:
Thomas

PS ja, mir ist bekannt, dass ich hoffnungsloser Sozialromantiker bin. Und nebenbei Humanist, der eigentlich die Hoffnung auf die Selbstreinigungskraft des Systems nie aufgibt.

Gozzy 14.03.2017 09:53

Meiner Meinung nach kann das System nicht funktionieren. Ich kann mir zwar vorstellen, dass es Einsparpotential gibt. Wenn zum Beispiel neben Hartz IV auch Leistungen wie Kindergeld, Erwerbsminderungsrente, Witwenrente, Waisenrente etc. alles unter den Hut der Grundversorgung steckt (gerade im administrativen Bereich).

Wie bereits angesprochen werden einige arbeiten und einige nicht. Da der Bedarf an Gütern aller Art weiter besteht wird es auch weiter den Handel mit Gütern geben. Die Annahme ist mal eine Grundversorgung von 100 €/ Monat.
Die produzierenden Unternehmen stehen aber vor zwei Fragen. Einerseits wer möchte für zusätzliche 1000 € (das ist schon hochgegriffen) morgens um 3 Uhr aufstehen und Brötchen backen? Hat das Auswirkungen auf den zu zahlenden Lohn? Selbst wenn ich jemanden finde der damit zufrieden wäre stellt sich für den Bäcker die zweite Frage. Warum sollte ich meine Brötchen für x verkaufen wenn ich die Brötchen mit dem selben Aufwand auf für 1,5x verkaufen kann? Die Kaufkraft steigt kurzfristig an und somit auch die generelle Zahlungsbereitschaft für diverse Güter.
Für mich steigen somit so oder so langfristig die Preise womit eine Grundversorgung sich selbst aufzehrt. Die Folge wäre ein Anheben der Grundversorgung (wenn man den Gedanken fortführen will), welche man irgendwie finanzieren muss.

Stefan 14.03.2017 10:01

Zitat:

Zitat von DocTom (Beitrag 1295819)
.
Den "Armen" wird ja dauernd erzählt, sie könnten es auch nach oben schaffen, schaffen es aber natürlich nie! Diese Hoffnung führt zur Unterstützung des Systems bzw. bei Realisation, dass man es halt doch trotz viel Bemühungen nicht schafft dann zu Hoffnungslosigkeit.

Sorry, aber z.B. in Deutschland stehen einem doch alle Türen offen. Wer nicht auf den Kopf gefallen ist und in der Schule halbwegs was lernt, kann danach in 3-4 Jahren einen Bachelor machen. Die Studiengebühren/Semesterbeiträge sind in Deutschland ein Witz. Wer arme Eltern und kein Einkommen hat, bekommt Bafög. Wer nicht unbedingt in Hamburg oder Berlin studieren will, findet eine FH mit bezahlbarer Studenten-WG. So schlimm sind die Lebensbedingungen in Deutschland nicht, wenn man eine gute Berufsausbildung, einen Handwerkermeister oder ein Studium absolviert hat.

OnTopic: Ich bin kein Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens. Ich bin eher ein Befürworter davon, möglichst viel Geld in die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Bevölkerung zu investieren und die Menschen dazu zu motivieren, das Angebot zu nutzen.

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen finde ich riskant, solange die Volkswirtschaften der Staaten untereinander konkurrieren.

schoppenhauer 14.03.2017 10:17

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1295824)
Sorry, aber z.B. in Deutschland stehen einem doch alle Türen offen. Wer nicht auf den Kopf gefallen ist und in der Schule halbwegs was lernt, ....

Und selbst von denen die nichtaufdenkopfgefallen auf die Welt kommen, schaffen es heute nur noch wenige, der sozialen Situation des Elternhauses zu entkommen.

Das ging in den 70'ern, 80'ern und 90'ern super, jetzt ist das aber wieder vorbei.

Gozzy 14.03.2017 10:25

Zitat:

Zitat von DocTom (Beitrag 1295819)
...
Ich sehe sowas wie in "Tribute von Panem" auf uns zukommen.
...

Das haben wir doch schon. Wir schmeißen Tonnenweise das Essen weg und 4000 km südlich verhungern die Kinder. (Auch wenn es fast polemisch klingt - eine finale Lösung habe auch nicht parat)

Shrimps werden in Norwegen gefangen und per Schiff nach Nordafrika zum schälen gebracht um diese dann in Europa zu verbrauchen. Wie abartig ist das denn bitte?

Und wenn man sich so etwas wie DSDS anschaut dann haben wir bereits jetzt respektlose und menschenverachtende Unterhaltung auf Kosten unserer Mitmenschen. Wir bemitleiden und betrauern das Leid der Welt über den like Button (bitte nicht falsch verstehen) und senden dann trotzdem nur Katzenbabyvideos um die Welt. Auf der anderen Seite verspotten und missbrauchen wir unsere Jugend in solchen Sendungen. Diese Scheinheiligkeit und Respektlosigkeit sind große Probleme der heutigen Gesellschaft.

Schwarzfahrer 14.03.2017 11:03

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1295814)
Zu dem Thema "zinslose Wirtschaft" nur soviel: Es ist eine relativ alte Idee von Gesell zum Beginn des 20. Jahrhunderts, die letztlich mit der Aufgabe von privaten Eigentum verbunden ist. ....in der Praxis ist es entlang der radikalen Voraussetzungen ein realistisch nicht umsetzbares Wolkenkuckucksheim.

Sehe ich auch so. Die Idee mag prinzipiell nett sein, setzt aber eine homogene Menschheit voraus, wo niemand zu mehr strebt, als was er ist und hat, weil man schon alles hat. Die menschliche Natur ist aber anders: man möchte mehr besitzen, mehr werden, mehr gelten - mehr als selber zuvor, zumindest so viel wie der Nachbar.

Und die Ungleichheit auf der Welt ist gewaltig - das wird bei 12 Milliarden nicht weniger, als es bei 4 Milliarden Menschen war. Diese Ungleichheit werden Menschen immer versuchen auszugleichen - entweder durch Gewalt (Hunnen, Mongolen, Somalische Piraten...) oder durch eben wachstumsorientierte Wirtschaft (aktuell bestes Beispiel China).

Wem es kaum noch besser gehen kann (davon gibt es viele in den Industrieländern m.M.n.), wird zwar gerne auch etwas davon abgeben - aber so viel, daß es allen gleich gut geht, dann doch wieder nicht. So selbstlos wird nie eine Mehrheit sein, höchstens eine Minderheit von Idealisten - wünschenswert, aber zu wenig, um die Welt zu verändern.

MattF 14.03.2017 11:32

Zum Zins, bzw. der zinslosen Wirtschaft:

Der Gag ist ja, dass sich der Zins selbst abgeschafft hat.

Also wenn die Verfechter der zinslosen Wirtschaft mit ihrem Beispiel der 5% und Verdopplung in 15 Jahre hausieren gehen, dann haben sie auf der einen Seite Recht, das geht nicht ewig so weiter.

Genaus das ist ja aber passiert, es geht nicht ewig so weiter. Das System hat sich selbst stabilisiert und es gibt halt keine 5% Zinsen mehr, sonder teilweise sogar Negativzinsen, für hohe Vermögen.

Ansonsten haben die 2 Themen in meinen Augen wenig miteinander zu tun.

Das bedingungslose Grundeinkommen halte ich auch für ein überlegenswertes Modell.
Man muss aber ganz deutlich sagen, dass es ein kapitailistische Modell ist, das dafür steht den Kapitalimus zu retten :Huhu:

DocTom 14.03.2017 12:00

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1295824)
Sorry, aber z.B. in Deutschland stehen einem doch alle Türen offen. Wer nicht auf den Kopf gefallen ist und in der Schule halbwegs was lernt, kann danach in 3-4 Jahren einen Bachelor machen...

Wem sagst Du das, Stefan? Ich habe zwei Studiengänge (Bio/Informatik) belegt, in einem mich Promoviert. Bin aber aus einer Arbeiterfamilie und wenn Du dann probierst, für gute Ideen zum Geldverdienen Startkapital einzusammeln, macht sich das auch bemerkbar. Die Banken zum Beispiel sind da auch aktuell sehr reserviert.

Würde mich und meine Familie daher aktuell trotz guter Bildung eher im mittleren Wohlstandsmittelfeld in D sehen. Es geht mir und meiner Familie recht gut, ich leiste mir "bessere" Bildung für meine Kinder. Selbständige Tätigkeit ist allerdings, wie der Name sagt, alles selbst und ständig zu machen. Meine Kunden hätten am liebsten 7/24 Service, und dank europäischer Jobausschreibungen konkurriere ich mit osteuropäischen billig Serviceanbietern.
Das rechnet sich realistisch kaufmännisch betrachtet (hab auch eine Ausbildung zum Kaufmann erfolgreich abgeschlossen) irgendwann nicht mehr, wenn Dir die Kunden Angebote unterhalb des Mindestlohnes vorlegen. Bildung und Ausbildung ist also sicher nicht mein Problem.

Aber, 80% meiner Ehemaligen Biologie Studienkollegen machen heute beruflich etwas ganz anderes. Viele fahren tatsächlich Taxi. Bei den Informatikern sind viele "nur" in Bereichen gelandet, die mMn auch ausgebildete Fachinformatiker machen können. Ist das Deiner Meinung nach Zielführend? Und ab 40 mag Dich dann auch niemand zurück in das Angestelltenverhältniss übernehmen. Häufig gehört: für unsere Ausschreibung überqualifiziert...

Lesestoff dazu, falls Du noch Aspekte zu Deinem Standpunkt hinzufügen möchtest...

Kapital mehrt trotzdem Kapital, die Netzwerke und nicht was Du kannst, sondern wen Du kennst zählen wieder mehr in D und auf der Welt.
Mein lieblings Beispiel dazu ist Lars Windhorst
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaf...t-1926508.html
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unt...-a-850855.html
Sozusagen von 0 auf 100 auf 0 und wieder auf 100...
Und wer zahlt da am Ende die Zeche? Der Michel...

@Matt:
Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1295844)
..., sonder teilweise sogar Negativzinsen, für hohe Vermögen.

Ansonsten haben die 2 Themen in meinen Augen wenig miteinander zu tun.

Das bedingungslose Grundeinkommen halte ich auch für ein überlegenswertes Modell.
...

http://www.wiwo.de/finanzen/geldanla.../11388748.html

15,5% Rendite auf Ihre Milliardenanlagen ist wohl nicht negativ...
;)
Alle gesellschafts-, wirtschafts- und sozialpolitischen Themen dieser Welt sind miteinander verknüpft, Einzelbetrachtungen führen halt immer zu starker Polarisierung.
Frau Merkel hat z.B. recht, wenn Sie die lange Zeit von Frieden in Zentraleuropa aufgrund der wirtschaftlichen Verknüpfungen vieler Länder heraushebt. Warum aber strebt "die Welt" wieder mehr Richtung Krieg? Ungleichverteilung von Kapital, Wohlstand und Eigentum.
Wenn "man" erstmal nichts mehr zu fressen hat, sucht man nach Änderungen, und die schnell. Geschichte wiederholt sich evtl. doch...
omtc
Thomas

captainbeefheart 14.03.2017 12:43

Zitat:

Zitat von schoppenhauer (Beitrag 1295827)
Und selbst von denen die nichtaufdenkopfgefallen auf die Welt kommen, schaffen es heute nur noch wenige, der sozialen Situation des Elternhauses zu entkommen.

Das ging in den 70'ern, 80'ern und 90'ern super, jetzt ist das aber wieder vorbei.

Hast Du für diese Behauptung irgendwelche Hinweise, Belege, Zahlen?

Nach meiner Kenntnis haben wir heute die höchste Abiturquote ever: Von 1992 West 33% und Ost 23% auf 2010 49%.

Und der Anteil Uni-und FH-Absolventen hat sich von 1990 14% auf 2010 29% verdoppelt.

MattF 14.03.2017 14:04

Zitat:

Zitat von DocTom (Beitrag 1295848)

http://www.wiwo.de/finanzen/geldanla.../11388748.html

15,5% Rendite auf Ihre Milliardenanlagen ist wohl nicht negativ...
;)


Die bekommt man aber nicht von der Bank, auf sichere Sparkonten.

MfG
Matthias

captainbeefheart 14.03.2017 14:11

Zitat:

Zitat von Necon (Beitrag 1295791)
Wenn man sich die Entwicklung unserer Gesellschaft mal so ansieht
...

Wo liegen die Probleme ein Bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen?
Ist unsere Gesellschaft für so etwas bereit?
Wie würde es unsere Gesellschaft verändern?

Anders als die zum Teil schon theoretisch unlogischen Konstruktionsprinzipien der "zinslosen Wirtschaft", sehe ich das bedingungslose Grundeinkommen als durchaus überlegenswert und auch umsetzbar an.

Wir können aus den Effekten der Digitalisierung (z.B. immer mehr einfache Jobs werden automatisiert) und des demografischen Wandels (z.B. deutlich höhere Lebenserwartung bei gleichzeitig weniger Nachwuchs, Nettoreproduktionsrate aktuell 1,44) ableiten, dass sich Stellenwert und Art von "Arbeit" in den nächsten 20 Jahre sehr deutlich ändern wird. Gleichzeitig haben wir heute schon eine fast unübersehbare Vielfalt an sozialen Transferleistungen. Daher ist die Frage wie wir das in Zukunft organisieren wollen, eine unmittelbar berechtigte.

Die Bündelung der unterschiedlichen Sozialleistungen auf EIN bedingungsloses Grundeinkommen nimmt zum einen Komplexität und Komplexitätskosten aus dem System und hat potenziell ökonomische Vorteile. Zum anderen fällt die Stigmatisierung von Empfängern weg. Gekoppelt mit dem Hintergrund, dass sich dann auch Engagement in Leistungsbereichen entwickeln kann, die heute nicht als zu entlohnende "Arbeit" gelten (z.B. gemeinnützige Arbeit), gibt es eine ganze Reihe von Vorteilen.

Nachdem keine weiß, wie sich theoretische Vorteile in der Praxis wirklich entwickeln, bin ich den Finnen (dass die Skandinavier in diesen Themen sehr oft innovativ sind ...) dankbar, dass sie dazu einen Pilotversuch gestartet haben und wir auf Basis von empirischen Ergebnissen sehen, ob das eine erfolgversprechende Idee ist, oder eben nicht.

Adept 14.03.2017 14:15

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1295853)
Hast Du für diese Behauptung irgendwelche Hinweise, Belege, Zahlen?

Nach meiner Kenntnis haben wir heute die höchste Abiturquote ever: Von 1992 West 33% und Ost 23% auf 2010 49%.

Und der Anteil Uni-und FH-Absolventen hat sich von 1990 14% auf 2010 29% verdoppelt.

Höhere Ausbildung heisst nicht (mehr) höherer Wohlstand. Und die Anforderungen an einen Job haben sich in den letzten 30 Jahren deutlich erhöht, zB. früher Ausbildung jetzt Studium notwendig.

Ergo würde ich auch sagen, dass die meisten vom Wohlstand her ähnlich wie das Elterhaus angesiedelt sind, trotz möglich höherer Ausbildung.

qbz 14.03.2017 14:28

Wer sich mit der wachsenden Ungleichheit im Kapitalismus beschäftigen will, kommt IMHO an den empirischen Studien von Piketty, Kapital im 21. Jahrhundert nicht vorbei.

Er weist anhand einer Fülle von Daten nach:

"Zwischen 1930 und 1975 ist der Trend zu steigender Ungleichheit im Kapitalismus durch einige ungewöhnliche Umstände zunächst umgekehrt worden: Zwei Weltkriege, die Great Depression und eine durch Verschuldung herbeigeführte Rezession vernichteten eine große Menge Vermögen, insbesondere Vermögen der finanziellen Elite.[5]

Die Schlussfolgerung Kuznets’ aus dieser Entwicklung des 20. Jahrhunderts: Wachsende große Ungleichheit sei nur ein Problem des frühen Kapitalismus und habe sich durch (a) Konkurrenz, (b) Innovationen und (c) freie Märkte wieder zurückgebildet hält Piketty in ihrer Allgemeinheit für falsch.

„Es gibt letztlich keinen Grund, weshalb wir glauben müssten, dass Wachstum automatisch ausgeglichen ist […]. Viel zu lange haben Ökonomen die Vermögensverteilung vernachlässigt, teilweise wegen Kuznets’ optimistischen Schlussfolgerungen und teilweise wegen des übermäßigen Enthusiasmus der Disziplin für vereinfachende mathematische Modelle.“[6]

Denn nach 1975 stieg die Ungleichheit, und die kapitalistische Weltwirtschaft kehrte zum Patrimonialen Kapitalismus zurück, es komme zu einer Refeudalisierung. Im Patrimonialen Kapitalismus wird die Wirtschaft von ererbtem Vermögen dominiert, in deren Folge es zu einer Oligarchie kommt.[7]

Piketty erklärt, dass die Ungleichheit sowohl die Demokratie als auch die wirtschaftliche Basis der Gesellschaft bedrohe. Die Demokratie sei bedroht, da Vermögenskonzentrationen Machtkonzentrationen bedeuteten und die politische und gesellschaftliche Teilhabe der Mehrheit der Gesellschaft verringerten. Die wirtschaftliche Grundlage der Gesellschaft sei bedroht, da ohne Verringerung der Einkommensungleichheit und insbesondere Vermögensungleichheit möglicherweise zukünftig geringes Wirtschaftswachstum herrschen werde."


https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Kapital_im_21._Jahrhundert#Ankn.C3.BCpfungspun kte_an_historische_Analysen

In diesem Zusammenhang kommt einer stark progressiven Einkommensteuer, der Erbschaftssteuer sowie der Vermögenssteuer eine zentrale Funktion für die soziale Gerechtigkeit und den Erhalt der Demokratie zu.

Schwarzfahrer 14.03.2017 14:49

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1295853)
Nach meiner Kenntnis haben wir heute die höchste Abiturquote ever: Von 1992 West 33% und Ost 23% auf 2010 49%.

Wobei zu klären wäre, wieviele von den 49 % die Abiturprüfung des Jahres 1992 noch bestehen würde... Der Unterschied im Niveau des Abiturs zwischen damals und heute erlaubt keinen fairen Vergleich. Nur ist Abitur inzwischen für immer mehr Berufe Voraussetzung - auch weil das Niveau am anderen Ende (Hauptschulabschluß) soweit abgesackt ist, daß man auch für einfacher Berufe auf die nächsthöhere Schulbildungsstufe zurückgreift.

Übrigens steigt angeblich die Zahl derer, die in dritter Generation von Hartz4 leben und die Hauptschule kaum schaffen auch stetig an - klingt nicht danach, daß man leicht aus dem niedrigen sozialen Status rauskommt.

DocTom 14.03.2017 14:49

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1295871)
...in diesem Zusammenhang kommt einer stark progressiven Einkommensteuer, der Erbschaftssteuer sowie der Vermögenssteuer eine zentrale Funktion für die soziale Gerechtigkeit und den Erhalt der Demokratie zu.

...was aber aktuell in D mMn nicht ausreichend genutzt wird.:Huhu:
Ich nenne das moderne Versklavung der Massen, mit Brot und Spielen ruhig gehalten.
Und ganz im Ernst glaube ich, Herr März hatte recht. Der Staat könnte alle Steuerausnahmeregelungen abschaffen, den Satz auf den früher üblichen zehnt setzen und würde meiner Meinung nach noch mehr Steuern einnehmen, als bisher.

Im Übrigen testen auch die Niederlande das bedingungslose Grundeinkommen.:Blumen:
Wikipedia erläutert es ganz gut
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bedi...Grundeinkommen

@Matt: Milliardäre legen ihr Geld natürlich nicht auf Sparbücher, deren Anteile an Unternehmen, z.B. Banken, wurden aber vom Steuerzahler gerettet, mit von den Reichen nicht gezahlten Steuern. Also eigentlich riesige Renditen auf für die Reichen risikolose Anlagen. Sind halt lt. Politik alles systemrelevante Unternehmen.
Bezeichnend hier aufgezeigt, wie es läuft:
http://www.stern.de/wirtschaft/news/...--7360044.html
Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren.
omtc
Thomas

MattF 14.03.2017 14:56

Zitat:

Zitat von Adept (Beitrag 1295867)

Ergo würde ich auch sagen, dass die meisten vom Wohlstand her ähnlich wie das Elterhaus angesiedelt sind, trotz möglich höherer Ausbildung.


Ist oder wäre das schlimm?

Der Spruch: Meine Kinder sollen es mal besser haben, kann bei vielen nicht mehr funktionieren. wir können nicht alle Professoren oder Chef werden.
Unsere Gesellschaft (im Westen) hat ein Niveau erreicht wo in Zukunft weniger Konsum notwendig wäre.

Wobei ja gut gehen gar nicht unbedingt was mit materiellem Konsum zu tun hat.
Was bringt es sau viel zu verdienen und dafür keine Zeit zu haben das Geld auszugehen?

Wäre es nicht besser wir wären mit weniger Konsum zufrieden (Vermeintlicher Wohlstandsverlust) und hätten dafür mehr Zeit für sich und andere Menschen?

Ins triathletische übersetzt, muss man sich alle 2 Jahre einen neuen Hobel für 5000 € kaufen oder reicht nicht auch ein Rad alle 10 Jahre und dafür mehr Zeit zum trainieren?

DocTom 14.03.2017 15:56

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1295875)
?..wir können nicht alle Professoren oder Chef werden.
...
Ins triathletische übersetzt, muss man sich alle 2 Jahre einen neuen Hobel für 5000 € kaufen oder reicht nicht auch ein Rad alle 10 Jahre und dafür mehr Zeit zum trainieren?

Das wird uns doch aber suggeriert. Bildung, Bildung, Bildung und Du wirst auch was. Und das stimmt so nicht mehr.
Wenn Kapital ohne Arbeit in D weiteres Kapital generiert, sollte es auch hinreichend besteuert werden, um den Anteil an den gesellschaftlichen Kosten proportional mitzutragen.

Ansonsten, Matt, denke ich, denken wir ziemlich ähnlich.
Nur würde ich mir gerne einfach so mal ohne gross drüber nachzudenken einen Trialuxushobel leisten. Das erlaubt aber meine Vernunft, die Verantwortung und die Selbständigkeit nicht wirklich. Daher gehe ich auf gebraucht, gut günstig. :Blumen:

BTW, das bge würde auch generell Arbeit in D wieder günstiger machen. Dann könnten unsere Spitzeningeniöre auch wieder für Spitzenproduktion in D entwickeln.
Und die Leute, die heute schon mit hartz IV zufrieden sind, bekommst eh nicht in grosser Zahl zurück in den Arbeitsmarkt. Denen wird nur die Hängematte etwas leichter erreichbar gemacht. Der Lebensstil wäre vom eigenen Engagement im Arbeitsleben abhängig, aber immer grundgesichert. Die Zufriedenheit würde sicher steigen!
:Blumen:
Thomas

Necon 14.03.2017 15:57

Mh einige sehr interessante Gedanken, manche kann ich nicht nachvollziehen da bin ich ganz ehrlich da fehlt mir auch die BWL Ausbildung dafür.

Zum Thema kann sich doch jeder bilden und damit besser verdienen als seine Eltern.
Genau das ist, das was nicht mehr funktioniert. Ich sehe das bei vielen Kollegen. Also ich bin seit nicht allzulangem selber Dipl.ing bzw MSC wer auf diesen dämlichen Titel steht, viele meiner Kollegen haben noch einen Dr. Angehängt. Als ich zu studierten begonnen habe, haben sie uns Statistiken gezeigt bei denen der Dipl.ing ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von 3.000 Euro im Monat hatte, also Brutto und 14 mal im Jahr (bin Österreicher) als fertiger Dr war man hier bei ca 3.500-3.700. Dies galt natürlich nur für meine Uni und unser Vorteil ist sicher unsere Spezialisierung, wenn ich mir dazu im Vergleich einen BWL'er ansehe, die hatten zu dem Zeitpunkt ein Einstiegsgehalt von ca. 2.200 Euro.
Nun ja ich habe für mein Studium aus verschiedenen Gründe etwas länger gebraucht aber siehe da all die Jahre später ist unser Einstiegsgehalt bei ca 2.900 Euro :confused:
Meine Kollegen die Diss machen werden von Firmen quasi ausgelacht wenn sie dort mit 3.500 ankommen, bei denen geht es eher Richtung 3.300. Und wie gesagt meine Uni ist klein und ist die einzige Uni die diese Studienrichtungen anbietet in ganz Österreich, also eigentlich sind wir sehr gefragt und zwar wirklich weltweit.
Nun nur so viel zum kann ja jeder mehr verdienen. Wobei sich natürlich auch noch die Frage stellt wenn jeder Dipl. Ing MBA oder Dr ist wer macht denn dann die Arbeit damit die Akademiker überhaupt jemanden haben den sie führen können.

Irgendwer hat es geschrieben die Anzahl an 'besser' ausgebildeten führt nur dazu das die Qualität abnimmt und man nun einfach statt Abgänger aus HTL oder HAK, Bac oder Master einstellt zu nahezu dem selben Gehalt.

captainbeefheart 14.03.2017 16:04

Zitat:

Zitat von Adept (Beitrag 1295867)
Höhere Ausbildung heisst nicht (mehr) höherer Wohlstand. Und die Anforderungen an einen Job haben sich in den letzten 30 Jahren deutlich erhöht, zB. früher Ausbildung jetzt Studium notwendig.

Ergo würde ich auch sagen, dass die meisten vom Wohlstand her ähnlich wie das Elterhaus angesiedelt sind, trotz möglich höherer Ausbildung.

Diese Aussage trifft auch nur eingeschränkt zu.

Zum einen haben wir bei Abiturienten und Hochschulabsolventen die deutlich geringste Arbeitslosigkeit. D.h. es gibt eine hohe Korrelation zwischen Bildung und Arbeit.

Zum anderen haben wir im angesprochen Zeitraum (seit den 70ern) eine deutliche Steigerung (hatte ich schon in einem anderen Post belegt) des Einkommens. Und dort insbesondere im Bereich der hochqualifizierten Arbeit, so dass sehr wohl eine nachweisliche Korrelation zwischen Bildung (gestiegen), Arbeit (gestiegen) und Einkommen (gestiegen) besteht und damit das "Herauskommen" aus der sozialen Schicht des Elternhauses bei uns auch Einkommensmäßig recht breit passiert.

Und auch im internationalen Vergleich haben wir eine sehr breite Mittelschicht, so breit, dass sie bei uns soziologisch mittlerweile sogar in eine obere, mittlere und untere Mittelschicht differenziert wird.

Necon 14.03.2017 16:06

Wieder zurück zum Thema.

Ich bin mir oft nicht sicher wie weit unsere herrschende Systeme unser Denken beeinflussen wenn es um die Betrachtung neuer Systeme geht.
Grundeinkommen: im Gegensatz zu Hartz IV, Arbeitslosengeld und was es sonst noch so gibt, würde dies für mich bedeuten, das jeder wirklich so viel bekommt, dass er sich einen definieren Standard leisten kann und es dazu wirklich keine weiteren sozialen Zuschüsse gibt. Also wenn ich vorhabe davon zu leben, muss ich akzeptieren das ich nicht dem größten Fernseher haben werde, nicht die schönste Wohnungen usw. Also nicht so wie aktuell wo man man einfach zum Amt geht, sagt der alte Fernseher ist kaputt und die einen dann einen neuen kaufen, weil es ist ja unzumutbar ohne Fernseher zu leben. Mal ganz plakativ gesprochen. Sondern wer mehr Luxus haben will, muss dafür eben auch dementsprechend arbeiten.

Ich habe dazu mal ein schönes Sci-fi Buch gelesen Weltbevölkerung lag in dem Buch glaube ich bei 50 Milliarden und jeder musste dieselbe Ausbildung absolvieren bis er 18 war, hier folgte eine zwei jährige Berufszeit und danach konnte man entscheiden ob man den Karriereweg geht oder lieber für den Fortbestand der Menschheit sorgen will, die zweite Gruppe lebt natürlich rein vom Grundeinkommen.

MattF 14.03.2017 16:16

Zitat:

Zitat von Necon (Beitrag 1295882)
Also nicht so wie aktuell wo man man einfach zum Amt geht, sagt der alte Fernseher ist kaputt und die einen dann einen neuen kaufen, weil es ist ja unzumutbar ohne Fernseher zu leben.


Das ist aktuelle aber nicht so.

Wenn du ALG 2 bekommst (HartzIV) bekommst du nix extra. Neuanschaffungen musst du aus dem ALG 2 Geld ansparen.


Ausnahmen sind das Nöigste bei Erstbezug, einer Wohnung.

http://www.advopedia.de/news/aktuell...-vom-jobcenter



Im übrigen dürfte man z.b. 60cm Röhrenfernseher auch geschenkt bekommt.

MfG
Matthias

Stefan 14.03.2017 16:17

Zitat:

Zitat von Necon (Beitrag 1295880)
Zum Thema kann sich doch jeder bilden und damit besser verdienen als seine Eltern.

Bevor Ihr mir das jetzt den ganzen Thread lang unter die Nase haltet - ich hatte auf nachfolgenden Text reagiert:
Zitat:

Zitat von DocTom (Beitrag 1295819)
.
Den "Armen" wird ja dauernd erzählt, sie könnten es auch nach oben schaffen, schaffen es aber natürlich nie! Diese Hoffnung führt zur Unterstützung des Systems bzw. bei Realisation, dass man es halt doch trotz viel Bemühungen nicht schafft dann zu Hoffnungslosigkeit.

Meine Message sollte sein: Wenn der Vater "einfacher Arbeiter" oder H4ler ist, dann stehen dem Kind in Deutschland trotzdem viele Türen offen.
Das diese Möglichkeiten häufig nicht genutzt werden, ist ein anderes Thema.
Die soziale Herkunft wird häufig auch als Ausrede genutzt.
Das "fleissige" Eltern eher als Vorbild taugen als 10h/Tag-TV-Konsumenten ist auch keine Frage.


Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1295884)
Wenn du ALG 2 bekommst (HartzIV) bekommst du nix extra. Neuanschaffungen musst du aus dem ALG 2 Geld ansparen.
Ausnahmen sind das Nöigste bei Erstbezug, einer Wohnung.
Im übrigen dürfte man z.b. 60cm Röhrenfernseher auch geschenkt bekommt.

Ich habe kürzlich mit dem Betreiber einer Brocki (http://www.brocki.ch/de/) gesprochen. Er meinte, dass "sein" Brockenhaus wahrscheinlich bald schliesst. Sie haben sehr viele gebrauchte Möbel/Dinge des alltäglichen Gebrauchs im Sortiment, aber niemand will die Sachen mehr.

Necon 14.03.2017 16:22

Ich verstehe nicht ganz wo die Probleme an einem Zinsfreien System liegen. Also mal abgesehen von der Einführung und den Gruppen die daran sicher nicht interessiert sind.

Ich finde gerade nicht mehr den Artikel den ich dazu gelesen habe, aber der besagte das im Früh Mittelalter in Teilen Europas solche Systeme geherrscht haben. Also am Anfang jeden Jahres wurden 100% der finanziellen Mittel verteilt mit denen man über das Jahr gehandelt und gewirtschaftet hat.
Am Ende des Jahres wurde die gesamte Geldmenge eingezogen, der Staat behielt sich einen Teil ein mit dem dann arbeiten für die Öffentlichkeit erledigt und bezahlt wurden und teilte neue 100% wieder aus. Natürlich mit der Folge wer 10 Geldeinheiten beim einsammeln abgab bekam nur 8 wieder zurück.
Investitionen in so einem System wären natürlich weiterhin möglich aber halt direkt an den Erfolg gekoppelt. Wenn ich hier in eine Firma investieren und ihr Materieller Wert tatsächlich steigt so bekomme ich auch eine Auszahlung, muss aber auch eventuelle Verluste der Firma mittragen. Dieses mehr oder weniger Wetten auf Kursverlauf würde damit doch wegfallen und es könnten sich keine Börsenblasen mehr bilden. Oder sehe ich das Aufgrund fehlenden Wissens einfach zu naiv

Würde ein so funktionierendes System nicht die Position der kleinen Einkommen stärken und sogar die Leute dazu animieren das Geld im Umlauf zu halten, da es am Ende des Jahres weniger wert sein würde.

Necon 14.03.2017 16:24

Ich bin mit dem System. Von Hartz IV und weiteren in Deutschland nicht so vertraut und habe mich darum irgendwie in einen Mix aus Österreich und Deutschland verloren.

Road_Runner 14.03.2017 16:58

Bei Mein Grundeinkommen kann jeder mitmachen, der denkt das die Idee gut ist. :Huhu:

sybenwurz 14.03.2017 17:19

Zitat:

Zitat von Necon (Beitrag 1295880)
Nun nur so viel zum kann ja jeder mehr verdienen.

Nun ja, das würde ich nicht pauschalisieren wollen.
Ausserdem die gestiegene Bildung nicht automatisch an höheren Verdienst knüpfen bzw. Letzteres aus Ersterm schliessen.
Das hängt immer auch von Angebot und Nachfrage sowie der Gegend und anderen Faktoren ab.
Auch ich weiss nicht, ob ich meinen Meister auf jeden Fall nochmal machen würde, und dass ich einkommensmässig eher über dem Durchschnitt in meinem Job liege, sehe ich nur zu nem relativ geringen Teil in diesem Abschluss begründet und mehr in anderen Qualifikationen (zu denen ich mir aber auch schon hier und dort von potentiellen Arbeitgebern angehört habe, dass sie für sie uninteressant seien).
Mei.

Dieses bedingungslose Grundeinkommen finde ich interessant und bin gespannt auf die Erkenntnisse aus Finnland und den Niederlanden.
Allerdings sehe ich darin kein Allheilmittel für soziale Ungerechtigkeit oder gesellschaftliche Kluften. Eher ein Schweigegeld an die soziale Unterschicht...

FLOW RIDER 14.03.2017 18:03

Zitat:

Zitat von DocTom (Beitrag 1295848)

http://www.wiwo.de/finanzen/geldanla.../11388748.html

15,5% Rendite auf Ihre Milliardenanlagen ist wohl nicht negativ...
;)

Das "perverse" ist ja, dass die hohen Renditen nur dadurch erzielt werden können, in dem der Deal gleichzeitig hoch geleveraged wird, d.h. durch hohe Aufnahme von Schulden. Das geht natürlich nur bei AAA-Bonitäten. Es sind dann auch durchaus "unendliche" Renditen möglich. Wie gesagt ziemlich pervers aber legitim. Alles schon gesehen.

captainbeefheart 14.03.2017 18:09

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1295885)
Meine Message sollte sein: Wenn der Vater "einfacher Arbeiter" oder H4ler ist, dann stehen dem Kind in Deutschland trotzdem viele Türen offen.
Das diese Möglichkeiten häufig nicht genutzt werden, ist ein anderes Thema.

Das ist in Deutschland so gut möglich, wie nur in wenigen anderen Ländern.

captainbeefheart 14.03.2017 18:14

Zitat:

Zitat von Necon (Beitrag 1295888)
...

... das im Früh Mittelalter in Teilen Europas solche Systeme geherrscht haben.

...

Wie schon geschrieben, ist die "Freiwirtschaft" schon theoretisch nicht wirklich schlüssig. Nachdem wir nun mal eine global vernetzte Wirtschaft weit über dem Niveau des frühen Mittelalters (!!) haben, ist die praktische Umsetzbar auch nur in einem kleineren abgegrenzten Rahmen unmöglich.

Und Du möchtest sicher nicht auch nur näherungsweise in Bedingungen des Mittelalters leben ... :-)

captainbeefheart 14.03.2017 18:18

Zitat:

Zitat von sybenwurz (Beitrag 1295900)
...

Ausserdem die gestiegene Bildung nicht automatisch an höheren Verdienst knüpfen bzw. Letzteres aus Ersterm schliessen.

...

Es gibt natürlich keine Kausalität, wohl aber eine deutliche und nachweisbare Korrelation in Deutschland.

Necon 14.03.2017 18:21

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1295909)
Und Du möchtest sicher nicht auch nur näherungsweise in Bedingungen des Mittelalters leben ... :-)

Da bin ich mit noch nicht so sicher. Wir denken bei Mittelalter immer an das Spätemittelalter also Feudalherrschaft, Pest Hunger usw.
Das Frühmittelalter dürfte anders ausgesehen habe. Es gab kaum Leibeigenschaft, Bauern waren gleichzeitig auch Grunsbesitzer usw.
Wenn man Historikern glauben darf lag die durchschnittliche Arbeitszeit bei ca 30h die Woche.
Aber das führt natürlich weg vom Thema und wenn man Hygiene und Luxus betrachtet natürlich nicht.

MattF 15.03.2017 07:55

Zitat:

Zitat von Necon (Beitrag 1295888)
Ich finde gerade nicht mehr den Artikel den ich dazu gelesen habe, aber der besagte das im Früh Mittelalter in Teilen Europas solche Systeme geherrscht haben.

Das mag in einem abgeschlossene Gebiet oder einer Stadt irgendwo noch funktionieren aber nicht in einer Weltwirtschaft.

Klugschnacker 15.03.2017 08:39

Eine zinslose Wirtschaft kann nicht funktionieren, solange es eine Inflation gibt.
Beispiel: Necon leiht mir heute 10.000 Euro. Ich gebe ihm exakt 10.000 Euro zurück, allerdings erst in 30 Jahren. Für das Geld kaufe ich mir einen Aeroflitzer mit allen Schikanen. Wenn er das Geld in 30 Jahren zurück bekommt, kann Necon für die gleiche Summe jedoch nur ein Mittelklasserad kaufen. Der Wert des verliehenen Geldes ist zwischenzeitlich auf die Hälfte gesunken.
In einer zinslosen Wirtschaft ist der Verleiher der Dumme und trägt auch noch das Ausfallrisiko. Also würde kaum jemand längerfristige Kredite vergeben wollen. Der umtriebige Bäckergeselle würde nirgendwo Kredit für den Bau seiner eigenen Bäckerei bekommen; ein wirtschaftlicher Aufstieg ist ihm verwehrt.

Eine heutige Bank kann dagegen jeden Euro, den sie tatsächlich hat, gleichzeitig an bis zu zehn verschiedene Schuldner verleihen (vereinfachte Darstellung). Diese können mit dem geliehenen Geld wirtschaften und es später mit Zins zurückzahlen.


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